Der Manier-Begriff in Cennino Cenninis Libro dell' arte


Term Paper, 2005

12 Pages, Grade: 2,5


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1 Der Manier-Begriff

2 Biographie

3 Die Rhetorikausbildung und die Künstlerausbildung im Vergleich

4 Der alte und neue Manier-Begriff bei Cennino Cennini

Literaturverzeichnis

1 Der Manier-Begriff

Der Begriff Manier hat seinen Ursprung in der französischen Sprache. Im Spätmittelalter wurde mit Manier die erlernbare Qualifikation eines Künstlers bezeichnet. Diese Qualifikation setzte kein künstlerisches Talent voraus, sondern jeder konnte sich Manier durch fortwährendes Üben aneignen.[1] Gegenwärtig wird der Begriff Manier häufig im Sinne des Begriffes ‚Stil’ verwendet Die Bezeichnung Stil benennt die Individualität und die Eigenart einer menschlichen Leistung.

Ursprünglich gab es eine Trennung beider Begriffe. Der Begriff Stil wurde hauptsächlich in und für die Literatur verwendet, während Manier aus der Kunst hervorging. Der Künstler und Autor Cennino Cennini war einer der ersten, der den Maniera-Begriff in der Kunst etablierte.[2]

In der folgenden Arbeit beginne ich mit einer kurzen Biographie des Autors und lasse einige Fakten über sein Buch Libro dell’ arte einfliesen. Danach werde ich die Ausbildung des Redners und die des Künstlers nach Cennini gegenüberstellen und mit einem Absatz über die Besonderheit von Cennino Cenninis Kunstauffassung enden.

2 Biographie

Über Cennino Cennini ist wenig bekannt. Die meisten Informationen über ihn als Person erhält man in seinem Buch Libro dell’ arte. Cennino Cennini wuchs in Colle di Val d’Elsa in der Region von Siena in Italien auf. Sein Geburtsdatum ist nicht genau bekannt. Sein Geburtsjahr wird auf 1372 geschätzt. Es wird vermutet, dass Cenninis Vater Maler gewesen ist.[3] Im Jahr 1380 beginnt Cennini ebenfalls eine Ausbildung zum Maler. Er wird ein Schüler von Agnolo Gaddi und bleibt 12 Jahre lang sein Schüler. Nach dessen Tod geht Cennino Cennini nach Padua und ist als Maler für Francesco da Carrara tätig. Cennino Cennini schrieb vermutlich in dieser Zeit das Libro dell’ arte. Das Buch ist das einzige Werk, welches zweifelsfrei von Cennino Cennini stammt. Höchstwahrscheinlich wurde dass Fresko über dem Altar in der Kirche von Colle di Val d’Elsa von ihm gefertigt. Daher basiert Cenninis Ruhm weniger auf seiner künstlerischen Tätigkeit, sondern mehr auf seiner Arbeit als Autor. Das von ihm verfasse Libro dell’ arte ist im Original leider nicht mehr erhalten, aber in 3 Fassungen überliefert. Das Buch ist ein Hand- und Lehrbuch für den Künstler und Künstler ist Ausbildung. Das Libro dell’ arte ist die erste kunsttheoretische Schrift nach Beendigung des Mittelalters. Cennino’s Buch nimmt aber eine Zwischenstellung ein, je nachdem ob man das Werk dem Mittelalter oder der Renaissance zuordnet, ist es modern oder veraltet.

Das Libro dell’ arte besteht aus 188 Kapiteln und deckt alle Bereiche der ‚Kunstherstellung’, von der Ausbildung und Gesinnung des Künstlers, bis hin zur Pinselherstellung und Farbenmischung ab. Cennino wollte ein Buch für den angehenden Künstler verfassen, daher schrieb er es auch in italienischer Sprache und nicht in lateinischer, um es auch dem ‚einfachen’ Manne zugänglich zu machen.

