Damit die verstreut wohnenden, rauhen und deshalb leicht zum Krieg geneigten Menschen sich infolge zivilisatorischer Annehmlichkeiten an Ruhe und Muße gewöhnten, ermunterte man sie persönlich und bot ihnen öffentliche Unterstützung dafür an, daß sie Tempel, öffentliche Plätze und Steinhäuser errichteten; und man lobte diejenigen, welche sich bereitwillig zeigten, tadelte die Säumigen So trat der Wettbewerb um Ehre an die Stelle des Zwangs… Allmählich ergab man sich der Verweichlichung und den Verführungen der Zivilisation: Man baute Kolonnaden, errichtete Bäder und gab elegante Gastmähler. Die Unkundigen nannten dies ‚kultivierte Lebensweise’, während es doch nur Teil ihrer Knechtschaft war. Tacitus, Agricola 21 1 So beschreibt Tacitus die Einrichtung römischer Siedlungszentren im neu eroberten Britannien. Sein Bericht wirft gleichzeitig ein bezeichnendes Licht auf die Motive der römischen Urbanisierungspolitik. Die Römer bemühten sich - letztlich mit großem Erfolg - die einheimischen Führungsschichten für die Annehmlichkeiten der römischen Zivilisation zu gewinnen. In der Periode der Kaiserzeit fand eine auffallende Vervielfachung und Erweiterung der städtischen Zentren statt, vor allem in den Teilen des Reiches, in denen es vorher nur wenige Städte gegeben hatte. Die Städte dienten den Römern als eine Verwaltungseinheit, mit deren Hilfe sie auf ein Übermaß an bürokratischer Verwaltung verzichten konnten. Gleichzeitig aber spielten die Städte eine wichtige Rolle bei dem Prozess der Romanisierung der neu eroberten und noch nicht vollständig befriedeten Regionen. Einerseits lockerten die Städte den Zusammenhalt der einst über Stämme gebietenden lokalen Führungsschichten, andererseits wurden den „Barbaren“ durch den Prunk der Städte und ihre Vergnügungsmöglichkeiten die Annehmlichkeiten des römischen Lebens vorgeführt. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Exkurs: Die römische Stadt
- Die Stadt als territoriale Körperschaft
- Städtische Verwaltung und die Rolle des Umlands
- Die römischen Kolonien – Keimzellen der Romanisierung
- Aufgaben und Funktion der Kolonien im römischen Kaiserreich
- Die Gründung einer Kolonie
- Der feierliche Gründungsakt
- Die Limitation
- Flurkarten und Kataster
- Die Integration der Vorbewohner
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Bedeutung römischer Kolonien für die Erschließung des römischen Weltreiches, insbesondere im Westen. Sie analysiert die Rolle der Kolonien als Keimzellen der Romanisierung und untersucht den Prozess der Kolonisation und Besiedelung am Beispiel der südgallischen Kolonie Arausio. Die Arbeit beleuchtet die Unterschiede zwischen römischer Urbanisierung und heutiger Verstädterung und stellt die territoriale Körperschaft der römischen Stadt in den Vordergrund.
- Rolle römischer Kolonien für die Erschließung des römischen Reiches
- Kolonien als Keimzellen der Romanisierung
- Prozess der Kolonisation und Besiedelung
- Territoriale Körperschaft der römischen Stadt
- Unterschiede zwischen römischer Urbanisierung und heutiger Verstädterung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der römischen Urbanisierung ein und stellt den Kontext des römischen Kolonialismus dar. Der Exkurs über die römische Stadt beleuchtet die Definition der Stadt im römischen Sinne und zeigt die Bedeutung des Territoriums. Die dritte Sektion widmet sich den römischen Kolonien, erläutert ihre Funktion im römischen Kaiserreich und beschreibt den Gründungsprozess, einschließlich der Limitation und der Integration der Vorbewohner. Das Kapitel über Arausio bietet eine detaillierte Analyse der südgallischen Kolonie und stellt die Bedeutung von Flurkarten und Katastern für die Besiedelung heraus.
Schlüsselwörter
Römische Urbanisierung, Kolonie, Romanisierung, Limitation, Kataster, Arausio, Stadt als territoriale Körperschaft, civitas romana, Integration der Vorbewohner.
- Arbeit zitieren
- Vincent Steinfeld (Autor:in), 2006, Urbanisierung im römischen Kaiserreich - Die römischen Bürgerkolonien als Keimzellen der Romanisierung der Provinzen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71467