Regionale Wirtschaftsintegration in Südamerika - Potential und Herausforderungen der 'Südamerikanischen Staatengemeinschaft'


Diplomarbeit, 2006

95 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhalt

Verzeichnis der Abkürzungen

Verzeichnis der Abbildungen

Verzeichnis der Tabellen

1. Problemstellung, Zielsetzung und Vorgehensweise

2. Historischer Hintergrund Südamerikas
2.1. Die Konquistadoren
2.2. Die Befreiung
2.3. Die Wiedereroberung

3. Volkswirtschaftliche Entwicklung
3.1. Aufteilung und Einordnung
3.2. Wachstum
3.3. Stabilität
3.4. Verschuldung
3.5. Bevölkerung
3.6. Südamerika heute

4. Struktur der Wirtschaft und internationale Verflechtung
4.1. Sektoren
4.2. Internationaler Handel
4.2.1. Wichtige Handelspartner
4.2.1.1. Export
4.2.1.2. Import
4.2.2. Gehandelte Güter
4.2.2.1. Export
4.2.2.2. Import
4.3. Ausländische Direktinvestitionen
4.4. Die Rolle der USA und der EU
4.5. Bisherige regionale Integration in Südamerika
4.5.1. Historie der Integration in Südamerika
4.5.2. MERCOSUR (Mercado Común del Sur)
4.5.2.1. Entwicklung und Ziele:
4.5.2.2. Institutioneller Aufbau:
4.5.2.3. Erfolge und Hemmnisse:
4.5.3. CAN (Comunidad Andina de Naciones)
4.5.3.1. Entwicklung und Ziele
4.5.3.2. Institutioneller Aufbau:
4.5.3.3. Erfolge und Hemmnisse:
4.5.4. FTAA (Free Trade Area of the Americas)

5. Theorie der regionalen Integration
5.1. Klassische Außenhandelstheorien
5.2. Stufen der Integration
5.3. Zollunionsanalyse
5.3.1. Statische Effekte nach Viner
5.3.2. Dynamische Effekte
5.4. Clubtheorie
5.5. Bedingungen regionaler Integration
5.6. Wirkungen regionaler Integration
5.6.1. Möglicher Nutzen
5.6.1.1. Politische Aspekte
5.6.1.2. Ökonomische Aspekte
5.6.2. Mögliche Kosten

6. Die Südamerikanische Staatengemeinschaft
6.1. Entwicklung und Ziele
6.2. Die EU als Vorbild der CSN
6.3. Zusammenschluss von MERCOSUR und CAN

7. Das Potential für einen gemeinsamen südamerikanischen Markt
7.1. Begünstigende Faktoren
7.1.1. Sprache, Religion, Geschichte
7.1.2. Wirtschaftliche Vernetzung
7.2. Hemmende Faktoren
7.2.1. Abgabe nationaler Kompetenzen und Rivalitäten zwischen einzelnen Staaten
7.2.2. Volkswirtschaftliche Differenzen und Instabilität
7.2.3. Korruption und mangelndes Vertrauen
7.3. Zusammenführung von Theorie und Praxis

8. Fazit und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis:

Verzeichnis der Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Verzeichnis der Abbildungen

Abbildung 1: Herkunft von FDI in Lateinamerika 11

Abbildung 2: Mitgliedstaaten der CSN

Abbildung 5: Bevölkerungsverteilung in Südamerika, 2004

Abbildung 6: Bevölkerungsentwicklung Südamerikas, 1960-2002

Abbildung 7: BIP und Beschäftigte nach Sektoren

Abbildung 8: Güterexporte Südamerikas nach Zielen, 2004

Abbildung 9: Güterimporte Südamerikas nach Herkunft, 2004

Abbildung 10: Güterexporte Südamerikas nach Sektoren, 2004

Abbildung 11: Güterimporte Südamerikas nach Sektoren, 2004

Abbildung 12: FDI Inflows Südamerika 1970-2002

Abbildung 13: FDI Inflows Lateinamerika nach Herkunft und Ziel, akkumuliert 1992-2001

Abbildung 14: Spaghetti-Bowl Lateinamerika

Abbildung 15: Viner Zollunion mit Erweiterungen

Abbildung 16: Optimale Clubgröße

Abbildung 17: Wirkungen regionaler Integration

Verzeichnis der Tabellen

Tabelle 1: Volkswirtschaftliche Kennzahlen für Südamerika gesamt, 2004

Tabelle 2: Volkswirtschaftliche Indikatoren der Länder Südamerikas, 2004

Tabelle 3: Außenzölle, CPI, HDI

Tabelle 4:Wirtschftssektoren in Südamerika, 2003

Tabelle 5: Handelspartner und gehandelte Güter in Südamerika, 2003

1. Problemstellung, Zielsetzung und Vorgehensweise

Am achten Dezember 2004 haben zwölf südamerikanische Länder die Südamerikanische Staatengemeinschaft gegründet. Durch den Zusammenschluss des MERCOSUR und der Andengemeinschaft soll unter Hinzunahme Chiles, Guyanas und Surinams nach dem Vorbild der Europäischen Union der drittgrößte Wirtschaftsblock der Welt entstehen.

Südamerika verfügt über einen langen Integrationshintergrund. Bereits Simón Bolívar, der Befreier Südamerikas versuchte vor 180 Jahren die Gemeinsamkeiten der Länder als Grundgedanken für einen Zusammenschluss zu nutzen. Durch die gemeinsam erfahrene Kolonialzeit haben sich grundlegende Ähnlichkeiten der Staaten gebildet, welche sich besonders in der Sprache, der Religion und der Kultur zeigen. Heute haben die Länder gemeinsame handelspolitische Ziele in Verhandlungen mit den Industriestaaten. Somit bieten viele Faktoren einschlägiges Potential für eine gemeinsame interne und externe Orientierung. Nachdem eine Vielzahl bisheriger Integrationsbemühungen in Südamerika Teilerfolge, aber auch große Defizite zeigten, ist unklar, ob die neu gegründete Staatengemeinschaft Aussichten auf erfolgreiche Integration hat.

