Finanzmarktsimulation - Analyse und Evaluation von Multi-Agenten-Modellen


Bachelorarbeit, 2006

53 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Agenten-basierte Systeme
2.1 Abgrenzung von Agenten, Agenten-Systemen und Multi-Agenten
2.2 Warum werden Multi-Agenten-Modelle für Finanzmarktsimulationen
verwendet?

3. Entwicklung eines Kriterienkataloges zur Vergleichbarkeit unterschiedlicher Modelle
3.1 Analyse der Agenten und Zerlegung in Einzelfaktoren
3.2 Der Markt und seine Einzelfaktoren
3.3 Die Umwelt oder die ökonomische Welt
3.4 Initialisierungsannahmen der Modelle

4. Analyse der Modelle anhand des entwickelten Kriterienkataloges
4.1 Modell nach Figlewski
4.2 Modell nach Kim & Markowitz
4.3 Modell nach Day & Huang
4.4 Modell nach Arifovic
4.5 Modell nach Grossman & Stiglitz
4.6 Modell nach LeBaron
4.7 Modell nach Beltratti & Margarita
4.8 Modell nach Levy, Levy & Solomon
4.9 Das „Oxford“ Modell
4.10 Modell nach Chiarella & Iori

5. Zusammenfassung / Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Schichtenarchitektur der Agenten

Abbildung 2: Beeinflussende Faktoren der Allokationsentscheidung des Agenten

Abbildung 3: Initialvorgaben im Modell nach Kim & Markowitz

Abbildung 4: Grafische Darstellung der optimalen Zeitpunkte

Abbildung 5: Allg. Darst. der Veränd. der Verhaltensregeln unter den Agenten

Abbildung 6: Veränd. der Agenten n. Initialisierung d. generischen Algorithmus

Abbildung 7: Übersicht über die Classifier Bits für die Voraussagen der Agenten

Abbildung 8: Struktur der S- und D-Agenten

Abbildung 9: Preisentwicklung im Oxford Modell

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht der Preisbestimmungsarten

Tabelle 2: Gesamtübersicht der Modelle

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Nicht erst seit dem Platzen der Blase an den Technologiebörsen und den wenig aus­sichtsreichen Ent­wicklungen an den Renten-, Rohstoff- und Währungsmärkten stellt sich für viele von uns die Frage, welche Mechanismen einen solchen Markt be­we­gen. Was beeinflusst die Preise? Wann wird Angebot und Nachfrage befriedigt und wie entstehen Marktbewegungen und Trends? Die Markteffizienz-Theorie[1], Black/Scholes-Modell und das Capital Asset Pricing Modell bieten hierfür eine solide wis­senschaftliche Basis, sind jedoch entweder extrem aggre­giert oder erklären nur einzelne Teile des Ganzen, vereinen aber nie die gesamten Er­kenntnisse in einem Modell. Aufbauend auf diese Theorien versucht die Finanzmarktsimulation das zu tun und schlussendlich die Re­alität in einem Modell wieder zu spiegeln.

Betrachtungsgegenstand sind in dieser Arbeit die Finanzmärkte. Börsen- und Devisenmärkte bieten die besten Mög­lichkeiten der Nachbildung, da sie nicht nur, weit verbreitet sind, sondern weil hier enormes Datenmaterial zur Verfügung gestellt wird, das zur Modellierung und für den Vergleich des Modells zur Realität von großer Wichtigkeit ist. Dieses Daten­material umfasst sowohl Preise, Kurse und Dividendenzahlungen, als auch Daten zu Volatilitäten. Ziel dieser Forschungsdisziplin ist es nicht, Voraussagen anstellen zu können. Vielmehr ist von Interesse, welche Einzelkomponenten notwendig sind, um ein solch komple­xes Gebilde zu replizieren.

Die Multi-Agenten-Systeme sind nicht nur in der Finanzwelt zur Problemlösung etab­liert, auch in anderen Branchen werden Agentensysteme verwendet.[2] Ein weiteres Einsatzfeld der Multi-Agenten-Lösungen liegt in der Softwareentwicklung. Gerade in den Bereichen Internet-Tech­nologien, E-Business, Telekommunikation und Logistik wurden Agenten und Agen­tenmodelle verwendet, um komplexe Zusammenhänge nachzubilden und zu erklären. Vertieft man objektorientierte Programmiersprachen wie Java oder C++, erkennt man bereits nach kurzer Zeit, dass der Ansatz zur Lösung komplexer Pro­grammieraufgaben dem der Multi-Agenten-Modelle sehr ähnlich ist.

