Eine kritische Betrachtung der Rolle von Kultur und interkulturellen Kompetenzen bei international tätigen KMU


Diplomarbeit, 2006

76 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A. Einführung
1. Problemstellung, Ziel und Aufbau der Arbeit
2. Definition und Abgrenzung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im internationalen Kontext
2.1. Quantitative Merkmale und Qualitative Merkmale
2.2. Bedeutung von KMU
2.3. Besonderheiten internationaler KMU

B. Kultur
1. Theoretische Grundlagen
1.1. Einleitende Kulturdefinitionen
1.2. Komponenten von Kultur
1.2.1. Weltanschauungen und Wertorientierungen
1.2.2. Symbole, Helden, Rituale und Werte
1.2.3. Normen
1.2.4. Wahrnehmung von Zeit und Raum
2. Kulturdimensionen nach Hofstede
2.1. Machtdistanz
2.2. Individualismus versus Kollektivismus
2.3. Maskulinität versus Feminität
2.4. Unsicherheitsvermeidung
3. Kulturdimensionen nach Trompenaars
3.1. Universalismus versus Partikularismus
3.2. Kommunitarismus versus Individualismus
3.3. Neutral versus Affektiv
3.4. Spezifisch versus Diffus
3.5. Askriptiv versus Leistungsorientiert
4. Zwischenfazit

C. Interkulturelle Kompetenzen
1. Konzeptionelle Überlegungen
2. Interkulturelles Personalmanagement
2.1. Interkulturelle Anforderungen und Personalauswahl
2.2. Interkulturelle Mitarbeiterführung und -motivation
2.3. Kulturelle Anpassung und interkulturelles Training
2.3.1. Kulturelle Anpassung
2.3.2. Interkulturelle Trainings
3. Interkulturelle Kommunikation
3.1. Verbale, nonverbale und paraverbale Kommunikation
3.1.1. Verbale Kommunikation
3.1.2. Nonverbale Kommunikation
3.1.3. Paraverbale Kommunikation
3.2. Voraussetzungen für erfolgreiche interkulturelle Kommunikation
4. Interkulturelles Marketing
4.1. Marketing im internationalen Kontext
4.2. Märkte und Konsumentenverhalten
4.2.1. Märkte
4.2.2. Konsumentenverhalten
5. Zwischenfazit

D. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Marktorientierung von KMU

Abb. 2: Schichtenmodell der Umweltberücksichtigung, Vertikalschnitt

Abb. 3: Das Zwiebeldiagramm

Abb. 4: A model of culture

Abb. 5: Internationales Kompetenzprofilmodell

Abb. 6: Kurve der kulturellen Anpassung

Abb. 7: Informationsgrundlagen für den Markteintritt

Abb. 8: Bedeutung der interkulturellen Kompetenzen im Bereich Marketing

Abb. 9: Dreieck ‚Marktkomponenten’

Abb. 10: Einfluss der Kultur auf das Konsumentenverhalten

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Quantitative Abgrenzungen von KMU nach IfM Bonn

Tabelle 2: Quantitative Abgrenzungen von KMU nach EU Empfehlung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A. Einführung

1. Problemstellung, Ziel und Aufbau der Arbeit

Nach einer bekannten Metapher ist Kultur für Menschen wie ‚das Wasser für die Fische’: Das Wasser bleibt unbemerkt, solange der Fisch drin bleibt. Befindet er sich außerhalb seiner gewohnten Lebenswelt, spürt er auf schmerzlicher Weise die Folgen dieser Bewegung.[1]

Jeder Mensch wird sich seiner eigenen Kultur erst dann bewusst, wenn er auf andere Kulturen trifft und dann wahrnimmt, dass das von ihm Gewohnte anders ist als das seines Gegenübers.[2] Durch die rasante Entwicklung der internationalen Märkte und Geschäftsbeziehungen wird es immer wichtiger, zu wissen, was in interkulturellen Situationen zu berücksichtigen ist und was in verschiedenen Wirtschaftskulturräumen praktiziert oder erwartet wird.

Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit der Rolle der Kenntnisse über die Kultur fremder Länder für international tätige kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und stellt dar, inwieweit die interkulturellen Kompetenzen einen Einfluss auf den Auslanderfolg dieser KMU haben. Sie zeigt, dass der gekonnte Umgang mit unterschiedlichen Werten, Sitten und ‚Benimmregeln’ eine große Rolle bei der Kontaktaufnahme und Kontaktpflege zwischen Handelspartnern unterschiedlicher Kulturangehörigkeit spielt und die Grundlage für ein erfolgreiches Management schafft.

