Sexualstraftaten, insbesondere solche, von denen Kinder betroffen sind, machen den größten Teil der Sexualstraftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung aus (vgl. Polizeiliche Kriminalstatistik - Anhang S. 1) und rücken durch entsprechende Medienberichte immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Dies geschieht zum einen durch die große emotionale Betroffenheit, zum anderen durch die Faszination die von der Kombination von Sexualität als dem intimsten Bereich des Menschen und Kriminalität als dem Bereich des Verbotenen ausgeht. Dies beweist auch das zur Zeit jüngste Beispiel des Herrn Hoffmann, der zwei Kinder sexuell missbrauchte und tötete. Der Fall zog die Aufmerksamkeit der gesamten Bundesrepublik über Monate auf sich. Jetzt wurde das Urteil gesprochen: Lebenslange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung. Dieses Beispiel beinhaltet das grausamste und drastischste aller Sexualdelikte, den Sexualmord, dessen Tragik nicht gemindert und dessen Verurteilung nicht in Frage gestellt werden soll. Dennoch wird gerade nach solchen Verbrechen verstärkt die Frage diskutiert, wann ein Mensch für den Rest des Lebens weggesperrt werden muss und wann Einfluss auf sein Verhalten genommen werden kann, so dass er zukünftig nicht rückfällig wird. Mit dieser Frage beschäftigt sich auch diese Arbeit: es wird die Arbeit mit Sexualstraftäter beschrieben, die zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden, die ganz oder zu einem Teil zur Bewährung ausgesetzt wurde. Es ist also für die hier zu bearbeitenden Fälle schon festgestellt worden, dass Einfluss auf das Verhalten genommen werden kann. Dennoch muss weiter gefragt werden, ob eine Bestrafung in Form einer Verurteilung oder einer Freiheitsentziehung als rückfallverhütende Maßnahme ausreichend ist oder ob auf andere Art und Weise aktiv auf die Rückfallwahrscheinlichkeit Einfluss genommen werden kann und soll. An diesem Punkt möchte die vorliegenden Arbeit ansetzen: In wie weit kann ein Bewährungshelfer das Rückfallrisiko eines Probanden einschätzen und wie muss ein Bewährungshelfer arbeiten, um aktiv Einfluss auf diese Rückfallwahrscheinlichkeit zu nehmen? Zur Beantwortung dieser Frage werden zwei Rückfallstudien aus der Psychotherapie herangezogen und untersucht, ob es Möglichkeiten gibt, aus diesen Schlüsse für die inhaltliche Arbeit der Bewährungshilfe zu ziehen. [....]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Definition ,,Sexualstraftäter“
- Sexualdelinquenz
- Sexueller Missbrauch
- Voraussetzungen für sexuellen Missbrauch nach Finkelhor
- Bewährungshilfe
- Gesetzliche Grundlagen
- Inhaltliche Arbeit
- Prognoseverfahren für Rückfallrisiko und Gefährlichkeit von Sexualstraftätern
- Prognoseverfahren
- Unterscheidung der Risikofaktoren
- Rückfallrisiko bei Sexualstraftätern (RRS) nach Rehder
- Kriterien zur Beurteilung des Rückfallrisikos besonders gefährlicher Straftäter nach Dittmann
- Angenommener Nutzen für die Bewährungshilfe bei Anwendung der Studien
- Rückfallrisiko bei Sexualstraftätern (RRS) von U. Rehder
- Aufbau der Studie
- Vorstellung der Kriterien
- Hauptkriterien RRS-H
- Hauptkriterien RRS-S
- Zusatzkriterien des RRS-SM
- Studie zur Begutachtung besonders gefährlicher Straftäter nach V. Dittmann
- Aufbau
- Vorstellung der Kriterien
- Vorstellung der Hauptkriterienliste
- Kriterien zur Beurteilung von Sexualstraftätern
- Möglichkeiten der Rückfallminimierung in der Bewährungshilfe
- Die Täterindividualprognose
- Vorraussetzungen für die Arbeit der Bewährungshilfe
- Arbeit an den dynamischen Faktoren
- Soziale Kompetenz
- Spezifisches Konfliktverhalten
- Auseinandersetzung mit der Tat
- Persönlichkeit, vorhandene psychische Störung
- Einsichten des Täters in seine Krankheit oder Störung
- Therapiebereitschaft
- Sozialer Empfangsraum bei Entlassung
- Bisheriger Verlauf nach der (den) Tat(en)
- Kognitive Verzerrungen
- Zusammenfassung anhand der Wirkfaktoren von Therapie
- Ergebnis für die Arbeit in der Bewährungshilfe
- Vorteile und Möglichkeiten
- Nachteile und Gefahren
- Was ist eigentlich mit
- der praktischen Umsetzung der Studien?