Da nicht nur die Einsatzmöglichkeiten sehr umfangreich sind, sondern auch die be­reits entwickelten Modelle wird nach einer Einarbeitungsphase in das Thema sicher­lich die Frage aufgeworfen, welche Ansätze es gibt und welche Anforderungen be­reits in einem Modell implementiert wurden. Gerade im Bereich der Finanzmarktan­wendungen sollte es möglich sein, sich einen schnellen Überblick zu verschaffen.

Die Vielfältigkeit der bereits bestehenden Modelle ist zu groß, um einen schnellen Über­blick zu erlangen. Aus diesem Grund befasst sich diese Arbeit damit, nach einer kur­zen Einführung in die Finanz­marktsimulation und die Multi-Agenten-Modelle einen Überblick zu ausgewählten Systemen zu geben. Begonnen wird mit der Klärung von Begriffen, die den Einstieg in die Materie er­leichtern soll. Das darauf folgende Kapitel dient der Entwicklung eines Kriterienkata­loges, anhand dessen Modelle miteinander vergleichbar gemacht wer­den können. Die Zusammenstellung wird unterteilt in vier Kategorien: Agenten, Markt, ökonomi­sche Welt und Initialisierungsparameter der Modelle. Nach einer Zusammenfassung wird ein Fazit aus dem erarbeiteten gezogen.

Ziel der Arbeit ist es, als Orientierungshilfe für weitere Arbeiten zu dienen. Es ges­taltet sich sehr schwierig, in angemessener Zeit, die bestehenden Entwicklungen in einzelne Faktoren aufzugliedern und miteinander zu vergleichen. Dies zu erleichtern ist die Ab­sicht meiner Arbeit.

2. Agenten-basierte Systeme

In diesem Kapitel werden grundlegende Sachverhalte zu den Multi-Agenten-Model­len erläutert. Nach der Erklärung der Agenten, der Agenten-Systeme und den Multi-Agenten wird die Notwendigkeit erörtert, warum Multi-Agenten-Modelle zur Lösung komple­xer Probleme verwendet werden.

2.1 Abgrenzung von Agenten, Agenten-Systemen und Multi-Agenten

Bevor wir die Begriffe Agenten oder Multi-Agenten weiter verwenden, soll an dieser Stelle eine Begriffsklärung erfolgen. In der einschlägigen Literatur werden Begriffe wie Agenten, Agenten-basiertes Modell und Multi-Agenten-Modell häufig genannt, wobei des Öfteren auf eine genaue Definition verzichtet wird bzw. es eine zu große Anzahl dieser gibt.[3]

Agenten sind – auf eine abstrakte Weise betrachtet – leere Hüllen, die mit verschiedenen Fähigkeiten und Sensoren ausgestattet sein können. Meist sind sie ausgestattet mit Daten und Verhaltensmethoden, wobei die Daten das Gedächtnis dar­stellen.[4] Durch diese Einflussnahme kann bestimmt werden, ob der Agent ein Konsu­ment, Arbeiter, Akademiker etc. ist oder ob er einer bestimmten Gruppe angehört, bei­spielsweise einer Familie, einer Firma, einer Regierung o. ä.. Ein Agent ist also ein Computer System, dass in einem beliebigen Rahmen verankert wird und auto­nom in seinen Entscheidungen ist, mit der Vorgabe, das festgelegte Ziel zu errei­chen.[5] Auch die Kommunikation untereinander ist eine wichtige Komponente und wird, wie wir später sehen werden, auf unterschiedliche Art und Weise implemen­tiert.[6] Intelligenz ist ebenfalls eine elementare Größe, da in den meisten Modellen ein Lernalgorithmus verankert ist, mit dem die Agenten dazu verpflichtet werden, sich ständig weiter zu entwickeln. Auch eine gewisse Art an Mobilität muss vorhanden sein, um die Kom­munikation zu möglichst vielen anderen Agenten zu unterstützen.[7]

Bei der Begrifflichkeit des Agenten basierten Systems handelt es sich um einen Hin­weis auf die mögliche Organisation der Agenten. Grundsätzlich bedeutet dies, dass der konzeptionelle Aufbau auf Basis der Agenten erfolgen kann. Das bedeutet aber nicht, dass die Software Struktur diesem Aufbau entspricht. Da es hierbei um die programmsei­tige Umsetzung geht – was für diese Arbeit eine untergeordnete Rolle spielt – gehen wir davon aus, dass sowohl bei der Konzeption, als auch bei der Umset­zung die Struktur der Agenten als Objekt Anwendung findet.