Die rasante Entwicklung der Handelsbeziehungen führt in KMU zu ganz neuen Ansprüchen an das Management und die Mitarbeiter. Zunehmend sind kulturelle Hürden zu überwinden. Der Faktor Mensch tritt in den geschäftlichen Beziehungen immer mehr in den Vordergrund. Es geht dabei weniger um Fach- und Methodenwissen, sondern vielmehr um erlernte Kommunikationsfähigkeiten, die im Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen notwendig sind. Häufig scheitern Unternehmenszusammenschlüsse, -übernahmen oder -gründungen in anderen Ländern daran, dass harte Faktoren wie Organisation und Kennzahlen im Vordergrund stehen und weiche, wie kommunikative und interkulturelle Faktoren, außer Acht gelassen werden.

Die Mitarbeiter sind ein wesentlicher Faktor des Unternehmenserfolges. In vielen Unternehmen arbeiten Menschen unterschiedlicher Kulturen und verschiedener Herkunft zusammen. Die Bedeutung der Erforschung dieser Kulturunterschiede kann laut Hummel und Zander „hilfreich sein, um Menschen, die anders sozialisiert sind, besser zu verstehen.“[3] Immer mehr wird Unternehmern bewusst, dass durch die kulturelle Unflexibilität von Controlling- und Führungskonzepten, immer mehr die Fähigkeit der Mitarbeiter, mit fremden Kulturen umzugehen und dort erfolgreich zu handeln, ein bedeutender Wettbewerbsvorteil sein kann.[4]

Schon im 19. Jahrhundert haben die Menschen angefangen, sich im Freizeitbereich mit unterschiedlichen Kulturen zu beschäftigen und seit den 80er Jahren ist auch das wissenschaftliche Interesse daran stetig gestiegen. Durch diejenigen Wirtschaftswissenschaftler, die sich für die Güter- und Kapitalströme zwischen den Länder interessiert haben, ist eine neue wissenschaftliche Disziplin entstanden – das ‚Interkulturelle Management’.[5]

Ziel dieser Arbeit ist, die Wichtigkeit der Kenntnisse über Angewohnheiten und Verhaltensregeln fremder Kulturen im internationalen Geschäftsleben zu prüfen, wobei hier insbesondere Schlüsse für KMU abgeleitet werden.

Es wird hier dargestellt, wie bekannte Wirtschaftswissenschaftler versucht haben, die Unterschiede in Kulturstandards zu untersuchen und zu strukturieren. Ihre Ergebnisse wurden von weiteren Autoren aufgegriffen und in konkrete Unternehmensbereiche und Länder eingesetzt und diskutiert. In der vorliegenden Arbeit wird gezeigt, was für eine Rolle auch die interkulturellen Kompetenzen bei KMU spielen.

Nach der Einleitung in die für diese Arbeit relevanten Themenbegriffe folgt die Charakterisierung der kleinen und mittleren Unternehmen anhand von quantitativen und qualitativen Merkmalen und es wird darauf eingegangen, welche Bedeutung KMU für die Wirtschaft haben. Anschließend wird der Begriff der international tätigen KMU erläutert. Es wird auf die für die Internationalisierung speziell von KMU typischen Voraussetzungen, Gründe und Wege eingegangen sowie auf die Herausforderungen und Konsequenzen, die ein solcher Prozess mit sich bringt.

Bei der Betrachtung der Rolle von Kultur im Teil B werden unterschiedliche Definitionen des Begriffs ‚Kultur’ vorgestellt und anschließend wird auf die Grundkomponenten der Kultur wie Werte, Normen und Wahrnehmungen eingegangen. Zwei der bedeutendsten Kulturtheorien, die von Hofstede und Trompenaars, werden näher erläutert, wobei explizit auf Untersuchungsergebnisse eingegangen wird, die die Relevanz für internationale KMU zeigen. Durch die Beschreibung der einzelnen Kulturdimensionen und ihre Auswirkungen wird ein erster Einblick in die unterschiedlichen interkulturellen Geschäftswelten, in denen KMU tätig sind oder tätig werden wollen, geschaffen.

