Die Europäische Union ist, erwachsen aus den ursprünglichen Wirtschaftspolitischen Überlegungen und zur Sicherung des Friedens in Europa fortschreitend institutionalisiert, durch fortschreitende Machtkonzentration und Verlagerung von Politikbereichen von den Nationalstaaten sowie den Regionen zu dieser supranationalen Organisation, zu einem mächtigen Staatsapparat herangewachsen, der insbesondere in Wirtschafts- und Regulierungsfragen zunehmend bedeutender geworden ist als die entsprechenden Resorts in den einzelnen Nationalstaaten, die sich ihm angeschlossen haben. Neben der Europäischen Union haben seit 1945 Verbände und Vereine, Soziale Bewegungen und Bürgerinitiativen, sowie Unternehmen und Private zunehmend an Einfluss auf die Gestaltung von Politik gewonnen. Dennoch kann, auch wenn dieser Einfluss von Verbänden und Vereinen auf die Politik sicherlich groß ist, nicht, wie von Theodor Eschenburg bereits in den fünfziger Jahren befürchtet wurde, weder damals noch heute von einer „Herrschaft der Verbände“ die Rede sein1.
Aber im Rahmen der fortschreitenden europäischen Integration, sowie der Überantwortung von Politikbereichen auf dieselbe, ist die Europäische Union zunehmend zu einem der wichtigsten Felder für die Einflussnahme von diesen diversen Interessengruppen geworden. Diese Versuche der Einflussnahme werden zumeist mit dem Begriff des „Lobbying“ und des „Lobbyismus“ umschrieben, der durch seinen Wortgebrauch eine zunehmend negative Konnotation bekommen hat, die ihm ursprünglich (abgeleitet von den die Parlamenten umgebende Lobby in der Interessenvertreter historisch immer auf die Abgeordneten dessen trafen) gar nicht zusteht2. Im negativen Sinne wird dieser Begriff zumeist dann genutzt wenn wirtschaftlich orientierte Verbände versuchen ihre Partikularinteressen, die potentiell als Verbraucherfeindlich anzusehen sind, nicht nur vorzutragen, sondern im verborgenen sogar noch dadurch zu forcieren, dass sie versuchen Entscheidungsträger zur Vorteilsannahme zu bewegen. Da die Europäische Union eine so hohes Maß an Intransparenz aufweist, werden diese Vermutungen und Gerüchte, allerdings auch die tatsächliche Ausführung solcher Formen des illegalen bzw. illegitimen Lobbyings, begünstigt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Lobbyismus in Europa
- Die Rolle der Industrie- und Handelskammern in Europa
- Resumé
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Einfluss der deutschen Industrie- und Handelskammer auf die Europäische Union, mit dem Ziel zu ergründen, wie die IHK Vorteile für deutsche Betriebe herbeiführt. Die Arbeit beleuchtet dabei die Geschichte der Industrie- und Handelskammern sowie die Problematik des Lobbyismus in der Europäischen Union.
- Die Entwicklung des Lobbyismus im Kontext der europäischen Integration
- Die Rolle von Interessenverbänden in der Europäischen Union
- Die Bedeutung der Industrie- und Handelskammern für deutsche Unternehmen
- Die Auswirkungen des Lobbyismus auf die Politikgestaltung in der EU
- Die Herausforderungen der Transparenz und Regulierung des Lobbyismus in der Europäischen Union
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Europäische Union als einen mächtigen Staatsapparat vor, der zunehmend Einfluss auf Wirtschafts- und Regulierungsfragen nimmt. Der Begriff "Lobbyismus" wird im Zusammenhang mit dem Einfluss von Interessenverbänden auf politische Entscheidungen diskutiert, wobei seine negative Konnotation hervorgehoben wird.
- Lobbyismus in Europa: Dieses Kapitel beleuchtet den Aufstieg des Lobbyismus im Zusammenhang mit der Aufklärung und der Abkehr vom Gemeinwohl im Sinne von Jean-Jacques Rousseau. Es werden verschiedene Formen von Interessenverbänden und ihre unterschiedlichen Ziele, sowohl im ideellen als auch im materiellen Bereich, beleuchtet. Der Zusammenhang zwischen Macht und Einfluss sowie dem Auftreten von Lobbyismus wird hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Lobbyismus, Interessenartikulation, Europäische Union, Industrie- und Handelskammer, deutsche Wirtschaft, Einflussnahme, Politikgestaltung, Transparenz und Regulierung. Sie betrachtet die Rolle von Interessenverbänden im europäischen Kontext und untersucht die Auswirkungen des Lobbyismus auf politische Entscheidungen.
- Quote paper
- Timm Gehrmann (Author), 2006, Die IHK im Kontext des europäischen Lobbyismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68979