Der Merkantilismus in Frankreich


Dossier / Travail de Séminaire, 2002

25 Pages, Note: 2,0


Extrait


Gliederung

1 Einleitung

2 Historische Einordnung und besondere Ausprägungen
2.1 Vorläufer des Merkantilismus
2.2 Die zeitliche Abgrenzung u. besondere Ausprägungen des Merkantilismus

3 Theoretische Grundkonzeption des Merkantilismus
3.1 Einführung: Entwicklung und Wachstum der Wirtschaft als Leitmotiv
3.2 Die Lehre vom Geld
3.3 Die Lehre von der aktiven Handelsbilanz
3.4 Lohn und Beschäftigung in den merkantilistischen Wirtschaftslehren
3.5 Theoretische Vertreter in England, Frankreich und Deutschland

4 Die Umsetzung merkantilistischer Wirtschaftspolitik in Frankreich unter Colbert
4.1 Einführung: Die Zeit des Absolutismus
4.2 (Außen)Handel- und Zollpolitik
4.3 Finanzpolitik
4.4 Gewerbepolitik
4.5 Lohn-, Beschäftigung- und Bevölkerungspolitik

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Thema dieser Arbeit ist der Merkantilismus in Frankreich. Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile. Zuerst werden die theoretischen Grundgedanken des Merkantilismus dargestellt. Darauf wird der Colbertismus, benannt nach seinem Urheber Jean-Baptiste Colbert, der die praktische Umsetzung des Merkantilismus in Frankreich darstellte, betrachtet. Was aber ist der Merkantilismus? Wo liegen dessen theoretischen Ursprünge, welche Inhalte bestimmen den Merkantilismus und wie sah seine besondere Ausprägung in Frankreich aus?

Schaefer definiert Merkantilismus als jene Wirtschaftspolitik, „die während der Zeit des Absolutismus durch bewusst betriebene staatliche Wirtschaftsförderung eine Erhöhung des Wohlstandsniveaus der Nationalwirtschaft durch eine Aktivierung der Handelsbilanz zum Zweck einer Anhebung der Steuereinnahmen anstrebte.“[1]

Der Merkantilismus diente also als Instrument der absolutistischen Königshäuser und sollte den Staat durch Exportüberschüsse mit Geld versorgen. Eine exakte zeitliche Eingrenzung ist jedoch schwierig. So umspannt „der Merkantilismus die Zeit von den sich auflösenden, vorwiegend auf Grundbesitz und Grundeinkommen fußenden, wirtschaftlich nur lose durch Handel verbundenen und sich für die primären Lebensbedürfnisse meist selbst genügenden mittelalterlichen Wirtschaftskörpern bis zu den durch wachsenden Handel, zunehmende Geldwirtschaft und differenzierte Arbeitsteilung gekennzeichneten National- und Territorialstaaten.“[2] Es handelt sich, wie gezeigt werden wird, um keine geschlossene Wirtschaftstheorie, eher ein Maßnahmenbündel praktischer Wirtschaftspolitik.

Diese Arbeit erhebt nicht den Anspruch umfassend alle Forschungsergebnisse auf diesem Gebiet wiederzugeben, denn das wäre bei dem Umfang der merkantilistischen Literatur und den unterschiedlichen praktischen Umsetzungen, in den einzelnen Ländern, kein leichtes Unterfangen. Vielmehr ist es das Ziel die Kerngedanken des Merkantilismus und die spezielle Variante des Colbertismus darzustellen. Auf eine nähere Betrachtung des Merkantilismus in England und des Kameralismus in Deutschland und Österreich wird an dieser Stelle, aufgrund des begrenzten Formats, verzichtet.

Bevor das Augenmerk auf den ersten Schwerpunkt, die theoretischen Beiträge der Merkantilisten, gerichtet wird, werden im zweiten Kapitel eine zeitliche Eingrenzung vorgenommen und kurz die verschiedenen Ausprägungen in Deutschland, England und Frankreich vorgestellt. Es handelte sich zwar in den Grundzügen, um ähnliche theoretische Konzepte, jedoch erfolgte die Umsetzung dieser in praktische Wirtschaftspolitik, in den einzelnen Ländern, auf sehr unterschiedliche Weise. Im vierten Kapitel, dem zweiten Schwerpunkt dieser Arbeit, betrachten wir dann die Umsetzung merkantilistischer Wirtschaftspolitik in Frankreich. Es wird gezeigt, welche Maßnahmen Colbert unternahm, um den Außenhandel durch Förderung der Exporte und hohe Einfuhrzölle zu forcieren und wie er im Innern durch Förderung von Industrie (Manufakturen) und Handel günstige Voraussetzungen für die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen versuchte.