Die im Teil C näher erläuterten Teilbereiche des Management spielen eine sehr wichtige Rolle in internationalen Tätigkeitsfeldern. Besonders in diesen Bereichen zeigen sich in hohem Maße die Auswirkungen der interkulturellen Fähigkeiten auf den Geschäftserfolg.

Im Bereich ‚Interkulturelles Personalmanagement’ werden die interkulturellen Anforderungen erläutert, die KMU bei der Auswahl geeigneter Mitarbeiter für internationale Einsätze beachten sollten. Anhand geeigneter Beispiele werden anschließend die kulturellen Unterschiede in der Personalführung und Mitarbeitermotivation sowie die Schwierigkeiten der kulturellen Anpassung der Mitarbeiter im Ausland beschrieben.

Der Bereich ‚Interkulturelle Kommunikation’ wird durch grundlegende Erklärungen zum Gebrauch von Sprachen – der verbalen sowie der non- und paraverbalen Kommunikation – erläutert. Daraus werden notwendige Fähigkeiten sowie wichtige Voraussetzungen für den erfolgreichen Einsatz in internationalen KMU abgeleitet.

Im Bereich ‚Interkulturelles Marketing’ wird die Bedeutung von Informationsgrundlagen über Märkte und unterschiedlichen Konsumentengruppen in interkulturellen Tätigkeitsfeldern betrachtet.

In einem abschließenden Fazit werden die in der Arbeit gewonnenen Ergebnisse zusammengefasst und daraus Empfehlungsvorschläge für KMU abgeleitet.

2. Definition und Abgrenzung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im internationalen Kontext

In der Literatur werden die Begriffe ‚mittelständisches Unternehmen’, Klein- und Mittelunternehmen’ oder ‚kleine und mittelständische Unternehmen’ gelegentlich gleich gesetzt.[6] Es bieten sich viele Möglichkeiten an, den Begriff KMU zu bestimmen.[7] In dieser Arbeit wird er durch quantitative und qualitative Merkmale spezifiziert.

2.1. Quantitative Merkmale und Qualitative Merkmale

Für die quantitative Definition von KMU, die eine größenmäßige Vorstellung ermöglichen, gibt es unterschiedliche Regelungen. Hier werden diese des IfM Bonn dargestellt sowie die Empfehlung der Europäische Union.

In Deutschland wird oft die Definition des IfM Bonn gebraucht, obwohl in vielen Fällen auch auf die Empfehlung der EU zurückgegriffen wird. Deswegen rät Kayser, über eine generelle Einführung der EU-Abgrenzungen zu diskutieren.[8]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Quantitative Abgrenzungen von KMU nach IfM Bonn

(Quelle: IfM Bonn (2005))

Die Europäische Union unterteilt KMU in mikro, kleine und mittelgroße Unternehmen. Sie definiert sie durch die Zahl der Beschäftigten und ihren Umsatz bzw. ihre Bilanzsumme im Jahr.[9]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Quantitative Abgrenzungen von KMU nach EU Empfehlung

(Quelle: Europäische Kommission (2005))

Um KMU zu beschreiben, reichen Zahlen allein nicht aus. Es ist der qualitative Aspekt, der zur Verdeutlichung des Begriffs KMU eine wesentliche Rolle spielt. Die folgende Auflistung stellt für KMU typische Merkmale dar, die in der Literatur auf breite Akzeptanz stoßen:

- KMU haben grundsätzlich einen kleinen, relativ überschaubaren Marktanteil.[10]
- KMU sind durch die Person des Unternehmers geprägt, der oft Eigentümer und Geschäftsführer ist, wodurch sich eine eher persönliche Unternehmungsführung ergibt.[11]
- KMU können Leistungen nach den individuellen Wünschen der Kunden erstellen, haben ein enges Produktspektrum und können rascher auf Umweltveränderungen reagieren.[12]
- Die Kontakte zu den Mitarbeitern sind in KMU persönlicher und lockerer gestaltet, die Organisation ist weniger formalisiert, wodurch eine engere Verbindung zwischen Mitarbeitern und Unternehmensleitung entsteht, was sich wiederum auf die Entscheidungsfindung auswirkt.[13]

Hinzuzufügen wären noch die Merkmale erfolgreicher, mittelständischer Unternehmen, abgeleitet von Holtbrügge:

- Innovationsbereitschaft und Technologieführerschaft,
- Kundennähe und Kundenkenntnis,
- Wettbewerbsnähe sowie Kontinuität,
- und ausgeprägte Unternehmenskultur.[14]

