Ende 2006 werden die neuen Eigenkapitalanforderungen des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht, Basel II, in Kraft treten (vgl. Kap 2.1). Kreditinstitute müssen demnach ihre eingegangenen Kreditrisiken nicht mehr pauschal, sondern abhängig vom individuellen Risiko des Engagements mit Eigenkapital hinterlegen. Dies wird unweigerlich zu einer Verschärfung der Kreditvergabebedingungen führen. Nur wenn man den Nachweis erbringen kann, ein geringes Risikopotential zu besitzen, wird es für den Kreditnehmer möglich sein, an günstiges Fremdkapital zu gelangen. Basel II schlägt zum Zweck der Risikoeinschätzung die Durchführung entweder eines internen
oder externen Ratings vor.
Diese Entwicklungen hinsichtlich der Fremdfinanzierung machen nicht nur in der Bankenwelt, sondern auch bei den Unternehmen der Immobilienbranche Veränderungen erforderlich. Denn die Verfahren im Bereich des Bonitätsratings, wie sie zur Überprüfung der Kreditwürdigkeit von Schuldnern eingesetzt werden, sind nicht
direkt auf den Bereich der Immobilienfinanzierung anwendbar. Hier ist es zwingend notwendig, spezielle Ratingsysteme zu entwickeln, die die Besonderheiten der Immobilie stärker berücksichtigen. Dies ist auch deshalb wichtig, weil Unternehmen in der Immobilienbranche traditionell eine geringe Eigenkapitalausstattung haben. Dieses höhere Risikopotential würde bei einem Bonitätsrating, das sich nicht genauer mit Immobilienrisiken auseinandersetzt, zwingend eine Verteuerung der Kredite in der Immobilienwirtschaft bedeuten.
Doch die Einführung von Standards für ein Property- und Market-Rating durch den europäischen Dachverband nationaler Immobilienbewertungsorganisationen TEGoVA zeigt, dass das Thema Immobilien-Rating an Bedeutung gewinnt.
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Gang der Untersuchung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht
2.2 Rating
2.2.1 Definition
2.2.2 Internes Rating
2.2.3 Externes Rating
2.2.4 Abgrenzung Rating zu Scoring
2.2.5 Problematiken des Rating-Verfahrens
2.3 Ausgewählte Ratingarten
2.3.1 Das Bonitätsrating
2.3.2 Das Rating von (Immobilien-)Investmentfonds
2.3.3 Das Immobilien-Objektrating
3 Das Immobilienrating
3.1 Notwendigkeit, Nutzen und Ziel
3.2 Typisierung des Immobilienobjekt-Ratings
3.2.1 Risikoprofil von Wohnimmobilien
3.2.2 Risikoprofil von Gewerbeimmobilien
3.2.3 Der Spezialfall der Managementimmobilie
3.2.4 Risikoprofil von Projektentwicklungen
4 Die Systematik des Immobilienratings
4.1 Bewertungskriterien des Immobilienratings
4.1.1 Die Marktanalyse
4.1.2 Die Standortanalyse
4.1.2.1 Makrostandort
4.1.2.2 Mikrostandort
4.1.3 Die Objektanalyse
4.1.3.1 Gebäudesubstanz
4.1.3.2 Gebäudeeffizienz
4.1.3.3 Gebäudeflexibilität
4.1.4 Die Performanceanalyse
4.2 Die angewandten Messstandards
4.3 Gewichtung der Kriterien
4.3.1 Grundgewichtung
4.3.2 Zweitgewichtung
4.4 Das Immobilienrating anhand eines Beispiels
5 Akzeptanz des Immobilienratings
5.1 Vergleichbarkeit der Ratings
5.2 Zuverlässigkeit der Ergebnisse
5.3 Schwächen des Ratings
5.4 Verbesserungspotentiale angewandter Immobilien-Ratingsysteme
6 Schlussbetrachtung
6.1 Zusammenfassung
6.2 Ausblick
Anhang
Literaturverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Beispieltabelle 1: Rating Kriteriengruppe Objekt
Beispieltabelle 2: Gesamtrating der Immobilie
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Ende 2006 werden die neuen Eigenkapitalanforderungen des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht, Basel II, in Kraft treten (vgl. Kap 2.1). Kreditinstitute müssen demnach ihre eingegangenen Kreditrisiken nicht mehr pauschal, sondern abhängig vom individuellen Risiko des Engagements mit Eigenkapital hinterlegen. Dies wird unweigerlich zu einer Verschärfung der Kreditvergabebedingungen führen. Nur wenn man den Nachweis erbringen kann, ein geringes Risikopotential zu besitzen, wird es für den Kreditnehmer möglich sein, an günstiges Fremdkapital zu gelangen. Basel II schlägt zum Zweck der Risikoeinschätzung die Durchführung entweder eines internen oder externen Ratings vor.[1]
Diese Entwicklungen hinsichtlich der Fremdfinanzierung machen nicht nur in der Bankenwelt, sondern auch bei den Unternehmen der Immobilienbranche Veränderungen erforderlich. Denn die Verfahren im Bereich des Bonitätsratings, wie sie zur Überprüfung der Kreditwürdigkeit von Schuldnern eingesetzt werden, sind nicht direkt auf den Bereich der Immobilienfinanzierung anwendbar.[2] Hier ist es zwingend notwendig, spezielle Ratingsysteme zu entwickeln, die die Besonderheiten der Immobilie stärker berücksichtigen. Dies ist auch deshalb wichtig, weil Unternehmen in der Immobilienbranche traditionell eine geringe Eigenkapitalausstattung haben. Dieses höhere Risikopotential würde bei einem Bonitätsrating, das sich nicht genauer mit Immobilienrisiken auseinandersetzt, zwingend eine Verteuerung der Kredite in der Immobilienwirtschaft bedeuten.
Doch die Einführung von Standards für ein Property- und Market-Rating durch den europäischen Dachverband nationaler Immobilienbewertungsorganisationen TEGoVA zeigt, dass das Thema Immobilien-Rating an Bedeutung gewinnt.[3] Zudem lässt sich seit einigen Monaten ein stetiges Wachstum des Angebots an Ratingdienstleistungen speziell für die Immobilienbranche verzeichnen.
