Wirtschaftsskandale und Wirtschaftsverbrechen haben seit geraumer Zeit erhebliche Konjunktur und damit ihren festen Platz in den Schlagzeilen der Tagespresse und in der Berichterstattung des Fernsehens. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht in Aufsehen erregender Weise von neuen Skandalen oder Straftaten – „Dienstreisen“ bei VW, Schmiergeldskandale bei Siemens – berichtet wird.
Dabei gewinnt man den Eindruck, dass das Wirtschaftsstrafrecht wichtiger, aber auch machtloser denn je ist. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass förmliche Gerichtsverfahren, soweit sie denn überhaupt stattfinden, mit Sanktionen enden, die im Verhältnis zu den abgeurteilten Taten der Akteure in keiner Weise tat- und schuldangemessen erscheinen – Einstellung des Verfahrens gegen Ackermann im Mannesmann-Prozess nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 5,8 Millionen Euro, Bewährungs- und Geldstrafe für Hartz in der VW-Affäre.
Anhand dieser augenscheinlichen Ohnmacht des Wirtschaftsstrafrechts gegenüber der ausufernden Wirtschaftskriminalität wird wirtschaftsethischen Leitlinien, vor allem auf Seiten der Wirtschaft selbst, ein immer höherer Stellenwert eingeräumt. Nicht zuletzt hat die skizzierte Entwicklung der letzten Jahre auch auf Seiten der Wirtschaftsunternehmen den Druck erzeugt, dem so entstandenen negativen Bild in der Öffentlichkeit entgegenzutreten. Deshalb reagiert die Wirtschaft auf den kritischen öffentlichen Diskurs , um sich gegen Kritiker zu wappnen. Zudem ist in den Wirtschaftsunternehmen durchaus das Bewusstsein vorhanden, dass Verstöße gegen Strafgesetze mit erheblichen direkten und insbesondere indirekten (Imageschaden!) finanziellen Risiken verbunden sein können. Der Zwang des Strafrechts und der Moral zeitigt hier durchaus seine Wirkung und kann in Überlegungen zu Risiken einer Negativ-Werbung münden, wie man am Beispiel der Leitlinien der Bayer AG sehen kann:
„Das Unternehmen respektiert das geltende Recht und verlangt das Gleiche von seinen Mitarbeitern und Geschäftspartnern. Das Unternehmen achtet geltendes Recht, unabhängig davon, ob es sich um überstaatliches oder lokales Recht handelt... .“
Ziel dieser Untersuchung ist es aufzuzeigen, inwieweit wirtschaftsethische Leitlinien in der Unternehmenspraxis tatsächlich zur Prävention von Wirtschaftskriminalität in Unternehmen beitragen können.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung und Untersuchungsgegenstand
- II. Begriff und Definition Wirtschaftskriminalität
- III. Hohe und enttäuschte Erwartungen an das Strafrecht
- IV. Federal Sentencing Guidlines als Ergänzung oder Alternativen zum Wirtschaftsstrafrecht?
- 1. Corporate Governance – Deutscher Corporate Governance Kodex
- 2. Compliance
- 3. Integrity Tests
- V. Business Ethics, Corporate Governance und Compliance als wirksame Leitlinien zur Prävention von Wirtschaftskriminalität?
- VI. Empirische Untersuchungen über den Einfluss der Corporate Governance auf den Unternehmenserfolg
- VII. Kritische Würdigung der Business Ethics
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Untersuchung hat zum Ziel, zu analysieren, inwieweit wirtschafts-ethische Leitlinien in der Unternehmenspraxis tatsächlich zur Prävention von Wirtschaftskriminalität in Unternehmen beitragen können.
- Definition von Wirtschaftskriminalität
- Erwartungen und Grenzen des Strafrechts
- Rolle von Corporate Governance und Compliance
- Empirische Forschung zum Einfluss von ethischen Leitlinien
- Kritische Würdigung der Business Ethics
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung und Untersuchungsgegenstand
Die Einleitung stellt den Kontext der Untersuchung dar, indem sie auf die aktuelle Relevanz von Wirtschaftskriminalität und die vermeintliche Ohnmacht des Strafrechts hinweist. Die Untersuchung soll beleuchten, ob wirtschafts-ethische Leitlinien eine wirksame Präventionsmaßnahme darstellen können.
II. Begriff und Definition der Wirtschaftskriminalität
Dieses Kapitel beleuchtet die verschiedenen Definitionen von Wirtschaftskriminalität, sowohl aus kriminologischer als auch aus strafrechtlicher Perspektive. Die Untersuchung beschränkt sich auf Fälle, in denen Unternehmen mit verschiedenen Zuständigkeiten und Freiräumen zu delinquentem Verhalten ausgenutzt werden, insbesondere auf strafbare Verhaltensweisen auf höherer Unternehmensebene.
III. Hohe und enttäuschte Erwartungen an das Strafrecht
Das dritte Kapitel analysiert die Grenzen des Strafrechts im Kampf gegen Wirtschaftskriminalität. Es werden Beispiele für die vermeintliche Ohnmacht des Strafrechts im Umgang mit Wirtschaftsdelikten genannt, wie z.B. die Einstellung des Verfahrens gegen Ackermann im Mannesmann-Prozess.
IV. Federal Sentencing Guidlines als Ergänzung oder Alternativen zum Wirtschaftsstrafrecht?
In diesem Kapitel werden die Federal Sentencing Guidelines als ein möglicher Ansatz zur Ergänzung oder als Alternative zum Wirtschaftsstrafrecht diskutiert. Es wird die Bedeutung von Corporate Governance, Compliance und Integrity Tests als Instrumente zur Prävention von Wirtschaftskriminalität beleuchtet.
V. Business Ethics, Corporate Governance und Compliance als wirksame Leitlinien zur Prävention von Wirtschaftskriminalität?
Kapitel V befasst sich eingehender mit den Konzepten der Corporate Governance, Compliance und Integrity Tests. Es wird die Bedeutung dieser Leitlinien für die Unternehmenspraxis und ihre mögliche Wirkung auf die Prävention von Wirtschaftskriminalität untersucht.
VI. Empirische Untersuchungen über den Einfluss der Corporate Governance auf den Unternehmenserfolg
Dieses Kapitel analysiert empirische Studien, die den Einfluss von Corporate Governance auf den Unternehmenserfolg untersuchen. Dabei werden die Auswirkungen der Corporate Governance auf die Prävention von Wirtschaftskriminalität in den Fokus genommen.
VII. Kritische Würdigung der Business Ethics
Der letzte Abschnitt der Untersuchung widmet sich einer kritischen Würdigung der Business Ethics. Es werden die Stärken und Schwächen dieser ethischen Leitlinien im Kampf gegen Wirtschaftskriminalität beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen der Untersuchung sind Wirtschaftskriminalität, Corporate Governance, Compliance, Business Ethics, Integrity Tests, Prävention, Unternehmenserfolg und empirische Forschung. Die Untersuchung fokussiert auf die Rolle von wirtschafts-ethischen Leitlinien als Präventionsmaßnahme im Kontext von Unternehmensdelikten.
- Quote paper
- Jörn Baier (Author), 2007, Wirtschaftsethische Leitlinien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73681