Unser Referat im Hauptseminar „Soziologie des Konzentrationslagers“ befasste sich mit
den Opfern des Nationalsozialismus. Da uns bei einer intensiveren Auseinandersetzung
mit dem Referat vor allem die Beziehungen zwischen den Häftlingen im
Konzentrationslager interessiert haben, möchten wir in dieser Arbeit folgende These
bearbeiten: Es existierten keine solidarischen Beziehungen zwischen den Häftlingen in
den Konzentrationslagern.
Um dies untersuchen zu können, muss man sich auf die autobiografischen Zeugnisse
von den Überlebenden stützen, denn diese sind die wichtigsten Quellen unseres
Wissens. Sie liefern Informationen über das interne Funktionieren, das Verhalten der
Häftlinge und über die Erinnerung sowie die Verarbeitungsformen (vgl. Botz 1996, S.
48). Dabei tauchen allerdings folgende Grundprobleme auf: Einerseits stammen die
überwiegende Anzahl der Erinnerungsberichte, die nach 1945 verfasst wurden, von den
deutschen politischen Häftlingen. Diese stellten in den Lagern ab 1943 nur noch eine
Minderheit dar. Diesen Berichten folgten weitere, die oftmals weit nach 1945 verfasst
wurden aus der Häftlingsgruppe der Juden. Andererseits erlebten und verarbeiteten
ehemalige KZ-Häftlinge, unabhängig von ihrer individuellen Geschichte, mindestens
drei Umbruch- und Schocksituationen. Darunter zählten „die Verhaftung, die
traumatischen Erfahrungen im Konzentrationslager sowie die Befreiung und
Wiedereingliederung in die jeweilige Nachkriegsgesellschaft ihres Heimatlandes“
(Tuchel 1996, S. 224f). Diese drei Umbrüche hinterließen ihre Spuren. Das Sprechen
über die Zeit der Inhaftierung wurde vor allem durch die Haftzeit beeinflusst, welche
psychische und physische Schäden mit sich brachte. Somit war das Schweigen die
einzige Möglichkeit des Überlebens (vgl. ebd.). Weitere Grundprobleme zeigten sich
zum Beispiel bei den Bürgern und Bürgerinnen der ehemaligen Sowjetunion. Ihre
Erinnerungsarbeit ist in mehrfacher Hinsicht beeinflusst worden. Bis zu Stalins Tod
oder sogar darüber hinaus mussten die meisten das in Deutschland Erlebte
verschweigen und konnten höchstens im engsten Kreis der Familie und Nachbarschaft
davon erzählen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Grundlegende Begriffe
- Konzentrationslager
- Häftlingshierarchie
- Solidarische Beziehungen
- Gruppenbeziehungen
- Kommunistische Kapos
- Zeugen Jehovas
- Tschechen
- Sowjets
- Kriminelle Häftlinge
- Frauen
- Überlebensstrategien
- Grundlegende Verhaltensweisen des Überlebens
- Häftlingsgruppen
- Suche nach Ablenkung
- Fazit
- Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit setzt sich mit der These auseinander, dass es in den Konzentrationslagern keine solidarischen Beziehungen zwischen den Häftlingen gab. Sie analysiert anhand autobiografischer Zeugnisse von Überlebenden die Beziehungen zwischen den Häftlingen und die Überlebensstrategien, die sie entwickelten. Die Arbeit beleuchtet die Schwierigkeiten bei der Interpretation dieser Zeugnisse aufgrund unterschiedlicher Perspektiven und der traumatischen Erfahrungen der Überlebenden.
- Beziehungen zwischen Häftlingen
- Häftlingshierarchie und ihre Auswirkungen auf Beziehungen
- Überlebensstrategien in den Konzentrationslagern
- Bedeutung autobiografischer Zeugnisse für die historische Forschung
- Grenzerfahrungen im Leiden und ihre Auswirkungen auf das Individuum
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die These der Arbeit vor und beleuchtet die Herausforderungen bei der Analyse autobiografischer Zeugnisse von KZ-Häftlingen. Das erste Kapitel behandelt grundlegende Begriffe wie Konzentrationslager, Häftlingshierarchie und Solidarität. Der zweite Teil untersucht verschiedene Gruppenbeziehungen im KZ, darunter kommunistische Kapos, Zeugen Jehovas, Tschechen, Sowjets, kriminelle Häftlinge und Frauen. Der dritte Abschnitt befasst sich mit Überlebensstrategien, die Häftlinge entwickelten, einschließlich grundlegenden Verhaltensweisen, Häftlingsgruppen und der Suche nach Ablenkung.
Schlüsselwörter
Konzentrationslager, Häftlinge, Solidarität, Häftlingshierarchie, Überlebensstrategien, Autobiografische Zeugnisse, Traumata, Gruppenbeziehungen, Zeugen Jehovas, Kommunistische Kapos, Tschechen, Sowjets, Kriminelle Häftlinge, Frauen, Nationalsozialismus.
- Arbeit zitieren
- Anke Zimmermann (Autor:in), Judith Walther (Autor:in), 2006, Soziologie des Konzentrationslagers - "Es existierten keine solidarischen Beziehungen zwischen den Häftlingen in den Konzentrationslagern", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73405