Ein Grund dafür ist nicht zuletzt die zunehmende Internationalisierung von Investoren, die auch in Objekte außerhalb der eigenen Landesgrenzen investieren möchten. Im internationalen Kontext sind jedoch Immobilien und Immobilien-Portfolios hinsichtlich des Risikos schwer vergleichbar, so dass ein modernes Analyseinstrument wie das Rating notwendig wird.[4]
Des weiteren wird als Folge auf die Einführung der International Financial Reporting Standards (IFRS) für börsennotierte (Immobilien-)Unternehmen eine akkurate Bewertung von Immobilien immer wichtiger.[5] Nach den neuen Bestimmungen müssen Anlageimmobilien zum „Fair Value“, dem Marktwert, in der Bilanz ausgewiesen werden.[6] Dabei kann ein spezielles Rating nützlich sein. Und es besteht kein Zweifel daran, dass auch Unternehmen, die nicht zu einer Bilanzierung nach den neuen Regeln verpflichtet sind, ihre Rechnugslegung darauf umstellen werden. Ein Grund dafür ist im Zusammenhang mit Basel II, dass viele Banken ihre Ratingsysteme auf IFRS-Zahlen angepasst haben und somit der Kreditnehmer mit einer HGB-Bilanz bei der Kreditvergabe das Nachsehen haben wird.[7]
Basierend auf diesen Entwicklungen ist es nun Ziel der folgenden Arbeit, das Immobilien-Rating von anderen Ratingarten klar abzugrenzen und dessen Besonderheiten aufzuzeigen. Dazu sollen bereits entwickelte und mehrfach angewandte Immobilien-Ratingsysteme auf deren Systematik überprüft und gegenübergestellt werden. In einem zweiten Schritt sollen mögliche Problematiken dieses Ratingtyps herausgearbeitet werden und analysiert werden, inwieweit Immobilien-Ratingsysteme tatsächlich für mehr Transparenz sorgen bzw. beim Adressatenkreis akzeptiert werden. Aus den gewonnenen Erkenntnissen werden anschliessend Verbesserungspotentiale angewandter Ratingverfahren abgeleitet.
1.2 Gang der Untersuchung
Dem einleitenden Kapitel folgt ein Abschnitt, in dem die theoretischen Grundlagen für diese Arbeit gelegt und verständlich gemacht werden sollen. Zunächst soll die Aktualität des Ratings verdeutlicht werden. Dazu wird die Thematik von Basel II mit seinen neuen Vereinbarungen zur Eigenkapitalhinterlegung in seinen Grundzügen beschrieben. Ratingverfahren sind ein wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil dieser neuen Regelungen, da von ihnen maßgeblich die Höhe des nötigen Eigenkapitals abhängt. Deswegen wird in einem nächsten Schritt der Begriff des Ratings, einschliesslich den nach Basel II empfohlenen Rating-Methoden, näher erläutert. An dieser Stelle wird das Immobilien-Rating zunächst kurz von anderen Rating-Arten abgegrenzt.
Im Abschnitt 3 wird der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit, das Immobilien-Rating, genauer behandelt. Im Mittelpunkt steht zunächst die Erkenntnis, dass Immobilien sehr heterogene Rating-Objekte darstellen und man demnach je nach Ausprägung und Nutzung der Immobilie, das Rating-Verfahren anpassen muss. Hier wird zwischen Wohnimmobilien und gewerblich genutzten Objekten unterschieden und deren typische Risikoprofile aufgezeigt. Am Rande werden noch die Besonderheiten des Ratings von Projektentwicklungen aufgezeigt.
Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen wird in Kapitel 4 die Systematik des Immobilien-Ratings näher beleuchtet. Dazu werden die Bestandteile des Immobilien-Ratings, so wie sie in der Mehrzahl der angewandten Markt- und Objektratingssysteme existieren, erläutert. Dies sind im einzelnen die Bewertungskriterien, deren Gewichtung und die Messstandards, nach denen die Kriterien gemessen werden. Das Kapitel wird durch eine Beispielrechnung eines Immobilienratings abgerundet, so dass am Ende deutlich werden sollte, wie letztendlich das Ratingergebnis im einzelnen zustande kommt.
Im darauf folgenden Abschnitt steht die allgemeine Akzeptanz des Immobilien-Ratings im Mittelpunkt. An dieser Stelle werden ausgewählte Immobilien-Ratingsysteme gegenübergestellt und deren Ergebnisse ausgewertet. Die Resultate werden hinsichtlich ihrer Vergleichbarkeit und Zuverlässigkeit analysiert und einzelne Schwächen der Ratingsysteme aufgezeigt. Daraus werden mögliche Verbesserungspotentiale abgeleitet.
Im letzten Kapitel werden die Ergebnisse zusammengefasst. Ein kurzer Ausblick auf zukünftige Entwicklungen dieser Thematik runden diese Arbeit ab. Die Struktur der vorliegenden Arbeit wird kurz in Abbildung 1 zusammengefasst.[8]
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht
Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht wurde Ende 1974 von den Bundesbankpräsidenten der G-10 Staaten, Luxemburgs und der Schweiz gegründet.[9] Der Ausschuss hat sich zum Ziel gesetzt, das internationale Finanzsystem zu stabilisieren und zu stärken.[10] Dazu entwickelt der Baseler Ausschuss seither Empfehlungen für die Rahmenbedingungen und Standards der Bankenaufsicht, um so die Banken der Mitgliedsländer an bestimmte Reglementierungen zu binden.[11]
Der Baseler Ausschuss fungiert jedoch nicht als Gesetzgeber und dessen Veröffentlichungen sind juristisch nicht verbindlich. Vielmehr sollen die formulierten Richtlinien als Grundlage und Anregung für die Gesetzgebung in dem jeweiligen Mitgliedsland sein. Zusätzlich wird erwartet, dass beschlossene Empfehlungen auch in Rechtssysteme anderer Staaten übernommen werden.[12] Die Umsetzung im deutschen Recht erfolgt über das Kreditwesengesetz, das für alle in Deutschland ansässigen Banken verbindlich ist.[13]
Die Richtlinie, die besonders in den Vordergrund trat, war die Eigenkapitalvereinbarung aus dem Jahre 1988 (Basel I). Ziel war es, die Kapitalanforderungen an Banken stärker von den eingegangenen Risiken abhängig zu machen. Der Basel I-Akkord verlangt eine Eigenkapitalquote von mindestens 8% in Relation zu den risikogewichteten Kreditposten.[14] Die Eigenkapitalvorschriften von Basel I finden inzwischen in mehr als 100 Ländern Beachtung.[15]
Im Laufe der letzten Jahre wurden die Regelungen von Basel I stetig modifiziert, weil immer wieder Kritik geäußert wurde, dass hier die Kreditrisiken nur ungenau ermittelt werden.[16] So wird Ende 2006 die neue, überarbeitete Eigenkapitalvereinbarung Basel II in Kraft treten.[17] In der neuen Fassung sollen Kreditnehmer einer individuelleren Risikobewertung unterzogen werden, um die Höhe des zu hinterlegenden Eigenkapitals vermehrt vom Risikopotential des Kreditnehmers abhängig zu machen.[18]
Zur Einschätzung dieses Risikopotentials bedient man sich dem Instrument des Ratings.