Wo eine einfache Modellbetrachtung nicht mehr möglich ist oder ein Problem auf mehreren Wegen lösbar ist, sind so genannte Multi-Agenten-Systeme ein oft ver­wendeter Ansatz. Hierbei werden mehrere Agenten installiert, die miteinander kom­munizieren und so eine Problemlösung herbeiführen können, die vorher außer Reich­weite war.[8] Das ist natürlich nur durch eine entsprechende Infrastruktur, die das Austauschen von Informationen überhaupt erst gewährleistet zurückzuführen. Auf die Umsetzung in ausgewählten Modellen wird im weiteren Verlauf der Arbeit eingegangen. Je nach Vorüberle­gung über eine mögliche Lösung können die Agenten ein kooperatives oder ein wettbewerbsorientiertes Verhalten verwenden.[9]

2.2 Warum werden Multi-Agenten-Modelle für Finanzmarktsimulati­onen verwendet?

Wie bereits oben angeführt, eröffnet die Multi-Agenten Umgebung die Möglichkeit, Simulationen für komplexe Probleme zu modellieren. Nimmt man beispielsweise das Handelssystem Xetra[10], so stellt man fest, dass 277 Teilnehmern[11] für den Handel zu­gelassen sind. Bei dieser Anzahl, aber auch bei weniger Teilnehmer, spiegelt ein Multi-Agenten Modell genau das wieder. Ein Multi-Agenten Modell ist ein Modell zur Lösung komplexer Probleme bzw. notwendig zur Erklärung komplexer, voneinan­der abhängigen Einzelfaktoren. Dieser so genannte verteilte Problemlösungs­pro­zess kann genutzt werden, um dies in einem Modell darzustellen.[12]

3. Entwicklung eines Kriterienkataloges zur Vergleichbarkeit unter­schiedlicher Modelle

In diesem Kapitel wird ein Kriterienkatalog entwickelt, um die unterschiedlichen Mo­delle vergleichbar zu machen. Innerhalb der vier Hauptunterscheidungsmerkmale wird weiter in Faktoren unterschieden, die eine Vergleichbarkeit soweit ermöglichen, dass eine Gegenüberstellung in einer Tabelle möglich ist. Als Hauptgruppen unter­scheiden wir: die Agenten, den Markt, die ökonomische Welt und die Initialisierungsfaktoren.[13] Die weiteren Katego­rien sind ebenfalls in den kommenden Abschnitten zu finden.

3.1 Analyse der Agenten und Zerlegung in Einzelfaktoren

Hinter jedem Kauf oder Verkauf steht eine Entscheidung, deshalb ist es wichtig einen Überblick über die Entscheidungsmechanismen zu erlangen. Die Bandbreite reicht von simplen reaktiven bis hin zu komplex agierenden Agenten.[14] Hierauf wird später detaillierter eingegangen.

Unabhängig davon, welche Vari­ante in ein Modell implementiert ist, so ist eine Be­trach­tung der In­formationskanäle elementar, also die Fragestellung, woher der Agent seine Informati­o­nen erhält, oder welche Quellen dem Agenten zur Verfügung stehen. Es gibt Agenten, die auf Informationen – beispielsweise Nachrichten – rea­gieren, es gibt aber auch diejenigen, die sich an das Verhalten von anderen Agenten eines Systems anpassen und deren Entscheidungen imitieren.[15] Wiederum andere erhalten eine Nachricht, die sie anhand einer Tabelle genau interpretieren können. Diese Art von Informationsverarbeitung erfolgt mithilfe des Classifier System. Hierbei erkennt der Agent, welche Bedingungen am Markt herrschen. Je nach Model­lierung erhält der Agent Parameter für eine Schätzung für die nächste Periode.[16] Wie Infor­mationen aufgenommen wer­den bzw. was sie auslösen, ist dann wiederum ab­hän­gig von der Zielsetzung des Agenten. Verschiedene Modelle haben unterschied­liche Ansätze hierfür und auch die Zielsetzungen, was es zu maximieren oder zu über­treffen gilt, reichen vom Maximieren einer Nutzenfunktion über das Maximieren des Wohlstandes bis hin zum Übertreffen einer Ver­gleichsgröße (Benchmark).[17]

