Arbeitsbelastungsfaktoren - eine zusammenfassende Darstellung paralleler, sozialer und psychischer Verläufe - untersucht am Beispiel Mobbing


Diplomarbeit, 2002

68 Seiten, Note: 12 Punkte (Gut)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Mobbing
2.1 Definition
2.2 Begriffsabgrenzung
2.3 Was unterscheidet Mobbing vom alltäglichen beruflichen Ärger?
2.4 Mobbinghandlungen

3 Mobbing anhand einer Umfrage

4 Vier Phasen des Mobbings

5 Mobbingursachen
5.1 Organisation und Gestaltung der Arbeitsaufgaben
5.2 Leitungs- und Führungsverhalten
5.3 Soziale Dynamik der Arbeitsgruppe
5.4 Mangelnde Konfliktbewältigung
5.5 Theorien der Persönlichkeit

6 Mobbing als psychosozialer Stress
6.1 Folgen für die Gesundheit
6.1.1 Psychische Auswirkungen
6.1.2 Körperliche und psychosomatische Beschwerden
6.2 Folgen für das Unternehmen und den Betroffenen

7 Interventionsmöglichkeiten und Prävention
7.1 Konfliktverständnis und Handhabung durch den Vorgesetzten
7.2 Konflikthandhabung durch den Betroffenen
7.3 Hilfe durch professionelle Berater
7.3.1 Mobbingtagebuch
7.3.2 Betriebsvereinbarung
7.4 Juristische Lösungsansätze
7.5 Prävention auf der strukturell-organisatorischen Ebene

8 Resümee

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Ein Mensch erlebt den krassen Fall,

Es menschelt deutlich überall-

Und trotzdem merkt man, weit und breit

oft nicht die Spur von Menschlichkeit.“

Eugen Roth

Die Arbeit an sich ist heute dank des technischen Fortschritts wesentlich vereinfacht worden. Auf dem Weg zur Dienstleistungsgesellschaft sind gesundheitliche Probleme aufgrund körperlicher Arbeit vielfach aus dem Alltag verschwunden. An diese Stelle sind andere Faktoren getreten, die den Arbeitsalltag zunehmend belasten. Zu diesen Belastungsfaktoren, denen ein Mensch am Arbeitsplatz ausgesetzt sein kann, gehören: Mangel an Herausforderung, tägliche Reibereien und Ärgernisse (z.B. wichtige Informationen erreichen den Arbeitsplatz nur unvollständig oder wichtige Arbeitsmittel sind unzuverlässig) und quantitative Überforderung (z.B. Arbeit unter hohem Zeitdruck, Überstunden und Schichtarbeit). Weitere Faktoren können soziale Konflikte oder traumatisierende Ereignisse bei psychisch anspruchsvollen Berufen, wie etwa bei dem Polizeidienst, sein. Eine besondere Belastungssituation kann entstehen, wenn mehrere der genannten Phänomene gleichzeitig auftreten.[1]

Das Thema „Mobbing“, welches in der jüngeren Vergangenheit verstärkt in das Interesse der Öffentlichkeit gerückt worden ist, nimmt dabei aufgrund seiner Berufsimmanenz einen besonderen Stellenwert ein. Dabei ist das Problem Mobbing nicht neu, dies belegen die Befragungen von Levenstein aus dem Jahre 1912, der sich mit der Qualität der sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz beschäftigte. Doch ähnlich wie bei anderen Themen wurde Mobbing erst zum Gesprächsgegenstand, als erste populärwissenschaftliche Veröffentlichungen die Gesellschaft erregten.[2]

Der Grund für die Verbreitung des Themas mag wohl abgesehen von der menschlichen Seite überwiegend der volkswirtschaftliche Schaden für die Bundesrepublik Deutschland sein, der auf ca. 15 bis 50 Mrd. Euro jährlich geschätzt wird. Allerdings gibt es keine gesicherten Zahlen, die Schätzung scheint aber angesichts der weiten Verbreitung von Mobbing durchaus realistisch.[3]

Der schwedische Psychologe Heinz Leymann hat eine der umfangreichsten Untersuchungen auf dem Gebiet „Mobbing“ durchgeführt. Er interviewte Anfang der Neunziger zahlreiche Betroffene und führte Umfragen in schwedischen Unternehmen durch. Die Ergebnisse und seine Schlussfolgerungen genießen einen hohen Stellenwert innerhalb der Fachwelt. Seine Arbeiten sollen deshalb Grundlage für diese Arbeit sein.