2.2. Bedeutung von KMU

Mikro-, klein- und mittelgroße Unternehmen sind sozial und wirtschaftlich wichtig, da sie 99% aller Unternehmen in der EU darstellen, etwa 65 Millionen Arbeitsplätze bieten und eine wichtige Quelle für unternehmerische Initiative und Innovation sind.“[15] Die Folge ist, dass zwei Drittel der Arbeitsplätze und mehr als die Hälfte der Wertschöpfung der EU KMU zuzuschreiben sind.[16] Dabei haben sie die besten Chancen auf Erfolg, wenn sie Leistungen anbieten, die die Großunternehmen nicht oder nicht günstiger anbieten können.[17]

Die sich immer weiter ausbreitende Vernetzung der Märkte gewinnt nicht nur für Großunternehmen an Bedeutung, sondern zunehmend auch für kleine und mittlere Unternehmen. Demzufolge müssen sie sich ebenfalls an verschiedenen internationalen und interkulturellen Erfordernissen ausrichten, die neben dem alltäglichen Geschäft zusätzlich zu regeln sind.[18]

2.3. Besonderheiten internationaler KMU

In den Anfängen sind es fehlende Rohstoffe im eigenen Land und der Handel in fremden Ländern gewesen, die ein Unternehmen international tätig werden ließen. Später beeinflussten günstigere Produktionsstätten, Kooperationen mit Handelspartnern und bessere Wettbewerbspositionen die Unternehmensentwicklung auf den internationalen Märkten.[19]

Heutzutage spricht man von Internationalisierung, wenn eine „grenzübergreifende Unternehmenstätigkeit[20] vorliegt. Für Meier und Roehr gilt ein Unternehmen als international, wenn seine Aktivitäten im Ausland eine wesentliche Rolle für das Gesamtunternehmen spielen.[21] Welter zeigt auf, dass bei internationalen KMU ein Prozess der Entwicklung und Veränderung der Unternehmenstätigkeit auf internationalen Märkten verläuft. Im Zuge der Globalisierung internationalisieren KMU nicht mehr nur durch Verlagerung ihrer Produktion, sondern gewinnen auch in anderen Tätigkeitsfeldern an Bedeutung wie z.B. Beratung, Know-how Transfer oder auch Kooperationen.[22]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Marktorientierung von KMU

(Quelle: Welter (2002), S.16.)

Wie aus Abb.1 ersichtlich, ist die Mehrheit der KMU überwiegend auf regionaler und nationaler Ebene tätig. Welter fügt hinzu, dass internationale KMU sich durch Niederlassungen oder Büros in mindestens vier Ländern auszeichnen und global tätige Unternehmen durch Vertretungen in jeweils wenigstens einem Land in Europa, Asien, Nordamerika und Afrika.[23] Gründe für Internalisierung bei KMU liegen häufig in der Erschließung neuer Märkte, Sicherung der Wettbewerbsposition sowie Streben nach der Nähe zum Kunden.[24]

Die Strategie der Besetzung von Nischen ist für KMU typisch, weil sie dabei die Möglichkeit oder sogar die Notwendigkeit haben, flexibel und situativ vorzugehen.[25] KMU investieren eher in entwickelten Ländern und in Märkten mit ähnlicher Kulturangehörigkeit,[26] daher oftmals in benachbarten Ländern.[27]

Obwohl in der heutigen Wirtschaft sich viele Unternehmensstrategien zur Internationalisierung anbieten, ist es den mittelständischen Unternehmen jedoch aufgrund ihrer Charakteristika schwer möglich, alle Internationalisierungsstrategien auszuschöpfen.[28] Im Folgenden werden kurz drei Hauptinternationalisierungswege gezeigt, die von KMU bevorzugt werden und sich als sinnvoll erwiesen haben.

