Zentraler Gegenstand dieser Arbeit ist Foucaults Werk Die Geburt der Klinik - Eine Archäologie des ärztlichen Blicks.(1963) In diesem beschreibt Foucault den Diskurs des historischen Wandels der Medizin vom 18. zum 19. Jahrhundert und stellt heraus, dass insbesondere die Veränderung des ärztlichen Blicks sowie seine strukturellen Bedingungen in ihrer kontingenten Faktizität das für den Epochenumbruch Spezifische seien. Was sich geändert hat, sei weniger die Semantik des Wissens als vielmehr deren syntaktische Struktur. Ich folge der These Foucaults, dass sich die ‚Geburt’ der Klinik nicht nachvollziehen lässt, wenn man sie als reinen Erkenntnisgewinn versteht, sondern vielmehr, indem man die Veränderung des ärztlichen Blicks und seiner strukturellen Bedingungen befragt.
Im Folgenden gliedere ich die Ausführungen im zweiten Kapitel in drei Abschnitte. Im ersten geht es um die Medizin der Arten, die gemäß Foucaults Ausführungen auf die Regeln der Klassifikation angewiesen sind. Das Auftauchen der Krankheit bedeute dieser Auffassung zufolge mithin stets eine Abweichung vom reinen Typus durch die individuelle Ausprägung. Um 1800 entwickelte sich von der Medizin der Arten ausgehend die klinische Methode, die im zweiten Abschnitt des folgenden Kapitels dargestellt wird. Sie ist durch einen ‚beharrlichen Blick’ gekennzeichnet, d.h. der Suche nach der reinen Idealität einer Krankheit folgte die nach ihrer körperlichen Individualität. Seit dieser Zeit gelte in der medizinischen Wissenschaft der Grundsatz, dass man eine Krankheit erkannt hat, insofern man sie körperlich lokalisiert und individualisiert hat. Der dritte Abschnitt beschreibt den Übergang von der klinischen zur anatomisch-klinischen Methode des 19. Jahrhunderts. Obduktion und anatomische Sezierung würden nun den uneingeschränkten Blick auf die inneren Körperteile erlauben. Der Tod sei die Bedingung für die Möglichkeit, die individuellen Funktionszusammenhänge des Lebens erkennen zu können.
Zwischen den jeweiligen Methodenwechseln lassen sich mit Foucault gesprochen ‚Phasen der Diskontinuität’ ausmachen. Demnach lasse sich die Geschichte der Medizin nicht als Fortschritt hin zur Humanität beschreiben.
Schließlich werde ich im Kapitel 3 auf zentrale Parallelen zwischen Foucaults Episteme-Begriff und Thomas Kuhns Paradigma-Konzept verweisen. Beziehen werde ich mich in diesem Punkt insbesondere auf den Aufsatz von Friedel Weinert, der starke Affinitäten zwischen Foucault und Kuhn ausmachen zu können meint.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Diskontinuitäten in der Geschichte der Medizin
- Die Medizin der Klassen
- Die klinische Methode
- Die anatomisch-klinische Methode
- Ein neues Geschichtsverständnis als gemeinsamer Nenner von Michel Foucault und Thomas Kuhn?
- Résumé
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Michel Foucaults "Die Geburt der Klinik" und analysiert den Diskurs des historischen Wandels in der Medizin vom 18. zum 19. Jahrhundert. Der Fokus liegt auf der Veränderung des ärztlichen Blicks und seiner strukturellen Bedingungen als zentrale Aspekte des Epochenumbruchs.
- Der Wandel des ärztlichen Blicks und seiner strukturellen Bedingungen
- Diskontinuitäten in der Geschichte der Medizin
- Die Entwicklung der klinischen Methode
- Vergleich des Geschichtsverständnisses von Foucault und Kuhn
- Die Bedeutung der syntaktischen Struktur des medizinischen Diskurses
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt Foucaults "Die Geburt der Klinik" als zentrale Quelle vor. Sie erläutert Foucaults These, dass der Wandel in der Medizin weniger auf neuen Erkenntnissen als auf einer Veränderung der syntaktischen Struktur des Diskurses beruht. Die Arbeit konzentriert sich auf die Analyse des Wandels des ärztlichen Blicks und seiner Bedingungen und gliedert die weiteren Ausführungen in drei Abschnitte: die Medizin der Arten, die klinische Methode und die anatomisch-klinische Methode.
