In der Hauptseminarsarbeit ist der Aufstieg der sizilianischen Stadt Syrakus von 8. Jhd. v.Chr. bis zum Fall und damit dem Ende der syrakusanischen Aussenpolitik im 2. Punischen Krieg 212 v.Chr. beschrieben.
Gliederung:
Vorwort
1. Die Besiedlung Siziliens
1.1. „Die Ureinwohner“
1.2. Die Phönizier und Elymer
1.3. Die Griechen
2. Syrakus
3. Der erste Krieg gegen Karthago
4. Nachkriegszeit und ‚Demokratisches Zwischenspiel’ 466-405 v. Chr
5. Der zweite Krieg gegen Karthago
6. Die fünf Tyrannen von Syrakus
6.1. Dionysios I.
6.2. Dionysios II. und Dion
6.3. Timoleon
6.4. Agathokles
7. Die Rolle Siziliens im Zweiten Punischen Krieg
8. Das Ende der Unabhängigkeit von Syrakus
9. Quellen- und Literaturnachweise
Vorwort
Insbesondere die „Geschichte Siciliens im Alterthum“ beschäftigte den Lübecker Historiker Adolf Holm in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Schon 1866 hatte er eine historische Karte der Insel angefertigt und veröffentlichte anschließend sein dreibändiges Geschichtswerk zu diesem Thema. Aufgrund dieser Arbeiten erhielt Holm auf Einladung der Universität Palermo ein „Extraordinat für Universalgeschichte“[1].
Holm versuchte, die Geschichte des antiken Siziliens zu systematisieren: die vorgriechische Zeit bis zum 5. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, die zweihundert folgenden Jahre nach der griechischen Kolonisierung sowie drittens der in den Punischen Kriegen beginnende politische Bedeutungsverlust der Insel. Insbesondere die zentrale Rolle der antiken sizilianischen Stadt Syrakus soll in dieser Arbeit vertieft werden. Hierzu erscheint es mir nötig, die historischen Vorbedingungen kurz zu schildern. Der strikt chronologische Aufbau dieser Arbeit orientiert sich primär an der Darstellung Adolf Holms sowie an der sehr kompakten Betrachtung der Verfassungsgeschichte von Syrakus des Altertumsforschers Willy Hüttl von 1929.
1. Die Besiedlung Siziliens
1.1. „Die Ureinwohner“
Bevor Griechen, Karthager oder Römer sich zu Herren Siziliens aufschwangen, hatte es, dies war der geografischen Lage der Insel geschuldet, bereits mehrere Völker des Mittelmeerraumes gegeben, die die Kontrolle über sizilianische Landstriche und deren Bevölkerung erlangten. Die Volksgruppe der Sikaner galt für Holm als die Urbevölkerung des Eilands. Es gibt verschiedene Theorien zu ihrer Herkunft. Entweder die Sikaner waren iberische Einwanderer, andere spärliche Quellen lassen vermuten, dass sie vom italienischen Festland kommende Sikeler oder aber tatsächlich autochthone Bevölkerung waren. Die Quellenlage hierzu ist dünn und widersprüchlich. Holm benennt eindeutige sikanische Städte: Kamikos, Akragas und Indykon.[2] Die Überlieferungen, die darauf hindeuten, legen nahe, dass es im 7. Jahrhundert im Westen Siziliens bereits phönizische, griechische und elymische Städte sikanischen Ursprungs gab.
Sikelische Volksgruppen, „welche an Macht und Bedeutung ihre sikanischen Brüder weit übertrafen.“[3], waren mit großer Sicherheit vom italienischen Festland eingewandert. Sie lebten lange Zeit nebeneinander mit den schon ab dem 8. Jahrhundert aufstrebenden griechischen und phönizischen Kolonien.
