Die Bewertung von Projekten und Unternehmen ist vor dem Hintergrund einer zunehmend an Eigentümerinteressen ausgerichteten Unternehmenskultur (wertorientierte Steuerung oder Value-Based-Management) und der großen Bedeutung von M&A Transaktionen ein häufig benötigter Vorgang. Trotzdem existiert eine noch nicht abgeschlossene lebhafte Diskussion über die „richtige“ Vorgehensweise. Werden zur Bewertung von Unternehmen oder von einzelnen Investitionsprojekten die dem Investor zufließenden Zahlungen herangezogen, müssen zukünftig unsichere Zahlungsströme bewertet werden. In der vorliegenden Arbeit wird die Bedeutung der „Risikoauflösung im Zeitablauf“ für die Bewertung solcher Zahlungsströme dargestellt.
Zunächst wird der Begriff der „Risikoauflösung im Zeitablauf“ vorgestellt und hinterfragt. Als Ausgangspunkt wird anschließend die Vorgehensweise zur Bewertung einperiodiger Zahlungsströme dargestellt. Im Folgenden werden diese Methoden auf mehrperiodige Zahlungsströme übertragen und der Einfluss der unterschiedlichen „Risikoauflösung im Zeitablauf“ auf den Bewertungsvorgang dargestellt.
Inhaltsverzeichnis
1. Problemstellung
2. Begriff der „Risikoauflösung im Zeitablauf“
2.1. Stochastisch unabhängige Überschussverteilungen und „einmalige Auflösung des Risikos“
2.2. Stochastisch abhängige Überschussverteilungen und „allmähliche Auflösung des Risikos“
3. Bewertung einer einperiodigen ÜberSchussverteilung
4. Bewertung Mehrperiodiger Zahlungsströme
4.1. Probleme bei der Übertragung der einperiodigen Methoden auf den mehrperiodigen Fall
4.2. Bewertung von stochastisch unabhängigen Überschussverteilungen
4.2.1.Sicherheitsäquivalentmethode bei stochastisch unabhängigen Überschussverteilungen
4.2.2. Risikozuschlagsmethode bei stochastisch unabhängigen Überschussverteilungen
4.3. Bewertung von stochastisch abhängigen Überschussverteilungen
4.3.1. Bewertung mit Hilfe von Sicherheitsäquivalenten
4.3.2. Anwendung der Risikozuschlagsmethode
4.3.3. Bedingung für die Anwendung eines konstanten Risikozuschlags z*
5. Fazit
Anlage: Berechnungsmodell für stochastisch abhängige Verteilungen (Microsoft Excel 2000 Datei)
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen:
Abbildung 1: Zustandsbaum: stochastische Unabhängigkeit
Abbildung 2: Zustandsbaum: stochastische Abhängigkeit
Abbildung 3: Resultierende Verteilung in t=1
Tabelle 1: Verteilung der Einzahlungsüberschüsse
Tabelle 2: Periodischer Wertbeitrag und äquivalentes Sicherheitsäquivalent
Tabelle 3: Verteilung mit konstanten relativen Risikoabschlägen
1. Problemstellung
Die Bewertung von Projekten und Unternehmen ist vor dem Hintergrund einer zunehmend an Eigentümerinteressen ausgerichteten Unternehmenskultur (wert-orientierte Steuerung oder Value-Based-Management)[1] und der großen Bedeutung von M&A Transaktionen (weltweites Volumen 1999[2]: 3,4 Bio. US-$) ein häufig benötigter Vorgang. Trotzdem existiert eine noch nicht abgeschlossene lebhafte Diskussion über die „richtige“ Vorgehensweise. Werden zur Bewertung von Unternehmen oder von einzelnen Investitionsprojekten die dem Investor zufließenden Zahlungen[3] herangezogen, müssen zukünftig unsichere Zahlungsströme bewertet werden. In der vorliegenden Arbeit soll die Bedeutung der „Risikoauflösung im Zeitablauf“ für die Bewertung solcher Zahlungsströme dargestellt werden.
