Scham und Schande in Hartmanns "Iwein"


Hausarbeit, 1996

23 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zur Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte des Iwein

3. Definition des Ritterbegriffs

4. Darstellung von Scham und Schande an ausgewählten Figuren im Iwein
4.1. Keie
4.2. Kalogrenant
4.3. Askalon
4.4. Lunete
4.5. Laudine
4.6. Iwein

5. Resümee

6. Bibliographie

1. Einleitung

Der Iwein[1] Hartmanns von Aue gehört sicherlich zu den meist untersuchten und interpretierten Romanen der deutschsprachigen Literaturgeschichte. Es erweist sich aufgrund der vielschichtigen Problemstellungen im Text mitunter als schwierig, sich lediglich auf die gewählte Ausgangsthematik zu beschränken. Hier sei besonders auf das Thema der Schuld Iweins hingewiesen, welches wir bewusst außer Acht gelassen haben, da es zum einen den Rahmen dieser Arbeit gesprengt hätte, zum anderen weil schon zahlreiche Publikationen hierzu veröffentlicht worden sind.[2] Vor dem Hintergrund des im Prolog (V. 1-30) vorgestellten Idealbildes der höfischen Gesellschaft erschien es interessant, die Verfehlungen einzelner Figuren als Kontraste dazu vorzustellen. Denn erst ihre Scham und ihre Schande lassen die Figuren menschlich erscheinen.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es also, die Bedeutung von Scham und Schande im Iwein näher zu untersuchen. Dabei werden einige Figuren herausgegriffen, indem sie im vierten Kapitel in der Reihenfolge ihres Auftretens im Textgeschehen vorgestellt werden. Diese chronologische Vorgehensweise umgeht bewusst eine Wertung der Figuren im Hinblick auf ihre Bedeutung für den Roman. Natürlich wäre an einigen Stellen eine tiefer greifende Analyse wünschenswert gewesen, aber im Rahmen einer Proseminararbeit konnte das Thema nur ansatzweise dargestellt werden.

Im zweiten Kapitel wird kurz auf die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte des Iwein eingegangen, um zu erläutern, welche Wirkung der Roman auf die Zuhörer und Leser der damaligen Zeit gehabt haben könnte. Dabei wird kurz auf den Zweck dieser Literaturgattung im Mittelalter einzugehen sein.

Die Definition des Ritterbegriffs in Kapitel drei ist notwendig, um das Verhalten der Figuren im zwölften Jahrhundert nachvollziehen zu können. Gerade das Verständnis eines ritterlichen Ehrenkodexes ist für das richtige Einordnen (vor allem vor dem Hintergrund heutiger Maßstäbe) der Handlungs- wie auch der Denkweise im Iwein nötig.

2. Zur Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte des Iwein

Primär waren die Artusromane Hartmanns als Bildungsliteratur für die gehobene Gesellschaftsschicht bestimmt. Dabei wurden die Texte meist einem jungen adligen Publikum vorgetragen. Bemerkenswert ist die große Zahl erhaltener Handschriften des Iwein (fünfzehn ganz oder größtenteils erhaltene und dreizehn fragmentarische), der somit also als mittelalterlicher »Bestseller« angesehen werden muss. Die älteste Handschrift lässt sich auf das erste Jahrzehnt des dreizehnten Jahrhunderts zurückdatieren, die jüngsten Handschriften stammen aus dem sechzehnten Jahrhundert. Über dreihundert Jahre nach Ersterscheinung hatte das Werk nichts an seiner Bedeutung und Beliebtheit verloren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zudem zeugen zahlreiche andere künstlerische Arbeiten zur Artusthematik von dem großen Einfluss der Schriften Hartmanns von Aue oder auch Chréstien de Troyes auf das kulturelle Leben des Mittelalters. Herausragend in ihrer Komplexität und Bedeutung sind beispielsweise die Iwein-Fresken auf Schloss Rodenegg in Südtirol, die erst in den siebziger Jahren unseres Jahrhunderts entdeckt worden sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Iwein im Kampf gegen Askalon.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Laudine verzeiht Iwein durch die Fürsprache Lunetes (Ausschnitt).

