Familiale und nichtfamiliale Lebensformen


Dossier / Travail, 2002

19 Pages, Note: 2


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Begriffsdefinitionen Ehe und Familie

2 Wandel der Familie in Struktur und Funktion

3 Bedeutung und Funktion der Familie
3.1 Übereinstimmung oder Auseinanderdriften in Ost- und Westdeutschland?
3.2 Bundesrepublik Deutschland
3.3 Deutsche Demokratische Republik

4 Demographischer Strukturwandel der Familie
4.1 Geburtenentwicklung
4.2 Ursachen des Geburtenrückgangs
4.3 Eheschließungen und –scheidungen

5 Pluralisierung der Ehe- und Familienformen
5.1 Alleinlebende und Singles
5.2 Nichteheliche Lebensgemeinschaften
5.3 Kinderlose Ehen
5.4 Eineltemfamilien
5.5 Andere alternative Lebensformen

6 Veränderungen innerhalb des Familienlebens

7 Erklärungsansätze

8 Bilanz und Ausblick

Literaturverzeichnis

1 Begriffsdefinitionen Ehe und Familie

Um sich mit familialen und nichtfamilialen Lebensformen wissenschaftlich fundiert auseinandersetzen zu können, sollte man sich zu Beginn mit den Hauptschlagwörtern in diesem Themenfeld vertraut machen. Das erste wichtige Stichwort in diesem Zusammenhang lautet „Ehe". Sie „ist im allgemeinen und juristischen Verständnis eine Lebensgemeinschaft von Mann und Frau, die über die Form des Zusammenlebens hinaus nach traditionaler und universaler Auffassung zwei grundlegende Funktionen hat: den Geschlechtsverkehr zu legalisieren und an seine möglichen Folgen, die Geburt von Kindern, Verpflichtungen zu knüpfen"; (Schäfers 1998, S. 127) so ist sie auch im BGB in ihren Voraussetzungen, Folgen und Scheidungsmöglichkeiten gesetzlich geregelt.

Der zweite zu definierende Begriff ist die „Familie“, was gar nicht so einfach ist, zumal es eine große kulturelle und historische Pluralität der Familienformen gibt. „Im weitesten Sinn ist die Familie eine nach Geschlecht und Generationen differenzierte Kleingruppe mit einem spezifischen Kooperations- und wechselseitigem Solidaritätsverhältnis, dessen Begründung in allen Gesellschaften zeremoniell begangen wird." (Meyer: in Geißler 1996, S. 306) Familie im engeren Sinn ist jene Lebensgemeinschaft, in der Erwachsene sich der Erziehung von i.d.R. leiblichen Kindern und Jugendlichen widmen. (vgl. Schäfers 1998, S. 127) Im weiteren Sinn zählen zu einer Familie auch die Großeltem. In modernen Industriegesellschaften herrscht der Familientyp der Kern- bzw. der Kleinfamilie vor. „Diese wird gebildet aus der auf der Ehe gründenden und auf zwei Generationen beschränkten Gefühlsgemeinschaft der Eltern mit ihren Kindern.“ (Meyer: in Geißler 1996, S. 306) Allerdings entspricht dieser Familientyp der sog. „Normalfamilie“ nicht mehr der gegenwärtigen Realität: Demografische Werte zeigen, dass Ehe und Familie seit einiger Zeit einem Wandel unterworfen sind. Im Folgenden soll genauer auf diesen Wandel und die verschiedenen nichtfamilialen Lebensformen eingegangen werden.