Cenninis Werk ist daher heute noch besonders für Restauratoren von unschätzbarem Wert. Cennino Cennini hat somit sein Ziel erreicht, die zu seiner Zeit üblichen Techniken in der Kunst festzuhalten und zu verbreiten.

„ Um alle, welche zur Kunst kommen wollen, zu ermuthigen, mache ich eine Aufzeichnung von dem, was mir von genanntem Agnolo, meinem Lehrer, gezeigt worden, auch davon, was ich mit eigener Hand versuchte.“[4]

3 Die Rhetorikausbildung und die Künstlerausbildung im Vergleich

Das Besondere an Cenninis Werk ist die genaue Beschreibung der Künstlerausbildung. Er gibt genaue Anweisungen, was ein Lehrling zu tun hat, um die ‚Kunst der Kunst’ zu erlernen. Betrachtet man diese Anweisungen und beschäftigt sich gleichzeitig mit der antiken Rednerausbildung, so gibt es einige Gemeinsamkeiten. Ein Künstler war zu Cenninis Zeit nichts anderes als ein gewöhnlicher Handwerker. Die Tätigkeit genoss im Gegensatz zum Beruf des Redners kein besonderes Ansehen und wurde auch nicht an speziell eingerichteten Lehrinstituten vermittelt. Die erste Kunsthochschule bzw. Akademie wurde erst 1563 durch Giorgio Vasari in Florenz gegründet und der Künstler als Schöpfer und Interpret wurde erst im 18. Jahrhundert definiert, während die Rhetorikausbildung bis in die antike zurückreicht und die Grundlage für viele Berufe bildete.

Cennino Cennini empfiehlt jedem Schüler zu beginn der Ausbildung einem Vorbild nachzueifern. Cennino Cennini vertritt die Ansicht, dass es unmöglich ist, täglich einen großen Künstler zu kopieren, ohne durch das Kopieren selbst etwas zu lernen. Er kommt sogar zu dem Schluss, dass dies „wider der Natur [sei], wenn die du [der Schüler] in seine Manier und seinen Luftkreis (aria) nicht miteinbezogen würdest (…)“[5]. Cennini setzt aber voraus, dass der Schüler nur einem Idol nacheifert, denn sonst würde der Lernende weder im kopieren des einen noch im kopieren des anderen richtig gut werden. Konzentriert er sich aber nur auf ein Idol, so ist es laut Cennini eine, von Natur gegebene Selbstverständlichkeit, dass der Schüler davon lernt und seine eigenen Werke hochwertig werden, da er beim kopieren seines Idols ausführlich gelernt hat, was erstklassig ist und daher auch selbst nur erstklassige Werke produzieren kann.

„Kapitel 27: Wie Du dich daran machen musst, je mehr du vermagst nach der Hand des

Lehrers zu entwerfen und zu zeichnen

Doch ist es für dich notwendig, dich Vorbildern anzuschließen, damit du die Bahn dieser Wissenschaft verfolgen kannst. Deine gefärbten Papiere hast du bereitet, du musst fortfahren diesen Weg zu verfolgen. Nachdem du Anfangs die Zeit nach meiner Anweisung zum Zeichnen verwandt hast, auf Täfelchen nämlich, so vergnüge dich unermüdlich mit dem nachahmen der besten Sachen, die du von Händen großer Meister finden kannst. […] Folgest du nun Tag für Tag [deinem Vorbild], so wäre es wider der Natur, wenn du in seine Manier und seinen Luftkreis (aria) nicht miteinbezogen würdest, während, wenn du dich entschließest, heute nach diesem, morgen nach jenem Meister zu zeichnen, du weder des einen, noch des andern Weise aneignen wirst. Und du wirst mit Gewalt ein Phantast werden, und die Neigung zu jedem Style wird dir den Kopf verwirren. Willst du jetzt also nach der Weise arbeiten, und nach jeder morgen, so wirst du in keinem vollkommen werden. Folgest du Einem aber ununterbrochen, so muss dein sinn schwerfällig sein, wenn er nicht einige Nahrung davon zieht. Dann wird es geschehen, wenn dir die Natur nur en bisschen Phantasie verliehen hat, dass du eine dir selber eigene Materie wählst und sie wird nicht anders als gut sein können, da deine hand und dein Verstand, stets gewohnt, Blumen zu pflücken, schwerlich Disteln nehmen werden.“[6]

