In Perspektive und Sprache des Erzählten ist Ilse Aichingers Roman “Die größere Hoffnung” ein Text von ungewöhnlich starker Symbolkraft. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Shoah hat sie ihn als einen “Bericht darüber, wie es wirklich war” begonnen. Nicht zuletzt diese Aussage der Autorin hat, vor dem Hintergrund der tatsächlich notierten Erzählung, zu Diskussionen über das Verhältnis von Realität und Traum geführt. Von einer “Poetik des Vergessens”, in der Erinnerungen eine Störung des Gleichgewichts der Landschaft des Vergessens ausmachen, spricht Barbara Thums. Irene Heidelberger-Leonhard stellt dem Rückzug in die “innere Emigration” eine Übersteigung und Überwindung der Wirklichkeit gegenüber. Katrien Vloeberghs weist darauf hin, dass der Stil Ilse Aichingers sich fernab rationaler Argumentation befinde. Ein möglicher Weg, sich dem Werk Ilse Aichingers - hier im speziellen ihrem Roman “Die größere Hoffnung” - anzunähern, kann demnach in einer Analyse der Aspekte Realität und Traum, Vergessen und Erinnern, Rückblick und Vorausschau sowie innere und äußere Lebenswelt beschritten werden. Dieser Ansatz liegt der Arbeit zugrunde. Ausgehend von der Beobachtung zweier Lebens- und Wahrnehungswelten, einer inneren und einer äußeren, werden die von Ilse Aichinger verwendeten Dimensionen von Wirklichkeit erörtert. Es stellt sich dabei als grundsätzliche Überlegung die Frage, inwiefern die Autorin Althergebrachtes, durch Konvention und Gewohnheit Festgefügtes erst auflösen und seines Sinnes berauben muss, bevor sie es mit neuer Bedeutung und neuem Sinn zu füllen vermag. Dabei wird eine wichtige Rolle spielen, welchen Stellenwert Selbstbestimmtheit und Macht im Gegensatz zu einem Ausgeliefertsein an äußere Gegebenheiten einnehmen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Leben und Erleben - Dimensionen von Wirklichkeit in Ilse Aichingers Roman
- Auflösung der Begrenztheit in der Entgrenzung von Sprache
- Vom Krieg zum Ringelspiel: Eine Flucht?
- Die Macht des Sich-Verweigerns: Erschaffung einer eigenen Wirklichkeit in Traum und Spiel
- Die Kinderperspektive - Narrative Funktion und intertextuelle Symbolik
- "Die Fremde, die sie umhüllte": Die Thematik des Weglaufens und die Sehnsucht des Ankommens
- Die Frage nach Schuld und Schicksal: Der biblische Sündenfall als (religiöse) Verpflichtung zum Kampf für das Leben
- Die Welt, der Krieg und der Fremde: "Eine große stumme Rolle" im Spiel der Engel
- Heilige und unheilige Könige
- Der Kindermord von Betlehem und die Bedeutung der Sterndeuter für "Die größere Hoffnung"
- Der Stern als Scheidepunkt zwischen Leben und Tod?
- Erwachsenenperspektive, "Engelswirklichkeit" und der Umgang mit der Angst
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert den Roman "Die größere Hoffnung" von Ilse Aichinger und erkundet die von der Autorin verwendeten Dimensionen von Wirklichkeit, insbesondere in Bezug auf die Themen Traum und Realität, Vergessen und Erinnern. Sie befasst sich mit der Rolle der Kinderperspektive und ihrer Bedeutung für die Symbolik des Romans, insbesondere im Hinblick auf die biblischen Bilder und Zitate. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Interpretation des Sterns als zentrales Symbol im Roman und seiner Verbindung zu den Themen Leben, Tod und Angst.
- Die Vielschichtigkeit von Wirklichkeit und die Unterscheidung zwischen innerer und äußerer Lebenswelt
- Die Bedeutung der Kinderperspektive in der Interpretation des Romans
- Die Rolle biblischer Symbolik und die Frage nach dem Schicksal in der Erzählung
- Der Stern als zentrales Symbol und seine Verbindung zu Leben, Tod und Angst
- Die Darstellung von Transzendenz und religiösen Motiven im Kontext des Romans
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Thematik des Romans und stellt verschiedene Interpretationen von "Die größere Hoffnung" vor. Das zweite Kapitel untersucht die Dimensionen von Wirklichkeit, die in dem Roman verwendet werden, insbesondere in Bezug auf die Auflösung von Begrenztheit und die Erschaffung einer eigenen Wirklichkeit durch Traum und Spiel. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Funktion der Kinderperspektive im Roman und ihrer Verbindung zu verschiedenen Symbolen, insbesondere in Bezug auf die Frage nach Schuld und Schicksal. Das vierte Kapitel erörtert die Bedeutung des Sterns als Symbol im Roman und stellt dessen Beziehung zu den Themen Leben, Tod und Angst heraus.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Ilse Aichinger, "Die größere Hoffnung", Traum, Realität, Kinderperspektive, Symbolik, biblische Bilder, Stern, Leben, Tod, Angst, Transzendenz.
- Quote paper
- M.A. Christoph Müller (Author), 2002, Wege und Auswege im Angesicht des Todes: Die Thematik der Transzendenz in Ilse Aichingers Roman "Die größere Hoffnung", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70826