Letztlich werden im Fazit noch einmal die Leistungen des Merkantilismus und seine Grenzen bzw. inneren Widersprüche hervorgehoben.

2 Historische Einordnung und besondere Ausprägungen

2.1 Vorläufer des Merkantilismus

Bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts begann eine erste Auseinandersetzung mit wirtschaftlichen Problemen auf theoretischer Basis. Der Schwerpunkt der Analysetätigkeit lag anfangs auf geldtheoretischem Gebiet. Das Ziel war Antworten auf die Preisrevolution des 16. Jahrhunderts zu geben.[3]

Die Ursachen der inflationistischen Entwicklung des Geldwesens im Europa des 16.Jahrhunderts lagen v.a. in der stark gestiegenen Geldmenge (Münzgeld) und der Einfuhr von Edelmetallen aus der neuen Welt. Im Rahmen des rasch expandierenden Groß- und Fernhandels wurden Edelmetalle, die bis dahin als Wertaufbewahrungsmittel gedient hatten, in Umlauf gebracht. Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes hatte sich ebenso erhöht. Da die vorhandene Geldmenge und Kaufkraft nun das Güterangebot überstiegen, stiegen die Preise. Ein weiterer Grund für die inflationistische Entwicklung war die ständige Münzverschlechterung in allen Ländern Europas, d.h. während ihr Nominalwert unverändert blieb, sank ihr Metallwert hingegen ständig.[4]

Nach Blaich betrachteten die Monetaristen „das gehortete Geld, (...) als Reichtum einer Nation schlechthin.“[5] Um zu verhindern, dass das Geld ins Ausland exportiert werden konnte, entstand die Forderung nach einem generellen Ausfuhrverbot für Edelmetalle bzw. Gold. Der Außenhandel war dann am günstigsten, wenn er sich auf den Export von eigenen Erzeugnissen beschränkte, wodurch Geld als Gegenleistung ins eigene Land strömte. Die Einbeziehung einer Handels- und Zahlungsbilanz als Grundlage einer wirtschaftlichen Entschlussfassung war nicht vorgenommen worden.[6]

Der Merkantilismus stellte eine ökonomische Weiterentwicklung des Monetarismus dar. So weist Schaefer darauf hin, dass die Wirtschaftstheorie[7] des Merkantilismus das Gedankengut der Monetaristen mit der Bedeutung der Zahlungsbilanz verknüpfte. Man ging nun davon aus, dass eine Geldausfuhr nicht unbedingt negative Folgen für das Vermögen hätte. Vielmehr könnte ein Warenimport die Basis für einen späteren profitableren Export darstellen. Das Augenmerk der Merkantilisten richtete sich so weg von dem einseitigen „Blick auf die Abflussseite der Kapitalverkehrsbilanz und [richtete sich, der Verf.] (...) auf die Gesamtbilanz.“[8]

Blaich hebt hervor, dass im Mittelpunkt der Merkantilisten nun der Profit und nicht mehr der Reichtum im Sinne von gehortetem Geld stand. Die Verwendung von Geld spielte also jetzt eine entscheidende Rolle. Um Gewinne zu erwirtschaften, müsste das Geld aber im Wirtschaftsprozess arbeiten und dürfte nicht einfach im Inland gehortet werden. Unter diesem Gesichtspunkt erhielt der Außenhandel eine neue Bedeutung. Ziel war nicht mehr „möglichst viel Güter zu exportieren und möglichst keine Güter zu importieren“, sondern eine „günstige Gestaltung der Handels- und Zahlungsbilanz, die einen möglichst hohen Gewinn aus dem Außenhandel verbürgt.“[9]

2.2 Die zeitliche Abgrenzung u. besondere Ausprägungen des Merkantilismus

Eine genaue zeitliche Eingrenzung des Merkantilismus ist ein schwieriges Unterfangen. Blaich weist darauf hin, dass sich die verschiedenen Ansichten bezüglich der Epoche des Merkantilismus über einen Zeitraum vom 14. bis zum 18. Jahrhundert erstrecken und es „zweifellos ein heroisches Unterfangen [sei], aus vier Jahrhunderten theoretischer und praktischer Wirtschaftspolitik eine Hauptströmung (...) zu destillieren und sie dann ‚Merkantilismus’ zu taufen“.[10][11] Indem man dies versuche, verliere der Begriff Merkantilismus seine wissenschaftliche Fundierung und seinen Inhalt.[12] Deswegen orientiert sich die zeitliche Abgrenzung im folgenden eher an der praktischen Umsetzung der merkantilistischen Wirtschaftspolitik, als an ihren theoretischen Beiträgen.