2 Wandel der Familie in Struktur und Funktion

Bedingt durch die gesellschaftlichen Umschichtungen im Zuge der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts erfolgte v.a. in den Städten die Herausbildung der bürgerlichen Familie. Während die Familie in der vorindustriellen Zeit, der sog. Ständegesellschaft, als soziale, rechtliche, politische und wirtschaftliche Einheit anzusehen war, verlor sie bei Übergang in die Industriegesellschaft viele dieser früheren Funktionen. Aus dem sog. „Haus“, also dem Zusammenleben, -wohnen und -arbeiten mit Knechten, Mägden, Gesellen etc. entstand die bürgerliche Familie. Ihr fundamentaler Unterschied zu Bauern- oder Handwerkerfamilien manifestierte sich in der Trennung von Wohn- und Arbeitsstätte. Die Produktion fand fortan zum größten Teil außerhalb der Familie statt. Dies bewirkte die oft als Funktionsverlust der Familie bezeichnete Abgabe von Aufgaben, die sonst immer innerhalb des Familienverbands bewältigt wurden, so unter anderem die Erziehung und Ausbildung der Kinder sowie die Versorgung in Krankheit und Alter. Durch den Verlust dieser Funktionen kam es zu einer „Privatisierung der Familie“ (Geißler 1996, S.307). Geheiratet wurde fortan meist aus Liebesgründen; zudem erfuhr die Rolle des Kindes und dessen Erziehung eine deutliche Aufwertung. Die neue Funktion, die der Familie in diesem Rahmen weit mehr als früher zukam, war die der Entlastung, der Freizeit und der Erholung. Weiterhin wurden die Geschlechtsrollen neu definiert. Durch das neue bürgerliche Familienideal entwickelte sich die Ungleichheit der Geschlechter immer stärker. Zudem erfolgte durch die Aufspaltung der Gesellschaft in Privatheit und Öffentlichkeit die Zuordnung der Männer in den außerhäuslichen Bereich (Erwerbsarbeit) sowie die der Frauen in den innerhäuslichen Bereich, der sich vor allem durch die Haushaltsführung und Kindererziehung definierte.

Die Vielfalt verschiedenster Familienformen ist keinesfalls als Produkt der Neuzeit anzusehen, schließlich existierten diese schon in der vorindustriellen Zeit nebeneinander. Die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen und die damit zusammenhängenden materiellen Lebenslagen verhinderten die Herausbildung eines einheitlichen Familientyps. (vgl. Geißler 1996, S.41) Neben der Drei-Generationen-Familie, bestehend aus Kindern, Eltern, Großeltern und evtl. Dienstpersonal, die vorwiegend unter Bauern, Handwerkern, Kaufleuten und Adeligen zu finden war, lebten viele Menschen auch ohne eigene Familie. Dem Gesinde, Lehrlingen sowie Gesellen war die Eheschließung gänzlich untersagt.

Im 19. Jahrhundert gab es diesen bürgerlichen Familientyp noch relativ selten, hingegen verbreitete er sich im 20. Jahrhundert im Zuge des größeren Wohlstands. Insgesamt ist die Anzahl der Familien allgemein angestiegen, insbesondere auch die der unvollständigen Familien. Zweiteres ergab sich durch die Tatsache, dass durch die geringere Anzahl von Familienbetrieben entsprechend weniger Menschen in die Lage gerieten, den verstorbenen Ehepartner evtl. durch eine erneute Heirat zu ersetzen. Eine weitere Ursache für das Ansteigen der Familienanzahl ergab sich durch das Wegfallen der Heiratsverbote für das Gesinde, die Dienstboten und die Gesellen.

Während das Aufkommen des Industriekapitalismus zur größeren Ausbreitung des bürgerlichen Familientyps führte, entwickelte sich im 20. Jahrhundert die Kleinfamilie, die sich aus dem bürgerlichen Familientyp fortsetzte. Zur gängigen Familienform wurde sie jedoch in beiden Teilen Deutschlands erst in den 60er Jahren, nach Verbesserung der materiellen Verhältnisse. So entwickelte sich ein relativ einheitlich bürgerlicher Familienstil.

3 Bedeutung und Funktion der Familie

3.1 Übereinstimmung oder Auseinanderdriften in Ost- und Westdeutschland?