2.2 Rating
2.2.1 Definition
Aus dem englischen übersetzt hat der Begriff Rating im deutschen mehrere Bedeutungen wie Bewertung oder Einschätzung.[19] Grundsätzlich kann das Rating also als jede erdenkliche Art der Leistungsbewertung eines bestimmten Bewertungsobjektes bezeichnet werden.
Bezogen auf den Banken- und Finanzsektor steht das Rating jedoch zumeist als Synonym für das sogenannte Bonitäts-Rating (vgl. Kap. 2.3.1), also die „Beurteilung und Klassifizierung der relativen und absoluten Bonität von Schuldtiteln und deren Emittenten anhand einheitlicher Maßstäbe“.[20] Genauer definiert, spiegelt das Rating wieder, inwieweit ein Schuldner seinen finanziellen Verpflichtungen termingerecht und vollständig nachkommen kann. Dabei werden Wahrscheinlichkeiten über den Eintritt von Zahlungsschwierigkeiten während der Laufzeit geschätzt.[21] Bei einigen Rating-Typen ist die Bonität allerdings kein oder nur ein untergeordnetes Messkriterium (vgl. Kap. 2.3).
Basierend auf den Ergebnissen eines solchen Ratingprozesses werden Bewertungsurteile vergeben, die das Risikopotential eines Kreditnehmers auf einer Skala einordnen. Diese Urteile werden als eine einzige Kennzahl bzw. Symbol dargestellt.[22] Die Mehrzahl der gegenwärtig angewandten Symbolskalierungen sind sich sehr ähnlich, so dass diesbezüglich eine internationale Vergleichbarkeit gewährleistet ist.[23] Es besteht ein direktes Verhältnis zwischen dem Ratingurteil und der Kreditvergabe.[24] Je nachdem wie ein Rating ausfällt bzw. in welche Risikokategorie der Kreditnehmer eingestuft wird, können Fremdfinanzierungskosten gesenkt oder neue Finanzierungsquellen erschlossen werden.
Nach den neuen Richtlinien des Basel II-Akkords können Institute zur Messung des Kreditrisikos auf den Kreditnehmer zwei verschiedene Rating-Ansätze anwenden:[25] Den IRB-Ansatz, (Internal Rating-based Approach), einem internen Rating-Verfahren, oder den Standardansatz, der zwingend ein externes Rating bedeutet.[26] Diese beiden Methoden sollen im folgenden kurz dargestellt werden.
2.2.2 Internes Rating
Internes Rating heißt, dass eine Bank oder ein ähnliches Kreditinstitut seinen Kunden einem eigenen, selbst entwickelten Rating-Verfahren unterzieht. Nach Basel II muss ein internes Rating im Zusammenhang mit jeder Kreditvergabe durchgeführt werden. Die Verfahren unterliegen jedoch strengen Auflagen und müssen von der Aufsichtsbehörde, in Deutschland der BaFin, genehmigt werden.[27] Zu den Risikofaktoren, die in das Rating einfliessen, zählen die Ausfallwahrscheinlichkeit (Probability of Default – PD), der Verlust bei Ausfall des Kreditnehmers (Loss Given Default – LGD), die erwartete Kredithöhe im Zeitpunkt des Ausfalls (Exposure of Default – EAD) und die Restlaufzeit des Kredits (Maturity – M). Es gibt zwei Formen des IRB-Ansatzes: während bei dem IRB-Basisansatz nur die PD bankintern ermittelt wird, müssen beim fortgeschrittenen Ansatz zusätzlich noch die Komponenten LGD bzw. EAD von dem Kreditinstitut bestimmt werden.[28] Dieser Ansatz stellt demnach höhere Anforderungen an die Banken.
Da das interne Rating von dem Kreditinstitut durchgeführt wird, werden die dabei gewonnenen Erkenntnisse meistens nicht veröffentlicht oder gar dem gerateten Unternehmen vorenthalten.
2.2.3 Externes Rating
Im Gegensatz zum internen Rating führt bei einem externen Rating nicht das Kreditinstitut selbst, sondern eine beauftragte, unabhängige Agentur das Rating durch.[29]
Auch Ratingagenturen müssen dabei bestimmten Qualitätsstandards genügen.[30] Ratings von externen Dienstleistern durchführen zu lassen, kann mehrere Gründe haben. Zum einen erfordern Rating-Prozesse viel Zeit und umfassende Sachkenntnisse, so dass diese Art der Kreditwürdigkeitsprüfung gerade für kleinere Banken, die nicht die nötige Infrastruktur für eigene Ratings vorweisen können, geeignet sind; oder das Kreditinstitut kann das Ergebnis des Ratings zusätzlich zu dem internen Rating als Entscheidungsgrundlage in den Kreditvergabeprozess einbinden.[31] Zum anderen kann der Kreditnehmer, ein entsprechendes Resultat vorausgesetzt, das externe Rating als Kommunikationsinstrument nutzen. Da externe Ratings veröffentlicht werden, können die Ergebnisse die Position bei Kreditverhandlungen stärken oder auch zu Werbezwecken herangezogen werden.[32] Die Adressaten reichen hier von Banken und Investoren über Kunden, Lieferanten oder auch dem eigenen Management, das das Rating als Basis für eine Stärken-Schwächen-Analyse nutzen kann.[33] Es sei aber erwähnt, dass ein schlechtes Rating oftmals besser ist, als überhaupt nicht geratet zu sein, da es in der Regel unmöglich ist, ohne Rating auf dem Kapitalmarkt beachtet zu werden.[34]
Die weltweit bekanntesten und ältesten Ratingagenturen sind Standard & Poor’s und Moody’s Investors Service.[35] Daneben existieren noch zahlreiche kleinere Institutionen, die sich auf bestimmte Märkte oder Branchen spezialisieren.
