Die Dolchstoßlegende in der Weimarer Republik - Eine Gesellschaft verarbeitet die Kriegsniederlage


Trabajo Escrito, 2006

17 Páginas, Calificación: 2,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Entstehung der Dolchstoßlegende
1.1 Ursprung der Legende
1.2 Hindenburg
1.3 Verhältnis zwischen Heimat und Front

2. Weimarer Republik
2.1 Entstehung der ersten Demokratie in Deutschland
2.2 Die Wirkung der Dolchstoßlegende auf die Bevölkerung und der politische Missbrauch

Resümee

Literaturverzeichnis

Anhang

Einleitung

Wie gehen Gesellschaften nach einem Weltkrieg mit einer Niederlage um? In der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit geht es darum, wie die deutsche Gesellschaft am Ende des Ersten Weltkrieges und mit dem Beginn der Weimarer Republik mit der Kriegsniederlage umgegangen ist. Zentrales Thema bildet dabei die so genannte Dolchstoßlegende, die von Paul von Hindenburg am 18. November 1919 vor dem Untersuchungsausschuss der Nationalversammlung als Ursache für die Kriegsniederlage genannt wurde. „Die Parteien haben den Widerstand der Heimat erschüttert. [..] Hinzugekommen ist die heimliche planmäßige Zersetzung von Flotte und Heer und die revolutionäre Zermürbung der Front. So mussten unsere Operationen misslingen, es musste der Zusammenbruch kommen. Die Revolution bildet nur den Schlussstein. Ein englischer General sagte mit Recht: „Die deutsche Armee ist von hinten erdolcht worden“.“[1]

Im ersten Teil meiner Hausarbeit möchte ich mich der Frage widmen, wie die Dolchstoßlegende entstanden ist. Welche Faktoren bei den Menschen in Deutschland notwendig waren, damit sich diese erfundene Wahrnehmung verfestigen und so zu einer eingebildeten Wahrheit werden konnte, um damit der kommenden Weimarer Republik in den Rücken zu fallen und ihr somit eine schwere, nicht zu überwindende Last aufzubürden. In manchen Kreisen ging man nach dem Ende des Krieges sogar davon aus, dass eine Fortführung des Krieges oder ein zweiter Weltkrieg folgen müsse. So schrieb beispielsweise Delbrück in den Preußischen Jahrbüchern 1919, dass der Zeitpunkt kommen werde, „wo wir alles zurückfordern werden“[2]. Was hat zu so einer Einstellung bei den Menschen geführt? War ein Zweiter Weltkrieg in den Gedanken der Menschen in Deutschland verankert?

Dies möchte ich in meinem zweiten Abschnitt über die Weimarer Republik näher beleuchten. Welche Auswirkungen hatte die Dolchstoßlegende auf die junge Demokratie und welche Konsequenzen sind aus einer verdrehten Wahrnehmung für die Weimarer Republik entstanden?

1. Die Entstehung der Dolchstoßlegende

1.1 Ursprung der Legende

Die Vorstellung eines Dolchstoßes in den Rücken des Heeres hat wahrscheinlich seine Wurzeln bei dem britischen General Frederick Maurice, der in einem ungezeichneten Artikel der „Neuen Zürcher Zeitung“ Mitte Dezember 1918 folgendermaßen zitiert wurde: „Was die deutsche Armee betrifft, so kann die allgemeine Ansicht in das Wort zusammengefasst werden: Sie wurde von der Zivilbevölkerung von hinten erdolcht.“[3] Der Artikel war überschrieben mit: „Ein englischer General über die Ursachen des deutschen Zusammenbruchs.“

Der Verfasser des Artikels sagt weiterhin im letzten Absatz: „In anderer Form habe ich so ziemlich überall, in den verschiedensten Kreisen dieselben Ansichten […] gefunden, wie sie General Maurice aussprach.“[4] Zahlreiche Flugblätter, Artikel und Broschüren verwiesen nun auf die Äußerung von Maurice. Als der britische General Maurice von diesen Meldungen erfuhr, stritt er ab, der Urheber der Äußerung „der Dolchstoßlegende“ zu sein. Er versicherte nun vielmehr, dass der Kriegsausgang in dieser Form eher unvermeidlich war. „[…] Im Gegenteil habe ich immer die Meinung vertreten, daß die deutschen Heere an der Westfront am 11. November 1918 eines weiteren Kampfes nicht mehr fähig waren.“ In der Tat ist von General Maurice in keiner Schrift von dem Begriff Dolchstoß die Rede.