- Direktinvestitionen

Exporte sind die häufigste Form für den Markteintritt von KMU.[29] Nach Dülfer kann Export als „der gewerbsmäßige, grenzüberschreitende Absatz von Waren oder Dienstleistungen[30] beschrieben werden. Gut geeignet für Internationalisierung von KMU ist die Strategie nach Welter, da sie vom Heimatland ausgeht und mit den Eigenschaften von KMU vereinbar ist, da sie mit weniger Risiko und Marktvorkenntnissen verbunden ist und einen relativ einfachen Marktzugang ermöglicht.[31]

- Kooperationen

Kooperationen bieten sich für KMU an, wenn sie eine Verlagerung der Produktion ohne Direktinvestitionen beabsichtigen.[32] Vorteilhaft ist diese Form bei Wissen- und Technologietransfer sowie für Befestigung der Marktposition.[33] Diese Kooperationen selbstständiger Partner werden meist ‚strategische Allianzen’ genannt,[34] wobei die Partner systematisch und sorgfältig ausgewählt werden sollten.[35]

- Joint Venture

Diese Form der Internationalisierung ist bei einer längerfristigen internationalen Tätigkeit und Marktpositionierung sinnvoll.[36] Die Kooperationen werden mit einem oder mehreren ausländischen Partnern geschlossen,[37] wobei meistens auch eine Partnergesellschaft aus dem Gastland dabei vertreten ist.[38] Joint Venture bietet sich vor allem in Ländern an, in denen die Beteiligungen an nationalen Unternehmen schwierig sind.[39]

Die Internationalisierung der Wirtschaft stellt an das Unternehmensmanagement neue, ganz spezielle Anforderungen. Selbst Unternehmen, die nur im Inland tätig sind, bedürfen andere Entwicklungsstrategien, um dem internationalen Wettbewerb gewachsen zu sein.[40]

Damit ihre Auslandsaktivitäten erfolgreich sein können, sind für KMU einige Bereiche der Unternehmungsführung vorrangig zu erkunden und zu berücksichtigen. Dazu gehören insbesondere Personalauswahl, Marktanalyse und Produktanpassung.[41] Problemfelder im Zuge der Internationalisierung tauchen oft im Bereich Logistik und Vertrieb auf. Der Grund dafür ist die nicht ausgereifte Vorbereitung der KMU in diesen Gebieten sowie das Übertragen von Erfolgskonzepten aus dem Inland auf internationale Märkte.[42]

Als besondere Schwierigkeiten werden meist das finanzielle Risiko und die hohen Kosten genannt sowie das Fehlen einer geeigneten Anfangsstrategie und der Mangel an Know-how, was die internationale Tätigkeit betrifft.[43] Lau stellt darüber hinaus fest, dass sich auch die Auswahl von ausländischen Partnern und die Konkurrenz auf dem fremden Markt als Probleme erweisen könnten.[44]

Die Rolle der Mitarbeiter tritt bei den Voraussetzungen und Bedingungen für die Internationalisierung von KMU besonders in den Vordergrund, wobei neben den Netzwerkkompetenzen und dem Internationalisierungsbewusstsein die interkulturellen Kompetenzen eine wichtige Eigenschaft sind. Darunter sind nicht nur die sprachlichen Kenntnisse zu verstehen, sondern die umfassende Fähigkeit, in anderen Kulturen agieren zu können.[45]

Die Internationalisierung stellt KMU vor eine große Herausforderung und neue Probleme. Viele davon entstehen durch das Zusammentreffen von Menschen aus verschiedenen Ländern. Es ist ein sich entwickelnder Prozess, bei dem es auf die Qualitäten der Unternehmensführung ankommt – Sachkompetenz sowie Sozialkompetenz sind dabei besonders wichtig.[46]

Die internationalen Managemententscheidungen müssen in Umfeldern getroffen werden, in denen teilweise gegensätzliche soziale, wirtschaftliche und kulturelle Bedingungen vorliegen.[47] Dort werden andere Regeln und Verhaltensweisen als selbstverständlich empfunden, was allerdings sowohl eine Herausforderung als auch eine Motivation für das Management darstellen kann.[48]

B. Kultur

1. Theoretische Grundlagen

1.1. Einleitende Kulturdefinitionen

Das Phänomen ‚Kultur’ beschäftigt seit vielen Jahren zahlreiche Forscher und Philosophen – unter anderem Kant, Freud, Voltaire und Wilhelm von Humboldt. Es gibt zwar keine einheitliche Definition für diesen Begriff, doch ist es in dem jeweiligen Kontext meist klar, was darunter zu verstehen ist. Maletzke erklärt dies damit, dass der Begriff an sich vieldeutig ist und dass die Bedeutung, sogar in der Wissenschaft, je nach Kontext und Benutzer variiert.[49] An dieser Stelle sollen solche Begriffe aufgegriffen werden, die einen Einblick in das Thema dieser Arbeit ermöglichen.