Häufig wird Mobbing mit anderen Begrifflichkeiten wie „Konflikt“ oder „Stress“ gleichgesetzt. Diese Betrachtungsweise impliziert jedoch, dass es sich nur um ein zeitlich und örtlich begrenztes Phänomen handelt, und verschleiert so die massiven und dauerhaften Einschränkungen denen die Betroffenen ausgesetzt sind.

Ein besonders tragischer Fall erregte vor fünf Jahren das Aufsehen der Medien. Eine Polizistin erschoss sich selbst nach langjährigen Attacken. In einem Brief beklagte sich die junge Frau über Mobbing durch ihre Kollegen. Die betroffenen Kollegen dagegen beschrieben die junge Frau als kompliziert und besserwisserisch. Aufgrund dieser Einschätzung wurde sie nach einem Zusammenbruch mit der Diagnose „schwere aktuelle psychische Krise“ in eine Nervenklinik eingeliefert. Kurze Zeit später nahm sie sich das Leben.[4] Die Hintergründe konnten nicht aufgedeckt werden, daher ist auch nicht geklärt, ob es sich tatsächlich um einen Fall von Mobbing gehandelt hat. Doch stellt sich die Frage, welche Gründe diese Frau dazu bewogen haben könnten, solch einen Schritt zu unternehmen. Die zunehmend komplexer werdende Arbeitswelt bietet nicht nur Chancen, sondern auch Risiken, die für den Einzelnen untragbar werden können.

Selten endet ein Fall wie im erwähnten Beispiel, doch sind die Strukturen und Prozesse allen Mobbingbegebenheiten gemeinsam. Diese Diplomarbeit will versuchen, durch die Darstellung der sozialen und psychischen Prozesse beim Mobbing, diese Hintergründe aufzudecken.

Anlass zu diesem Text ist die, trotz der bislang hergestellten Öffentlichkeit und großen Verbreitung des Themas, noch immer mangelnde Akzeptanz für die Betroffenen durch die Gesellschaft und das fehlende Verständnis für die Folgen von Mobbinghandlungen. Erfahren die Betroffenen anerkannter Berufskrankheiten mithin Unterstützung durch den Staat, Verbände oder andere Wohlfahrtsorganisationen, so finden Mobbingopfer selten Rückhalt und begegnen Vorurteilen. Meist wird in ihrer Person selbst das Problem gesucht, die daraus resultierenden gesundheitlichen Folgen nicht als Krankheit erkannt.

Das Augenmerk soll auf den Verlauf, die Ursachen eines Mobbingprozesses und die daraus folgenden psychischen, physischen und sozialen Probleme gerichtet werden. Darüber hinaus sollen Interventions- und Präventionsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Dazu wurde neben der bestehenden Fachliteratur auch ein Interview mit einer Betroffenen geführt und eine Umfrage zu diesem Thema ausgewertet.

2 Mobbing

2.1 Definition

Der Begriff Mobbing leitet sich von dem englischen Wort „mob“ ab, das im 18. Jahrhundert in den deutschen Sprachschatz übernommen wurde. „To mob“ bedeutet soviel wie anpöbeln, schikanieren, attackieren, angreifen oder drangsalieren. Ursprünglich geprägt wurde der Begriff von Konrad Lorenz, der ihn für die Beschreibung eines Angriffs einer Gruppe von Tieren auf einen Eindringling gebrauchte.[5] Später wurde der Begriff von dem schwedischen Chirurgen Heinemann auf den Bereich menschlichen Sozialverhaltens übertragen.[6]

Häufig werden schlicht Streitereien und Unverschämtheiten als Mobbing bezeichnet, dabei handelt es sich im Fall von Mobbing jedoch um einen Prozess, der mit einem Konflikt anfängt, in der Folge immer weiter eskaliert und sich verselbständigt.[7] Auf diesen Prozess wird in den folgenden Abschnitten näher eingegangen.

In den letzten Jahren rückte das Thema Mobbing verstärkt ins Blickfeld der Wissenschaft. Dabei wurde bisher fast jeder Arbeit eine andere Definition des Begriffes „Mobbing“ zugrunde gelegt. Es existiert daher eine Vielfalt verschiedener Definitionen.