Bereits am 24. Oktober 1918 schrieb die Deutsche Tageszeitung: „daß „unsere“ Kraft nicht gebrochen sei. Lehne der Feind den Waffenstillstand ab, so würden „wir“ ihm im Kampf standhalten, aber der Geist von 1914 müsse wieder erwachen.“[5] Weiterhin schrieben die Deutschen Tageszeitungen von einem unbesiegbaren Hindenburg. Am 3. Dezember 1918 hatte die Tageszeitung einen Leitartikel, in dem behauptet wurde, dass der Sieg schon zum Greifen nahe gewesen sei, doch die Heimat sei uns in den Rücken gefallen.

Der Ursprung der Dolchstoßlegende könnte auch ein anderer sein: General Neill Malcolm, der Chef der englischen Waffenstillstandskommission, soll am 11. November 1918 mit Ludendorff ein Gespräch geführt haben.

In diesem Gespräch sagte Ludendorff, die Bevölkerung habe die Front nicht ausreichend unterstützt. Darauf meinte Malcolm: „You mean that you were stabbed in the back?“[6] Die Augen von Ludendorff sollen nach dieser Aussage geleuchtet haben und er hätte wohl der Aussage von Malcolm zugestimmt. Aber dieser Ursprung der Dolchstoßlegende scheint fragwürdig, denn General Malcolm soll zu dieser Zeit gar nicht in Berlin gewesen sein[7]. Aber nach der Heftreihe ‘Informationen zur politischen Bildung „Weimarer Republik“’ ist General Malcolm als Begründer der Dolchstoßlegende ausgezeichnet.

Der Ursprung der Legende geht nicht nur von einer Person aus, sondern vielmehr von mehreren Personen gleichzeitig. Beispielsweise wollten ehemalige Führer des Deutschen Reiches damit von ihrem eigenen Versagen ablenken und die Schuld auf jemand anderen abwälzen. Da die Bevölkerung nicht über die militärische Lage bescheid wusste, ist diese Legende auf fruchtbaren Boden gestoßen. Es ist doch vielmehr so, dass die ganzen Opfer, Entbehrungen, Hunger und Leid der Bevölkerung sie so geprägt hat, dass sie anfällig waren, an eine Legende zu glauben. So war das bildungsbürgerliche Milieu der Meinung, dass die Heimat der Front in den Rücken gefallen ist. Es wurde weiterhin behauptet, dass man die Armee nicht besiegt habe und diese so weiter kämpfen könne, wenn sie von der Heimat unterstützt werde. Damit wird die Niederlage nicht als eine Tatsache anerkannt und eine verdrehte Wahrheit bevorzugt. Unterstützend für eine Dolchstoßlegende ist, dass die deutsche Armee keine große Niederlage der Alliierte hinnehmen musste. Der Krieg war von der Heimat entfernt und wurde nicht in ihr ausgetragen. An dieser Stelle ist aber festzuhalten, dass zwar die Armee keine große Schlacht verloren hat, sie aber seit dem Jahr 1916 in beständiger Auflösung inbegriffen war. Nach dem Kriegseintritt der USA hatte die Entente nicht nur neue Soldaten, sondern auch frische Reserven in den Krieg gebracht, die von Deutschland nicht kompensiert werden konnten.

Sicher ist vielmehr nur, dass es von Hindenburg in seiner Rede vor dem Untersuchungsausschuss der Nationalversammlung über die Ursachen der Deutschen Niederlage angesprochen wurde, dass die Armee einen Dolch in den Rücken erhalten habe und somit die Heimat die Schuld an der deutschen Niederlage trage. Hindenburg wollte damit die Kriegsniederlage von der militärischen Führung auf die politische Ebene verlegen. Wie es aber überhaupt zu einer solchen Legende kommen konnte, will ich im nächsten Unterkapitel am Beispiel von der Person Hindenburg und dann am Verhältnis zwischen Heimat und Front verdeutlichen. Denn es ist doch so, dass jede Legende irgendeinen wahren Kern haben muss.