Diskontinuitäten in der Geschichte der Medizin: Dieses Kapitel untersucht die Diskontinuitäten in der Geschichte der Medizin. Foucault argumentiert, dass sich in der Entwicklung der Medizin weniger der Inhalt als die systematische Form verändert hat. Anhand eines Vergleichs von Texten aus dem 18. und 19. Jahrhundert wird gezeigt, wie sich die Art und Weise der Krankheitsbeschreibung verändert hat – von Spekulationen hin zu einer auf Wahrnehmung basierenden, objektiven Beschreibung. Der Fokus liegt auf der Veränderung des Verhältnisses zwischen dem, was spricht, und dem, wovon gesprochen wird, und wie der Mensch sowohl zum Objekt als auch zum Subjekt des wissenschaftlichen Diskurses wurde. Diese Veränderung wird weniger auf neue Erkenntnisse als auf eine strukturelle Veränderung der Sprache zurückgeführt.
Schlüsselwörter
Die Geburt der Klinik, Michel Foucault, Diskursanalyse, ärztlicher Blick, klinische Methode, Diskontinuität, Geschichtsverständnis, Thomas Kuhn, Episteme, Paradigma.
Häufig gestellte Fragen zu "Die Geburt der Klinik" - Foucault und der Wandel des ärztlichen Blicks
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Michel Foucaults "Die Geburt der Klinik" und untersucht den Diskurswandel in der Medizin vom 18. zum 19. Jahrhundert. Der Schwerpunkt liegt auf der Veränderung des ärztlichen Blicks und seiner strukturellen Bedingungen als zentrale Aspekte dieses Epochenumbruchs. Die Arbeit vergleicht Foucaults Geschichtsverständnis mit dem von Thomas Kuhn.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: den Wandel des ärztlichen Blicks und seiner strukturellen Bedingungen, Diskontinuitäten in der Geschichte der Medizin, die Entwicklung der klinischen Methode, den Vergleich des Geschichtsverständnisses von Foucault und Kuhn sowie die Bedeutung der syntaktischen Struktur des medizinischen Diskurses.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit umfasst eine Einleitung, ein Kapitel zu Diskontinuitäten in der Geschichte der Medizin (unterteilt in die Medizin der Arten, die klinische Methode und die anatomisch-klinische Methode) und ein Kapitel, das Foucaults und Kuhns Geschichtsverständnis vergleicht. Abschließend gibt es ein Résumé.
Wie beschreibt die Arbeit den Wandel in der Medizin?
Foucault argumentiert, dass der Wandel in der Medizin weniger auf neuen Erkenntnissen als auf einer Veränderung der syntaktischen Struktur des Diskurses beruht. Die Arbeit zeigt anhand von Textvergleichen, wie sich die Krankheitsbeschreibung vom spekulativen zum wahrnehmungsbasierten, objektiven Ansatz verändert hat. Der Fokus liegt auf der Veränderung des Verhältnisses zwischen dem Sprechenden und dem Gesprochenen, und wie der Mensch sowohl zum Objekt als auch zum Subjekt des wissenschaftlichen Diskurses wurde.
Welche Schlüsselbegriffe sind wichtig?
Schlüsselbegriffe sind: Die Geburt der Klinik, Michel Foucault, Diskursanalyse, ärztlicher Blick, klinische Methode, Diskontinuität, Geschichtsverständnis, Thomas Kuhn, Episteme, Paradigma.
Wie wird Foucaults Geschichtsverständnis mit dem von Kuhn verglichen?
Die Arbeit untersucht, ob und inwiefern ein neues Geschichtsverständnis als gemeinsamer Nenner von Michel Foucaults und Thomas Kuhns Arbeiten gesehen werden kann. Dieser Vergleich beleuchtet die unterschiedlichen Perspektiven auf den historischen Wandel in der Wissenschaft und Medizin.
Was ist die zentrale These der Arbeit?
Die zentrale These ist, dass der Wandel des ärztlichen Blicks im 18. und 19. Jahrhundert nicht primär auf neue medizinische Erkenntnisse zurückzuführen ist, sondern auf eine tiefgreifende Veränderung in der Struktur des medizinischen Diskurses selbst. Diese Veränderung wird als Diskontinuität verstanden und im Kontext der Arbeiten von Foucault und Kuhn analysiert.
- Citar trabajo
- Ulla Steuber (Autor), 2006, Der Diskurs des historischen Wandels in 'Die Geburt der Klinik' (1963) von Michel Foucault, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69326