Zunächst wird der Begriff der „Risikoauflösung im Zeitablauf“ vorgestellt und hinterfragt. Als Ausgangspunkt wird anschließend die Vorgehensweise zur Bewertung einperiodiger Zahlungsströme dargestellt. Im folgenden werden diese Methoden auf mehrperiodige Zahlungsströme übertragen und der Einfluss der unterschiedlichen „Risikoauflösung im Zeitablauf“ auf den Bewertungsvorgang dargestellt.
2. Begriff der „Risikoauflösung im Zeitablauf“
Zur Erläuterung des Begriffs der „Risikoauflösung im Zeitablauf“ wird ein zu bewertendes Projekt bzw. ein diesem zugeordneter unsicherer Zahlungsstrom betrachtet. Anhand der beiden prinzipiell möglichen stochastischen Verknüpfungen der Einzahlungsüberschussverteilungen der Perioden soll die „Risikoauflösung im Zeitablauf“ dargestellt werden. Die Beurteilung, ob sich das Risiko im Zeitablauf „auflöst“, ist abhängig vom zugrundegelegten Risikobegriff. Wird unter Risiko die Möglichkeit des Eintritts verschiedener Umweltzustände in t verstanden, löst sich das Risiko, bzw. die Unsicherheit über den Eintritt der Umweltzustände, immer, d.h. unabhängig von der stochastischen Verknüpfung der Verteilungen, erst nach der Realisation eines Umweltzustandes in t auf.[4][5] Diese Tatsache besagt aber nichts über die Verbindung von „Risikoauflösung im Zeitablauf“ und Ab- bzw. Unabhängigkeit ex ante aus Sicht des relevanten Bewertungszeitpunktes t=0 aus.[6]
2.1. Stochastisch unabhängige Überschussverteilungen und „einmalige Auflösung des Risikos“
Die den Perioden zugeordneten Wahrscheinlichkeitsverteilungen der zu bewertenden Überschüsse sind stochastisch unabhängig, wenn die der Periode t zugeordnete Verteilung der Überschüsse unabhängig vom in der Periode t-1 realisierten Zustand eintritt.[7] Die Unsicherheit über die Überschüsse in t wird also durch den Eintritt eines bestimmten Zustandes in t-1 nicht reduziert. D.h., dass das in der „Überschussverteilung enthaltene Risiko ausschließlich im entsprechenden Zeitpunkt t freigesetzt wird“[8]. Wird die Varianz oder die Anzahl möglicher Unterschreitungen einer Benchmark als Risikomaß herangezogen, trifft der Begriff der „einmaligen Risikoauflösung“ für stochastisch unabhängige Überschussverteilungen zu.
Anhand eines Beispiels soll diese „einmalige Auflösung des Risikos“ erläutert werden:
Abbildung 1: Zustandsbaum: stochastische Unabhängigkeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wird das Risiko der Verteilung der Überschüsse in Periode 2 durch die Varianz der Verteilung gemessen, lässt sich die „Risikoauflösung“ durch die Entwicklung der Varianz im Zeitablauf messen. Vermindert sich die unter dem Informationsstand It der Vorgängerzeitpunkte bedingte Varianz der Überschüsse (Var ([Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]2│It)) mit Ablauf der Zeit, also hier von t=0 zu t=1, löst sich das Risiko der Verteilung im Zeitablauf auf.[9] Für das obige Beispiel mit stochastisch unabhängigen Verteilungen ergibt sich:[10]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Damit besteht das gesamte in der Verteilung der Überschüsse in t=2 enthaltene Risiko über die gesamte Laufzeit und löst sich erst schlagartig beim Übergang von t=1 zu t=2 auf. Es kann also von einer „einmaligen Auflösung des Risikos“ gesprochen werden.[11],[12]
2.2. Stochastisch abhängige Überschussverteilungen und „allmähliche Auflösung des Risikos“
Die Überschussverteilungen zweier Perioden sind stochastisch abhängig, wenn die Überschussverteilung der Periode t vom in der Periode t-1 eingetretenen Umweltzustand abhängt.[13] Die prinzipiell möglichen Umweltzustände in t sind damit abhängig vom Zustand, der sich in Periode t-1 eingestellt hat. Die Unsicherheit über die Überschussverteilung in t reduziert sich also nicht erst plötzlich beim Übergang von t-1 zu t, sondern bereits teilweise bei der Realisation von Umweltzuständen in den Vorperioden[14], da von dem dann eingetretenen Umweltzustand ausgehend nur noch bestimmte Umweltzustände in t eintreten können. Zur Verdeutlichung vgl. Abbildung 2:
Abbildung 2: Zustandsbaum: stochastische Abhängigkeit
Wird als Risikomaß die Varianz herangezogen, ergeben sich für die in Abbildung 2 dargestellte Verteilung folgende Daten:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Es wird deutlich, dass sich das durch die Varianz gemessene Risiko bei Eintritt von Zustand 1 in t=1 keineswegs reduziert. Aus Sicht des Bewertungszeitpunktes t=0 ergibt sich jedoch, nach Erwartungsbildung durch den Bewerter, eine erwartete Varianz der Überschussverteilung [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]2 in t=1 von 0,5∙140625 + 0,5∙50625 = 95625.
