Lange Zeit wurde das russische Mediensystem durch die staatliche Kontrolle geprägt. Dies gilt bereits für die Zarenzeit, in der das russische Zeitungswesen unter Peter dem Großen begründet wurde, genauso wie für die in der Sowjetepoche entstandenen Medien Hörfunk und Fernsehen. In der Zeit des Kommunismus wurde die Presse in hohem Maße dafür genutzt, die russische Bevölkerung im Sinne der KPdSU
zu lenken und zu manipulieren. Als dann während der Präsidentschaft Michail Gorbatschows im Sommer 1990 die Zensur der Presse abgeschafft wurde, konnten sich die Medien unter dem letzten Generalsekretär der KPdSU, wenn auch begrenzt, zu einem Mittel der pluralistischen Meinungsvielfalt entwickeln.
Zuerst soll der Frage nachgegangen werden, ob eine ausreichende rechtliche Grundlage für die Massenmedien existierte (Kapitel 2). Es gilt zu untersuchen, ob die Rechtsvorschriften Pressefreiheit und Unabhängigkeit der Medien in Russland garantieren können oder ob die rechtlichen Bedingungen eher zu einer Instrumentalisierung der Medien beitragen. Daher wird in diesem Kapitel auf ausgewählte, in der Regierungszeit Jelzins verabschiedete Gesetze eingegangen, die
sich mit Massenmedien beschäftigen. Insbesondere auf das Gesetz „Über die Presse und andere Mittel der Masseninformation“ vom Juni 1990. Formal gesehen ist das russische Pressegesetz eines der liberalsten der Welt und erfüllt wesentliche Forderungen demokratischer, westlicher Staaten bezüglich der Freiheit der Presse. Doch es ist zu hinterfragen, in wie weit sich dies in der Praxis widerspiegelt. So werden auch die anderen Gesetze sowohl inhaltlich dargestellt, als auch analysiert und kritisch bewertet.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Gesetzliche Rahmenbedingungen
- 2.1. Die Verfassung vom Dezember 1993
- 2.1.1. Grundzüge der Entstehung und Wirksamkeit der Verfassung
- 2.1.2. Medienrechtliche Bestimmungen in der Verfassung und ihre Einschränkbarkeit
- 2.2. Das Gesetz,„Über die Massenmedien“ von 1992
- 2.2.1. Vorgänger: Das sowjetische Pressegesetz
- 2.2.2. Inhaltliche Vorschriften des Gesetzes über die Massenmedien
- 2.3. Das Gesetz „Über das Staatsgeheimnis“ von 1993
- 2.4. Das Gesetz „Über Information, Informatisierung und den Schutz der Information\" von 1995
- 2.5. Probleme bei der Durchsetzung der rechtlichen Regelungen
- 3. Ökonomische Rahmenbedingungen für Massenmedien
- 3.1. Marktwirtschaftliche Reformen von 1992 und ihre Auswirkungen
- 3.2. Ökonomische Zensur - „Es ist sehr schwer, arm und gleichzeitig unabhängig zu sein“
- 3.3. Einstieg der Oligarchen und Entstehung privater Medienimperie
- 3.3.1. Die Oligarchen
- 3.3.2. Wladimir Gusinskij und Media-MOST
- 3.3.3. Boris Beresowskij und andere Medieninvestoren
- 3.3.4. Die Oligarchen und ihre inhaltliche Kontrolle der Massenmedien
- 3.4. Oligarchen, Medien und Politik – die Präsidentschaftswahl von 1996
- 3.4.1. Ausgangslage
- 3.4.2. Medien im Wahlkampf – Strategie und Einflussnahme Jelzins
- 3.4.3. Medien im Wahlkampf – Strategie und Einflussnahme der Oligarchen
- 3.4.4. Wahlkampf im Fernsehen
- 3.4.5. Auswirkungen der Wahl auf die Medien
- 4. Staatliche Einflussnahme auf die Massenmedien
- 4.1. Machtwechsel und die Massenmedien
- 4.2. Die Massenmedien unter dem Einfluss von Präsident und Parlament
- 4.3. Kurzfristige Zensur 1993
- 4.4. Entstehung staatlicher Medienimperien
- 4.5. Kontrollinstitutionen über die Massenmedien
- 5. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Entwicklung der Pressefreiheit in Russland während der Regierungszeit von Boris Jelzin (1991-1999). Sie befasst sich mit der Frage, inwieweit die Abschaffung der sowjetischen Zensur tatsächlich zu einer freien und unabhängigen Presse führte oder ob es auch unter Jelzin Einschränkungen der Pressefreiheit gab. Dabei werden sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen, die wirtschaftlichen Entwicklungen als auch die staatliche Einflussnahme auf die Massenmedien analysiert.
- Die Rolle der Verfassung und anderer Gesetze für die Pressefreiheit in Russland
- Der Einfluss marktwirtschaftlicher Reformen auf die Medienlandschaft
- Die Entstehung von privaten Medienimperien durch Oligarchen
- Die Bedeutung der Medien im Präsidentschaftswahlkampf von 1996
- Die staatliche Einflussnahme auf die Massenmedien unter Jelzin
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 befasst sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Massenmedien in Russland. Es werden wichtige Gesetze wie die Verfassung von 1993 und das Gesetz "Über die Massenmedien" von 1992 analysiert und ihre Bedeutung für die Pressefreiheit diskutiert. Kapitel 3 analysiert die ökonomischen Rahmenbedingungen für die Massenmedien und beleuchtet die Auswirkungen der marktwirtschaftlichen Reformen auf die Medienlandschaft. Besondere Aufmerksamkeit wird den Oligarchen gewidmet und ihrem Einfluss auf die Medien während des Präsidentschaftswahlkampfes von 1996. Kapitel 4 beleuchtet die staatliche Einflussnahme auf die Massenmedien unter Jelzin und untersucht, inwiefern Präsident und Parlament die Medien kontrollierten.
Schlüsselwörter
Pressefreiheit, Russland, Boris Jelzin, Verfassung, Massenmedien, Medienrecht, Oligarchen, Präsidentschaftswahl, Staatliche Einflussnahme, Wirtschaftsreformen, Zensur.
- Quote paper
- Anna Morozova (Author), 2007, Die Entwicklung der Pressefreiheit in der Regierungszeit von Boris Jelzin 1991-1999, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72758