Der schwedische Arbeitspsychologe Leymann prägte in Zusammenarbeit mit „Gesellschaft gegen psychosozialen Stress und Mobbing e.V.“ folgende offizielle Definition:

„Unter Mobbing wird eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen verstanden, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstosses aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet.“[8]

Mobbing lässt sich demnach an fünf Merkmalen festmachen:

- Angriffe mit System
- Vielzahl von Angriffen über einen längeren Zeitraum
- Feindseligkeit der Angriffe
- Unterlegenheit des Angegriffenen
- Hinausdrängen aus dem Arbeitsverhältnis

Es handelt sich laut Definition daher nicht um Mobbing, wenn zwei gleich starke Parteien in Konflikt geraten oder wenn es sich um einmalige Vorfälle handelt. Beleidigungen und Unverschämtheiten sind alltäglich und jedem vertraut, nur wenn sie gezielt und über einen längeren Zeitraum auftreten, spricht man von Mobbing.

Eine andere Definition des Begriffes „Mobbing“ gibt Oswald Neuberger: ,,Jemand spielt einem übel mit, und man spielt wohl oder übel mit." Gemeint ist der entscheidende Teil des Mitspielens durch das Opfer. Er geht davon aus, dass das Opfer nicht machtlos den Übergriffen gegenübersteht, sondern durch Abwehrstrategien oder sogar Gegenmobbing ein dynamisches Hin und Her von Angriff und Verteidigung einsetzt, wobei erst am Ende abgerechnet und ein Sieger-Verlierer / Täter-Opfer ermittelt wird.[9]

Damit unterscheidet sich seine Definiton wesentlich von der Leymanns, der davon ausgeht, dass das Opfer von Anfang an feststeht und damit während des gesamten Prozesses unterlegen ist.

Kritisch sieht Neuberger an Leymanns Definition folgende Punkte:

Leymanns Definiton bezieht sich auf „Kommunikation am Arbeitsplatz“, damit sei nach Neuberger aber nur ein relativ enges Feld bestimmt. Dadurch würden nonverbale Akte wie körperliche Angriffe nicht berücksichtigt werden. Von der Verfasserin dieser Arbeit wird dagegen die von Leymann vorgenommene Einschränkung durch das Wort ,,kommunikativ" als unnötig angesehen, da sie der Ansicht ist, dass jede Form von Handlung, ob verbal oder nonverbal, kommunikativ ist.

Leymann schränkt durch das Adjektiv „konfliktbelastet“ wiederum die Kommunikation ein. Nach Neuberger würden damit aber andere Kommunikationsweisen, wie z.B. eine humoristische, ausgeklammert. Allerdings übersieht er hierbei, dass es sich bei diesen Formen von Kommunikation nicht um Mobbing handeln kann, da dieses Phänomen immer von Konflikten begleitet wird.

Des Weiteren geht es in Leymanns Definition ausschließlich um konfliktbelastete Kommunikation, die unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen stattfindet. Außenstehende wie z.B. Kunden würden laut Neuberger in der Definiton nicht berücksichtigt. Dabei missachtet er aber, dass Außenstehende in der Regel nicht in einen Mobbingprozess verwickelt sind, da der kontinuierliche Zeitaspekt nicht gegeben ist.

Nach Leymann wird eine Person angegriffen und ist unterlegen, alle Kommunikationen und Handlungen, in denen die Person sich durchsetzt, werden nicht behandelt. Die Person bliebe damit Opfer. Neuberger sieht den Betroffenen aber sehr wohl in der Lage, Abwehrmaßnahmen zu ergreifen und sich aus seiner passiven Rolle zu befreien.

Ferner muss die betroffene Person systematisch oft angegriffen werden, um die Kriterien eines Mobbingfalles zu erfüllen. Nach Neuberger würden zufällige oder unsystematische Attacken durch diese Definition ausgeschlossen. Diese Annahme ist aber insofern falsch, da es sich dann um alltägliche Konflikte und nicht um systematische Attacken handeln würde.

Die Angriffe auf den Betroffenen müssen über einen längeren Zeitraum erfolgen. Intensive, aber nur kurzfristige Angriffe sind nach dieser Definition daher kein Mobbing. Nach Neuberger aber würden auch diese Schikanen als äußerst belastend empfunden.

Das Ziel und/oder Effekt sei nach Leymann der Ausstoß aus dem Arbeitsverhältnis, somit handele es sich nicht um Mobbing, wenn jemand „nur“ gedemütigt wird, ohne aus dem Unternehmen auszuscheiden. Nach Neuberger sei aber auch hier von einem Mobbingfall auszugehen, wobei er insofern Recht behält, als dass die Attacken vor Erreichen dieses Zieles (oder bevor der Effekt) eintritt aus den verschiedensten Gründen abgebrochen werden können.