Dies stellt das zu erwartende Risiko in t=1 aus Sicht von t=0 dar. Damit hat sich ein Teil des Risikos durch das Fortschreiten um eine Periode aufgelöst. Es kann von einer allmählichen Auflösung des Risikos im Zeitablauf gesprochen werden.[15] Hier wird auch deutlich, dass die beschriebene Auflösung des Risikos vom jeweils verwendeten Risikomaß abhängig ist. Um dieser Problematik zu entgehen, wird im folgenden anstelle von einmaliger Risikoauflösung und allmählicher Risikoauflösung von stochastisch unabhängigen und abhängigen Überschussverteilungen gesprochen.
3. Bewertung einer einperiodigen ÜberSchussverteilung
Soll eine gegebene Wahrscheinlichkeitsverteilung zukünftiger Einzahlungsüberschüsse bewertet werden, stehen zur Berücksichtigung der Unsicherheit grundsätzlich zwei Alternativen zur Verfügung. Entweder können die zugrundezulegenden Wertmaßstäbe aus marktmäßig objektivierten Kapitalmarktdaten z. B. mit Hilfe des CAPM[16] ermittelt oder unter Berücksichtigung der individuellen Nutzenfunktion des Bewerters gewonnen werden.[17] Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf letztere Alternative, den sog. individualistischen Ansatz, der auf die individuelle Risikoeinstellung des Bewerters zurückgreift.[18]
Grundsätzlich können zwei Vorgehensweisen zur Bewertung der zukünftigen Überschüsse unterschieden werden: Zum einen kann aus der Verteilung der zukünftigen Überschüsse im Zeitpunkt 1 das Sicherheitsäquivalent S1 ermittelt werden, wobei das Sicherheitsäquivalent die sichere Zahlung ist, die der Bewerter der jeweiligen Verteilung gleichschätzt[19], d.h. der Nutzen aus dem Sicherheitsäquivalent entspricht dem Erwartungsnutzen der zugrundegelegten Verteilung. „Die Transformation der Verteilung der Nettoeinzahlungen in die Größe S bedeutet deren Umbewertung in eine äquivalente sichere Zahlung.“[20] Das Risiko der Verteilung und die Risikoneigung des Bewerters wurden damit schon berücksichtigt. Das Sicherheitsäquivalent ist folglich nur noch mit dem sicheren, also risikolosen, Zinssatz i auf den Zeitpunkt 0 zu diskontieren. Für den hier betrachteten einperiodigen Fall ergibt sich ein Wert der Überschussverteilung E0 im Zeitpunkt t=0 von:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten (1)
Zum anderen kann die Verteilung der Überschüsse in t=1 zum Erwartungswert Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten verdichtet werden. Die Berücksichtigung der Risikoneigung des Bewerters und der Risikoeigenschaften der zu bewertenden Verteilung erfolgt dann durch eine Erhöhung des Diskontierungsfaktors, mit dem der Erwartungswert Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten auf den Zeitpunkt t=0 abdiskontiert wird, um eine Risikoprämie z.[21] Bei dieser sog. Risikozuschlagsmethode wird also der Grad der Risikoaversion und das Risiko des einperiodigen Projektes durch den Risikozuschlag z, der auf den sicheren Zinssatz i erhoben wird, berücksichtigt. Der Wert der Überschussverteilung in t=0 ergibt sich dann als:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten (2)