2.2.4 Abgrenzung Rating zu Scoring
Wie das Rating dient auch das Scoring den Kreditinstituten als Analyseinstrument zur Einschätzung des Risikopotentials eines Schuldners. Doch während Ratingverfahren im Firmenkreditgeschäft eingesetzt werden, werden Scoring-Modelle auf Privatkunden, natürlichen Personen, angewandt und zielen ausschließlich auf deren Bonität ab.[36] Scoring-Verfahren berücksichtigen Informationen über beispielsweise das vergangene Zahlungsverhalten, oder das Alter geführter Konten des Kreditnehmers.[37] Daraus werden Schlüsse auf die zukünftige Kreditwürdigkeit gezogen und ein Ergebnis ermittelt. Die Einflussgrössen werden dazu gewichtet und durch mathematisch-statistische Verfahren zu einem sog. Score verdichtet.[38] Ratingergebnisse basieren hingegen vorwiegend auf der subjektiven Verknüpfung ausgewählter Kriterien. Je höher der Scoringwert auf der Skala angeordnet ist, desto besser ist die Bonität des Schuldners einzuschätzen. Abbildung 4 fasst die wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Modellen zusammen.[39]
Scoring-Modelle werden von Banken und Institutionen wie z.B. der SCHUFA genutzt, die die ermittelten Ergebnisse ihren Vertragspartnern mitteilt.[40]
2.2.5 Problematiken des Rating-Verfahrens
Eine Weiterentwicklung des Ratings im Vergleich zur Kreditwürdigkeitsprüfung, die traditionell von Kreditinstituten durchgeführt wird, ist, dass hier qualitative Faktoren schwerer ins Gewicht fallen.[41] Aber genau diese Tatsache birgt auch Problematiken. Während Jahresabschlüsse bzw. entsprechende Kennzahlen eine klare Aussage über die Kreditwürdigkeit treffen, unterliegen qualitative Kriterien, wie z.B. die Beurteilung des Managements bei dem Rating von Investmentfonds, einer stark subjektiven Betrachtung.[42] Dies schränkt die Aussagekraft und auch die Vergleichbarkeit verschiedener Ratings ein. Insbesondere bei externen Ratings spielt also die Erfahrung und Reputation der beauftragten Agentur für die Glaubhaftigkeit des Rating-Ergebnisses eine grosse Rolle. Ähnliche Schwierigkeiten entstehen bei der Bewertung der Fondsperformance. Diese basiert meistens auf fondseigenen Strategien und ist von daher mit anderen Wertentwicklungen schlecht vergleichbar.
Wie schwierig die Beurteilung speziell von Immobilienfonds ist, zeigt das Beispiel des Fonds Grundbesitz-Invest der DB Real Estate.[43] Hier hatte die Ankündigung, dass sich trotz guten Ratings zahlreiche Immobilien einer unvorhergesehenen Neubewertung unterziehen müssen, zu umfangreichen Mittelabflüssen und am Ende zur Schliessung des offenen Immobilienfonds geführt.
Eine weitere Problematik gerade bei externen Ratings sind die hohen Kosten.[44] Kleine und mittelständische Unternehmen haben meistens nicht die ausreichenden Mittel und sind so auf interne Rating-Verfahren der Banken angewiesen. Dies kann den Zugang zu neuem Fremdkapital u.U. erschweren.
2.3 Ausgewählte Ratingarten
Zwar wurde in obiger Ausführung zunächst das Bönitätsrating als Ansatzpunkt für die Begriffsdefinition des Ratings gewählt. Doch gibt es neben diesem Ratingtyp noch weitere Arten, die sich maßgeblich in Bezug auf Ziel, einbezogenen Kriterien und Vorgehensweise unterscheiden. Hinsichtlich des Ziels der vorliegenden Arbeit sollen nun das Rating von Investmentfonds vorgestellt und kurz das Immobilien-Objektrating von dem Bonitätsrating abgegrenzt werden.[45]
2.3.1 Das Bonitätsrating
Diese Ratingart ist ein auf den Finanzmärkten eingesetztes Instrument, um die Bonität des Kreditnehmers zu bewerten. Die Einschätzung der Kreditwürdigkeit des Schuldners stützt sich demnach ausschließlich auf dessen zukünftige Zahlungsfähigkeit. Hier gehen vor allem quantitative Kriterien in die Beurteilung ein.[46] Diese basieren auf der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Kreditnehmers, die durch eine Jahresabschlussanalyse festgestellt wird. Zusätzlich werden qualitative, weiche Faktoren berücksichtigt. Dazu zählen unter anderem die Erfahrung des Managements oder die Unternehmensstruktur. Tabelle 5 gibt einen Überblick über die relevanten Kriterien bei internen und externen Ratings.[47]
Gerade das Bonitätsrating wird von gerateten Unternehmen zur besseren Aussendarstellung herangezogen, weil es eindeutig belegt, dass die Organisation im Stande ist, Schulden, inklusive Zinsen, fristgerecht und vollständig zurückzuzahlen.
2.3.2 Das Rating von (Immobilien-)Investmentfonds
Im Gegensatz zum oben beschriebenen Bonitätsrating, wird bei dem Rating eines Investmentfonds in erster Linie ein Urteil über dessen Qualität, aber auch über die zukünftige Performance getroffen. Nur nachrangig werden mögliche Ausfallwahrscheinlichkeiten bewertet.[48]
Durch die rapide wachsende Zahl an Investmentfonds auf dem Markt, kommt das Fondsrating vor allem einer Informationsfunktion nach und soll dem Anleger die Vielzahl der Angebote überschaubarer und transparenter gestalten.[49] Dies gilt insbesondere für Immobilienfonds, weil der Anleger kaum in der Lage ist, jede im Portfolio gehaltene Liegenschaft vor Ort zu besichtigen.[50]
Um nun als Entscheidungshilfe für den Investor zu dienen, ist bei dem Rating zwar auch, wie eingangs erwähnt, die Bonität des Fonds, also die Wahrscheinlichkeit, dass der Fonds zugesagten Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann[51], wichtig, doch fliessen hier vor allem Bewertungen der Qualität des Fondsmanagements und der Investmentqualität sowie der Performance des Fonds ein. Die einzelnen Kriterien, die das Urteil über die drei Komponenten letztendlich beeinflussen, können abhängig von der Ratingagentur oder des Schwerpunktes des Ratings, leicht abweichen; die angewandten Skalierungen sind jedoch weitestgehend identisch.[52]
Die Beurteilung der Managementqualität ist deswegen besonders wichtig, da das Management die Strategie bzw. die Anlagepolitik festlegt und somit die weitere Entwicklung eines Fonds maßgeblich beeinflusst.[53] Es werden vorwiegend qualitative Kriterien berücksichtigt. Dazu zählen u.a. die Seriosität, fachliche Kompetenz und Flexibilität der Fondsmanager sowie die allgemeine Organisationsstruktur.[54] Ausserdem müssen die Qualität der Prozesse hinsichtlich der Investments, des Risikomanagements oder des internen Controllings bewertet werden.[55] Sogar der Kundendienst wird einer Beurteilung unterworfen.