Sowohl in West wie auch in Ost kam den Institutionen Ehe und Familie große Bedeutung zu. Die verfassungsmäßige Verankerung in der BRD erfolgt im Artikel 6 des GG (vgl. Grundgesetz für die BRD 1999, S.14) sowie in der Verfassung der DDR in Artikel 38. Die Familie galt für beide Staaten als Grundform von Gesellschaft und Staat. Die wichtigste Funktion war und ist die Sozialisation und Erziehung bzw. die sozio-kulturelle Funktion (vgl. Geißler 1996, S. 308). Insgesamt kann festgehalten werden, „dass sehr konträre gesellschaftliche Ideologien auf der Ebene privater Organisation und Lebensführung nivelliert werden.“ (Schäfers 1998, S.148)

3.2 Bundesrepublik Deutschland

Bis in die 60er Jahre wurden Ehe und Familie vom Großteil der Bevölkerung als die allein richtige Lebensform verstanden und daher gelten sie auch heute noch als selbstverständlich, jedoch nicht als die einzig wahren Lebensformen. Hierzulande lag das Spezifikum der Familie in ihrem privaten Charakter. Gesetzliche Verankerung findet dies in den Artikeln 6 und 13 des Grundgesetzes. Die gesellschaftliche Bedeutung der Familie wird deutlich in Maßnahmen der Stabilisierung dieser Institution wie z. B. durch verschiedenste familienpolitische Maßnahmen wie Kindergeld, Wohnungspolitik etc.

3.3 Deutsche Demokratische Republik

Jedoch müssen auch die Divergenzen beider Staaten deutlich gemacht werden. Die Familien in der DDR waren sehr stark in die politisch-ideologischen Zielsetzungen des Staates eingebunden. Um sozialistische Staatsbürger heranzüchten zu können benötigte man sozialistisch gestimmte Familien. Eine aus Frauensicht sehr positiv zu bewertende Tatsache war die in der DDR mehr geförderte Gleichstellung von Frau und Mann als in der BRD. Mütter dort erhielten weit mehr Hilfen vom Staat, um sich neben der Familie noch in einem Beruf zu verwirklichen. Zahlreiche Schulhorte und Kinderkrippen ermöglichten es den Frauen, ihre Kinder dort betreuen zu lassen, während sie arbeiten gingen. Eine Definition des Stellenwerts der Familie erfolgte 1966 im Familiengesetzbuch. Ehe und Familie stellte die verbindliche Leitbildfunktion im SED-Staat dar, alternative Formen des Zusammenlebens wurden vom Staat abgelehnt und daher nicht gefördert (vgl. Geißler 1996, S. 309). Ab den 70er Jahren wollte man durch die Familienpolitik eine Erhöhung der Geburtenrate erreichen; so verlängerte man beispielsweise den Mutterschutz. Die Familie kennzeichnete sich hier besonders stark durch Privatheit aus, wo Defizite kompensiert wurden und bildete so eine Gegenwelt zur Gesellschaft (vgl. Geißler 1996, S. 310). Auch noch nach der Wiedervereinigung kommen in den neuen Bundesländern Familien und Kindern sehr hohe Stellenwerte zu.

[...]

Fin de l'extrait de 19 pages

Résumé des informations

Titre
Familiale und nichtfamiliale Lebensformen
Université
University of Bamberg  (Lehrstuhl für Soziologie (Schwerpunkt Sozialstruktur))
Cours
V: Sozialstruktur der Bundesrepublik Deutschland (Sozialstruktur I)
Note
2
Auteur
Année
2002
Pages
19
N° de catalogue
V6822
ISBN (ebook)
9783638143103
Taille d'un fichier
451 KB
Langue
allemand
Mots clés
Familiale, Lebensformen, Sozialstruktur, Bundesrepublik, Deutschland
Citation du texte
Barbara Walzner (Auteur), 2002, Familiale und nichtfamiliale Lebensformen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6822

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