Eine dynamische Strategieumsetzung des Agenten – beispielsweise eine Anpassung an eine Trendentwicklung –ist ohne einen Bezug von Auskünften nicht möglich. Die Informationen sind unterschiedlicher Art. So können das die aktuellen Preise der verfügbaren Anlageinstrumente sein, aber auch die Preishistorie, das Handelsvolu­men sowie die Korrelation und die Volatilität können als Entscheidungskomponenten zur Verfü­gung stehen.[18] Auch wenn die Informationen zur Verfügung stehen, muss das nicht bedeuten, dass der Agent diese Nachrichten berücksichtigen kann, da die Informationen möglicher­weise kostenpflichtig sind.

Wie durch die Aktien- und Unternehmensbewertung bekannt, gibt es auch unter den Agenten zwei Analysegrundlagen, die auf die Entscheidungen der Agenten Ein­fluss haben. Was in der realen Welt die Fundamental-Analysten oder die Chart-Analys­ten sind, sind im Bereich der Multi-Agenten-Modelle die Fundamentalisten oder die Chartisten. Beide Gruppen positionieren sich nach Ihren Voraussagen, im Markt und richten ihre Strategien entsprechend der Ziele aus. Hierzu dienen die Informationen die verfügbar sind, was wiederum von der Archivierung der Informationen abhängig ist. Die Chartisten verwenden kürzlich beobachtete Marktbewegungen um Änderun­gen für die Zukunft abzuleiten.[19] Der Fundamentalist berechnet, unter Verwendung der am Markt gesammelten Informationen, einen Gleichgewichtspreis. Es wird er­wartet, dass sich der Preis bei Abweichungen wieder zum ausgewogenen Preis be­wegt.[20]

Die Umsetzung der Entscheidungsmechanismen innerhalb des Agenten erfolgt mit der Speichermöglichkeit von Informationen oder mit Methoden zur Verarbeitung der In­formationen. „...to make some decision about how far back their agents should look, and how much data they should look at.“[21] Hierbei ist also die Rede von den Daten, die für den Agenten verfügbar sind und auf den er sei­nen Fokus richten kann. Diese Fokussierung von Informationen erlaubt eine Unter­scheidung in intelli­gente und naive Agenten. Welche Daten und welche Zeitspanne im Blickfeld des Agenten sind, bestimmt den Grad der Intelligenz.[22] Die jeweils ex­tremste Variante wird auch als Reaktivität bzw. Proaktivität bezeichnet. Unter Reakti­vität ist zu ver­stehen, dass eine Verände­rung auf Einflüsse von außen wahrgenom­men und dar­auf reagiert wird, ohne die Zielrichtung zu verlieren. Bei der Proakti­vität wird die Re­aktion nicht von außen aus­gelöst, sondern es werden Aktionen auf ei­gene Initiative angestoßen.

