Nur wenige Historiker haben sich mit der Rolle Karls IV. im Zusammenhang mit den Pestkatastrophen des 14. Jahrhunderts und der Dämonisierung der Juden befasst. Wolfgang von Stromer, Alfred Haverkamp oder Ruth Bork haben sich mit dem Thema Judenverfolgung zur Zeit Karls IV. beschäftigt und damit der Jubiläumsliteratur anläßlich der 600. Todesjahres Karls 1976 eine unverzichtbare Facette hinzugefügt. Ähnlich wie im Seminar, zu dem diese Arbeit entstanden ist, will ich versuchen, dem Thema in einem Mix aus Ereignisgeschichte und Historiographie näher zu kommen.
Nachdem im folgenden Abschnitt zunächst kurz die Situation der Juden im Reich vor den Verfolgungen von 1348 bis 1350 thematisiert wird, soll beschrieben und erklärt werden, wie und warum sich die Pogrome in den Städten im Einzelnen zugetragen haben. Im dritten Kapitel folgt eine Bewertung, ob und gegebenenfalls wie Karl IV. sich in der Frage der Judenverfolgungen und –vertreibungen schuldig gemacht hat. Hatte Karl IV. überhaupt eine Möglichkeit auf die Judenverfolgungen zu reagieren oder war es dem König unmöglich, die Juden als „landesherrliche Fremdkörper inmitten der Stadt“ vor der aufgebrachten Bevölkerung zu schützen beziehungsweise war es vom damaligen Standpunkt aus gesehen überhaupt seine Pflicht? Das vierte Kapitel bietet einen kritischen Überblick über die im Dunstkreis des Karls-Jubiläums erschienene Literatur zum Thema dieser Arbeit. Das Schlusskapitel stellt die Rolle Karls bei den Judenverfolgungen im Reich Mitte des 14. Jahrhunderts neben die historiographischen Bearbeitung und Bewertung im Gesamtkontext des Jubiläumsjahres von 1978. Es soll geklärt werden, ob der Mentalitätsgeschichtler Graus berechtigterweise das Fehlen der oben genannten Themenkomplexe im allgemeinen und des speziellen Themas dieser Hausarbeit anprangert oder ob es legitim war, die angesprochenen sozial-, wirtschafts- und mentalitätsgeschichtlichen Themen, hier am Beispiel der Judenverfolgungen, auszuklammern oder eingeschränkter zu betrachten.
Inhaltsverzeichnis
- Die Juden im Spätmittelalter
- Die Lage der Juden im Reich vor 1348
- Rechtliche Lage
- Wirtschaftliche Lage
- Gesellschaftlicher Rang
- Die Judenpogrome 1349/50
- Abfolge der Verfolgungen 1348 bis 1350
- Erklärungsansätze für den Judenhass im Mittelalter
- Die Lage der Juden im Reich vor 1348
- Die „Judenpolitik“ Karls IV.
- Politische Rahmenbedingungen und Motive
- Karls Rolle in der „Judenfrage“
- Besprechung und Kritik der zum Thema erschienenen Publikationen um das Jubiläumsjahr 1978
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Rezeption eines Gedenkjahres zu Ehren Karls IV. und untersucht, wie kritisch die „Judenpolitik“ Karls IV. in den dazugehörigen Publikationen beleuchtet wurde. Sie beleuchtet die historischen Ereignisse im Kontext der damaligen Zeit und analysiert die historiographische Auseinandersetzung mit den Themen Judenverfolgung, Pestkatastrophen und dem Verhältnis von Staat und Gesellschaft im Spätmittelalter.
- Die Lage der Juden im Heiligen Römischen Reich vor den Pogromen von 1348 bis 1350
- Die Ursachen und Hintergründe der Judenverfolgungen im 14. Jahrhundert
- Die Rolle Karls IV. in der „Judenfrage“ und sein Einfluss auf die Judenverfolgungen
- Die Rezeption des Gedenkjahres 1978 zum 600. Todestag Karls IV. und die Kritik an der historischen Forschung
- Die Bedeutung der Sozial-, Wirtschafts- und Mentalitätsgeschichte für das Verständnis der „Judenpolitik“ Karls IV.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in das Thema ein und stellt den Kontext der Arbeit im Zusammenhang mit dem Gedenkjahr 1978 und der Kritik an der historischen Forschung dar. Das zweite Kapitel beschreibt die Lage der Juden im Heiligen Römischen Reich vor 1348, beleuchtet ihre rechtliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation. Im Anschluss wird das dritte Kapitel die Judenpogrome von 1349/50 näher betrachten und die Abfolge der Verfolgungen sowie die Erklärungsansätze für den Judenhass im Mittelalter beleuchten.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die „Judenpolitik“ Karls IV., die Judenverfolgungen im 14. Jahrhundert, die historischen Rahmenbedingungen im Spätmittelalter, die Rolle des Herrschers und die Rezeption des Gedenkjahres 1978. Dabei spielen Themen wie Pestkatastrophen, soziale und wirtschaftliche Entwicklungen sowie die historische Demographie eine wichtige Rolle.
- Quote paper
- Ullrich Kroemer (Author), 2007, Rezeption eines Gedenkjahres - Wie kritisch wurde die Judenpolitik Karls IV. beleuchtet?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71053