Ziel dieser Arbeit ist es, das Potential der Südamerikanischen Staatengemeinschaft ihren Herausforderungen gegenüberzustellen. Dabei sollen vor dem Hintergrund der historischen Entwicklungen, der wirtschaftlichen Strukturen, der internationalen Beziehungen und der Theorie der regionalen Integration Erfolgsfaktoren und Schwierigkeiten herausgearbeitet werden, welche den Integrationsprozess in Südamerika beeinflussen.

Hierfür wird nach einem kurzen Überblick der historischen Hintergründe Südamerikas (2.) zunächst die die wirtschaftliche Entwicklung der Region dargestellt (3.). Gefolgt von einer Betrachtung der Wirtschaftsstruktur, internationalen Verflechtungen und bisherigen Integrationsprojekten (4.) sollen theoretische Aspekte der regionalen Integration analysiert werden (5.). Anschließend werden Hintergründe, Entwicklungen und Möglichkeiten der neu gegründeten Südamerikanischen Staatengemeinschaft aufgezeigt (6.), bevor begünstigende und hemmende Faktoren für den Integrationserfolg untersucht werden und eine Zusammenführung von Theorie und Praxis erfolgt (7.). Abschließend sollen die gesammelten Erkenntnisse im Fazit zusammenfassend dargestellt werden (8.).

2. Historischer Hintergrund Südamerikas

2.1. Die Konquistadoren

Ein Kontinent, auf dem bis vor einigen hundert Jahren noch vollkommen andere Kulturen dominierten, kann sich nicht den Spuren seiner Vergangenheit entziehen. Dennoch sind die Völker im Zuge der spanischen Eroberung stark europäisch beeinflusst worden. Man stelle sich vor, nicht Kolumbus hätte den Kontinent entdeckt, sondern z. B. eine asiatische Entdeckergruppe. Ob die Asiaten es ebenfalls als selbstverständlich angesehen hätten, das neue Land zu erobern und den Menschen einen fremden Glauben aufzuzwängen, kann hier nicht beantwortet werden. Jedoch soll dieses Beispiel verdeutlichen, was für ein einschneidendes Ereignis die Entdeckung Christopher Kolumbus´ für die weitere Entwicklung des südamerikanischen Kontinentes sowie für die Verbindung zwischen Europa (insbesondere Spanien) und den dortigen Ländern darstellt. Natürlich fällt in diesem Zusammenhang auch die weltwirtschaftliche Bedeutung von Kolumbus´ „Entdeckung“ ins Gewicht.

Im XV. Jahrhundert hatte Spanien Probleme im Handel mit dem Orient, da die Türken seit ihrer Eroberung Konstantinopels[1] (1453) den Handelsweg nach Indien kontrollieren. Durch Entlangsegeln an der afrikanischen Westküste wurde ein Seeweg nach Indien gesucht, doch der afrikanische Kontinent schien kein Ende zu nehmen. Christopher Kolumbus glaubte, einen Seeweg zu finden, indem er nach Westen segelt. Als Kolumbus irrtümlicher Weise in der Karibik landete, war der Grundstein für die Eroberung der „Neuen Welt“ gelegt.[2] Doch erst auf seiner dritten Reise (1498) traf Kolumbus auf Festland: Nahe des heutigen Trinidads betrat er den südamerikanischen Kontinent.[3]

Bevor die Spanier kamen, war der Kontinent von verschiedenen Völkern besiedelt. Über weite Teile erstreckte sich das Reich der Inka, es nahm mit einer Bevölkerung von neun Millionen eine Fläche ein, die heute Peru, Bolivien, Ecuador, Nord-Chile und -Argentinien sowie dem Süden Kolumbiens entspricht. Das restliche Gebiet war größtenteils von nomadischen Völkern bewohnt. Es war Francisco Pizarro, der in Kooperation mit Diego de Almagro unter spanischer Krone die Inka besiegte. Dabei konnten die Spanier besonders aufgrund ihrer Feuerwaffen und Pferde siegen, weiter kam ihnen zum Vorteil, dass sich zur Zeit des Einfalls die beiden Inka-Brüder Huáscar und Atahualpa im Streit um die Thronfolge befanden, denn zahlenmäßig waren die Inka weit überlegen. Im Jahre 1533, weniger als 50 Jahre nach der Entdeckung der „Neuen Welt“, war das Reich der Inka und auch der Rest Südamerikas unter spanischer Kontrolle.[4]

2.2. Die Befreiung

Sobald die Spanier die einheimischen Herrscher besiegt hatten, folgten noch mehr als zwei Jahrhunderte der Erforschung, Besiedlung, Verwaltung und Ausnutzung des anfangs noch unbekannten Kontinentes. Viele Spanier besiedelten die neuen Gebiete. Die „Indianer“[5] und später auch die über den Dreieckshandel und im Zuge des Merkantilismus auf den Kontinent gebrachten Afrikaner wurden als Leibeigene beim Aufbau von Städten und Verwaltung, besonders aber beim Abbau von Edelmetallen und auf Plantagen eingesetzt.[6] Es wurde intensiv Handel betrieben, vor allem die aufgefundenen Goldvorkommen (besonders in Peru) waren sehr begehrt in Europa.[7]

Die spanische Kontrolle fand ein Ende, als Anfang des 19. Jahrhunderts der Gedanke der Französischen Revolution auf den südamerikanischen Kontinent überzuschlagen begann. Die besetzten Völker verspürten den Willen, sich von den Kolonialisten zu befreien. Ein erster Befreiungsversuch (1806) von Francisco de Miranda, ein General der Französischen Revolution, der in sein Heimatland Venezuela zurückehrte, scheiterte. Nachdem schließlich Napoleon in Spanien eingefallen war (1810) dauerte es nicht mehr lange, bis die Spanier zunehmend die Kontrolle über ihre Kolonien verloren. Es war Venezuela, welches als erstes Land im Jahre 1811 seine Unabhängigkeit deklarierte. Sehr schnell verbreitete sich die Atmosphäre über den ganzen Kontinent. Im Norden war es Simón Bolívar, welcher Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien[8] befreite, während im südlichen Teil José de San Martín für Unabhängigkeit kämpfte und so zur Befreiung Argentiniens, Chiles und Teilen von Peru beitrug. Weitere Charaktere waren O´Higgins (Befreiung Chiles) und Artigas (Befreiung Uruguays). Am achten Dezember 1824 wurde die letzt Schlacht gegen die Spanier im peruanischen Ayacucho geschlagen. Nun war Südamerika frei, wobei Brasilien auf anderem Weg zum Ziel gelangte: Der damalige portugiesische König Juan VI. verlegte seinen Sitz nach Brasilien, nachdem die Franzosen in Portugal einmarschiert waren (1807). Als der König einige Jahre später nach Portugal zurückgekehrt war, rief er seinen Sohn, der als Kolonialverwalter in Brasilien geblieben war, zurück. Doch dieser weigerte sich, ließ sich 1822 zum Kaiser von Brasilien krönen und rief die Unabhängigkeit aus. So führte Brasilien als einzige Monarchie Südamerikas 60 Jahre lang ein friedliches Leben, bis es nach einer Revolte zur Republik wurde.[9] Die unblutige Befreiung Brasiliens könnte ein Grund dafür sein, dass das portugiesische Gebiet Südamerikas ein Ganzes geblieben ist, wohingegen der Spanische Teil in viele einzelne Länder zerfiel.[10]