Kultur ist laut Maletzke „ein System von Konzepten, Überzeugungen, Einstellungen, Wertorientierungen, die sowohl im Verhalten und Handeln der Menschen als auch in ihren geistigen und materiellen Produkten sichtbar werden[50]. Sie ist die Art, wie die Menschen eigentlich leben und was sie aus ihrem ‚selbst’ und ihrer Welt machen.[51]

Für Blom zeigt sich Kultur in „Äußerungen und Verhaltensweisen von Individuen, Gruppen und Gesellschaften, z.B. durch Regeln, Symbole, verbale und nonverbale Sprache oder Rituale[52]. Nach Meissner wäre noch hinzuzufügen, dass sie „durch unterschiedliche Prozesse der Sozialisation zustande gekommen sind[53].

Glahn geht bei seiner Definition auf die Werte der Gesellschaft ein: „Im Kern besteht eine Kultur aus Werten, die durch das Verhalten der Angehörigen des Kulturkreises reproduziert bzw. weiterentwickelt und durch Verbal- und Körpersprache vermittelt werden. Mit diesen Werten einher gehen ein kulturspezifisches Gefühls- und Nähe- bzw. Distanzerleben einerseits und informelle/soziale sowie schließlich formelle/juristische Regeln andererseits.“[54]

Die Kultur nach Thomas „manifestiert sich immer in einem für eine Nation, Gesellschaft, Organisation oder Gruppe typischen Orientierungssystem. Dieses Orientierungssystem wird aus spezifischen Symbolen (z.B. Sprache, Gestik, Mimik, Kleidung, Begrüßungsritualen) gebildet und in der jeweiligen Gesellschaft, Organisation oder Gruppe tradiert[55]. Dadurch kann die Kultur das Wahrnehmen, Denken, Werten, Empfinden und Handeln aller ihrer Mitglieder beeinflussen[56] und bestimmt deren Zugehörigkeit zur Gesellschaft.

Dülfer[57] unterscheidet natürliche und ‚menschgemachte’ Umwelten. Das ‚Schichtenmodell der Umweltberücksichtigung’ zeigt, auf welche Zusammenhänge und Wirkungen bei internationalen Tätigkeiten zu achten ist.

Auf der untersten Ebene befinden sich als Basis die natürlichen Gegebenheiten eines Standorts. In der dargestellten Struktur werden die höher liegenden Schichten von den Unteren beeinflusst. Andererseits verläuft eine Art Feedback von oben nach unten, indem auf die Werte und Normen zurückgegriffen wird.

Beim Vertikalschnitt sind auch die internen Zusammenhänge zwischen den Schichten in beiden Richtungen deutlich zu sehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Schichtenmodell der Umweltberücksichtigung, Vertikalschnitt

(Quelle: Dülfer (2001), S.260.)

Zur Vereinfachung der Klassifizierung und zum besseren Vergleich von Kulturen und ihren jeweiligen kulturellen Unterschieden sowie Auswirkungen sind die kulturellen Dimensionen von Nutzen.[58] Mit ihrer Hilfe kann eine Art Leitfaden erstellt werden, der eine systematische Analyse unterschiedlicher interkultureller Situationen ermöglicht sowie eine abstrakte und theoretische Grundlage zur weiteren Forschung schafft. In Kapitel 2 und 3 wird ausführlich auf die Bekanntesten und am häufigsten Angewandten, die Dimensionen von Hofstede und Trompenaars, eingegangen.

1.2. Komponenten von Kultur

Der Begriff Kultur leitet sich vom lateinischen Wort ‚colere’ ab und bedeutet Land bearbeiten, ‚kultivieren’, vervollkommnen der zur Verfügung stehenden Ressourcen. Übertragen auf die Menschen würde dies die Weiterentwicklung des Geistes bedeuten, die Bildung der Lebensform einer Gesellschaft – ihre Tradition, Bräuche, Vorstellungen, Werte, Rituale, Häuser.[59]

1.2.1. Weltanschauungen und Wertorientierungen

Mauritz bezeichnet die Weltanschauungen und Wertorientierungen als „kulturelle Ideen, die unterhalb der Gesellschaftsebene die geringste subkulturelle Varianz aufweisen[60] Die verschiedenen Wertausprägungen sind ein wichtiger Bestandteil der Kultur, der durch die geschichtliche Entwicklung beeinflusst und immer weiter geprägt wird.[61] Deswegen bezeichnet Geistmann die Kultur als „gemeinsam geteiltes Wertesystem in einer Gesellschaft[62].