Ferner wäre Mobbing nur gegeben, wenn die Handlungen vom Opfer als diskriminierend empfunden werden. Wenn das Opfer die Attacken als üblich oder verdient ansieht, dann habe laut Definition kein Mobbing stattgefunden.[10] Es scheint aber gerade dann der Prozess ein Stadium erreicht zu haben, in dem das Opfer die Schikanen bereits als alltäglich, wenn nicht sogar als „normal“ ansieht.

Beide Definitionen abwägend, hat Neuberger insofern die Zustimmung der Verfasserin, dass in einem Mobbingprozess auch das Opfer eine wesentliche Rolle übernimmt. Allerdings ist seine Definition zu allgemein gefasst, in seiner Kritik geht Neuberger dagegen zu weit ins Detail. Leymanns Definition dagegen ist wesentlich umfassender und grenzt den Begriff „Mobbing“ sinnvoller ein.

Andere Definitionen sind hierbei außer Acht gelassen, da es sich im Falle Leymanns um die herrschende-, in Neubergers Fall um die Gegenmeinung, handelt.

Ferner ist nach Leymann Mobbing gegeben, wenn eine oder mehrere von 45 Handlungen über ein halbes Jahr oder länger mindestens einmal pro Woche vorkommen. In Punkt 2.4 dieser Arbeit wird näher hierauf eingegangen.

2.2 Begriffsabgrenzung

Für die systematisch betriebene Boshaftigkeit am Arbeitsplatz existieren mittlerweile eine Vielzahl von Begriffen.

Während in Deutschland vielfach von Mobbing gesprochen wird, hat sich im angelsächsischen Sprachraum der Begriff „Bullying“ durchgesetzt, der soviel wie „tyrannisieren“, „einschüchtern“ oder „schikanieren“ bedeutet. Bullying leitet sich von „bully“ ab und bedeutet etwa „brutaler Mensch“ oder „Tyrann“. Dieser Begriff wird in der wissenschaftlichen Literatur auch synonym für „Mobbing“ verwendet.[11] Der Sprachwissenschaftler Dan Olweus benutzte „Bullying“ insbesondere zur Beschreibung von körperlichen Angriffen unter Schülern.

Für die systematische Schikane von Mitarbeitern durch Vorgesetzte, beginnt sich der Begriff „Bossing“ herauszukristallisieren. Bossing ist abgeleitet von „boss“ und bedeutet „Chef“.

In dieser Arbeit wird allerdings, wie bereits dargestellt, überwiegend der enger gefasste Begriff „Mobbing“ verwendet.

Weitere Bezeichnungen für unangenehme Interaktion zwischen Menschen sind u.a. Betrug, Intrigen und Sadismus. Alle diese Aktivitäten haben eins gemeinsam, sie dienen dazu sich auf Kosten eines anderen Menschen Vorteile zu verschaffen.[12] Der Unterschied zu Mobbing besteht in dem besonderen Verlauf bzw. Prozess, der in dieser Untersuchung dargestellt werden soll.

2.3 Was unterscheidet Mobbing vom alltäglichen beruflichen Ärger?

Der alltägliche Ärger, mit dem wir im Berufsleben konfrontiert werden, ist uns allen bekannt. Ärger mit Kollegen, Kunden oder dem Chef sind Situationen, die jeder Mensch anders erlebt und dementsprechend unterschiedlich darauf reagiert. Von Mobbing kann in diesem Zusammenhang jedoch nicht gesprochen werden. Auch nicht, wenn es in der Organisation als legitim angesehen wird, sich auf Kosten von Kollegen zu profilieren.

Eine spannungsgeladene Situation am Arbeitsplatz, ein böses Wort aus Verärgerung oder ein Streit zwischen Kollegen sind daher noch lange kein Mobbing. Abgrenzendes Kennzeichen zum alltäglichen Ärger mit dem jeder einmal konfrontiert wird, ist das Opfer, das im Zentrum steht. Dieses Opfer ist regelmäßigen Attacken über Monate, Jahre hinweg ausgesetzt. Das geschieht manchmal bis zum psychischen und physischen Zusammenbruch. Gewöhnliche Streitigkeiten dagegen treten unregelmäßig und nicht mit dieser Intensität auf. Mobbing läuft auch im Gegensatz zum alltäglichen Ärger unterschwellig ab und ist deshalb besonders belastend.[13]

Ferner wird Mobbing auch systematisch eingesetzt, während normale Scherereien eher kurzfristige und zufällige Ereignisse darstellen. Alltägliche Auseinandersetzungen können vielmehr auch positive Wirkungen haben, da nur dadurch Veränderungen herbeigeführt werden können.