1.2 Hindenburg

Nachdem der Krieg 1916 zum totalen industriellen Krieg wurde, verschlechterte sich die Lage in Deutschland zusehends. Man setzte die Hoffnung nun auf die dritte Oberste Heeresleitung, die aus Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff bestand. Hindenburg war bereits 1911 ein General im Ruhestand und wurde im Ersten Weltkrieg wieder reaktiviert, weil man durch ihn Erfolge erwartete. Dieser Kriegserfolg stellte sich schnell ein. Er ging als „Sieger von Tannenberg“ hervor, wo er in Ostpreußen eine eingedrungene russische Armee besiegte. Es war eine Schlacht die eigentlich schon als verloren betrachtet werden konnte. „Tannenberg schien nur vergleichbar mit dem Triumph über den westlichen »Erbfeind« bei Sedan 1871.“[8] Hindenburg avancierte damit zum Volkshelden. Es entwickelte sich der sogenannte Hindenburgmythos, der Hindenburg als eine unüberwindbare Person darstellte. Der Kaiser hingegen übertrug freiwillig im Verlauf des Krieges mehr und mehr seine Macht und wurde zu einem sogenannten Schattenmonarchen. Die Autorität der OHL bestand auf dem Glauben, nur sie könnte den Krieg gewinnen. Vom Sommer 1917 bis zum Frühjahr 1918 war die Stellung der OHL unangreifbar. Man könnte sie fast als eine Art Militärdiktatur ansehen. Aber diese These ist sehr umstritten. So ist doch die OHL nicht in der Lage gewesen, politisch gestaltend zu wirken. Sie hatte jedoch eine Vetoposition, die ihr ein gewisses Machtpotenzial verlieh. Der Kaiser hingegen war nun zu einer Randfigur geworden, der keinerlei Macht mehr bei der Befehlsgebung hatte. Nach Ansicht der Bevölkerung und durch die Machtverteilung hatte Hindenburg die Rolle des Kaisers übernommen.

[...]


[1] Zitiert von Paul von Hindenburg in Michaelis, Herbert u. a. (Hrsg.): Ursachen und Folgen. Vom deutschen Zusammenbruch 1918 und 1945 bis zur staatlichen Neuordnung Deutschlands in der Gegenwart, 28 Bde., Berlin 1958-1980, Bd. 4, S. 7f.

[2] Zitat aus Mommsen, Verspielte Freiheit, S. 102 in Barth, Boris: Dolchstoßlegenden und politische Desintegration. Das Trauma der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg 1914-1933, Düsseldorf: Droste Verlag 2003. S. 451.

[3] Keil, Lars-Broder; Kellerhoff, Sven Felix: Deutsche Legenden. Vom Dolchstoß und anderen Mythen der Geschichte, Berlin: Christoph Links Verlag 2002. S. 33-45.

[4] Keil „Deutsche Legenden“, S. 36.

[5] Boris Barth „Dolchstoßlegenden und politische Desintegration“, S. 149.

[6] Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.): Informationen zur politischen Bildung. Weimarer Republik, Überarbeitet Neuauflage, Nr. 261, Bonn 2003. S.20.

[7] Siehe Keil „Deutsche Legenden“, S. 37.

[8] Wolfrum, Edgar: Geschichte als Waffe. Vom Kaiserreich bis zur Wiedervereinigung, Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht Verlag 2002. S. 35.

Final del extracto de 17 páginas

Detalles

Título
Die Dolchstoßlegende in der Weimarer Republik - Eine Gesellschaft verarbeitet die Kriegsniederlage
Universidad
http://www.uni-jena.de/
Curso
Grundmodul Neuere Geschichte: „Kontroversen in der Zeitgeschichte“
Calificación
2,0
Autor
Año
2006
Páginas
17
No. de catálogo
V71229
ISBN (Ebook)
9783638631273
ISBN (Libro)
9783638769341
Tamaño de fichero
1655 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Dolchstoßlegende, Weimarer, Republik, Eine, Gesellschaft, Kriegsniederlage, Grundmodul, Neuere, Geschichte, Zeitgeschichte“
Citar trabajo
Benedikt Bärwolf (Autor), 2006, Die Dolchstoßlegende in der Weimarer Republik - Eine Gesellschaft verarbeitet die Kriegsniederlage, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71229

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