Simón Bolívar entwickelte die Vision eines Staatenbundes der befreiten Länder. Er wollte, dass die Staaten eine Gemeinschaft bilden. Dabei berief er sich nicht zuletzt auf die Gemeinsamkeiten und das daraus zu schöpfende Potential. Als er sich zwischenzeitlich im Exil in Jamaika befand[11], notierte er die folgenden Zeilen:

“Es una idea grandiosa pretender formar de todo el Mundo Nuevo una sola nación con un
solo vínculo que ligue sus partes entre sí y con el todo. Ya que tiene un origen, una lengua, unas costumbres y una religión, debería, por consiguiente, tener un solo gobierno que confiderarse los diferentes estados que hayan de formarse;[...].” [12]

Hier wird bereits deutlich, dass die Gemeinsamkeiten der Länder der Neuen Welt und die sich daraus ergebenen Möglichkeiten schon relativ früh erkannt wurden.

2.3. Die Wiedereroberung

Nachdem die Vision Simon Bolívars, eine Vereinigung der Südamerikanischen Staaten zu schaffen, schon im Jahre 1832 durch den Zerfall des kurzzeitigen Bündnisses Großkolumbiens (Kolumbien, Venezuela und Ecuador) und den Staaten Peru und Bolivien platzte, bildeten sich die heutigen Staaten des Kontinentes.[13] Das 20. Jahrhundert war auch in Südamerika sehr ereignisreich. Es ist geprägt von den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise (1929), welche die Region besonders hart trafen. Als Exporteur von Primärgütern war Südamerika seit dem 19. Jahrhundert stark in den Weltmarkt eingebunden. Besonders Kaffee war international nachgefragt.[14] Nun wurden die Strukturprobleme des dominanten liberalen Entwicklungs- und Gesellschaftsmodells offensichtlich, die bis dahin vorherrschten. Die Agrar-Oligarchien verstanden Wachstum nicht als nationalökonomischen Gesamtprozess, stattdessen reduzierten sie es auf den Export von Bodenschätzen und Cash-Crops[15]. Dadurch wurde der Ausbau des Binnenmarktes verhindert. Durch ihre Exportabhängigkeit wurden die Länder Südamerikas sehr von der Weltwirtschaftskrise getroffen. Die Güter konnten nicht mehr ausreichend abgesetzt werden und ein massiver Preisverfall war die Folge. Der einzige relativ nachfragestabile Rohstoff war Erdöl, doch brachte dieser keine nennenswerten Erträge für die Länder, da die Erdölindustrien zu jener Zeit noch nicht verstaatlicht waren. Die Weltwirtschaftskrise bedeutete für Südamerika eine Schuldenkrise, eine Außenhandelskrise, eine Wachstumskrise und eine politische Krise. Um diese Krisen zu überwinden, wurde die Exportabhängigkeit als Problem erkannt. Es wurde nun eine binnenmarktorientierte, importsubstituierende Industrialisierungsstrategie angewandt. Hieraus entwickelten sich verschiedene Diktaturen und ein hohes Maß an Protektionismus, wovon die Staaten bis in die 1980er Jahre begleitet wurden.[16] Die 1980er Jahre gingen auch als die „Década Perdida“, als das verlorene Jahrzehnt in die Geschichte Lateinamerikas ein.[17]

Die 1990er Jahre standen in Südamerika wirtschaftlich ganz im Zeichen der Liberalisierung und Privatisierung. Die Länder der Region öffneten Stück für Stück ihre Märkte für Importe und ausländische Direktinvestitionen (FDI). Neben den USA machte sich dies vor allem Spanien zu nutze. Das Land, welches bis kurz zuvor aufgrund seiner niedrigen Löhne noch selbst das Ziel ausländischer Direktinvestitionen gewesen war, ging nun in die Offensive.[18] Ehemals staatliche spanische Privatunternehmen stiegen groß in das südamerikanische Geschäft ein, indem sie besonders in den Sektoren Energie, Telekommunikation und Banken staatliche Firmen relativ günstig aufkauften. Die Spanier sehen den lateinamerikanischen Markt als eine natürliche Expansion ihres Heimatmarktes, dies ist nicht zuletzt begründet durch die sprachlichen und kulturellen Gemeinsamkeiten sowie die enge historische Verknüpfung der beiden Regionen. In den Jahren 1992 bis 2001 flossen 80 Milliarden Euro an spanischen Direktinvestitionen nach Lateinamerika. Dieser Prozess beförderte Spanien auf Platz acht der weltweiten ausländischen Direktinvestoren.[19] Es wird daher auch von der „Década Dorada“, dem „Goldenen Jahrzehnt“ gesprochen.[20] Andere europäische Staaten waren ebenfalls aktiv, besonders die ehemaligen Kolonialmächte, jedoch waren ihre FDI sehr viel geringer als die Spaniens (s. Abb. 1). Die USA stellten trotz allem den größten Teil der FDI in Lateinamerika[21], in Relation zu seiner Wirtschaftskraft ist Spanien jedoch sehr deutlicher Spitzenreiter.[22] Des Weiteren unterscheiden sich die FDI der Spanier von denen der USA: während die Nordamerikaner zumeist vom relativ billigeren Lohnniveau in Südamerika profitieren, die Region also als Produktionsstandort nutzen und einen Großteil der dort produzierten Waren exportieren, suchen die Spanier in Südamerika Vertriebspartner für ihre heimischen Produkte.[23] Es kann im Zusammenhang der FDI-Zuflüsse nach Südamerika von einer Reconquista[24], einer Wiedereroberung gesprochen werden, da die Spanier nun einige wichtige Basissektoren wie Telekommunikation (Telefónica) oder Elektrizität (Endesa) kontrollierten.[25] Es war in diesem Sinne keine politische, sondern eine wirtschaftliche Eroberung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Herkunft von FDI in Lateinamerika[26]