Bei dem Investment-Rating wird neben der allgemeinen Zusammensetzung des Portfolios, vor allem die Qualität der Objekte bewertet. Dazu wird auf das Instrument des Immobilien-Ratings (vgl. Kap. 2.3.3) zurückgegriffen. Bei der Zusammensetzung des Fondsvermögens spielen z.B. die Diversifikation und die Liquidität, d.h. die Liquiditäts-, bzw. Fremdkapitalquote eine Rolle.[56] Die Qualität der Immobilien wird anhand von Kriterien wie dem Standort oder der Mieterstruktur bewertet.
Bei dem Rating der Performance wird die Wertentwicklung des jeweiligen Fonds im Vergleich zu der Performance einer Benchmark beurteilt.[57] Die Wertentwicklung kann durch bestimmte Kennzahlen abgebildet werden.[58] Dabei sind sowohl in der Vergangenheit erzielte Rendite als auch die langfristige Ertragskraft von Bedeutung.
Zusätzlich zu diesen drei Kriterien stuft die Scope Group bei ihrem Rating die Fonds noch in verschiedene Strategieklassen ein.[59]
Gerade in Bezug auf die Investmentqualität darf das Rating von Fonds nicht als einmaliger Prozess verstanden werden. Vielmehr bedarf es hier einer regelmässigen Aktualisierung der Bewertung, weil sich das Fondsvermögen laufend durch Ver- und Ankäufe ändern kann.[60]
Die erste Ratingagentur, die ein solches Rating von Immobilienfonds in Deutschland durchgeführt hat, war Moody’s Investor Services im Jahre 2002.[61] Inzwischen haben auch andere Ratingagenturen wie z.B. Feri oder die Scope Group diesen Markt entdeckt. Die Scope Group hat im Jahre 2004 erstmals alle offenen Immobilienfonds geratet.[62]
2.3.3 Das Immobilien-Objektrating
Nicht nur bei der Beurteilung von Investmentfonds kann ein Immobilien-Rating nützlich sein, sondern auch im Bereich der Unternehmensimmobilien. Im Falle einer Finanzierung, eines Erwerbs oder einer Veräusserung kann ein Objekt-Rating als geeignete Entscheidungsgrundlage dienen. So wird ein solches Immobilien-Objektrating z.B. im Zusammenhang mit der Vergabe von Hypothekarkrediten durchgeführt. Das Objekt-Rating soll die Zahlungsfähigkeit des Kreditnehmers bewerten.[63] Jedoch wird hier im Gegensatz zum Bonitäts-Rating nicht die reine Vermögens-, Finanz- und Ertragslage untersucht, sondern es steht vielmehr die zu finanzierende Immobilie im Mittelpunkt. Während bei einem Bonitäts-Rating die mögliche Ausfallwahrscheinlichkeit oder bei einem Fonds-Rating z.B. die Performance als Maßstab herangezogen wird, ist bei dem Immobilien-Rating die mittelfristige Verkäuflichkeit des Objekts der Maßstab.[64] Der Grund dafür ist, dass es für den Immobilienfinanzierer oder –investor darauf ankommt, im Bedarfsfall die Immobiliensicherheit problemlos, also schnell und zu einem angemessenen Preis verwerten zu können. Neben quantitativen Kriterien, wie dem aus der Immobilie zu generierende Cashflow, sind vor allem qualitative Faktoren für die richtige Beurteilung entscheidend. Zu nennen sind hier u.a. der Zustand des Gebäudes oder die Lage (vgl. Kap.4.1).
An dieser Stelle soll lediglich das Immobilien-Rating von dem Bonitätsrating abgegrenzt werden. Es ist jedoch selbstverständlich, dass in einem zweiten Schritt das Ergebnis des Immobilienratings mit dem eines gesonderten Bonitäts-Ratings des Darlehensnehmers zusammengeführt werden muss, damit sich das Kreditinstitut eine abschliessende Meinung über den Kreditnehmer bilden kann.[65]
3 Das Immobilienrating
3.1 Notwendigkeit, Nutzen und Ziel
Wie einleitend erwähnt, gewinnt das Immobilienobjekt-Rating im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten von Basel II sowie der Einführung der IFRS zunehmend an Bedeutung. Nicht nur durch diese Regelungen veranlasst, wird dem Immobilien-Rating besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Das Rating soll vielmehr insgesamt eine grössere Transparenz in die Immobilienbranche bringen. Gerade in Bezug auf die zunehmende Internationalität der Wirtschaft, ist das Rating ein immer wichtigerer Faktor. Immobilienfonds beispielsweise, welche vermehrt auch in ausländische Liegenschaften investieren, haben so ein zuverlässigeres Instrument, um Immobilien in Märkten verschiedenster Länder vergleichen zu können.
Vor dem Hintergrund des Strebens nach erhöhter Transparenz kann das Immobilien-Objektrating zu vielfältigen Zwecken verwandt werden.
Das Hypothekendarlehen wurde bereits kurz angesprochen. Diese Kredite werden typischerweise bei dem Kauf oder Neubau von Immobilien eingesetzt.[66] Hierbei lässt sich die Bank das Darlehen von dem Kreditnehmer durch die zu finanzierende Immobilie absichern. Also liegt das Hauptrisiko für gewöhnlich bei der Immobilie. Der Ausfall des Kreditnehmers ist zweitrangig. Dem Immobilien-Rating kommt von daher eine entscheidende Rolle zu, weil das Risiko, dass es zum Kreditausfall kommt, von der Qualität der Immobilie abhängt.[67] Ausserdem zeigt die Tatsache, dass allein Wohnungsbaukredite heute ungefähr 40% des gesamten Kreditvolumens der Banken an inländische Unternehmen und Privatpersonen ausmachen[68], dass in diesem Kontext das Immobilien-Rating neben dem Unternehmens-Rating zunehmend wichtiger wird.
