Der Jemen ist eine typische Präsidialrepublik: Ein starker Präsident steht an der Spitze eines zentralistisch organisierten Staates. Er hat eine Fülle an Machtbefugnissen in seinen Händen und lenkt so das politische Geschäft. Üblicherweise gibt es neben dem Präsidenten auch noch eine Legislative in Form eines Parlaments, doch ist diese oft mit zu wenig Kompetenzen ausgestattet, als dass sie den politischen Prozess - in dem Maße wie der Präsident - lenken kann. Beim Blick auf die Verfassung des Jemens, scheint sich dieser Eindruck zu bestätigen. Ein starker Präsident und eine relativ schwache Legislative, die in einen Konsultativrat und einer Abgeordnetenkammer gespalten ist.
Doch ist das auch die politische Realität? Ist der Präsident als Staatsoberhaupt wirkliche so stark wie es laut Verfassung aussieht? Ein Blick über die Stadtmauern von Sanaa hinaus zeigt, dass es neben dem Staatsapparat noch andere Machtfaktoren gibt, die das politische Geschehen stark beeinflussen. Jemen ist seit Jahrhunderten von tribalen Strukturen geprägt, die auch heute noch das gesellschaftliche Leben durchziehen. Diese hierarchisch organisierten Stämme haben einen unheimlich großen Einfluss auf das Leben in bestimmten Regionen des Landes, so dass die starke Hand des Präsidenten dort nicht die Macht hat, die sie gern hätte. Stammesrecht wird von den Mitgliedern eines Stammes wichtiger empfunden als das Recht, dass in der Verfassung steht.
Welchen Auswirkungen diese Machtkonstellation auf das politische System hat, soll in der folgenden Arbeit beleuchtet werden. Dabei soll es zunächst darum gehen, das politische System anhand der Verfassung darzustellen, und dem den Einfluss der Stämme gegenüberzustellen. In einem weiteren Kapitel soll betrachtet werden, was Max Weber unter einem starken Staat verstanden hat und davon ausgehend untersucht werden, ob Jemen ein solch starker Staat ist.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Das politische System Jemens
- 2.1 Der Staatsaufbau laut Verfassung
- 2.1.1 Die Legislative
- 2.1.2 Die Exekutive
- 2.1.3 Die Judikative
- 2.2 Reale Machtverhältnisse im Jemen
- 3 Tribale Strukturen im Jemen
- 3.1 Interne Stammesstruktur
- 3.2 Äußere Stammesordnung
- 3.3 Verhältnis zwischen Staat und Stamm
- 4. Jemen - ein schwacher Staat?
- 4.1 Staatsbegriff bei Max Weber
- 4.2 Gültigkeit der Kriterien eines Staates im Fall des Jemen
- 4.2.1 Staatsgebiet und Staatsvolk
- 4.2.2 Staatsgewalt
- 5. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das politische System des Jemen und analysiert die Bedeutung tribaler Strukturen für die Machtverhältnisse im Land. Die Arbeit stellt das politische System Jemens anhand der Verfassung dar und beleuchtet die Rolle des Präsidenten und der Legislative. Des Weiteren wird der Einfluss tribaler Strukturen auf die politische Landschaft des Jemen untersucht.
- Das politische System Jemens und seine Verfassungsmäßige Struktur
- Die Macht des Präsidenten und der Einfluss der Legislative im politischen Prozess
- Der Einfluss tribaler Strukturen auf das gesellschaftliche und politische Leben
- Das Verhältnis zwischen dem Staat und den Stämmen
- Die Frage, ob Jemen ein starker Staat im Sinne von Max Weber ist
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Jemen als typische Präsidialrepublik vor, in der der Präsident über eine große Machtfülle verfügt. Sie betont jedoch auch die Präsenz tribaler Strukturen, die das politische Geschehen beeinflussen. Das zweite Kapitel untersucht das politische System Jemens anhand der Verfassung und beschreibt die Struktur der Legislative, Exekutive und Judikative. Im dritten Kapitel werden die tribalen Strukturen und ihre Auswirkungen auf das gesellschaftliche und politische Leben analysiert. Das vierte Kapitel befasst sich mit der Frage, ob Jemen ein starker Staat im Sinne von Max Weber ist.
Schlüsselwörter
Jemen, politische System, Präsidialrepublik, Verfassung, Präsident, Legislative, Exekutive, Judikative, tribale Strukturen, Stämme, Staatsbegriff, Max Weber, schwacher Staat
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- Hana Gunkel (Author), 2006, Jemen – ein schwacher Staat zwischen starkem Präsidenten und tribalen Strukturen? , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73660