3. Volkswirtschaftliche Entwicklung

3.1. Aufteilung und Einordnung

Südamerika besteht aus insgesamt 13 Staaten: Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Ecuador, Französisch Guyana, Guyana, Kolumbien, Paraguay, Peru, Surinam, Uruguay und Venezuela. In neun der 13 Staaten ist die Amtssprache Spanisch. Im Folgenden sollen nur zwölf Länder betrachtet werden, da Französisch Guyana ein Überseedepartment Frankreichs ist und aus diesem Grund auch nicht Teil der neu gegründeten Südamerikanischen Staatengemeinschaft (CSN) wurde (s. Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Mitgliedstaaten der CSN[27]

Die zwölf Staaten weisen einige grundlegende Gemeinsamkeiten, aber auch erwähnenswerte Unterschiede auf. Zunächst ist von Bedeutung, dass sich Südamerika in ein portugiesisch- und ein spanischsprachiges Gebiet aufteilt.[28] Diese Tatsache liegt im Vertrag von Tordesillas begründet, mit dem Papst Julius II. im Jahre 1494 einen Streit zwischen Portugal und Spanien schlichtete, in dem es um die Vorherrschaft in den neuen Territorien ging. Im Vertrag von Tordesillas wird die „Neue Welt“ nach Hoheitsgebieten aufgeteilt. So fällt Portugal jegliches Gebiet östlich des 50. Längengrades zu (Hauptteil des heutigen Brasiliens), die Territorien westlich davon gehören Spanien.[29] Die Grenze zwischen spanischem und portugiesischem Herrschaftsgebiet wurde jedoch 1750 durch den Vertrag von Madrid neu gelegt.[30] Brasilien ist portugiesischsprachig, gleichzeitig aber auch wirtschaftlich das stärkste Land Südamerikas, auch hat es die größte Fläche und die höchste Einwohnerzahl. Der Rest des Gebietes teilt sich auf die übrigen, relativ kleineren Länder auf. Erachtenswert ist auch, dass Brasilien, bis auf Chile und Ecuador, an jedes Land Südamerikas angrenzt.

Insgesamt ist Südamerika eine Entwicklungsregion. Der Human Development Index (HDI)[31] liegt im Mittel bei 0,78, die meisten südamerikanischen Länder befinden sich im Bereich „Medium Human Development“. Argentinien, Chile und Uruguay erreichen die Stufe „high“ (s. Anhang). Bei weiterer Betrachtung der makroökonomischen Daten der einzelnen Länder fällt nach Brasilien Argentinien als zweitstärkste Volkswirtschaft auf. Diese beiden Länder zusammen machen fast zwei Drittel (73 Prozent) des BIP von Südamerika aus, allein 56 Prozent erwirtschaftet Brasilien. Jedoch ist auch zu erkennen, dass beim Prokopfeinkommen Chile der Spitzenreiter ist, Brasilien steht nach Venezuela, Argentinien und Uruguay erst an fünfter Stelle (2004).[32] Das Einkommen ist in Südamerika darüber hinaus sehr ungleich über die Bevölkerung verteilt. Es ist der Kontinent, in dem weltweit die größten Gegensätze zwischen Arm und Reich bestehen. Dies zeigt sich darin, dass ein kleiner Teil der Bevölkerung einen großen Teil des Einkommens zur Verfügung hat und umgekehrt ein großer Teil der Bevölkerung mit einen kleinen Teil des Einkommens auskommen muss.[33] So liegt der Gini-Koeffizient für die Länder Südamerikas im Mittel bei 52 Prozent (s. Anhang).[34]

3.2. Wachstum

Im Verlauf der letzten vier Jahrzehnte ist in Südamerika insgesamt ein deutliches Wirtschaftswachstum (BIP) zu beobachten, doch darf dies nicht über zeitweise deutlich negatives Wachstum hinwegtäuschen. Anfang der 1980er sowie Anfang und Ende der 1990er Jahre waren die Wachstumsraten der einzelnen Länder Südamerikas in der Summe negativ, sodass sich der Kontinent in einer Rezession befand, überdies stagnierte die Wirtschaft zeitweise. Die Ursache war in den 1980er Jahren die enorme Schuldenlast mit den daraus resultierenden Problemen wie Importreduzierung mangels Krediten und der sich folglich entwickelnden Arbeitslosigkeit.[35] Gegen Ende der 1990er Jahre steckten vor allem Brasilien und Argentinien in einer tiefen Finanzkrise, welche sich auch auf andere Länder des Kontinentes auswirkte. Weiter muss im Zusammenhang der durchschnittlichen Wachstumsrate darauf hingewiesen werden, dass einzelne Länder zeitweise einen BIP-Rückgang im zweistelligen Bereich hatten. Jüngstes Beispiel sind die Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Argentinien, die dem Land von 1999 bis 2002 negatives Wachstum, im Jahr 2002 sogar einen BIP-Rückgang von 10,9 Prozent bescherten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: BIP und BIP-Wachstumsrate in Südamerika, 1960-2002 [36]