- den verschiedenen Therapieformen?
- den zu verwendenden Methoden?
- den bestehenden Strukturen?
- anderen Delikten im Bereich der Sexualdelinquenz?
- dem Arbeitsbedarf in anderen Bereichen der Täterarbeit?
- Rückfallstudien als Orientierung für die inhaltliche Arbeit mit Sexualstraftätern?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit der Problematik der Behandlungsbedürftigkeit und des Rückfallrisikos von Sexualstraftätern in der Sozialen Arbeit. Ziel der Arbeit ist es, die Bedeutung statischer und dynamischer Faktoren in der Arbeit der Bewährungshilfe zu untersuchen. Dabei werden zwei Rückfallstudien aus der Psychotherapie herangezogen, um deren Erkenntnisse auf die Praxis der Bewährungshilfe zu übertragen.
- Definition und Abgrenzung des Begriffs "Sexualstraftäter"
- Die Rolle der Bewährungshilfe im Kontext der Arbeit mit Sexualstraftätern
- Analyse von Prognoseverfahren zur Einschätzung des Rückfallrisikos
- Bedeutung dynamischer Faktoren für die Rückfallminimierung
- Möglichkeiten der praktischen Umsetzung der Studienergebnisse in der Bewährungshilfe
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung der Arbeit stellt die Relevanz des Themas "Sexualstraftäter und Rückfallrisiko" in den Vordergrund. Es werden die emotionale Betroffenheit der Gesellschaft sowie die Faszination, die von der Kombination von Sexualität und Kriminalität ausgeht, thematisiert.
Im zweiten Kapitel wird der Begriff "Sexualstraftäter" definiert und abgegrenzt. Es werden verschiedene Formen der Sexualdelinquenz, insbesondere sexueller Missbrauch, erläutert. Zudem werden die Voraussetzungen für sexuellen Missbrauch nach Finkelhor dargestellt.
Kapitel 3 beschäftigt sich mit der Institution Bewährungshilfe. Es werden die gesetzlichen Grundlagen und die inhaltliche Arbeit der Bewährungshilfe im Kontext der Arbeit mit Sexualstraftätern beschrieben.
Kapitel 4 widmet sich Prognoseverfahren für das Rückfallrisiko und die Gefährlichkeit von Sexualstraftätern. Verschiedene Arten von Prognoseverfahren werden vorgestellt und deren Rückfallkriterien erläutert. Die beiden Studien von Rehder und Dittmann werden in diesem Zusammenhang eingeordnet.
Kapitel 5 und 6 fassen die beiden zu Grunde gelegten Studien von Rehder und Dittmann zusammen. Es werden der Aufbau der Studien, die Vorstellung der Kriterien und die Methoden zur Ermittlung des Rückfallrisikos detailliert beschrieben.
In Kapitel 7 werden Möglichkeiten der Rückfallminimierung durch die Bewährungshilfe auf Grundlage der Studien geprüft. Die Täterindividualprognose, die Voraussetzungen für die Arbeit der Bewährungshilfe und die Arbeit an dynamischen Faktoren, wie z.B. soziale Kompetenz, spezifisches Konfliktverhalten, Auseinandersetzung mit der Tat und Therapiebereitschaft, werden beleuchtet.
Kapitel 8 diskutiert die Ergebnisse der Arbeit für die praktische Anwendung in der Bewährungshilfe. Es werden die Vorteile und Möglichkeiten, aber auch die Nachteile und Gefahren der Anwendung der Studienergebnisse in der Praxis erörtert.
Der Ausblick in Kapitel 9 fasst die wesentlichen Erkenntnisse der Arbeit zusammen und stellt weiterführende Fragen zur praktischen Umsetzung der Studien in der Bewährungshilfe.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Sexualstraftäter, Rückfallrisiko, Bewährungshilfe, Prognoseverfahren, dynamische Faktoren, Täterindividualprognose, Therapiebereitschaft und Rückfallminimierung. Dabei stehen die Studien von Rehder und Dittmann im Zentrum der Analyse, die wichtige Erkenntnisse zur Beurteilung des Rückfallrisikos von Sexualstraftätern liefern.
- Arbeit zitieren
- Stefanie Bechheim (Autor:in), 2005, Behandlungsnotwendigkeit und Rückfallrisiko von Sexualstraftätern in der Sozialen Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70389