Je nach Aufbau des Agenten werden Schlüsse aus getroffenen Entscheidungen ge­zo­gen und bei weiteren Entscheidungen berücksichtigt. Die Modellierung des Lern­ver­haltens erfolgt durch neuronale Netze, genetische Algorithmen oder anderen Lern­methoden.[23] Obwohl die genetischen Algorithmen als eine gute Möglichkeit gelten, um einen Lernmechanismus zu implementieren, ist Lernen nach dem bayesi­schen Ansatz ein traditioneller Weg, der das Lernen in einem Modell gewährleistet.[24] Bevor die Rahmenbedingungen für ein Lernverhalten geschaffen werden, müssen Verhaltens­regeln in eine genetische Struktur umgewandelt werden, sodass diese dann in den Agenten implementiert werden können. Das kann heißen, dass erzielte Preise zu einem Vektor zusammengefasst werden und als Datenquelle für den gene­rischen Lernalgorithmus dienen und so die Informationen verarbeitet werden können. Mögli­cherweise kann dies aber auch bedeuten, dass komplexe Darstellungen wie neuro­nale Netze in einem simplen Objekt wiedergegeben werden. In einer Multi-Agenten-Umgebung ist eine Bewertung des Lernverhaltens nicht ohne weiteres möglich. Eine Abstufung ist erst möglich, wenn Abweichungen in einer messbaren und vergleichba­ren Einheit angegeben werden. Dies wird mit einem Tauglichkeits­wert erreicht, der es ermöglicht die Effektivität des angewendeten festzustellen.[25] Agenten mit einem niedrigen Tauglichkeitswert werden bei einer Unterschreitung ei­nes vorgegebenen Wertes eliminiert. Bei der Auswahl dieses Wertes muss darauf geachtet werden, dass weder eine zu schnelle noch eine zu langsame Elimination Anwendung findet.

In Kapitel 2.3 werden die Anlageklassen eingeführt, aus denen die Agent auswählen kann. Die Auswahl des Agenten wird nach seiner Risikoneigung gesteuert, so wählt er die Proportionen die er in das Eine oder Andere Anlagegut investiert. Eine Beurtei­lung, die der Agent nach einem relativen oder einem absoluten Wert anstellt.[26] Die hierbei verwendeten Bezeichnungen lauten: constant absolute risk aversation (CARA) und constant relative risk aversation (CRRA). Die Modellierung dieser Fra­gestellung hat einen enormen Einfluss auf die Lernfähigkeit der Agenten und darauf, wie genau das Modell die Realität widerspiegelt.[27]

Verbindet man diese Fähigkeiten, entsteht ein Agent der – eingefügt in ein System, bestehend aus mehreren Agenten – eine Basis für komplexe Problemlösungen ist. Allgemein ist eine Unterscheidung in drei Architekturen der Agenten möglich. Zum Einen in die horizontale Schichtenarchitektur, bei der die Wahrnehmungen parallel auf treffen die Schichten des Agenten auf und eine Aktion aus lösen, zum Anderen Die vertikale Schichtenarchi­tektur[28], bei der die Wahrnehmung auf eine Initialschicht trifft und dann weitergibt, wenn die Da­ten nicht verarbeitet werden können. Kann die Wahrnehmung nicht ver­arbeitet wer­den, wird sie an die darüberliegende Schicht weitergeleitet. Hier kann in zwei weitere Subarchitekturen unterschieden werden:

a) Ein-Weg-Kontrolle, die den Input in die nächste Schicht gibt, wenn eine
Schicht nicht angesprochen wird (2).
b) Die Zwei-Weg-Kontrolle sieht ein Durchleiten der Informationen durch den
Agenten vor (3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Schichtenarchitektur der Agenten[29]

Auch wenn bei der Betrachtung der Modelle und Systeme viele vergleichbare und dennoch differenzierbare Faktoren erkennbar sind, gibt es weitere Unter­schei­dungsmerkmale, die nicht in eine der vorher genannten Kategorien fallen. Diese werden bei der Modellbetrachtung entsprechend berücksichtigt und in diese Arbeit mit aufgenommen.

3.2 Der Markt und seine Einzelfaktoren

Im Gegensatz zu den Agenten hat der Markt nur einige wenige und eher allgemeine Faktoren. Zu den wichtigsten Fragen, die hier geklärt werden, gehört die Frage, um was für ei­nen Markt es sich handelt. Bei der Differenzierung der Preisbildung sind die folgenden Formen vorzufinden:

- Preisanpassungen,
- Marktbereinigungspreise,
- Orderbuch,
- Zufälliger Handel.

