In der Tradition der Operngeschichte spielte der Orpheus-Mythos seit jeher eine große Rolle. Die Vorlagen von Ovid und Vergil wurden stofflich immer wieder in verschiedenen Texten und Textarten verwendet. In Bezug auf die Oper nehmen hier besonders Poliziano, Rinuccini, Landi, Gluck und Claudio Monteverdi (1567-1643) zusammen mit seinem Librettisten Alessandro Striggio (ca. 1540- ca. 1592) eine gewichtige Position ein. Die beiden Letzteren wurden Anfang des 17. Jahrhunderts wohl von Francesco Gonzaga beauftragt, den Orpheus-Stoff in ein musikalisch-dramatisches Werk umzuarbeiten. Dafür spräche zumindest die Widmung, die dem Partiturdruck von 1609 vorsteht, und in der Monteverdi Gonzaga das Werk widmet. Die ursprüngliche Librettoversion, wie sie Striggio vorschlug, wurde 1607 vollendet. Aus Gründen, über die die heutige Wissenschaft nur noch spekulieren kann, wurde diese Schlussfassung Striggios jedoch von Monteverdi geändert. Der Partitur-Schluss war es schließlich auch, der für die letztendliche Duckfassung übernommen wurde. Die Uraufführung wurde im Palazzo Ducale gegeben, anwesend waren wahrscheinlich nur die Mitglieder der „Accademia degli Invaghiti“, der sowohl Gonzaga als auch Monteverdi angehörten. Nicht bekannt ist jedoch, welcher Schluss tatsächlich bei der Uraufführung vorgetragen wurde, zudem fehlt zum Libretto-Schluss die Vertonung.
Im Folgenden gilt es, die Unterschiede der beiden Schlüsse und deren Folgen für das gesamte Werk herauszuarbeiten. Daneben sollen die musikalischen Veränderungen Monteverdis und deren Auswirkungen auf den Stoff beziehungsweise auf die Konzeption der Orfeo-Figur aufgezeigt werden. Zudem wird dargelegt, wie sich Monteverdis Orpheus von seiner ursprünglichen Position als mächtiger Sänger zu einem Nicht-Helden wandelte.
Inhaltsverzeichnis
- Entstehungsgeschichte der „Favola d'Orfeo“ und Einführung in die Thematik
- Der Wandel der Oper in der Zeit Monteverdis
- Die beiden verschiedenen Schlüsse
- Der Librettoschluss
- Der Partiturschluss
- Libretto-Schluss vs. Partitur-Schluss
- Orpheus, der Nicht-Held
- Der ursprüngliche Mythos
- Die Ausgangssituation bei Monteverdi
- Das Versagen Orpheus'
- Orfeo vor Caronte
- Orpheus in der Unterwelt
- Orpheus nach dem Tod Eurydikes
- Die Ohnmacht der Musik Orfeos
- Monteverdis Musik „,mächtiger\" als die Figur Orfeo
- Die beiden verschiedenen Schlüsse
- Die „Favola d'Orfeo“ als absolute Apotheose der Musik.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit befasst sich mit dem Wandel der Oper am Beispiel von Monteverdis „Favola d'Orfeo“. Die Arbeit untersucht die beiden verschiedenen Schlüsse des Werkes und deren Auswirkungen auf den Orpheus-Mythos. Sie beleuchtet auch die musikalischen Veränderungen, die Monteverdi in seiner Komposition vollzogen hat und deren Einfluss auf die Figur des Orpheus.
- Die beiden verschiedenen Schlüsse des Werkes (Libretto- und Partitur-Schluss)
- Die Transformation des Orpheus-Mythos durch Monteverdi
- Der Wandel der Oper in der Zeit Monteverdis
- Die Bedeutung der Musik in Monteverdis „Favola d'Orfeo“
- Die Rolle des Komponisten in der Oper
Zusammenfassung der Kapitel
Entstehungsgeschichte der „Favola d'Orfeo“ und Einführung in die Thematik
Das erste Kapitel behandelt die Entstehungsgeschichte von Monteverdis „Favola d'Orfeo“, die Rolle des Orpheus-Mythos in der Operngeschichte und die Bedeutung von Poliziano, Rinuccini, Landi, Gluck und Monteverdi für die Entwicklung dieses Themas. Es wird erläutert, wie Monteverdi und Striggio den Stoff für die „Favola d'Orfeo“ bearbeiteten und welche Änderungen Monteverdi am ursprünglichen Libretto vornahm.
Der Wandel der Oper in der Zeit Monteverdis
Dieses Kapitel befasst sich mit dem Wandel der Oper im 17. Jahrhundert, insbesondere mit der Bedeutung Monteverdis als Wegbereiter der neuen Musik. Es wird beschrieben, wie Monteverdi seine Madrigaltechnik ausbaute und den „parlar cantando“ entwickelte, wodurch die Musik erstmals eine gleichwertige oder sogar überlegene Rolle zum Text einnahm.
Die beiden verschiedenen Schlüsse
Im dritten Kapitel werden die beiden verschiedenen Schlüsse des Werkes, der Libretto- und der Partitur-Schluss, im Detail analysiert. Es wird beleuchtet, wie sich die beiden Schlüsse inhaltlich voneinander unterscheiden und welche Auswirkungen diese Unterschiede auf die Gesamtkomposition haben. Es wird auch die Frage behandelt, welcher Schluss bei der Uraufführung vorgetragen wurde.
Orpheus, der Nicht-Held
In diesem Kapitel wird die Figur des Orpheus im Kontext des ursprünglichen Mythos und im Rahmen von Monteverdis „Favola d'Orfeo“ betrachtet. Es werden die Gründe für Orpheus' Versagen untersucht und die Rolle der Musik in seiner Geschichte analysiert. Es wird dargelegt, wie Monteverdi durch seine musikalischen Entscheidungen Orpheus zu einem „Nicht-Helden“ degradierte und gleichzeitig seine eigene Rolle als Komponist hervorhob.
Schlüsselwörter
Monteverdi, „Favola d'Orfeo“, Orpheus-Mythos, Oper, Musik, Text, Madrigaltechnik, „parlar cantando“, Libretto, Partitur, Schluss, Wandel, Nicht-Held, Mythos, Tragödie, Apotheose, Musikgeschichte, Italienische Philologie.
- Quote paper
- Alexander Strathern (Author), 2006, Orpheus, der Nicht-Held: Der Wandel der Oper anhand Monteverdis „La favola d’Orfeo“ und die beiden verschiedenen Schlüsse des Werkes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73529