Da das Immobilien-Rating Chancen- und Risikoprofile von Objekten in den jeweiligen Märkten abbildet, soll an dieser Stelle noch erwähnt werden, dass das Rating auch ohne weiteres auf Projektentwicklungen übertragen werden kann.[69] Der Maßstab des Immobilienprojekt-Ratings ist nicht, wie bei dem Objekt-Rating, die mittelfristige Verkäuflichkeit der Immobilie, sondern die Verkäuflichkeit des Projektes zum Ratingstichtag.[70] Um nun die Qualität einer Projektentwicklung zu bewerten, muss bei diesem Rating jedoch ein grösseres Augenmerk auf das dahinter stehende Unternehmen, den Kreditnehmer, gelegt werden.[71] Der Erfolg eines Projektes wird nämlich vor allem von der Erfahrung, dem Management und der Organisation des Projektentwicklers beeinflusst, so dass hier ein ergänzendes Unternehmens-Rating unerlässlich wird. Das Immobilien-Rating besteht aus der Bewertung eines fiktiven Bestandsobjektes und möglichen Entwicklungsrisiken bei dem Objekt.[72]
Hieraus lässt sich erkennen, dass das Kreditinstitut, abhängig davon, um was für ein Immobilienunternehmen es sich bei dem Kreditnehmer handelt, bei der abschliessenden Bewertung der Kreditwürdigkeit das Immobilien-Rating und das Bonitäts-Rating unterschiedlich gewichten muss.[73] Bei Special Purpose Vehicles (SPV) ist das Objekt-Rating sicherlich bedeutender als bei einem Projektentwickler, da hier der Anteil der zu finanzierenden Maßnahme an der Bilanzsumme grösser ist und somit der Erfolg des Unternehmens stärker von der Immobilie abhängt.[74]
Immobilien-Ratings können also auch von Banken in eine gewöhnliche Bonitätsprüfung im Falle von Krediten einbezogen werden, bei denen es sich nicht um Hypothekendarlehen handelt. Dies gilt für Kreditnehmer, deren Kreditwürdigkeit maßgeblich von ihrem Grundbesitz beeinflusst wird.[75]
Des weiteren kann das Immobilien-Rating auch, wie es auch schon im Zusammenhang mit dem Rating von Immobilienfonds angedeutet wurde, auf Portfolios und deren Bewertung und im Rahmen der Securisation angewandt werden.[76] Insbesondere aus Investorensicht kann das Immobilien-Rating als Instrument für ein effizientes Portfoliomanagement und -steuerung dienen.[77] In Bezug auf das Portfoliomanagement kann das Immobilien-Rating durch die Betrachtung einzelner Kriterien eine Grundlage für Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen bilden.[78]
In Bezug auf die Portfoliosteuerung bietet das Immobilien-Rating Investoren und Banken die Möglichkeit, das Gesamtrisiko eines Immobilienportfolios zu analysieren oder auch nur einzelne Kriterien zu bewerten. Dadurch kann z.B. das Ausmaß an Klumpenrisiken gesteuert werden.[79]
3.2 Typisierung des Immobilienobjekt-Ratings
Das Rating soll die Qualität einer Immobilie, d.h. deren Chancen- und Risikoprofil bewerten. Doch kann je nach Nutzungsart des Objekts dieses Profil sehr unterschiedlich ausfallen, da jede Immobilienart ihren spezifischen Einflussfaktoren ausgesetzt ist.
Objekt-Ratings sollten deshalb entweder auf eine Immobilienart zugeschnitten werden oder aber flexibel gestaltet sein, damit ihre Durchführung je nach Objekttyp bzw. Nutzungsart der Immobilien angepasst werden kann und eine differenzierte Betrachtung gewährleistet wird.[80] Im folgenden wird das jeweilige Risikoprofil von Wohn- und gewerblich genutzten Immobilien sowie von Projektentwicklungen untersucht.
3.2.1 Risikoprofil von Wohnimmobilien
Zu der Gruppe der Wohnimmobilien zählen z.B. Eigenheime oder Mehrfamilienhäuser. Bei dieser Immobilienart steht das menschliche Bedürfnis des Wohnens im Vordergrund. Deswegen werden Wohnimmobilien größtenteils von privaten Investoren zur Eigennutzung erworben.[81] Bei der Kreditvergabe wird zwar auch die private Wohnungsbaufinanzierung einem Rating unterworfen, doch konzentrieren sich die Banken überwiegend auf die persönliche Bonität des Kreditnehmers.[82] Die Bewertung basiert demnach auf einer mehrheitlich objektiven Beurteilung und kann standardisierter durchgeführt werden als ein Rating gewerblicher Immobilienfinanzierungen.[83] Durch den hohen Grad der Standardisierung und der grossen Anzahl an privaten Investoren werden vor allem in der Wohnungsfinanzierung bei natürlichen Personen mehr Scoring-Modelle denn Ratings angewandt (vgl. Kap.2.2.4).
Während ein privater Investor nur einen verhältnismässig geringen zukünftigen Cashflow aus einer Wohnimmobilie generiert und eine Investition mit relativ überschaubaren Risiken verbunden ist, sind Investoren im gewerblichen Wohnungsbau auf professionelles Rating angewiesen. Deswegen muss das Immobilienobjekt-Rating die speziellen Risiken, die diese Immobilienart birgt, abbilden können.
Wie eingangs erwähnt, befriedigt die Wohnimmobilie ein menschliches Bedürfnis. Die Nachfrage nach Wohnraum ist also direkt von demographischen und gesellschaftlichen Entwicklungen abhängig.[84] Ausserdem spielen objektspezifische Faktoren eine Rolle. Immerhin sind Wohnimmobilien auf einen bestimmten Zweck zugeschnitten, so dass hier Drittverwendungsmöglichkeiten recht eingeschränkt sind. Diese Problematik wird noch dadurch vergrössert, dass die Lebensdauer einer Wohnimmobilie in der Regel länger ist als die einer Gewerbeimmobilie. Aus Sicht eines Investors, dessen Zielsetzung in einer sicheren Anlage mit hohen Renditen besteht, spielt jedoch eine nachhaltige Vermietbarkeit der Immobilie eine entscheidende Rolle.[85]
Ein zusätzliches Risiko, das von der Bank insbesondere bei der Finanzierung der unternehmerischen Wohnungswirtschaft beachtet werden sollte, ist, dass das Angebot an Wohnungsimmobilien nur zeitverschoben auf die Nachfrage reagieren kann.[86] Zwischenzeitliche Änderungen der Bedürfnisse und Anforderungen können die Qualität der Immobilie maßgeblich beeinflussen.