2.4 Mobbinghandlungen

Im Kern sind es drei Bereiche des Arbeitslebens, die beim Mobbing manipuliert werden:

1. Die zwischenmenschliche Kommunikation. Hierbei wird die Kommunikation mit dem Betroffenen gestört, z.B. durch Ignorieren, Schreien, Brüllen, unberechtigte Kritik an Arbeit oder Privatsphäre, Beschimpfen oder ausschließlich schriftliche Kommunikation, um dem Betroffenen deutlich zu machen, er sei eines Gespräches nicht würdig.
2. Das soziale Ansehen. Das soziale Ansehen einer Person wird in erster Linie geschädigt durch Verbreitung von Gerüchten. Der Betroffene wird lächerlich gemacht, verleumdet und verhöhnt.
3. Manipulation der Arbeitsaufgabe. Manipulieren der Arbeitsaufgabe geschieht vor allem durch das Erteilen gefährlicher oder unattraktiver Tätigkeiten, durch sinnlose, unterfordernde Arbeiten, kränkende oder unlösbare Aufgaben.

Wie belastend eine Mobbingsituation empfunden wird, hängt auch von folgenden Faktoren ab[14]:

- Die Anzahl der Mobber
- Der Zeitfaktor
- Die Intensität der Mobbinghandlung

Leymann hat in seinen Arbeiten insgesamt 45 verschiedene Handlungen, denen die Betroffenen ausgesetzt sein können, ausgemacht und sie in fünf Bereiche untergliedert[15]:

I. Einschränkungen der Kommunikationsmöglichkeiten des Mobbingopfers

1. Der Vorgesetzte schränkt die Äußerungsmöglichkeiten ein.
2. Ständige Unterbrechungen im Gespräch durch den oder die Schikaneure.
3. Kollegen begrenzen die Möglichkeiten des Opfers, sich zu artikulieren.
4. Beschimpfen und Anschreien.
5. Permanentes Kritisieren der Arbeit.
6. Ständige Kritik am Privatleben.
7. Telefonterror.
8. Verbale Drohungen.
9. Schriftliche Drohungen.
10. Kontaktverweigerung durch abwertende Gesten oder Blicke.
11. Verweigerung des Kontakts durch Andeutungen, ohne direkte Ansprache.

Der Betroffene wird in der Regel als der Schwächere angesehen, denn die Gegenspieler behalten sich das Recht vor, alle Aktionen und Reaktionen des Betroffenen, aus ihrer Sicht zu deuten. Ein Merkmal solcher Streitgespräche ist es, dass der Austausch von Informationen reduziert wird. Der Stärkere sucht sich aus, welche Informationen er weitergibt und welche er für sich behält und welche Vorfälle ihm für weitere Angriffe am Nützlichsten erscheinen. Der Betroffene wird allmählich von jeglicher Information abgeschnitten. Das Opfer wird dann nach Ausbruch der Auseinandersetzung oft durch einen Vorgesetzten von den Kollegen isoliert, um den Konflikt einzugrenzen. Damit wird aber häufig das Gegenteil erreicht, da dem Betroffenen keine Möglichkeit für ein klärendes Gespräch gegeben wird.

Aber nicht nur verbale, sondern auch wortlose Kommunikation wird als eine äußerst subtile Art von Psychoterror eingesetzt. Ein Achselzucken, eine bestimmte Kopfhaltung werden dazu benutzt, um Geringschätzung und Verachtung auszudrücken. Dazu gehören auch indirekte Handlungen und Nicht-Handlungen, z.B. das Unterlassen von Hilfeleistungen.

