Wenn Heidegger vom Gedächtnis als der Versammlung des Andenkens schreibt, weist uns das nicht zuletzt auch auf den fragmentarischen Charakter der Erinnerungen hin, der Gedächtnis konstituiert. Axel Hackes Deutschlandalbum kann als die Sammlung einer Vielzahl von subjektiven Andenken in Form von Text und Bild begriffen werden – ein Denken an Deutschland. Diese Sichtweise legt die Vermutung nahe, dass wir es mit einer Art von literarischem Gedächtnis zu tun haben. Aber wie und in welcher Weise? Der literaturwissenschaftliche Gedächtnisdiskurs der letzten Jahrzehnte bietet uns drei verschiedene Grundrichtungen an, auf die wir zurückgreifen können. Zum einen die Beschäftigung mit dem Gedächtnis der Literatur (als genitivus subjectivus oder objectivus), zum zweiten mit dem Gedächtnis in der Literatur und zuletzt mit der Literatur als Medium des Gedächtnisses. Für diese Arbeit ist vor allem der letzte Ansatz äußerst spannend, weil das Album als spezifische mediale Form eine besondere Art eines kulturellen Gedächtnismediums darstellt und seinen Inhalt in eine Disposition bringt. Eine bestimmte Anordnung setzt eine Art von Konstruktion voraus, was unter literaturwissenschaftlichen Gesichtspunkten zu der Frage nach den Charakteristika und Effekten dieser Konstruktion führt. Im Vorwort schreibt Axel Hacke zu der Idee des Albums: „Später schaut man alles an […] und sagt: So war das. Hatte ich schon ganz vergessen“ . In diesem Satz ist das Programm des Buches im Hinblick auf die Form des Albums als Gedächtnis impliziert. Das Programm zu erinnern. Sofort stellt sich jedoch die Frage, was genau erinnert wird. Sind es, wie man zunächst vermuten könnte, das Allgemeine und das Typische der Figuren oder der Geschichten, die erzählt werden? Oder wird im Akt des Andenkens bei der Lektüre von Hackes Deutschlandalbum noch etwas anderes evoziert als die oberflächlichen Klischees, die sich im Text zunächst ausmachen lassen?
Inhaltsverzeichnis
- Versammlung des Andenkens
- Die zwei, Bilder
- Verschiedene Wirkungsstrategien
- Flächen der Abwesenheit
- Berührungsflächen von Text und Bild
- Dominanz und Steuerung
- Suggerierte Mündlichkeit
- Typische Amateurfotos
- Die doppelte Typisierung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay untersucht Axel Hackes „Deutschlandalbum“ als eine literarische Form des kulturellen Gedächtnisses, die durch Text und Bild ein subjektives Andenken an Deutschland konstruiert. Dabei analysiert er die spezifischen Wirkungsstrategien der Bilder, die Beziehung zwischen Text und Bild sowie die Typisierung des Erzählten und des Erzählenden im Album.
- Gedächtnis als Konstruktion und die Rolle des „Deutschlandalbums“ als Medium des kulturellen Gedächtnisses
- Analyse der Wirkungsstrategien von Text und Bild im „Deutschlandalbum“
- Die Rolle der Typisierung im Text und im Album als Ganzes
- Die Beziehung zwischen Text und Bild als Ausdruck von Dominanz und Steuerung
- Die Konstruktion des Andenkens durch das „Deutschlandalbum“ im Vergleich zu anderen literarischen Werken
Zusammenfassung der Kapitel
Versammlung des Andenkens
Das Kapitel stellt das „Deutschlandalbum“ als eine Sammlung subjektiver Andenken in Form von Text und Bild vor und diskutiert die Relevanz der Gedächtnisforschung in der Literaturwissenschaft. Es wird die These aufgestellt, dass das Album eine spezifische mediale Form darstellt, die eine besondere Art eines kulturellen Gedächtnismediums repräsentiert.
Die zwei, Bilder
Dieses Kapitel untersucht die beiden Bilder im Kapitel „Die zwei“ und deren spezifische Wirkungsstrategien. Es stellt die unterschiedlichen Funktionen der Bilder dar und analysiert, wie sie in den Text integriert sind. Das Kapitel vergleicht auch die Wirkungsstrategien der Bilder in Hackes Album mit denen von John Heartfield.
Verschiedene Wirkungsstrategien
Das erste Bild, auf dem Blesing und Menasse abgebildet sind, wirkt wie ein Schnappschuss, während das zweite Bild durch seine Symbolik einen direkten Bezug zum typisch Deutschen herstellt. Es werden die Unterschiede in der Inszenierung der Bilder sowie ihre jeweiligen Bedeutung im Kontext des Textes analysiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter des Essays umfassen „Gedächtnis“, „Andenken“, „Deutschlandalbum“, „Text-Bild-Relationen“, „Typisierung“, „Kulturelles Gedächtnis“, „Wirkungsstrategien“, „Subjektivität“, „Stereotype“, „Klischees“, „Familie“, „Prominenz“, „Ordentlichkeit“, „Beobachtung“, „Amateurfotografie“, „Deutschland als Bilderbuch“.
- Quote paper
- Jan-Henning Sommer (Author), 2007, Typische Mnemosyne - Konstruktion des Andenkens in Axel Hackes "Deutschlandalbum", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73549