Von der Kunst, die Kunst des Sterbens zu verlernen


Seminararbeit, 2006

17 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Vorwort
1.2 Definitionen und Fragestellungen

2. Die »Ars Moriendi« in der Literatur
2.1 Die ersten Trost spendenden Schriften
2.2 Die Blockbücher und die Bilder – Ars
2.3 Inhaltliche Struktur der Erbauungsliteratur
2.4 Verbreitung und Rezeption

3. Hintergrund und Intention der Kunst des Sterbens
3.1 These
3.2 Schlussbetrachtung

4. Anhang

4.1 Literaturverzeichnis

1.1 Vorwort

Vieles von dem, was die Menschen im Mittelalter beschäftigte und unmittelbarer Bestandteil ihres Lebens war, erscheint heute oftmals unwichtig oder ist einfach in Vergessenheit geraten. Traditionen und Bräuche sind, wie so vieles andere, denselben konjunkturellen Schwankungen ausgesetzt und werden nicht zuletzt lediglich aufgrund ihrer Nützlichkeit hin und wieder zum Gegenstand aktuellen Interesses. Der Tod aber ist bis heute ein allgegenwärtiger Begleiter einer jeden Zeit, einer jeden Kultur, ob nun bewusst oder unbewusst, ob willkommen oder gefürchtet.[1] Die Vergänglichkeit des irdischen Lebens wurde über Jahrtausende stets unterschiedlich bewertet. Dennoch gibt es eine klare Tendenz, die vor allem in der westlichen Welt sehr deutlich erkennbar ist. Bis in die Gegenwart hat sich eine Entwicklung vollzogen, deren wesentlicher Bestandteil das Ausblenden des Todes aus dem alltäglichen Leben ist und deren Resultat eine Tabuisierung von Sterben und Tod als unerwünschtes und doch wissentlich unvermeidliches Ende menschlicher Existenz zur Folge hatte.[2] Doch diese Art des Umgangs mit dem Tod ist in

Europa nicht immer so gewesen. Vor allem die enge Bindung großer Teile der Bevölkerung an den christlichen Glauben half den mittelalterlichen Menschen, sich mit ihrer eigenen Vergänglichkeit bewusster auseinanderzusetzen. Warum aber fällt es der heutigen Gesellschaft vergleichsweise schwer, ähnlichen oder gar denselben Strategien zu vertrauen, wie dies frühere Generationen taten? Das Wissen um Sterben und Tod ist heute sehr viel umfangreicher als noch vor 500 Jahren und dennoch scheint es, als wenn all diese Erkenntnisse nicht dazu beitragen konnten, eine Haltung gegenüber dem Tod zu entwickeln, die vergleichbar wäre mit der »Ars Moriendi«[3], wie sie die mittelalterlichen Menschen kannten. Die vorliegende Arbeit soll neben einer Einführung in die ideelle Charakteristik der Kunst des Sterbens, vor allem Aufschluss geben über die Art und Weise, wie ihre Inhalte transportiert und den Menschen vermittelt wurden. Darüber hinaus soll anhand verschiedener Fragestellungen zumindest ansatzweise versucht werden, die Bedeutung der »Ars Moriendi« insgesamt zu kennzeichnen.

1.2 Definitionen und Fragestellungen

Um verstehen zu können, was genau der mittelalterliche Mensch vorwiegend in Europa unter der »Ars Moriendi« verstand, ist es wichtig, sich mit den Umständen der Zeit, zumindest insofern sie von Bedeutung sind, zu beschäftigen. Der Tod nämlich, war nicht etwa wie in neueren Zeiten eine relativ berechenbare Größe. „Für ganze Generationen Vorfahren war es selbstverständlich, daß Sterben und Tod zu jeder Zeit eintreffen konnten“.[4] Vor dieser