Das Gespräch über die Kommunikation (Metakommunikation) wird beim Mobbing gewöhnlich vom Gegenspieler verweigert, da dieser als derjenige, der die vermeintliche Macht inne hat, gar nicht an einer Klärung des Konfliktes interessiert ist. Dabei wäre gerade ein solches Gespräch wichtig um Konflikte zu bereinigen. Dem Opfer wird dadurch aber jede Möglichkeit genommen, den Anschuldigungen entgegenzutreten.[16]

II. Entzug der sozialen Unterstützung

12. Es wird mit dem Betroffenen nicht mehr gesprochen.
13. Man lässt sich nicht mehr ansprechen.
14. Versetzung in einen Raum weitab von den Kollegen.
15. Kollegen wird verboten, mit dem Betroffenen zu sprechen.
16. Man wird wie „Luft behandelt“.

Mit den genannten Handlungen wird dem Betroffenen jegliche Möglichkeit zur sozialen Interaktion genommen, dabei stellt dies den wesentlichen Bestandteil sozialer Beziehungen dar. Das Opfer wird somit isoliert.

„Der Verlust des social support ist die zentrale Tragödie dabei: man wird zum Auswurf der Gesellschaft. Die Zerstörung des sozialen Netzes kann von den Gegenspielern bewußt herbeigeführt werden. Sie kann aber auch aus Gedankenlosigkeit geschehen, jedoch mit gleichen Wirkungen.“[17] Die Isolierung eines Mitarbeiters systematisch herbeigeführt kann auch dazu dienen, ihm den Willen der Gruppe aufzudrängen.

III. Demontage des sozialen Ansehens

17. Hinter dem Rücken des Betroffenen wird schlecht über ihn gesprochen.
18. Gerüchte werden über die betroffene Person verbreitet.
19. Der Betroffene wird lächerlich gemacht.
20. Vermutungen über psychische Erkrankungen des Opfers machen die Runde.
21. Es wird versucht, psychiatrische Untersuchungen zu erzwingen.
22. Man macht sich über eine Behinderung des Opfers lustig.
23. Stimme, Gesten oder der Gang werden zur Belustigung imitiert.
24. Politische oder religiöse Einstellungen des Betroffenen werden zur Zielscheibe des Spotts.
25. Es wird über das Privatleben des Betroffenen hergezogen.
26. Man macht sich über die Nationalität lustig.
27. Das Selbstbewusstsein beeinträchtigende Arbeiten müssen ausgeführt werden.
28. Der Arbeitseinsatz des Opfers wird in falscher und kränkender Weise beurteilt.
29. Entscheidungen der betroffenen Person werden in Frage gestellt.
30. Anstößige Schimpfwörter oder andere demütigende Ausdrücke werden ihm nachgerufen.
31. Man macht verbale sexuelle Angebote oder nähert sich dem Opfer sexuell.

[...]


[1] Resch, S. 20 ff.

[2] Neuberger, S. 7

[3] Neuberger, S. 36

[4] Online im Internet, URL: http://www2.tagesspiegel.de/ archiv/ 2000/ 07/25/ak-be-kr-21586.html, Stand: 26.07.2000, übernommen am 02.04.2002

[5] Brinkmann, S. 11/12

[6] Neuberger, S. 3

[7] Leymann, Psychoterror am Arbeitsplatz, S.17

[8] Leymann, Der neue Mobbingbericht, S. 18

[9] Neuberger, S.18

[10] Neuberger, S. 17

[11] Brinkmann, S.12

[12] Zuschlag, S. 4

[13] Brinkman, S. 10/11

[14] Brinkmann, S. 14/15

[15] Leymann, Psychoterror am Arbeitsplatz, S. 33 ff.

[16] Leymann, Psychoterror am Arbeitsplatz, S. 23 ff.

[17] Leymann, Psychoterror am Arbeitsplatz, S.26/27

Ende der Leseprobe aus 68 Seiten

Details

Titel
Arbeitsbelastungsfaktoren - eine zusammenfassende Darstellung paralleler, sozialer und psychischer Verläufe - untersucht am Beispiel Mobbing
Hochschule
Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung Brühl - Fachbereich Allgemeine Innere Verwaltung  (Organisationspsychologie)
Note
12 Punkte (Gut)
Autor
Jahr
2002
Seiten
68
Katalognummer
V7165
ISBN (eBook)
9783638145077
Dateigröße
569 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Arbeitsbelastungsfaktoren, Darstellung, Verläufe, Beispiel, Mobbing
Arbeit zitieren
Johanna Wiegand (Autor:in), 2002, Arbeitsbelastungsfaktoren - eine zusammenfassende Darstellung paralleler, sozialer und psychischer Verläufe - untersucht am Beispiel Mobbing, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7165

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