3.3. Stabilität

Südamerika ist eine relativ instabile Region. Dies spiegelt sich unter anderem besonders in den Inflationsraten wider, welche in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder enorme, selbst im Durchschnitt der Länder noch zeitweise vierstellige Werte annahmen.[37] Dabei wies der Kontinent im Gesamten innerhalb der letzen 41 Jahre eine durchschnittliche Inflationsrate von beachtlichen 126 Prozent auf (bei einer Standardabweichung von 269[38]), über die letzen zehn Jahre lag diese jedoch nur noch bei ca. 16 Prozent (s. Abb. 4). Besonders in den beiden größten südamerikanischen Volkswirtschaften, Brasilien und Argentinien, ist die Inflation ein großes Problem. Zwischen Ende der 1970er und Anfang der 1990er Jahre hat sich das Preisniveau jedes Jahr um jeweils mindestens 100 Prozent erhöht, meistens weitaus mehr. Solche Instabilitäten bleiben nicht ohne Folgen: Zwischen 1985 und 1991 etwa gab es vier verschiedene Währungen in Brasilien.[39] Auch gab es, insbesondere in Argentinien, häufige Wechsel der Regierungen, die eine Konstanz der Wirtschaftspolitik erschweren. Wirtschaftliche Instabilität ist nicht zuletzt das Resultat von politischen Aktivitäten. Mangelnde Kontinuität, Neigung zur Improvisation, ständige „politische Grabenkämpfe“ und Korruption bilden keine Grundlage für eine wirtschaftliche Stabilisierung.[40]

3.4. Verschuldung

Neben der starken Inflation ist auch die Auslandsverschuldung ein großes Problem. Von 1970 bis 1999 wuchs die Schuldenlast Jahr für Jahr (s. Abb. 4). Auslöser waren sowohl weltwirtschaftliche Ereignisse (Ölpreisschocks, Rezessionen, Protektionismus der Industrienationen), welche in Südamerika meist durch Kreditaufnahme am internationalen Kapitalmarkt finanziert wurden, als auch binnenwirtschaftliche Ursachen (hier fällt besonders die Anzahl öffentlicher Unternehmen und ihre unproduktive Arbeitsweise ins Auge)[41]. Doch auch die Überbewertung von Wechselkursen und die private Kapitalflucht wirkten sich negativ auf die Auslandsverschuldung aus.[42] Die Schulden nahmen enorme Ausmaße an. In Bolivien und Chile beispielsweise erreichte die Pro-Kopf-Verschuldung gegen Ende der 1980er Jahre das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung.[43]

Es entwickelte sich zudem ein derartig erdrückender Schuldendienst, welcher stets durch die Aufnahme neuer Kredite finanziert wurde, dass viele Länder beachtliche Anteile ihrer Exporterlöse hierfür aufwenden mussten und müssen (1999 bewegten sich diese Werte zwischen 23 Prozent für Venezuela bis hin zu 110 Prozent für Brasilien, Schuldendienst in Prozent der Exporterlöse). Zum Jahreswechsel 2001/2002 musste Argentinien sogar seine internationale Zahlungsunfähigkeit erklären. Zudem hat die Bonität der südamerikanischen Länder sehr unter diesen Umständen gelitten.[44]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung 4: Durchschnittliche Inflationsraten 1961-2002 und Entwicklung der Gesamt- Auslandsverschuldung Südamerikas[45]

3.5. Bevölkerung

Die Bevölkerungsverteilung in Südamerika ist sehr asymmetrisch. Während etwa die Hälfte aller Menschen brasilianischer Herkunft ist, folgen Kolumbien (zwölf Prozent) und Argentinien (elf Prozent) als zweit- und drittgrößte Länder erst nach einem großen Sprung (s. Abb. 5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Bevölkerungsverteilung in Südamerika, 2004[46]

In den vergangenen Jahrzehnten ist die Bevölkerung des Kontinentes stetig gestiegen (s. Abb. 6). Zwischen 1960 und 1990 hat sie sich mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 3,3 Prozent verdoppelt und steigt seitdem weiter. Gründe hierfür gibt es ausreichend, die Bedeutung von Kindern als Sozialversicherungssystem, mangelhafte Sexualaufklärung oder eine vorherrschende Präferenz für Söhne mit der Folge „der Wunsch nach einem Sohn ist der Vater vieler Töchter“ sind nur einige davon.[47]

Eine wachsende Bevölkerung birgt auch immer ein Risiko in sich. Wenn das gesamtwirtschaftliche Wachstum nicht gleichermaßen mitzieht, kann es leicht zu Versorgungsschwierigkeiten kommen: Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen werden überfordert oder das Ökosystem wird überlastet und löst Ernährungsschwierigkeiten aus.[48] Doch hat sich gerade in den letzten Jahren eine Abschwächung der Wachstumsraten der Bevölkerung in Südamerika gezeigt. Dies birgt wiederum Chancen für die Entwicklung der Region. Wenn eine größere Zahl von Erwerbstätigen eine geringere Zahl von Kindern und alten Menschen mitfinanzieren muss, so können mehr Rücklagen gebildet und folglich höhere Investitionen getätigt werden, was sich positiv auf das Wachstumspotential auswirkt. Dieses „demographische Fenster“, welches sich mit der folgenden Generation wieder schließt, gilt es auszunutzen. In Brasilien ist zurzeit die Chance des demographischen Fensters besonders ausgeprägt: 63 Prozent der Bevölkerung befinden sich im erwerbstätigen Alter, nur acht Prozent sind 60 Jahre und älter.[49]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Bevölkerungsentwicklung Südamerikas, 1960-2002[50]

3.6. Südamerika heute

Nach den aufgezeigten Entwicklungen volkswirtschaftlicher Kennzahlen in den letzten vier Jahrzehnten folgt nun abschließend ein tabellarisch dargestellter, aggregierter Gesamtbestand der betrachteten Länder Südamerikas für das Jahr 2004:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Volkswirtschaftliche Kennzahlen für Südamerika gesamt, 2004[51]

4. Struktur der Wirtschaft und internationale Verflechtung

4.1. Sektoren

Südamerika wird sowohl nach Anzahl der Beschäftigten als auch nach Anteil am BIP vom tertiären Sektor dominiert. Die aggregierten Anteile des BIP Südamerikas setzen sich wie folgt nach Sektoren zusammen (s. Abb. 7, ebenso in dieser Übersicht ist die sektorale Aufteilung nach Beschäftigten; jeweils relativ).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: BIP und Beschäftigte nach Sektoren[52]