Tatsache konnte angesichts von Hunger, Seuchen und Kriegen niemand die Augen verschliessen. Vielmehr galt es, dem Tod gegenüber die richtige Haltung einzunehmen. Wie aber gelangten die Menschen zu eben dieser Haltung? „Sie lernten Sterben“.[5] Natürlich stellt sich an dieser Stelle die berechtigte Frage, warum Sterben als unvermeidlicher Prozess überhaupt eines Einübens bedurfte. Ist nicht – biologisch betrachtet – Sterben ein Ablauf, der völlig unabhängig, wie gut man sich auch darauf vorbereitet, doch immer zum selben Resultat führt? Die entscheidende Komponente, welche den mittelalterlichen Menschen dieser eher nüchternen Perspektive keine Bedeutung beimessen ließ, war der Glaube.[6] Und „gerade weil der Begriff Ars Moriendi eine auch literarisch eindeutig identifizierbare theologische Herkunftsgeschichte hat, sollte die heutige Verwendung dieses Begriffs nicht einfach von dieser Herkunftsgeschichte und dem dort wirksamen Grundimpuls abgelöst werden“.[7] Grundvoraussetzung für die Akzeptanz einer Notwendigkeit dieser Kunst bildeten die Gefahren, die den Gläubigen gewahr waren und gegen die es sich zu wappnen galt. Daraus ergibt sich, dass diese Kunst nicht nur Religiösität vorraussetzte, sondern auch die Bereitschaft, sich bereits zu Lebzeiten aktiv mit dem Tod und eben jener Kunst des Sterbens auseinanderzusetzen. Im Folgenden soll nun untersucht werden, wie genau dies geschah

[...]


[1] Der unterschiedliche Umgang mit dem Tod und dem Sterben sei an dieser Stelle nur oberflächlich erwähnt, jedoch: „ Ob in Japan, in afrikanischen Kulturen oder in den mittelalterlichen Gesellschaften Europas, die Ver- storbenen [und somit der Umgang mit dem Tod] gehörten immer dazu“. ( Weltecke, Dorothea, Von der Kunst des Sterbens, S. 11, in: Paternoster, Nr. 2, Berlin, 2003). Im Gegensatz dazu steht die Entwicklung, auf die im Folgenden näher eingegangen werden soll.

[2] „Das ist ein neues, wirklich absolut beispielloses Phänomen. Der früher so gegenwärtige und derart vertraute Tod verliert sich und verschwindet. Er wird schamhaft ausgespart und zum verbotenen Objekt“. (Aariés, Philippe, Studien zur Geschichte des Todes im Abendland, S. 57, München, Wien, 1976

[3] Ars Moriendi, lat. Die Kunst des Sterbens

[4] Imhof, Arthur, Ars Moriendi, Die Kunst des Sterbens einst und heute, S. 12, hrsg. von Hubert Ch. Ehalt und Helmut Konrad, Kulturstudien Bibliothek der Kulturgeschichte, Bd. 22, Wien, 1991

[5] Ebd., S. 12

[6] Daher auch oft die Formulierung des „gottwohlgefälligen Sterbens“.

[7] Rolfes, Helmuth, Eine Sterbekunst aus der Sorge um das ewige Heil, S. 17, in: Ars Moriendi, Erwägungen zur Kunst des Sterbens, hrsg. von Harald Wagner, Freiburg, 1989

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Von der Kunst, die Kunst des Sterbens zu verlernen
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Geschichte)
Veranstaltung
Sterben und Tod im Mittelalter
Note
2,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
17
Katalognummer
V72888
ISBN (eBook)
9783638727990
ISBN (Buch)
9783640254156
Dateigröße
474 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In der Arbeit wird eine übersichtliche Einführung zum Thema Ars Moriendi im Allgemeinen gegeben und vor allem die dafür verwendeten Medien betrachtet. Dabei handelt es sich um kleine Sterbebüchlein, deren Entstehung, Zweck, Verbreitung und Inhalt erläutert werden. Nicht Bestandteil der Arbeit sind die einzelnen Bildnisse der Ars Moriendi Literatur.
Schlagworte
Kunst, Sterbens, Sterben, Mittelalter
Arbeit zitieren
Marcel Brauhardt (Autor:in), 2006, Von der Kunst, die Kunst des Sterbens zu verlernen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72888

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