Die Preisanpassungen werden durch einen Market-Maker also einen eigenverant­wortliche Instanz, die für einen liquiden Markt sorge trägt vorgenommen. Der Mar­ket-Maker gibt einen Preis bekannt, woraufhin die Agenten die Größe der Position angeben, die bei diesem spezifischen Preis verkauft oder gekauft werden soll. Bei Überhängen auf der Kauf- oder Verkaufseite wird der Preis angepasst. Wenn also ein Nachfrageüberhang besteht, wird der Preis hingegen angehoben. Bei einem An­gebots­überhang wird der Preis gesenkt.[30] Als Resultat des Ungleichgewichtes kann sich der Preis lange auf einem Niveau halten, der nicht zu einer Marktbereinigung führt. Ein weiterer Diskussionspunkt ist das Verhalten bei einem Überhang auf der Nachfrageseite. Nach welchen Kriterien erfolgt eine Verteilung des vorhandenen Gutes? Erfolgt die Zutei­lung dann nach einer Quote?[31]

Eine andere Variante ist diejenige, die eine Marktbereinigung zulässt. Hierbei kann auch wieder ein Market-Maker eingesetzt werden; möglicherweise wird diese Auf­gabe von einem Auktionator wahrgenommen.[32] Diese Instanz erklärt verschiedene Preise als gültig. Die Agenten reichen bis zum Ende der „Auktion“ ununterbrochen ihre Ange­bote ein. Ist ein Preis gefunden, zu dem eine Marktbereinigung stattfinden kann, wird die Transaktion – also Marktbereinigung – durchgeführt.[33] Ein großer, sich hieraus ergebender Nachteil ist, dass kein fortlaufender Handel stattfindet, da es durch die Auktion zu Unterbrechungen kommt.[34] Weiterhin ist die Implementierung in ein Multi-Agenten-Modell komplexer.[35]

Ein weiterer Ansatz nutzt ein System, dass bereits in der realen Welt verwendet wird. Die zwei bekanntesten Ausprägungen sind die National Association of Securities Dealers Automated Quotation System (NASDAQ) und der Stock Exchange electronic Trading Service (SETS), der an der London Stock Exchange genutzt wird. Auch die deutsche Computerbörse Xetra[36], verwendet ein Orderbuch zur Preisfindung und Marktbereinigung. Hierbei werden Angebot und Nachfrage in einem „Buch“ ge­sam­melt und bei Übereinstimmung zusammengeführt. Auf die Darstellung im Modell wird in Kapitel 4.10 noch detaillierter eingegangen, da es in dem System nach Chia­rella & Iori so umgesetzt wurde.

Als letzten Marktmechanismus betrachten wir eine Variante, die dem Handel an dem Chicagoer Future-Markt nachempfunden ist. Auch der Devisenhandel könnte, mit seinem Telefonhandel, ein Vorbild gewesen sein. Es findet ein Handel auf zufälliger Basis statt. Die Parteien begegnen sich zufällig und handeln miteinander, sobald die Partei einen Vorteil für sich erkennen kann.[37]

Nachfolgende Tabelle stellt die ausgeführten Möglichkeiten in tabellarischer Form dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Übersicht der Preisbestimmungsarten

Eine weitere wichtige Grundlage ist die Frage, nach der Anzahl der Anlageformen. In den meisten Fällen stehen zwei Anlagen zur Verfügung unter denen die Agenten aus­wählen können.[38] Eines der Instrumente ist in aller Regel eine risikofreie An­lage während das Andere Aktien mit einer Dividendenzahlung sind.[39] Die risikofreie Anlage ist nicht limitiert, der Investor hat also die Möglichkeit bis einhundert Prozent seiner Anlage in ein risikofreies festverzinsliches Wertpapier anzulegen. Die As­setklassen können auf die Anlageopportunitäten in Währungen, also abhängig von Devisenwechselkursen, ausgeweitet werden.[40] In dem Modell von Kim & Marko­witz (1989) wurden weitere Assetklassen als Anlageform aufgenommen. Dieses Mo­dell – beeinflusst durch den 1987 stattgefundenen Kollaps der Finanzmärkte – gewähr­leistet das Absichern eines Portfolios.[41]

[...]


[1] Die Markteffizienz sagt aus, in welchem Ausmaß Informationen für Unternehmen verfügbar sind. Sind alle Informationen für jedermann zugänglich so ist der Preis einer Aktie das Abbild der vorhandenen Informationen.

[2] Vgl. Epple, U. (2000).

[3] Vgl. Franklin, S. / Graesser, A. (1996), S. 1 ff.

[4] Vgl. Tesfatsion, L. (Hrsg.) (2005a), S. 6.

[5] Vgl. Jennings, N. / Sycara, K. / Wooldridge, M. (1998), S. 2.