Des weiteren muss bei dem Rating von Wohnimmobilien darauf geachtet werden, dass hier Mietverträge strengen gesetzlichen Regelungen unterliegen. Das mindert zwar das Mietausfallrisiko, doch kann hier Änderungen z.B. der Inflationsrate nicht ausreichend begegnet werden.[87]
3.2.2 Risikoprofil von Gewerbeimmobilien
Zu der Gruppe der Gewerbeimmobilien gehören z.B. Bürogebäude, Lagerhallen, Verwaltungs- und Einkaufszentren. Gewerbeimmobilien dienen in den meisten Fällen dem Mittel zum Zweck. Während früher der Besitzer einer Gewerbeimmobilie meistens auch deren Nutzer war, wird heute durch die höheren Anforderungen an solche Immobilien und dem grösseren Kapitalbedarf der Besitz auf institutionelle Investoren abgewälzt.[88] Dass institutionelle Investoren vorwiegend in Gewerbeimmobilien investieren, hängt mit der höheren Renditeerwartung als bei Wohnimmobilien zusammen.[89] Doch dies geht mit einem höheren Risikopotential einher. Denn „Risikovermeidung bedeutet Renditeverzicht“.[90] Dies stellt im Zusammenhang mit der Finanzierung von gewerblich genutzten Immobilien besondere Anforderungen an Immobilien-Ratingsysteme, weil hier vor allem die aus den Gewerbeimmobilien generierten Cashflows bewertet werden.[91]
Das besondere Risikoprofil von Gewerbeimmobilien lässt sich dadurch erklären, dass diese Objekte nicht nur zu einem einzigen Zweck errichtet werden, sondern vielfältigere Nutzungsmöglichkeiten als Wohnimmobilien bieten.[92] So wirken sich konjunkturelle Schwankungen, Branchenentwicklungen oder Neuerungen in Technologien stärker aus und machen den Markt für Gewerbeimmobilien volatiler.
Ausserdem ist gerade bei Gewerbeimmobilien das Risiko einer Fehlinvestition gegeben.[93] Denn auch hier kann bei Marktschwankungen das Angebot nur mit einer zeitlichen Verzögerung auf die Nachfrage reagieren.[94] Dieses Risiko muss von Immobilien-Ratings bewertet werden, wenn beispielsweise gerade zu Beginn der Investitionsphase eines Neubaus Absatzmärkte falsch eingeschätzt werden und dadurch zukünftige Cashflows vermindert werden.
Ein weiterer Aspekt bei der Beurteilung der Qualität von Gewerbeimmobilien ist das Mietausfallrisiko.[95] Während auf dem Wohnungsmarkt das Mietrecht in Gesetzen detailliert geregelt wird, können gewerbliche Mietverträge frei gestaltet werden und Kündigungen erleichtert werden. Die Abhängigkeit der Gewerbeimmobilien von zyklischen Schwankungen führt dazu, dass es in konjunkturellen Schwächephasen zu einem Überangebot an Gewerbeflächen und somit zu Leerständen kommt.[96]
[...]
[1] Vgl. Fischer/Mengers (2001), S. 103-104.
[2] Neben der Ermittlung von Ausfallwahrscheinlichkeiten sind beispielsweise auch die Entwicklungschancen der Immobilie zu bewerten.
[3] Die TEGoVA, mit Sitz in Brüssel, vertritt die Interessen von 38 Mitgliedsverbänden aus 27 Ländern. Das Ziel des Verbandes ist die Schaffung und die Verbreitung einheitlicher Standards für die Bewertungspraxis, für die Ausbildung und Qualifikation sowie für das Feld Corporate Governance bzw. Ethik der Gutachter.
[4] Vgl. Pape (2005), S. 1.
[5] Vgl. Leinemann (2004), S. 22.
[6] Gemäß IAS 40; Anlageimmobilien gehören zum Grundvermögen, welches zum Zwecke der Erzielung von Einnahmen und Wertsteigerungen gehalten wird. Objekte aus dem Betriebsvermögen, die z.B.der Herstellung von Gütern etc. dienen, sind keine Anlageimmobilien.
[7] Poppen (2006), S. 29.
[8] Vgl. Anhang, Abbildung 1, S. 48
[9] Die Gründungsmitglieder sind im einzelnen Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Schweden, Schweiz, Spanien und die USA.
[10] Vgl. Hückmann (2002), S. 21-22.
[11] Vgl. Bank for International Settlement (2004), S. 1-2.
[12] Vgl. Hypo Real Estate Bank AG (2005), S. 2.
[13] Vgl. Deutsche Bundesbank (2001), S. 16; Die Eigenkapitalausstattung wird im §10 KWG geregelt; vgl. dazu Hückmann (2002), S. 40.
[14] Es werden vier Risikogewichtsklassen unterschieden: 0% für Kredite an die öffentliche Hand, 20% für Interbankenforderungen, 50% für hypothekarisch gesicherte Wohnungsbaukredite und 100% für Kredite an Unternehmen und Private.
[15] Vgl. Deutsche Bundesbank (2005).
[16] Die Bonität des Kreditnehmers spielt bei Basel I beispielsweise keine Rolle, so dass für die Kreditvergabe an zahlungsfähige Kunden die gleichen Kapitalanforderungen gestellt werden, wie an Kunden mit unbefriedigender Bonität.
[17] Vgl. Anhang, Tabelle 1, S. 56.
[18] Neben der modifizierten Vereinbarung zur Eigenmittelausstattung visiert Basel II noch ein Überprüfungsverfahren durch die Aufsichtsbehörden und eine Erweiterung der Offenlegungspflichten an; vgl. Anhang, Abbildung 2, 49.
[19] Vgl. Dudenredaktion/Oxford University Press (1990), S. 584.
[20] Büschgen (2001), S. 1226-1227.
[21] Vgl. Berblinger (1996), S. 31.
[22] Vgl. Anhang, Tabelle 2, S. 56.
[23] Vgl. Wambach/Rödl (2001), S. 50.