1.2. Die Phönizier und Elymer
Für die seefahrenden und am Handel orientierten Mächte des Mittelmeerraumes besaß Sizilien einen hohen ökonomisch-geopolitischen und später auch „geostrategischen“ Wert. Die Einwanderung der Phönizier ist für Sizilien bedeutend. Der Übermacht der Griechen im östlichen und adriatinisch- mediterranen Raum mussten sich die Phönizier sehr früh beugen. Ihr Einfluss im westlichen Becken des Mittelmeeres bestand weiter und war essentiell. „Den Schlüssel des westlichen Theiles des Mittelmeeres bildete […] die Insel Sicilien.“[4] „…die von Tyros und Sidon ausgehende phoenikische Expansion […] auf fast allen Inseln des Seeraumes [vollzog] sich in einem machtpolitischen Vakuum.“[5] Schnell begriffen sie die Insel aber auch als Handelsstützpunkt und forcierten den Fernhandel mit den Sikelern. Die ersten Überlieferungen bezüglich der Stadt Syrakus finden sich in der „Heraklesmythe“[6] oder bei Plutarch[7]. Die Städte der Phönizier lagen überwiegend im Nordwesten Siziliens. Ein Expansions-bestreben im 8. und 7. Jahrhundert kann nicht nachgewiesen werden.[8] „An dem politisch defensiven Grundcharakter des phoenikischen Kolonialsystems hat sich bei dieser Entwicklung lange Zeit nichts geändert,…“.[9] Zur wichtigsten phönizischen Stadt auf Sizilien wurde Motye.
Ein weiteres Volk orientalischen Ursprungs im frühantiken Sizilien waren die Elymer. Diese sollen ebenfalls aus süditalienischen Völkern hervor gegangen sein. Andere Thesen vermuten, die Elymer seien ein durch die Phönizier angesiedeltes asiatisches Volk gewesen.[10] „Nach dieser Untersuchung hätten wir also die Elymer als ein Gemisch von Persern, Phöniciern und vielleicht auch von Troern zu betrachten,…“.[11] Sie lebten neben den sikanischen Einwohnern auf Sizilien und sollen auch unzweifelhaft in engen Handelsbeziehungen zu Städten Mittel- und Süditaliens gestanden haben. Die Verbindung zu Phöniziern und Karthagern wurden als ausgesprochen freundlich bezeichnet, hielten die elymischen Städte Siziliens in den Auseinandersetzungen mit griechischen Kolonien stets zusammen. Die Quellenlage ist hierbei ebenfalls als dürftig zu bezeichnen.
1.3. Die Griechen
Nach Thukydides fallen die ersten griechischen Kolonisationsbemühungen auf Sizilien in die zweite Hälfte des 8. Jahrhundert.[12] Bald stellte sich für die Griechen heraus, dass größere Probleme wegen der phönizischen Handelsübermacht zu erwarten waren. Man war in Nautik und Schiffbau noch weit unterlegen. Die Phönizier-Städte verfügten über keine nennenswerten Armeen, hatten wohl auch keine kriegerischen Ambitionen. Wiederum erschien es ihnen auch nicht von Vorteil, in ökonomische Kontakte mit den hellenischen Kolonisten zu treten. Interessanterweise stammen viele Sagen und Mythen, die die Gefahren und Schrecklichkeiten des westlichen Mittelmeeres beschreiben, aus punischen „Federn“. Diese in die Welt kolportierten Propaganda-Märchen fanden großen Anklang in Griechenland. Aus diesem Grund bestand auch vorerst kaum Interesse an der Besiedlung Siziliens. Vertieft man sich in die eigentliche griechische Ausbreitung im Mittelmeerraum, fällt schnell auf, dass die Fahrten in den Westen auch in die letzte Phase der hellenistischen Expansion fielen; in jene Zeit, in der Bürgerunruhen die Metropolen der Ägäis heimsuchten und der östliche mediterrane Bereich bereits vollkommen erschlossen war.
Es gibt eine Vielzahl an Hinweisen, wann die ersten Kolonien gegründet wurden. Die erste bedeutende griechische Stadt auf Sizilien wurde vom griechischen Chalkis in Italien ausgehend Naxos um 734. Gelegen an der Südküste erschien der Raum für die Kolonie in respektablen Abstand zum Ätna ideal. Die fruchtbaren Böden und vulkanisches Gestein als Baumaterial ließen Naxos schnell zur Blüte gelangen. Erst danach gründeten die durch „phönizische Lügen“ verängstigten Korinther „Syrakusai“ um 734/733.[13] Insgesamt entstanden in der ersten fünf Jahre währenden Kolonisationswelle (734-729) sechs Kolonien an der Ostküste.[14] In relativ kurzer Zeit erfolgten von diesen „Nea Póleis“ ausgehend eigene Städtegründungen. Die Griechen lebten circa 150 Jahre in lockeren Bündnissen. Um 600 begannen erste Auseinandersetzungen und teils schwere Kriege gegeneinander.