Die Nachahmung von Vorbildern (imitatio) ist auch Teil der Rhetorikausbildung. Ziel in der Rhetorikausbildung ist mindestens genauso gut, oder noch besser zu werden als das Vorbild (aemulatio). Quintilian ist sogar der Ansicht, dass nur durch die Nachahmung von Vorbildern der Schüler richtig gut werden kann.[7] Ein weiterer Grundpfeiler der rhetorischen Ausbildung ist ebenso wie in der Künstlerausbildung die Übung (exercitatio). Cennino Cennini setzt die unermüdliche Übung ebenfalls voraus und das Wissen, welches der Lernende daraus zieht bezeichnet Cennini als s cienza. Im Unterschied zur Rhetorik gibt es aber für den Künstler eine noch höhere Instanz der Nachahmung als einen Meister – die Natur. Er widmete diesem Aspekt ein Kapitel in seinem Buch mit dem Titel „ Wie du selbst mehr als nach den Meistern, nach der Natur in steter Uebung nachzeichnen sollst.“[8]

[...]


[1] Reck, Hans Ulrich: Von der geschmeidigen Regellosigkeit der Regeln. Köln, 2001, S. 17

[2] Link-Heer, Ursula 11986. „Überlegungen zur Konkurrenz von Manier und Stil (Vasari, Diderot, Goethe)“ Stil. Geschichten und Funktionen. Hrsg. Hans Ulrich Gumbrecht und K. Ludwig Pfeiffer. Frankfurt a. Main: Suhrkamp, S 93-114

[3] Siehe Kap. 45 im Libro dell’ arte. C.C. beschreibt, wie er mit seinem Vater zusammen Farben herstellt. Altert Ilg 1871. Das Buch der Kunst oder Tractat der Malerei des Cennino Cennini da Colle die Valdelsa, Wien (Quellschriften für Kunstgeschichte : 1-4), S. 29 f.

[4] Ilg, Albert 1871: Das Buch der Kunst oder Tractat der Malerei des Cennino Cennini da Colle die Valdelsa, Wien, S. 5

[5] Ilg, Albert. 1871. Das Buch der Kunst oder Tractat der Malerei des Cennino Cennini da Colle die Valdelsa, Wien, S. 18-19

[6] Ilg, Albert. 1871. Das Buch der Kunst oder Tractat der Malerei des Cennino Cennini da Colle die Valdelsa, Wien ,S. 17-18

[7] „ Deshalb bedeutet die folgende Schrift für jemanden, dem die Begabung fehlt, nicht mehr als eine Schrift über den Ackerbau für unfruchtbare Ländereien.“ [Quintilian] Helmut Rahn (Hg., Übers.) 1988. Fabius Marcus Quintilianus. Ausbildung des Redners. Erster Teil, Buch I-VI, Darmstadt, I praef. 27, S. 13

[8] Ilg, Albert. 1871. Das Buch der Kunst oder Tractat der Malerei des Cennino Cennini da Colle die Valdelsa, Wien, S. 18

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Details

Title
Der Manier-Begriff in Cennino Cenninis Libro dell' arte
College
University of Tubingen  (Seminar für Allgemeine Rhetorik)
Course
PS: Stil - Stationen der Begriffsgeschichte
Grade
2,5
Author
Year
2005
Pages
12
Catalog Number
V70149
ISBN (eBook)
9783638624961
File size
388 KB
Language
German
Keywords
Manier-Begriff, Cennino, Cenninis, Libro, Stil, Stationen, Begriffsgeschichte
Quote paper
Manuela Walter (Author), 2005, Der Manier-Begriff in Cennino Cenninis Libro dell' arte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70149

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