Die Wertauffassungen einer Gesellschaft bilden die Grundeinstellungen in einer Kultur. Die Kenntnis über die unterschiedlichen Wertesysteme hilft, diese Kultur analytisch und systematisch zu betrachten.[63] Das Wissen und Verstehen von fremden Verhaltensmustern stellt eine der Grundvoraussetzungen für das Gelingen der Wirtschaftskommunikation dar.[64]

1.2.2. Symbole, Helden, Rituale und Werte

Mit Hilfe des in Abb. 3 dargestellten ‚Zwiebeldiagramms’ von Hofstede wird ein Modell erklärt, das versucht, die Komponenten der Kultur zusammenzufassen und zu strukturieren.

Die Symbole im äußersten Ring finden sich in den Worten, Gesten, Bildern oder Objekten wieder, die für die Angehörigen einer Kultur eine bestimmte, für alle gleiche Bedeutung haben. Dazu gehören bspw. die Kleidung, Haartracht und Statussymbole. Die Symbole können sich schnell ändern und sie werden auch von anderen nachgeahmt, deswegen finden sie ihren Platz in der äußersten Schicht der Abbildung. Helden – tot oder lebend, echt oder fiktiv – verkörpern Eigenschaften, die in einer Kultur hoch angesehen werden und dienen daher als Verhaltensvorbilder. Rituale sind kollektive Tätigkeiten, die innerhalb einer Kultur als sozial notwendig gelten. Dazu gehören die Begrüßungsformen sowie in den Unternehmen die Art der Veranstaltung von Betriebsfesten, Sitzungen und Projektabschlüssen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 : Das Zwiebeldiagramm

(Quelle: Hofstede (2006), S.8.)

Den Kern der Kultur nach dem ‚Zwiebeldiagramm’ bilden die Werte. Nach Hofstede spiegeln sie die allgemeine Neigung einer Kulturgruppe wider, bestimmte Umstände anderen vorzuziehen. Sie beeinflussen die Gefühlseinstellung, wodurch das Verständnis für positiv und negativ, für gut und böse, normal und anormal entwickelt wird.[65]

Abb. 4 stellt das Modell von Trompenaars dar. Im äußeren Kreis (‚explicit culture’) befinden sich die Sprache, Kleidung, Kunst und andere Symbole, welche die Kultur darstellen und ihr einen Ausdruck verleihen. Die Normen sind der gemeinsame Sinn einer Gruppe für das, was ‚richtig’ und ‚falsch’ ist und die Werte bestimmen die Definition von ‚gut‘ und ‚schlecht’. Die Grundunterschiede in den Kulturen liegen in ihrem innersten Kern. Um sie zu finden, schreibt Trompenaars: „[I]t is necessary to go back to the core of human axistence[66] (‚implicit culture’).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: A model of culture

(Quelle: Trompenaars (2005), S.22.)

Aus den Werten, die für das Zusammenleben der Menschen als sinnvoll und notwendig empfunden werden, ergeben sich die Normen.[67] Sie sind ihre Bezugsbasis.[68]

1.2.3. Normen

Eine Norm ist eine Richtlinie oder Verhaltensregel, die von den Mitgliedern einer Kulturgesellschaft als richtig empfunden wird und die dem Erhalten der Werte dienlich ist. Durch sie werden auch die Verhaltensweisen festgelegt, die für die Mitglieder einer Kulturgruppe als richtig gelten.[69] Normen gelten als Orientierungshilfe für die Lebensführung des Einzelnen sowie in der Gesellschaft.[70] Ein wesentlicher Unterschied in den Kulturen besteht in der Bewertung der für den Einzelnen als selbstverständlich empfundenen Normen.

[...]


[1] Blom/Meier (2002), S.35.

[2] Vgl. Hummel/Zander (2005), S.101.

[3] Hummel/Zander (2005), S.102.

[4] Vgl. Baumer (2004), S.87.

[5] Vgl. Blom/Meier (2002), S.36.

[6] Vgl. Mugler (2005), S.29.

[7] Vgl. Kayser (2006), S.38.

[8] Vgl. Kayser (2006), S.38.

[9] Vgl. ebd., S.38.

[10] Vgl. Mugler (2005), S.31 f., Eden (1997), S.43.