2. Syrakus
An Naxos vorbei in südlicher Richtung fahrend, fand das korinthische Expeditionscorps die Insel Ortygia, von der die sikelischen Einwohner vertrieben wurden.[15] Die griechischen Siedler in Naxos hatten ihre Kolonie in unbewohntem Gebiet und in friedlicher Koexistenz mit den Nachbarn betrieben. Bei den Gründungen von Gela und Syrakus kam Gewalt zum Einsatz.[16] Holms Beschreibung der Gegend um die vorgelagerte Insel legt die Vermutung nahe, dass für antike Verhältnisse die Bedingungen nahezu optimal gewesen sind. Alsbald dehnte sich das Stadtgebiet auch auf den Küstenstreifen aus, wo bereits Vorposten errichtet worden waren. Wie in der Mutterstadt Korinth wurden zwei Häfen angelegt und das Land gleichmäßig unter den Bürgern der Stadt aufgeteilt. Hüttl vermutet in seiner „Verfassungsgeschichte von Syrakus“, dass das Zusammenleben wahrscheinlich „den Gesetzen der Metropole“, also denen der Mutterstadt entsprach.[17] In Korinth gab es zu diesem Zeitpunkt keine „feste Form“, es herrschte die Oligarchie der Bakchiaden. Einige Männer dieser Adelsfamilie scheinen ebenfalls unter den Gründerkolonisten gewesen zu sein.
Durch die in den nachfolgenden Jahrzehnten hinzu kommenden griechischen Einwanderer nach Syrakus konnte der tatsächlich entstandene streng oligarchische Zustand nicht länger unangefochten bleiben, da von den Neuankömmlingen niemand Anspruch auf Land bzw. politisches Mitspracherecht erheben konnte. Holm benennt drei verschiedene Abläufe, die in den Kolonien bei Unruhen dieser Art auftraten. Gerade Syrakus rüstete Expeditionen für Neukolonisation aus und entledigte sich damit über Jahrzehnte hinweg dem Wandel hin zu tyrannisch-aristokratischer Ordnung. Wie der aus wenigen Aristokraten gebildete Rat funktionierte, kann wegen der fehlenden Quellen für diese Zeit nicht belegt werden, jedoch „…waren die adeligen Familien mit ihrer so zahlreichen hörigen Bauernschaft in den ersten Jahrzehnten dem Mittelstande gewiß auch numerisch überlegen.“[18] Die zweite Form: Angesehene Neu-Bürger anderer griechischer Städte setzten sich nicht selten an die Spitze des niederen Volkes und schwangen sich somit ebenfalls zu Diktatoren auf. Der dritte Weg, der sich aus dem Bedürfnis nach Sicherheit und Kontinuität ergab, war die „Ausarbeitung eines neuen Systems der Gesetzgebung“.[19]
[...]
[1] Karl Christ: Griechische Geschichte und Wissenschaftsgeschichte, Stuttgart 1996, S.144-149.
[2] Adolf Holm: Geschichte Siziliens im Altertum, Bd. 1, Aalen 1979, S. 59f.
[3] Adolf Holm, Bd. 1, S. 62ff.
[4] Adolf Holm, Bd. 1, S. 79f.
[5] Historisch-Politische Hefte der Ranke-Gesellschaft, Heft 25/26, Hans Meier-Welcker: Karthago, Syrakus, und Rom, Zu Grundfragen von Krieg und Frieden, Göttingen 1979, S. 3.
[6] Ueber das Fest an der Kyane, Diod. IV, 23, Zitiert in: Adolf Holm, Bd. 1, S. 82.
[7] V, 4. Dositheos bei Plutarch, Zitiert in: Adolf Holm, Bd. 1, S. 82.
[8] Moses I. Finley, Denis Mack Smith, Christopher Duggan: Geschichte Siziliens und der Sizilianer, München 1989, S. 18.
[9] Hans Meier-Welcker, S. 3.
[10] Adolf Holm, Bd. 1, S. 88.
[11] Anmerkung: Dass Trojaner unter ihnen waren ist anzuzweifeln. Adolf Holm, Bd. 1, S. 89.
[12] Thukydides, VI, 3, Zitiert in: Adolf Holm, Bd. 1, S.108.
[13] Zu diesem Thema ausführlich in: Adolf Holm, Bd. 1., S. 381-386.
[14] Hans Meier-Welcker, S. 4f.
[15] Adolf Holm, Bd. 1, S. 122.
[16] Moses I. Finley, S. 16.
[17] Willy Hüttl: Verfassungsgeschichte von Syrakus, Prag 1929, S. 43.
[18] Willy Hüttl, S. 47.
[19] Adolf Holm, Bd. 1, S. 146f.
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