[24] Vgl. Kliger/Sargig (2000), S. 2879; diese Studie befasst sich zwar mit dem Rating von Anleihen und der daraus resultierenden Nachfrage nach diesen Finanzinstrumenten; der Einfluss des Ratings lässt sich jedoch auch auf das Kreditgeschäft übertragen.
[25] Vgl. Anhang, Abbildung 3, S. 50.
[26] Vgl. Hückmann (2002), S. 25-26.
[27] Vgl. Kabuth (2003), S. 6-7.
[28] Vgl. Steiner/Starbatty (2001), S. 418.
[29] Vgl. Wambach/Rödl (2001), S. 55.
[30] Vgl. Fischer/Mengers (2001), S. 103.
[31] Vgl. Steiner/Starbatty (2003), S. 21-22.
[32] Vgl. Dimitrakopoulos/Spahr (2003), S. 160-161; Schröer/Peppmeier (2005), S. 20-21.
[33] Vgl. Hartmann-Wendels et al. (2005), S. 3-5.
[34] Dagegen spricht allerdings, dass das Nichtvorliegen eines Ratings einen geringeren Risikoaufschlag nach sich zieht und somit der Anreiz, sich einem Rating zu unterziehen, schwindet; vgl. Anhang, Tabelle 3, S. 57.
[35] Vgl. Hückmann (2002), S. 7-8; vgl. Anhang, Tabelle 4, S. 57.
[36] Vgl. Füser (2001), S. 37.
[37] Vgl. Federal Trade Commission (2005).
[38] Vgl. Füser (2001), S. 33-34.
[39] Vgl. Anhang, Abbildung 4, S. 51.
[40] Vgl. Schufa (o.J.).
[41] Vgl. Wambach/Rödl (2001), S. 55.
[42] Vgl. Hönighaus/Atzler (2006), S. 24.
[43] Vgl. Brandes (2005), S. 28.
[44] Vgl. Wambach/Rödl (2001), S. 77-81.
[45] Es lassen sich freilich noch feinere Unterscheidungen machen: So kann zusätzlich noch u.a. zwischen Debt-Rating und Equity-Rating, Solicited und Unsolicited Rating sowie zwischen Emissionsrating und Emittentenrating differenziert werden; vgl. Wambach/Rödl (2001), S. 51-52.
[46] Vgl. Weber/Müller/Sorg (2004), S. 13-17.
[47] Vgl. Anhang, Tabelle 5, S. 58
[48] Vgl. Sun (2004), S. 1.
[49] Vgl. Klug (2004), S. 81.
[50] Vgl. Kunath (2005), S. 167.
[51] Vgl. Everling (1993), S. 168.
[52] Während Moody’s Investor Services für jedes Kriterium ein eigenes Rating veröffentlich, verdichtet Feri beispielsweise seine Erkenntnisse zu einem Ratingergebnis, vgl. Anhang, Tabelle 6, S. 59.
[53] Vgl. Bone-Winkel (1994), S. 83-92.
[54] Vgl. Everling (1993), S. 172-173.
[55] Vgl. Moody’s Investor Services (2003), S. 5-7; Klug (2004), S. 81-83.
[56] Vgl. o.V. (2005f), S. 8-9.
[57] Vgl. Sun (2004), S. 2-3.
[58] Vgl. Thomas (1998), S. 313-314.
[59] Vgl. o.V. (2005f), S. 9.
[60] Vgl. Eveling (1993), S. 170.
[61] Vgl. Klug (2004), S. 81-83.
[62] Vgl. Anhang, Tabelle 7, S. 60.
[63] Vgl. Krumbach (2004a), S. 42.
[64] Vgl. Trotz (2004a), S. 58-59.
[65] Vgl. o.V. (2003a), S. 4; vgl. Anhang, Abbildung 5, S. 51.
[66] Vgl. Verband deutscher Pfandbriefbanken (2005a), S. 3.
[67] Vgl. Münchehofer/Springer (2004), S. 27.
[68] Vgl. Füser (2001), S: 301.
[69] Vgl. Trotz (2003), S. 17.
[70] Vgl. TEGoVA (2003), S. 27.
[71] Vgl. o.V. (2003b), S. 1.
[72] Vgl. Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung e.V. (o.J.), S. 16.
[73] Vgl. Anhang, Abbildung 6, S. 52.
[74] SPVs werden für gewöhnlich nur für einen Einzelzweck gegründet, wie z.B. dem Kauf, Verkauf oder der Erstellung von Objekten. Die Erträge aus den Objekten stellen demnach die einzige Quelle des Kapitaldienstes dar; vgl. Hamerle/Reusch/Wadé (2004), S. 199-200; Krumbach (2004b), S. 13.
[75] Vgl. o.V. (2001), S. 9.
[76] Vgl. Verband deutscher Pfandbriefbanken (2004), S. 7-16; Trotz (2004c), S. 15; Trotz/Schenkel (2005), S. 15-16.
[77] Vgl. TEGoVA (2003), S. 22-24.
[78] Vgl. Ebering (1998), S. 626.
[79] Vgl. TEGoVA (2003), S. 23.
[80] Vgl. Füser (2001), S. 305.
[81] Vgl. Maier (1999), S. 42.
[82] Vgl. Krumbach (2004a), S. 43.
[83] Ausserdem ist die private Wohnungsbaufinanzierung aus Sicht der Banken ein Massengeschäft und muss zügig abgewickelt werden können.
[84] Vgl. Maier (1999), S. 54-55; o.V. (2005b), S. 4.
[85] Der Konflikt besteht also darin, dass trotz eingeschränkter Drittverwendungsmöglichkeiten die Immobilie auch über einen längeren Zeitraum vermietbar sein sollte.
[86] Vgl. Köpfler (1994), S. 462-463.
[87] Vgl. Schlag (1995), S. 114-115.
[88] Vgl. Rohrbach/Wundrack (1994), S.519.
[89] Vgl. Alda (1998), S. 562.
[90] Vogler (1998), S. 275.
[91] Vgl. Krumbach (2004a), S. 43.
[92] Vgl. Maier (1999), S. 55-56.
[93] Vgl. Spitzkopf (1994), S. 538.
[94] Diese Verschiebung zwischen der Angebots- und Nachfrageseite wird allgemein als Schweinezyklus bezeichnet.
[95] Vgl. Maier (1999), S. 56.
[96] Vgl. Hommel/Lehmann (2002), S. 239-240; vgl. Anhang, Abbildung 7, S. 52.
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