3. Definition des Ritterbegriffs

Bumke unterscheidet fünf verschiedene Bedeutungen für den Begriff des Ritters. Als erstes ist zu nennen, dass jeder schwer gepanzerte Reiter im militärischen Sinne als Ritter bezeichnet werden kann. Dabei spielt es keine Rolle, welcher Abstammung er ist. Fürst oder Söldner können demnach beide mit dem Begriff des Ritters belegt werden. Als nächstes führt Bumke diejenigen als Ritter auf, die zum Gefolge von Königen und großen Herren gehörten. Wichtig in diesem Zusammenhang ist der Dienstgedanke anzusehen. Je höher der Herr stand, desto höher war auch das Ansehen des Ritters. Eine dritte Möglichkeit der Ritterbezeichnung bildet die Einteilung des gesamten männlichen Adels als Ritterschaft. In dieser Form wird die Gesellschaft und die gleiche Lebensform quasi als Idealbild verstanden. Ab dem dreizehnten Jahrhundert schließlich bildet sich eine vierte Möglichkeit der Ritterbezeichnung heraus. Die niedrigste Schicht des Adels beginnt sich »nach unten«, also zu den Unedlen, dem gemeinen Volk, abzugrenzen. Letzte Möglichkeit der Begriffsbestimmung des Ritters ist die Bezeichnung des miles christianus. Sie wird Ende des zwölften Jahrhunderts geprägt durch Friedrich I. Barbarossa und meint insbesondere die Teilnehmer des dritten Kreuzzuges (1189 bis 1192).[3]

Ursprünglich ist der Begriff rîter abgeleitet von reiten und bedeutet, wie in der ersten Möglichkeit der Erläuterung geschildert, so viel wie »schwer gepanzerter Reiter zu Pferde«. Im zwölften Jahrhundert wandelte sich der Ritterbegriff, nicht zuletzt hervorgerufen durch Hartmann von Aue. Denn in seinem Roman Der arme Heinrich benutzt Hartmann für sich selbst gleichzeitig die Begriffe rîter und dienstman (von lat. ministerium = Dienst). Ein dienstman dient also seinem Herrn. Gleichzeitig stellt Hartmann den herre Erec im gleichnamigen Artusroman als rîter vor. Entgegen der Realität verschmelzen bei Hartmann somit die Bedeutungen von Herr und Diener.

Das höfische Ritterideal wird interpretiert mit einer zentralen Ethik, die sich durch Gerechtigkeit, Freigiebigkeit, Schutz für Witwen und Waisen, Mitleid mit Besiegten auszeichnet. Als so genannte »Kardinaltugenden« werden Weisheit, Beständigkeit und Tapferkeit angesehen.[4] Der Ritter als Reiterkrieger wird im Hochmittelalter als Erziehungs- und Bildungsideal verstanden, deckt sich jedoch nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten. Grund für diese Diskrepanz ist die Tatsache, dass die Historiker ihr Ritterbild vornehmlich aus den fiktiven Quellen erschlossen haben, ohne gesicherte historische Tatsachen zu kennen. Die Germanisten wiederum nahmen die Erkenntnisse der Historiker als gesichertes Wissen an. In Folge dessen wurde das Verhältnis von Realität und Fiktion nicht geprüft.

[...]


[1] Zitiert wird nach folgender Ausgabe: Hartmann von Aue: Iwein, übers. u. komm. v. Thomas Cramer, Berlin 21974.

[2] Zu nennen sind hier insbesondere , und . Diese Abhandlungen haben sich mittlerweile zu Standardwerken der mediävistischen Forschung herauskristallisiert.

[3] Siehe hierzu Joachim Bumke: Studien zum Ritterbegriff im 12. und 13. Jahrhundert, Heidelberg 21977, S. 47 f.

[4] Vgl. Hilkert Weddige: Einführung in die germanistische Mediävistik, München 21992, S. 171. Siehe auch Hermann Conrad: Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 1: Frühzeit und Mittelalter, Karlsruhe 21962, S. 296-303.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Scham und Schande in Hartmanns "Iwein"
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Veranstaltung
Thematisches Proseminar "Hartmann von Aue: 'Iwein'"
Note
1,7
Autor
Jahr
1996
Seiten
23
Katalognummer
V69757
ISBN (eBook)
9783638622448
Dateigröße
490 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Arbeit mit breitem Rand (Anm. der Red.)
Schlagworte
Scham, Schande, Hartmanns, Iwein, Thematisches, Proseminar, Hartmann, Iwein
Arbeit zitieren
Dirk Bessell (Autor:in), 1996, Scham und Schande in Hartmanns "Iwein", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69757

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