Zu erkennen ist hier, dass die Beschäftigten in der Industrie überproportional zum BIP beitragen, in der Landwirtschaft ist es umgekehrt. Der Anteil des Dienstleistungssektors (tertiär) am BIP kommt der Relation von Industriestaaten zwar nahe, es ist aber auch zu beachten, dass die Landwirtschaft noch immer zu einem recht großen Teil des BIP beiträgt. Bezüglich der Dienstleistungen ist weiter zu erwähnen, dass in einigen Ländern Südamerikas der Tourismus eine entscheidende Einkommensquelle darstellt. In Gesamtheit entfallen acht Prozent des südamerikanischen BIP auf den Agrarsektor, 30 Prozent auf die Industrie und 62 Prozent auf Dienstleistungen. Etwa 17 Prozent der Beschäftigten sind in der Landwirtschaft tätig, 24 Prozent in der Industrie und 59 Prozent im Dienstleistungsgewerbe.[53]

Die Länder Südamerikas fallen damit nicht in das Schema des französischen Ökonomen Jean Fourastié (und Colin Clark), welcher u. a. aussagte, dass in Ländern mit einem geringen Pro-Kopf-Einkommen der Großteil der Bevölkerung in der Landwirtschaft arbeitet.[54] Obwohl auf dem Südamerikanischen Kontinent die Mehrheit im „Dienstleistungsgewerbe“[55] arbeitet, bleiben Wohlstand, Sicherheit oder Vermeidung der Arbeitslosigkeit aus. Doch sind die Annahmen Fourastiés ohnehin vom technischen Fortschritt überholt worden und haben sich empirisch nur bedingt bestätigt.[56]

Die Länder Südamerikas unterscheiden sich jeweils in ihren hauptsächlichen Industrien. Während Textilien, Zement und Fisch/Fleisch in nahezu allen Staaten eine Rolle spielen, verfügen nur Argentinien, Brasilien, Peru und Venezuela z. B. über eine Automobilindustrie. In anderen Ländern, Bolivien, Ecuador, Peru, Uruguay und Venezuela ist dagegen auch die Erdölförderung von Bedeutung (s. Anhang für detaillierte Aufstellung).[57] Besonders Venezuela muss hier als OPEC-Mitglied, und unter deren Mitgliedern drittgrößter Erdölexporteur hervorgehoben werden.[58] Weiter trägt der Bergbau in einigen Ländern entscheidend zum BIP bei. In der Landwirtschaft fallen besonders Kaffee, Mais, Reis und Zuckerrohr ins Gewicht. Außerdem ist der Anbau der Kokapflanze, besonders in der Andenregion, eine (illegale) Einkommensquelle. Es wird vermutet, dass beispielsweise der illegale Drogenexport von Kolumbien mit 2,3 Prozent zum BIP beiträgt.[59]

4.2. Internationaler Handel

Der internationale Handel ist ein Kernthema der wirtschaftlichen Integration. Daher werden im Folgenden die Handelsbeziehungen Südamerikas dargestellt. Auf dem Kontinent gibt es bereits zwei mehr oder weniger bedeutende Zusammenschlüsse, den MERCOSUR und die CAN (s. 4.5). Aus diesem Grund, und mit dem Zweck, den darstellerischen Komplexitätsgrad gering zu halten, werden die Handelsdaten hier nicht für jedes einzelne Land Südamerikas aufgezeigt sondern in drei Wirtschaftsblöcken: MERCOSUR (Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay), CAN (Venezuela, Kolumbien, Peru, Ecuador, Bolivien) und CSG (Chile, Surinam, Guyana)[60]. Weiter werden hier nur die Güterexporte und -importe näher betrachtet, die den Großteil des gesamten Handels Südamerikas ausmachen. Dienstleistungen haben im südamerikanischen Durchschnitt einen Anteil von etwa 13 Prozent am gesamten Exportvolumen, die importierten Dienstleistungen machen etwa 19 Prozent aus. Es handelt sich dabei überwiegend um Transportleistungen und Reisen.[61] Insgesamt belaufen sich die Güterexporte der Region auf ca. 241 Milliarden US $, die Güterimporte auf 171 Milliarden US $. Die Handelsbilanz ist also positiv, wozu fast ausschließlich Brasilien, Argentinien, und Venezuela beitragen.[62]

4.2.1. Wichtige Handelspartner

4.2.1.1. Export

Der meiste Güterhandel der südamerikanischen Staaten wird mit der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika betrieben. 24 Prozent der gesamten Exporte gehen in die USA, 19 Prozent in die EU. Etwa 18 Prozent der gesamten Exporte bleiben auf dem Kontinent, es wird also nicht unbedeutend intraregional gehandelt. Differenzierter betrachtet ergibt sich noch China mit sechs Prozent als wichtiger Abnehmer des MERCOSUR, getragen von den brasilianischen Exporten. Die CAN führt ca. acht Prozent Güter in die Niederlande aus, wobei es sich hierbei zum Großteil um venezolanisches Öl handelt, was mitunter auch an die der Landesküste vorgelagerten Niederländischen Antillen (zugehörig zu den Niederlanden) geht. China nimmt etwa zehn Prozent der peruanischen Exporte ab, weiter sind China mit zehn und Japan mit elf Prozent wichtige Exportpartner von Chile. Surinam liefert ein Drittel seiner Exporte an Norwegen.[63] Mit den hohen Exportanteilen der USA und der EU sind die südamerikanischen Staaten von der Konjunktur der Industrieländer abhängig. Ebenso spielt der Wechselkurs zum US $ bzw. zum Euro eine entscheidende Rolle im Zusammenhang des Außenhandels. Zu erkennen ist weiter, dass die Blöcke untereinander nur geringfügig Handeln.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Güterexporte Südamerikas nach Zielen, 2004[64]