[6] Siehe hierzu Tesfatsion, L. (Hrsg.) (2005b), S.11 ff.

[7] Vgl. Epple, U. (2000), S. 49.

[8] Vgl. Farmer, J. D. (2001), S. 61.

[9] Vgl. Wooldridge, M. (1999), S. 30 ff.

[10] Eingetragene Marke der Deutsche Börse AG.

[11] Vgl. Deutsche Börse AG (2005).

[12] Vgl. Wagner, T. et al., S. 45.

[13] Vgl. Streltchenko, O. / Yesha, Y. / Finin, T., S. (o. Dat.) 6 ff.

[14] Vgl. Jennings, N. / Sycara, K. / Wooldridge, M. (1998), S. 8 ff. In Verbindung mit: Scheidt, M. (2002), S. 101 ff.

[15] Vgl. LeBaron, B. (Hrsg.) (2005), S. 8.

[16] Vgl. LeBaron, B. (Hrsg.) (2002), S.6 ff.

[17] Vgl. Levy, M. / Levy, H. / Solomon, S. (1994), S. 103.

[18] Vgl. LeBaron, B. (Hrsg.) (2005), S. 4.

[19] Vgl. De Grauwe, P. / Dewachter, H. / Embrechts, M. (1993), S.74.

[20] Vgl. De Grauwe, P. / Dewachter, H. / Embrechts, M. (1993), S.75.

[21] LeBaron, B. (Hrsg.) (1998), S. 4.

[22] Vgl. Benink, H. / Bossaerts, P. (2001), S. 1013 ff.

[23] Vgl. Bonabeau, E. (2002), S. 7280.

[24] Vgl. LeBaron, B. (Hrsg.) (2005), S. 8.

[25] Vgl. LeBaron, B. (Hrsg.) (2005), S. 9.

[26] Vgl. Tay, N. S. / Linn, S. C. (2001), S. 328.

[27] Vgl. LeBaron, B. (Hrsg.) (2005), S. 6.

[28] Vgl. Wooldridge, M. (1999), S. 61-63.

[29] In enger Anlehnung an Müller, J. P. / Pischel, M. / Thiel, M. (1995), S. 47.

[30] Vgl. Day, R. / Huang, W. (1990), S. 30.

[31] Vgl. LeBaron, B. (Hrsg.) (2005), S. 7.

[32] Vgl. Tesfatsion, L. (Hrsg.) (2005a), S. 25.

[33] Vgl. Arthur, W. B. et al. (1996), S. 24.

[34] Vgl. Farmer, J. D. (2001), S. 65.

[35] Vgl. LeBaron, B. (Hrsg.) (2005), S. 7.

[36] Eingetragene Marke der Deutsche Börse AG.

[37] Vgl. Beltratti, A. / Margarita, S. (1993), S. 495 ff.

[38] Vgl. Arifovic, J. (1996), S. 510. In Verbindung mit: Moshe, L. / Moshe, H. / Solomon, S. (1994), S. 104.

[39] Vgl. Palin, J. (2002), S. 3 ff.

[40] Vgl. Kareken, J. / Wallace, N. (1981), S. 1. In Verbindung mit: Arifovic, J. (1996), S. 1.

[41] Vgl. Kim, G. / Markowitz, H. M. (1989), S. 45.

Ende der Leseprobe aus 53 Seiten

Details

Titel
Finanzmarktsimulation - Analyse und Evaluation von Multi-Agenten-Modellen
Hochschule
Frankfurt School of Finance & Management
Note
gut
Autor
Jahr
2006
Seiten
53
Katalognummer
V71763
ISBN (eBook)
9783638623353
ISBN (Buch)
9783638705318
Dateigröße
2026 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In einzigartige Zusammenfassung diverser Modelle zur Simulation von Märkten mit Hilfe von Multi-Agenten-Systemen. Sonstige Unterlagen sind nur auf englisch verfügbar, deshalb biete diese Werk eine fundierte, wissenschaftliche Basis für weitere Forschungsansätze.
Schlagworte
Finanzmarktsimulation, Analyse, Evaluation, Multi-Agenten-Modellen
Arbeit zitieren
Torsten Beerweiler (Autor:in), 2006, Finanzmarktsimulation - Analyse und Evaluation von Multi-Agenten-Modellen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71763

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