Da die technisch unterschiedlichen Methoden der Berücksichtigung der Risikoeigenschaften und der Risikoaversion des Bewerters keinen Einfluss auf das Ergebnis haben dürfen muss gelten:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten = Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Mit dieser Eigenschaft lässt sich bei Kenntnis des Sicherheitsäquivalents der Überschussverteilung der implizit unterstellte Risikozuschlag z* ermitteln:[22]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten (3)
Umgekehrt lassen sich „gegriffene“ Risikozuschläge auf ihre Plausibilität überprüfen[23], indem das durch Wahl eines Risikozuschlags z implizit unterstellte Sicherheitsäquivalent S* ermittelt wird und mit dem tatsächlichen Sicherheitsäquivalent verglichen wird:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten (4)
Eine Einschätzung der Plausibilität „gegriffener“ Risikozuschläge kann bei Unkenntnis der Risikonutzenfunktion des Bewerters durch Vergleich des impliziten Sicherheitsäquivalents mit der minimalen Einzahlung der VerteilungAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten1 vorgenommen werden, da das tatsächliche Sicherheitsäquivalent nie kleiner als die minimal erwartete Einzahlung sein kann.[24]
Beispiel: Die in Tabelle 1 dargestellte Verteilung der Einzahlungsüberschüsse ist einem Projekt mit einperiodiger Lebensdauer zugeordnet. Die Risikonutzenfunktion des Investors sei [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], der sichere Zinssatz i betrage 8%.
[...]
[1] Vgl. Drukarczyk, J. (2001) S.1.
[2] Vgl. Muchow, K.-C. (2000) S.2.
[3] Im folgenden werden die Begriffe Überschüsse und Einzahlungsüberschüsse äquivalent verwendet. Eine Definition der zu bewertenden Größe erfolgt in dieser Arbeit nicht.
[4] Der Begriff der „Risikoauflösung im Zeitablauf“ geht zurück auf Robicheck/Myers („Resolution of uncertainty“), vgl. Robicheck, A./Myers, S. (1966), S.729.
[5] Vgl. Kürsten, W. (2002) S.134.
[6] Vgl. Wiese, J. (2002) S.12.
[7] Vgl. Schwetzler, B. (2000) S.474.
[8] Schwetzler, B. (2000) S.474.
[9] Vgl. Kürsten, W. (2002) S.134.
[10] Itn : Informationsstand bei Situation n im Zeitpunkt t.
[11] Vgl. Schwetzler, B. (2002) S.153, Kürsten, W. (2002) S.135.
[12] Bestritten von Kürsten für andere Risikomaße, vgl. Kürsten (2002) S.135.
[13] Vgl. Drukarczyk, J. (2001) S.328.
[14] Bestritten von Kürsten, W. (2002) S.134-135.
[15] Vgl. Wiese, J. (2002) S.15.
[16] Capital Asset Pricing Model vgl. z.B. Ross, S. u.a. (2001) S.242-275.
[17] Vgl. Schwetzler, B. (2000) S.469.
[18] Die Ergebnisse lassen sich aber auch auf das CAPM gestützte Modell übertragen.
[19] Vgl. Saliger, E. (1998) S.52; Drukarcyk, J. (1993) S.98.
[20] Drukarczyk, J. (2001) S.78.
[21] Vgl. Drukarczyk, J. (2001) S.78; Schwetzler, B. (2000) S.469-470.
[22] Vgl. Schwetzler, B. (2000) S.470; Drukarczyk, J. (2001) S.326;
[23] Vgl. Ballwieser (1993) S.159.
[24] Vgl. Drukarczyk, J. (2001) S.338.
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