4.2.1.2. Import

Bei den Importen zeigt sich, dass die EU hier ein relativ wichtigerer Partner ist als bei den Exporten. Mit 21 Prozent ist sie größter Lieferant südamerikanischer Importgüter, gefolgt vom MERCOSUR (16 Prozent) und den USA (15 Prozent). Insgesamt werden 25 Prozent der Importe aus Ländern des eigenen Kontinentes bezogen. Differenzierter gesehen importiert Uruguay Waren mit einem Anteil von elf Prozent aus Russland, China stellt sieben Prozent der brasilianischen Importe. Auch Kolumbien, Peru und Ecuador sowie Chile beziehen etwa sieben bis neun Prozent ihrer Importe aus China. Guyana und Surinam importieren zu etwa einem Drittel aus Karibischen Staaten.[65] Auch bei den Importen ist also die Stellung der einheimischen Währungen zum Euro bzw. zum US-Dollar von Betracht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Güterimporte Südamerikas nach Herkunft, 2004[66]

4.2.2. Gehandelte Güter

4.2.2.1. Export

Bei der Analyse der Zusammensetzung der Exporte nach Art der Güter, fällt auf, dass sich die Blöcke hier teilweise deutlich unterscheiden. Südamerika im Gesamten betrachtet zeigt, dass sich die Exporte zu etwa gleichen Anteilen aus Agrargütern (Agricultural Products, 29 Prozent), Rohstoffen (Fuels and Mining Products, 35 Prozent) und Fertigwaren (Manufactures, 32 Prozent) zusammensetzen. Doch die Durchschnittsbildung ist hier fatal: die Rohstoffe der CAN haben einen Anteil von 65 Prozent an den Exporten, die restlichen Sektoren sind entsprechend klein. Dies lässt sich zum Teil mit den hohen Ölexporten Venezuelas begründen (87 Prozent), doch auch die anderen Länder der Andengemeinschaft exportieren überdurchschnittlich viele Rohstoffe. Der MERCOSUR exportiert mit 45 Prozent deutlich mehr Fertigwaren als die anderen beiden Blöcke, Brasilien ist hier besonders durch seine Größe entscheidend, weiter bilden auch die Agrarexporte mit 38 Prozent einen großen Teil. Hier machen sich besonders die Fleischausfuhren Argentiniens, aber auch die Paraguays und Uruguays bemerkbar. Die Rohstoffexporte bekleiden so nur einen Anteil von 15 Prozent im MERCOSUR. Die Rohstoffexporte Guyanas belaufen sich auf nur vier Prozent, und unterscheiden sich damit von Chile und Surinam.[67] Es bestehen bez. der Exportzusammensetzung also Unterschiede zwischen MERCOSUR und CSG einerseits und der CAN andererseits. Mit dem hohen Agraranteil der MERCOSUR-Exporte geht die Bedeutung eines freien Zugangs zu den Agrarmärkten der Industriestaaten einher. Die Abschaffung von Agrarsubventionen der Industrieländer ist für die MERCOSUR- und CSG-Länder dementsprechend ein noch größeres Thema als für die CAN (s. auch 4.4. und 4.5.4.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Güterexporte Südamerikas nach Sektoren, 2004[68]

[...]


[1] Heutiges Istanbul

[2] Vgl. Pohl, H. (1996), S, 18 f.

[3] Vgl. Brinkbäumer; Höges (2004), S. 152 f.

[4] Vgl. Quintana Martínez (1999), S. 15 ff.

[5] Die Urbevölkerung wurde von den Spaniern „Indios“ (Indianer) genannt, da Kolumbus meinte, er sei in Indien gelandet.

[6] Vgl. Kaller-Dietrich, Mayer (2002), S. 8 ff.

[7] Eine sehr gute Übersicht über die Wirtschaft Hispanoamerikas in der Kolonialzeit gibt Pohl, H. (1996)

[8] Zur Ehre seines Befreiers trägt das Land heute dessen Namen

[9] Vgl. Pausewang (1975), S. 158 ff.

[10] Vgl. Kahler (1981), S. 32 ff.

[11] Vgl. Madariaga (1986), S. 373 ff.

[12] Vgl. Bolívar (1815), S. 81. (Übersetzung: “Es ist eine hervorragende Idee zu beabsichtigen, aus der gesamten Neuen Welt eine einzige Nation zu gründen, mit einer Verbindung, die ihre Teile untereinander und mit dem Ganzen bindet. Da sie einen Ursprung, eine Sprache, gleiche Bräuche und eine Religion hat, sollte sie entsprechend auch eine einzige Regierung haben und die sich zu bildenden Staaten konföderieren.“)

[13] Vgl. Medina (2005), S. 1

[14] Vgl. Quinatna Martínez (1999), S. 161

[15] „Cash-Crop“ bezeichnet Agrarprodukte, die vorrangig für den Export angebaut werden.

[16] Vgl. Kaller-Dietrich (2002)

[17] Vgl. Márquez, G (2005), S. 14

[18] Die spanischen Unternehmen waren zu dieser Zeit nach dem EU-Beitritt und der Liberalisierung ihres Wirtschaftsraumes mehr oder weniger gezwungen auf Expansionskurs zu gehen, um nicht von ausländischen Konzernen aufgekauft zu werden. (Vgl. hierzu Chislett, 2003, S. 20 ff.)

[19] Vgl. Chislett (2003), S. 25 ff.

[20] Vgl. Casilda (2002), S. 55

[21] Wobei die USA durch die NAFTA und die räumliche Nähe einen starken Fokus auf Mexiko hatten (s. auch 4.5.1. dieser Arbeit)

[22] Das BIP der USA ist etwa 15-mal so groß wie das von Spanien.

[23] Vgl. Alloza, Noya (2004)

[24] Nicht gemeint ist an dieser Stelle die Reconquista der Iberischen Halbinsel gegenüber den muslimischen Vorherrschern.

[25] Vgl. Chislett (2003), S. 22

[26] Quelle: eigene Darstellung nach Chislett (2003), S. 39

[27] Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%BCdamerikanische_Staatengemeinschaft

[28] Sowie Niederländisch (Surinam) und Englisch (Guyana), jedoch machen diese Staaten nur einen sehr geringen Anteil der der Bevölkerung aus (weniger als ein Prozent)

[29] Vgl. Encarta Enzyklopädie, 2004

[30] Vgl. Pohl, H. (1996), S. 23

[31] Der HDI setzt sich aus den Dimensionen Bildungsgrad, Lebenserwartung und Prokopf-Einkommen zusammen. Sein Wert liegt zwischen 0 und 1, wobei 1 das Maximum ist. Länder mit einem HDI-Wert zwischen 1,0 und 0,8 werden als „high“, Länder mit HDI zwischen 0,5 und 0,8 als „medium“ und solche mit HDI kleiner als 0,5 als „low“ in Bezug auf ihre menschliche Entwicklung bezeichnet. Vgl. UNDP (2005), S. 220 f.