[11] Vgl. Mugler (2005), S.31 f., Eden (1997), S.43, Fueglistaller/Müller/Volery (2004), S.94, Kayser (2006), S.34, Strothmann (2006), S.91, Pfohl/Buse (1997), S.264 f.

[12] Vgl. Mugler (2005), S.31 f., Fueglistaller/Müller/Volery (2004), S.94.

[13] Vgl. Mugler (2005), S.31 f., Fueglistaller/Müller/Volery (2004), S.94.

[14] Vgl. Holtbrügge (2006), S.5.

[15] Europäische Kommission (2005).

[16] Vgl. Mugler (2005), S.48.

[17] Vgl. ebd., S.43.

[18] Vgl. Hummel/Zander (2005), S.103, Lau (2005), S.9 f.

[19] Vgl. Meier/Roehr (2004), S.14.

[20] Bergemann/Bergemann (2005), S.10.

[21] Vgl. Meier/Roehr (2004), S.13.

[22] Vgl. Welter (2002), S.12 f.

[23] Vgl. ebd., S.15 f.

[24] Vgl. Lau (2005), S.13 f.

[25] Vgl. Welter (2002), S.13.

[26] Vgl. ebd., S.9.

[27] Vgl. Europäische Kommission (2003), S.17.

[28] Vgl. Weber (1997), S.31, Scholz-Ligma (1997), S.169.

[29] Vgl. Meier/Roehr (2004), S.19, Europäische Kommission (2003), S.14, Lau (2005), S.16.

[30] Dülfer (2001), S.172.

[31] Vgl. Welter (2002), S.14.

[32] Vgl. ebd., S.15.

[33] Vgl. Europäische Kommission (2003), S.7.

[34] Vgl. Scholz-Ligma (1997), S.177, Dülfer (2001), S.189.

[35] Vgl. Scholz-Ligma (1997), S.177.

[36] Vgl. Welter (2002), S.15.

[37] Vgl. Scholz-Ligma (1997), S.177.

[38] Vgl. Dülfer (2001), S.189.

[39] Vgl. Hering/Pförtsch/Wordelmann (2001), S.50.

[40] Vgl. Meier/Roehr (2004), S.26.

[41] Vgl. Lau (2005), S.11.

[42] Vgl. BWMA (2004), S.5.

[43] Vgl. Europäische Kommission (2003), S.51.

[44] Vgl. Lau (2005), S.65.

[45] Vgl. Welter (2002), S.64 f., Europäische Kommission (2003), S.36 ff.

[46] Vgl. Krystek/Zur (1997), S.11.

[47] Vgl. Blom/Meier (2002), S.103.

[48] Vgl. Hering/Pförtsch/Wordelmann (2001), S.19.

[49] Vgl. Maletzke (1996), S.15.

[50] ebd., S.16.

[51] Vgl. ebd., S.16.

[52] Blom/Meier (2002), S.39.

[53] Meissner (1997), S.3.

[54] Glahn (2002), S.22.

[55] Thomas (2005), S.22.

[56] Vgl. ebd., S.96.

[57] Vgl. Dülfer (2001), S.259 ff.

[58] Vgl. Hofstede (2006), S.30.

[59] Vgl. Koptelzewa (2004), S.55.

[60] Mauritz (1996), S.37.

[61] Vgl. Geistmann (2002), S.3.80.

[62] ebd., S.3.78.

[63] Vgl. Mauritz (1996), S.37.

[64] Vgl. Nagels (1996), S.84.

[65] Vgl. Hofstede (2006), S.7 ff., Blom/Meier (2002), S.41 ff., Zell (2006).

[66] Trompenaars (2005), S.21.

[67] Vgl. Baumer (2004), S.39.

[68] Vgl. Mauritz (1996), S.49.

[69] Vgl. E-Yamchi (2004), S.23, Blom/Meier (2002), S.43 f.

[70] Vgl. Baumer (2004), S.39.

Ende der Leseprobe aus 76 Seiten

Details

Titel
Eine kritische Betrachtung der Rolle von Kultur und interkulturellen Kompetenzen bei international tätigen KMU
Hochschule
Universität Siegen
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
76
Katalognummer
V68371
ISBN (eBook)
9783638594516
Dateigröße
782 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eine, Betrachtung, Rolle, Kultur, Kompetenzen
Arbeit zitieren
Nadezhda Veleva (Autor:in), 2006, Eine kritische Betrachtung der Rolle von Kultur und interkulturellen Kompetenzen bei international tätigen KMU , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68371

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