In England nahm der Merkantilismus seinen Anfang ca. 1623 mit der Kontroverse zwischen den Theoretikern Malynes und Misselden und endete ca. 1750 mit Einsetzen der Industrialisierung. Das Merkantilsystem wurde durch das Industriesystem ersetzt und für eine merkantilistische Wirtschaftspolitik bestand kein Bedarf mehr.

Der Colbertismus war die französische Variation des Merkantilismus. Seinen Anfang nahm der Colbertismus im Jahr 1661. In diesem Jahr erfolgte der Amtsantritt Jean-Baptist Colberts (1619-83) als Generalkontrolleur Ludwig XIV. Colbert entwickelte eine staatlich gelenkte Nationalwirtschaft, die v.a. eine praktische Wirtschaftspolitik umfasste. Im Unterschied zum Merkantilismus in England war er viel mehr auf die Machtpolitik seines Königs Ludwig XIV zugeschnitten. Die Ära der merkantilistischen Wirtschaftspolitik endete mit dem Tode Ludwig des XIV (1715). Er wurde daraufhin vom Physiokratismus abgelöst.

Der Kameralismus[13] war die spezifische Form des wirtschaftspolitischen Teils des Merkantilismus in den deutschen Kleinstaaten. In den deutschen Kleinstaaten erfolgte nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges 1648 ein neuer Kurs zum wirtschaftlichen Wiederaufbau und zur Sicherung langfristigen Wirtschaftswachstums. Der Einfluß des Merkantilismus hielt sich hier am längsten. Die Regentschaftszeit König Friedrich des Großen (gestorben 1786) galt noch als Höhepunkt des Merkantilismus. Jedoch war auch die preußische Wirtschaftspolitik nach dem Siebenjährigen Krieg (1756 bis 1763) zunehmend physiokratischen und liberalen Einflüssen unterworfen.

Als Resultat muss hier nochmals betont werden, dass eine eindeutige Abgrenzung der Epoche des Merkantilismus schwierig ist , zumal die Grenzen zwischen Physiokratismus und Klassik fließend waren. Im folgenden beschränken wir uns deshalb auf die Zeit zwischen 1650 und 1750, wobei der Schwerpunkt in Frankreich in der Zeit Colberts Wirken liegt.

[...]


[1] Schaefer, Die merkantilistische Wirtschaftspolitik (1993), S. 8.

[2] Handwörterbuch der Sozialwissenschaften (1961), S. 303.

[3] Vgl. Schaefer, Die merkantilistische Wirtschaftspolitik (1993), S. 8.

[4] Vgl. Blaich, Die Epoche des Merkantilismus (1973), S.11. Eine anschauliche Schilderung der Münzverschlechterung liefert auch See (1930), Französische Wirtschaftsgeschichte I, S. 200.

[5] Blaich, Die Epoche des Merkantilismus (1973), S.12.

[6] Vgl. ebenda.

[7] In der Wissenschaft gibt es –wie noch gezeigt werden wird- einen Disput darüber, ob bei dem Merkantilismus von einer „Wirtschaftstheorie“ gesprochen werden kann.

[8] Schaefer, Die merkantilistische Wirtschaftspolitik (1993), S. 9.

[9] Blaich, Die Epoche des Merkantilismus (1973), S.12.

[10] Der in diesem Kapitel folgende Überblick basiert vollständig auf Blaich, Die Epoche des Merkantilismus (1973), S.21ff.

[11] Ebenda, S.21.

[12] Vgl. ebenda,. 80.

[13] Benannt nach den meist gehobenen Staatsdienern, die dem „Kammerkollegium“ der fürstlichen Verwaltung angehörten. Hieraus entstand der Begriff des Kameralismus.

Fin de l'extrait de 25 pages

Résumé des informations

Titre
Der Merkantilismus in Frankreich
Université
University of Cologne  (Seminar für Wirtschafts- und Sozialgeschichte)
Cours
Hauptseminar: Ökonomisches Denken vor der Neoklassik
Note
2,0
Auteur
Année
2002
Pages
25
N° de catalogue
V6850
ISBN (ebook)
9783638143288
ISBN (Livre)
9783656567721
Taille d'un fichier
496 KB
Langue
allemand
Mots clés
Merkantilismus, Colbertismus
Citation du texte
Stephan Fuchs (Auteur), 2002, Der Merkantilismus in Frankreich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6850

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