[32] Vgl. CAN (2006d), S. 12

[33] Korthoff (2005), S. 112

[34] Eigene Berechnungen auf Basis von UNDP (2005), S. 270. Der Gini-Koefizient misst die Gleichheit der Verteilung des Gesamteinkommens (oder des Verbrauchs) einer Volkswirtschaft über die Einwohner, wobei ein Wert von 100 perfekte Ungleichheit, ein Wert von 1 perfekte Gleichheit bedeutet.

[35] Vgl. Waldmann, P. (1990), S. 13 ff.

[36] Quelle: Eigene Darstellung nach eigenen Berechnungen auf Basis von Worldbank (2004)

[37] Die Inflationsraten einzelner Länder reichen sogar bis in den fünfstelligen Bereich. So hatte Bolivien im Jahr 1985 eine Inflationsrate von 11.759%.

[38] Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Worldbank (2004)

[39] Vgl. Goerdeler (1992)

[40] Vgl. Wöhlke (1994, S. 82), hier für den Fall Brasilien beschrieben.

[41] Unzureichende Kontrollen durch übergeordnete Instanzen, Trennung von Entscheidungsgewalt und Verantwortung sowie hohe Subventionsleistungen führten zu enormen Ineffizienzen. Die rechtliche Selbständigkeit der Unternehmen trug zu einer im Gesamten unkontrollierten Kreditaufnahme an internationalen Finanzmärkten bei. Dazu kam eine ineffiziente Verwendung der Mittel.

[42] Vgl. Venitz (1994) S. 205 ff.

[43] Vgl. Faust (2000)

[44] Vgl. Sangmeister (2002), S. 89 ff.

[45] Quelle: Eigene Darstellung nach eigenen Berechnungen auf Basis von: Weltbank. Zur der hohen durchschnittlichen Inflation im Jahre 1986 trägt insbesondere Bolivien mit einem Wert von fast 12.000% bei. 1990 sind es Peru, Argentinien und Brasilien, jeweils mit Werten um die 3.000%.

[46] Vgl. Eigene Darstellung nach CAN (2006d), S. 12

[47] Vgl. Wöhlke (1994), S. 50, hier für den Fall Brasilien beschrieben.

[48] Vgl. Sangmeister (2003a), S. 167 ff.

[49] Vgl. UNFPA (2002), State of World Population 2002, S. 20 ff.

[50] Quelle: Eigene Darstellung nach Worldbank (2004)

[51] Quelle: IMF, Weltbank, IADB. Daten für FDI für 2003. Für eine Aufstellung nach Ländern siehe Anhang.

[52] Quelle: Worldbank (2004)

[53] Vgl. Worldbank (2004)

[54] Vgl. Fourastié (1969)

[55] Hierunter fallen an der Armutsgrenze lebende Menschen (etwa Schuhputzer) ebenso wie qualifizierte Arbeiter (wie Computerspezialisten)

[56] zur Kritik der Drei-Sektoren-Theorie vgl. etwa Pohl, H.J. (1970), S. 313 ff.

[57] Quelle: Europa World Year Book, IMF

[58] Vgl. OPEC, Annual Statistic Bulletin 2004 S. 15. Zuvor war das Land an der vierten Stelle, doch seit den militärischen Interventionen im Irak und der damit einhergehenden Zerstörungen der Infrastrukturen der Ölförderung rückte Venezuela auf Platz drei vor.

[59] Vgl. UNODC (2003), S. 7

[60] Diese drei Staaten bilden keinen Integrationsraum (abgesehen vom APEC für Chile und dem CARICOM für Guyana und Surinam. Dies sind jedoch keine rein südamerikanischen Projekte), dies ist die Gemeinsamkeit die sie gegenüber den Staaten des MERCOSUR und der CAN haben. Zu bemerken ist hier, dass Chile unter ihnen mit großem Abstand das stärkste Land ist, daher werden die Werte sehr stark von Chile dominiert.

[61] Quelle: eigene Berechnungen auf Basis von: WTO (2005a)

[62] Die Handelsbilanzen der restlichen Länder sind überwiegend ausgeglichen oder leicht negativ.

[63] Vgl. WTO (2005a)

[64] Quelle: eigene Darstellung nach eigenen Berechnungen auf Basis von: UNSD (2005), WTO (2005a), CAN (2005a)

[65] Vgl. UNSD (2005), WTO (2005a), CAN (2005a)

[66] Quelle: eigene Darstellung nach eigenen Berechnungen auf Basis von WTO (2005a), UNSD (2005), CAN (2005a)

[67] Vgl. WTO (2005a)

[68] Quelle: Eigene Darstellung nach eigenen Berechnungen auf der Basis von: WTO (2005a)

Ende der Leseprobe aus 95 Seiten

Details

Titel
Regionale Wirtschaftsintegration in Südamerika - Potential und Herausforderungen der 'Südamerikanischen Staatengemeinschaft'
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Note
1.3
Autor
Jahr
2006
Seiten
95
Katalognummer
V69213
ISBN (eBook)
9783638601115
Dateigröße
1201 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit beschäftigt sich mit den neusten (03/2006)Entwicklungen der südamerikanischen Staaten im Hinblick auf den Versuch ein der EU nachgebautes Integrationsmodell zu erreichen. Dabei kommen aktuelle politische Entwicklungen (Hugo Chávez) ebenso deutlich zur Geltung wie fundierte Betrachtungen der Theorie der regionalen Integration, der Integrationsgeschichte der südamerikansichen Staaten und deren wirschaftliche Verzweigungen.
Schlagworte
Regionale, Wirtschaftsintegration, Südamerika, Potential, Herausforderungen, Südamerikanischen, Staatengemeinschaft, Unasur, Hugo Chavez
Arbeit zitieren
Tim Rickers (Autor:in), 2006, Regionale Wirtschaftsintegration in Südamerika - Potential und Herausforderungen der 'Südamerikanischen Staatengemeinschaft', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69213

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