Die Luhmanns Systemtheorie gilt neben Habermas’ Diskurstheorie momentan sicherlich als eine der wichtigsten makrosoziologischen Theorien. Luhmann hat Parsons handlungstheoreti-sche Systemtheorie, die in ihren Grundlagen noch auf Max Weber fußt, zu einer hochkomple-xen, ganz eigenen Kommunikationstheorie umgebaut. Von Parsons schlichtem Renaissance-bau hat Luhmann nur einige Mauern stehen gelassen. Sein Theoriebau hat die Mannigfaltig-keit des Barock. Luhmann hat seine Baumaterialen in vielen anderen Disziplinen zusammen-geklaubt. So hat er die Phänomenologie, den Konstruktivismus, die Kybernetik, die Semiotik u. v. m. in seine Theorie eingeschmolzen. Auch seine Begrifflichkeit hat er oft aus anderen Disziplinen entlehnt, so „Autopoiesis“ aus der Biologie, „Differenz“ aus Logik und „Medien“ aus der Psychologie.
Dieses komplexe Theoriegebäude bildet in sich ein eigenes Sprachspiel. Das erschwert den Zugang zu dieser Theorie ungemein. Will man einen Begriff erläutern, muss man dazu wieder zwei Begriffe verwenden, die man auch erst wieder erläutern muss mit weiteren Begrif-fen...usw.
Eine weitere Schwierigkeit bei der Annäherung an diese Theorie ist die Größe des Gegens-tandsbereichs, den sie erklären möchte. Die Systemtheorie „reklamiert für sich nie: Wider-spiegelung der kompletten Realität des Gegenstandes. Auch nicht: Ausschöpfung aller Mög-lichkeiten der Erkenntnis des Gegenstandes. Daher auch nicht: Ausschließlichkeit des Wahr-heitsanspruchs im Verhältnis zu anderen, konkurrierenden Theorieunternehmungen. Wohl aber: Universalität der Gegenstandserfassung in dem Sinne, dass sie als soziologische Theo-rie alles Soziale behandelt und nicht nur Ausschnitte (wie z.B. Schichtung, Mobilität, Beson-derheiten der modernen Gesellschaft, Interaktionsmuster etc.).“
In Folge dieser Schwierigkeiten muss klar sein, dass meine Arbeit nicht den Anspruch haben kann, die Luhmann’sche Theorie umfassend und en Detail darzustellen. Wer diesen Anspruch verfolgt, ist mit den zwei Bänden „Die Gesellschaft der Gesellschaft“ und ihren knapp 1150 Seiten als Lektüre besser bedient. Hier kann ich nur in einige Grundbegriffe einführen.
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Inhaltsverzeichnis
- Hintergründe der Theorie
- System und Umwelt
- Sinnsysteme
- Organismen
- Systeme psychischer Systeme
- Organisationen
- Beziehungen von Systemen zur Umwelt
- Ausblick
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit bietet eine Einführung in Niklas Luhmanns Theorie Sozialer Systeme. Sie beleuchtet die Grundbegriffe und zentralen Konzepte der Theorie, wobei der Fokus auf der Spätfassung der Theorie liegt, die Luhmann in seinen „Sozialen Systemen" (1984) vorgestellt hat. Die Arbeit zielt darauf ab, ein grundlegendes Verständnis der Luhmannschen Systemtheorie zu vermitteln und die wichtigsten Aspekte dieser komplexen Theorie zu erläutern.
- Differenz von System und Umwelt
- Autopoiesis und Selbststeuerung
- Sinnsysteme und ihre Funktionsweise
- Beobachtung, Zurechnung und Steuerung
- Strukturelle Kopplung von Systemen
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Hintergründe der Luhmannschen Systemtheorie. Es wird die Entwicklung der Theorie von Parsons' handlungstheoretischer Systemtheorie hin zu Luhmanns eigener Kommunikationstheorie dargestellt. Dabei wird die komplexe Struktur und Begriffsbildung der Theorie hervorgehoben. Die Schwierigkeit, sich dieser Theorie zu nähern, wird anhand der Größe des Gegenstandsbereichs und der komplexen Sprache der Theorie erläutert.
Das zweite Kapitel behandelt die Differenz von System und Umwelt. Luhmann definiert Systeme als Einheiten, die sich durch eigene Operationen konstituieren und sich von ihrer Umwelt durch einen spezifischen Code abgrenzen. Dieser Code bestimmt, welche Elemente zum System gehören und welche nicht. Die Umwelt ist dabei kein einheitliches System, sondern eine Vielzahl von Ereignissen, die nicht dem Code des Systems entsprechen.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit verschiedenen Typen von Systemen, wobei der Fokus auf Sinnsystemen liegt. Luhmann unterscheidet zwischen Organismen, psychischen Systemen und Organisationen. Sinnsysteme, wie beispielsweise Bewusstseine und soziale Systeme, zeichnen sich durch die Verwendung von Sinn aus. Sinn wird als Einheit der Differenz von Realität und Virtualität definiert und ermöglicht es, aus einer Vielzahl von Möglichkeiten zu selektieren.
Das vierte Kapitel befasst sich mit den Beziehungen von Systemen zur Umwelt. Luhmann argumentiert, dass Systeme operativ geschlossen sind, d.h. sie erhalten keinen Input aus der Umwelt und produzieren keinen Output an die Umwelt. Dennoch stehen Systeme und ihre Umwelten in vielfältigen Beziehungen. Systeme konstruieren sich ein Bild ihrer Umwelt, das jedoch nicht unbedingt der Realität entspricht. Die Beziehung zwischen System und Umwelt basiert auf Beobachtung, Zurechnung und Steuerung. Systeme beobachten einander und verarbeiten dieselben Ereignisse gleichzeitig, was Luhmann als strukturelle Kopplung bezeichnet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Systemtheorie, Niklas Luhmann, soziale Systeme, Kommunikation, Sinn, Autopoiesis, System und Umwelt, Beobachtung, Zurechnung, Steuerung, strukturelle Kopplung, Differenz, Komplexität, Funktionsdifferenzierung und Kommunikationsmedien. Die Arbeit beleuchtet die Grundzüge der Luhmannschen Systemtheorie, die sich mit der Beschreibung von Gesellschaft als einem komplexen System von miteinander verbundenen Subsystemen beschäftigt. Die Theorie bietet wichtige Einblicke in die Funktionsweise von sozialen Systemen und ihre Beziehungen zueinander.
- Quote paper
- Urs Büttner (Author), 2002, Einführung in Luhmanns Theorie Sozialer Systeme, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6880
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