....Angela Merkels Start als neue Regierungschefin stand unter denkbar ungünstigen Vorzeichen. Ausgelöst durch die „einsame Entscheidung“ von Gerhard Schröder zu Neuwahlen, geisterte wochenlang die Furcht, Deutschland befände sich auf dem direkten Weg in eine Kanzlerdemokratie durch die Presse. Auch die nachträgliche Legitimierung der „unechten“ Vertrauensfrage durch das Bundesverfassungsgericht, schürte weiter die Sorge vor einer Entmachtung des Parlaments. Jedoch war nach der historischen Wahl am 18. Oktober davon plötzlich keine Rede mehr. Im Gegenteil, noch bevor die neue Koalitionsregierung die Amtsgeschäfte übernehmen konnte, wurde die Richtlinienkompetenz der neuen Kanzlerin von ihrem ewigen Konkurrenten Edmund Stoiber bereits mit einem Verweis auf die schwierigen Machtverhältnisse in einer Großen Koalition medienwirksam diskreditiert. Auch die politische Berichterstattung schlug zu dieser Zeit in dieselbe Kerbe, prognostizierte der Kanzlerin nur geringe Führungsqualitäten und sah sie von potentiellen „Königsmördern“ aus den Reihen der Union umgeben.
.....Ausgehend von einer kurzen Betrachtung der grundgesetzlichen Stellung des Kanzlers innerhalb der Regierung und seiner Machtzentrale Bundeskanzleramt, sollen im Folgenden die Merkmale einer Kanzlerdemokratie näher erläutert werden. Anschließend wird versucht die unterschiedlichen Varianten der Kanzlerdemokratie von Konrad Adenauer bis Gerhard Schröder darzustellen. Weiter werden die Grenzen dieses Regierungstyps und der Wandel der Rahmenbedingungen aufgezeigt. Schlussendlich wird eine Einordnung des Begriffs in das Spannungsfeld der Parteien-, Koalitions- und Koordinationsdemokratie vorgenommen und der Frage nachgegangen, ob es sich bei der Kanzlerdemokratie um ein periodisch auftretendes Ereignis handelt, oder, ob die Kanzlerdemokratie ein systemimmanentes „Handwerkszeug“ darstellt, das jedem Bundeskanzler bei passender Gelegenheit zur Verfügung steht. ....
Inhaltsverzeichnis
- I. Neuwahl 2005, der Weg aus der Kanzlerdemokratie?
- II. Die Kanzlerdemokratie als Regierungstypus
- 1. Rechtliche Grundlagen der Kanzlerdemokratie
- 2. Das Bundeskanzleramt als Machtinstrument des Kanzlers
- 3. Merkmale der Kanzlerdemokratie
- 4. Die Kanzlerdemokratie von Konrad Adenauer bis Gerhard Schröder
- 5. Die Grenzen der Kanzlerdemokratie und der Wandel der Rahmenbedingungen
- III. Die Kanzlerdemokratie im Spannungsfeld zwischen Koalitions-Parteien- und Koordinationsdemokratie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die „Kanzlerdemokratie“ als Regierungstyp in der Bundesrepublik Deutschland. Die Analyse befasst sich mit der Frage, ob die Kanzlerdemokratie ein permanenter Bestandteil des deutschen Regierungssystems ist oder ob sie eher ein zeitweiliges Phänomen darstellt. Im Fokus steht die Untersuchung der Entwicklung der Kanzlerdemokratie von Konrad Adenauer bis Gerhard Schröder sowie die Analyse der sich verändernden Rahmenbedingungen und Grenzen des Regierungstyps.
- Die Entwicklung der Kanzlerdemokratie von Konrad Adenauer bis Gerhard Schröder
- Die rechtlichen Grundlagen der Kanzlerdemokratie
- Die Rolle des Bundeskanzleramts als Machtinstrument des Kanzlers
- Die Grenzen der Kanzlerdemokratie und die Herausforderungen durch Koalitionsregierungen
- Die Einordnung der Kanzlerdemokratie im Spannungsfeld zwischen Koalitions-, Parteien- und Koordinationsdemokratie
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit beleuchtet die Neuwahlen von 2005 und die damit einhergehende Ablösung der „Rot-Grünen-Koalition“ durch die „Große Koalition“. Die Situation nach der Wahl und die Rolle der neuen Kanzlerin Angela Merkel werden im Kontext der Debatte um die „Kanzlerdemokratie“ betrachtet.
Das zweite Kapitel widmet sich der „Kanzlerdemokratie“ als Regierungstyp. Es wird der halbwissenschaftliche Ursprung des Begriffs erläutert und die unterschiedlichen Ansichten zu seiner Bedeutung und Gültigkeit dargestellt. Die Arbeit geht auf die rechtlichen Grundlagen und die Rolle des Bundeskanzleramts ein. Darüber hinaus werden die Merkmale der „Kanzlerdemokratie“ und ihre Entwicklung von Konrad Adenauer bis Gerhard Schröder beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe der Arbeit sind „Kanzlerdemokratie“, „Regierungstyp“, „Bundeskanzleramt“, „Richtlinienkompetenz“, „Koalitionsregierung“, „Parteiendemokratie“, „Koordinationsdemokratie“ und „Verfassungsrecht“. Im Kontext der Analyse werden wichtige Personen wie Konrad Adenauer, Gerhard Schröder und Angela Merkel sowie zentrale Ereignisse wie die Neuwahlen von 2005 und die „Große Koalition“ beleuchtet.
- Arbeit zitieren
- Krischan Kaufmann (Autor:in), 2006, Die Kanzlerdemokratie als Regierungstyp - Veränderte Bedingungen für eine erfolgreiche Kanzlerschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70492