Integration eines Konsignationslagersystems in Verbindung mit EDI in das Vertriebskonzept

Am Beispiel der Firma Sanetta


Diploma Thesis, 1997

45 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

I. EINFÜHRUNG
1. Themenstellung und Aufbau der Arbeit
2. Die Begriffe „Konsignationslager“ und „EDI“
3. Kurzportrait der Firma Sanetta
4. Die Ausgangssituation
5. Argumente für die Vertriebsvariante „Depot“ und den Einsatz von EDI

II. DAS ANGESTREBTE KONZEPT
1. Änderungen bei der Auftragserfassung und Erstlieferung
2. Automatische Fakturierung und Nachlieferungen
3. Regelungen zum Saisonwechsel

III. VORAUSSETZUNGEN UND UMSTELLUNGEN BEI SANETTA
1. Juristische Betrachtung
a) Rechtliche Grundlage
b) Anforderungen an einen Konsignationslagervertrag
c) Rechtslage bei EDI
2. Technische Anforderungen
a) Voraussetzungen beim Handel
b) Hardwarevoraussetzungen beim Lieferanten
c) Softwarevoraussetzungen beim Lieferanten
d) Die Verbindung zwischen Lieferant und Handel
e) Datenschutz und Datensicherheit
3. Organisatorische Anforderungen beim Lieferanten
a) Integration des Konzepts
b) Umstellungen im Bereich der EDV
c) Umstellungen in der Finanzbuchhaltung (FiBu)
d) Personelle Anforderungen
e) Sonstige Anpassungen

IV. ANALYSE
1. Quantifizierbare Vor- und Nachteile
a) Mehrkosten des Depotkonzepts
b) Einsparungen durch das Depotkonzept
2. Investitionsrechnung
a) Kapitalwertermittlung
b) Dynamische Amortisationsrechnung
c) Sensitivitätsanalyse
3. Nicht quantifizierbare Vor- und Nachteile
a) Qualitative Vorteile
b) Qualitative Nachteile
4. Nutzwertanalyse

V. AUSWERTUNG
1. Diskussion der Analysen
a) Kritische Betrachtung der Kapitalwertmethode
b) Kritische Betrachtung der dynamischen Amortisationsrechnung
c) Kritische Betrachtung der Sensitivitätsanalyse
d) Kritische Betrachtung der Nutzwertanalyse
2. Konsequenzen der Nichteinführung

VI. Handlungsempfehlung und Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Ehrenwörtliche Erklärung

I. EINFÜHRUNG

1. Themenstellung und Aufbau der Arbeit

In den letzten Jahren brachte der Eintritt in das Kommunikationszeitalter rasante Veränderungen mit sich. Durch die Entwicklung der modernen Kommunikationstechnik können immer schneller immer umfangreichere Informationen in den Unternehmen aber vor allem auch zwischen den Unternehmen ausgetauscht werden. Das weltweite Internet boomt und ist zu einem wichtigen Medium geworden. Die Technik läßt sich dabei sehr vielfältig und in sehr vielen Bereichen nutzen. So entstand schon früh der Gedanke, im Geschäftsverkehr Daten elektronisch zu übertragen. Eine Anwendung dieser Idee in Kombination mit einer neuen Vertriebsvariante stellt das Depot- oder Konsignationslager-Modell dar, dessen eventuelle Einführung beim Kinderbekleidungshersteller Sanetta mit dieser Arbeit untersucht und beurteilt werden soll. Dabei soll nicht nur geklärt werden, wie diese Vertriebsform aussieht und welche Umstellungen sie im Unternehmen verursachen würde, sondern auch analysiert werden, ob der Einsatz des Systems - zunächst mit einem Kunden - bereits rentabel wäre.

Im ersten Abschnitt dieser Diplomarbeit werden die Begriffe „Konsignationslager“ und „EDI“ erläutert, die Firma Sanetta und die Ausgangssituation vorgestellt und Gründe für die Einführung der Vertriebsvariante Depot mit EDI geschildert.

Anschließend soll im zweiten Abschnitt das angestrebte Konzept dargestellt werden. Es wird auf die Unterschiede der Variante gegenüber dem herkömmlichen Modell hinsichtlich des gesamten Ablaufs eingegangen, von der veränderten Auftragserfassung bis zum neu geregelten Saisonwechsel.

Die Voraussetzungen und Umstellungen bei Sanetta werden im dritten Abschnitt beleuchtet. Mit einer kurzen juristischen, technischen und organisatorischen Betrachtung soll herausgearbeitet werden, in welchen Bereichen sich Änderungen ergeben und welche Anforderungen an Sanetta gestellt werden.

Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit soll durch den vierten Abschnitt gebildet werden. Nach Darlegung der quantifizierbaren Vor- und Nachteile des Depot-Systems wird eine Kapitalwertanalyse, eine dynamische Amortisationsrechnung und eine Sensitivitätsanalyse Aufschluß darüber geben, ab wann, unter welchen Voraussetzungen und mit welchem Gewinn die Investition sich lohnt. Ebenfalls in diesem Abschnitt werden auch die qualitativen Vor- und Nachteile vorgestellt und in einer Nutzwertanalyse gewichtet und bewertet.

Der fünfte Abschnitt beinhaltet die Auswertung der Analysen und zeigt Alternativen auf. Eine auf den Ergebnissen dieser Diplomarbeit basierende Handlungsempfehlung soll dann im Anschluß eine Hilfestellung bei der Investitionsentscheidung geben.

Das Ende der Diplomarbeit bildet die „Schlußbetrachtung“, in der ein abschließendes Resümee gezogen wird.

2. Die Begriffe „Konsignationslager“ und „EDI“

Die Bezeichnung „Konsignationslager“ wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur sehr selten erwähnt. Im Allgemeinen trifft man den Terminus lediglich in Standardlexika an, wo ihm zwei Bedeutungen zugewiesen werden:

· zum einen im Zusammenhang mit dem „Konsignationshandel“, einer Form des Kommissionsgeschäfts: Das Konsignationslager dient hierbei zur Aufnahme der Exportware des Konsignanten[1], der Eigentümer der Güter bleibt. Der Konsignator[2] verkauft die Ware auf Rechnung des Konsignanten und erhält dafür eine Provision. Ist das Lager ein Freilager, dann muß nur entnommene Ware verzollt werden, was Vorteile bei unverkäuflichen Gütern bedeutet, da hier die aufwendige Zollrückerstattung nicht beantragt werden muß (vgl. Gablers Wirtschaftslexikon, 1995, Sp. 2932).

· zum anderen als „Spezialfall der Lagerwirtschaft: Ein vom Lieferanten auf seine Kosten beim Besteller bereitgestellter Warenbestand“ (Gablers Wirtschaftslexikon, 1995, Sp. 2933). Konsignationslager werden auch als Auslieferungslager oder Depot bezeichnet (Vgl. BREUNINGER, 1994, S. 5)[3]. Die Rechnungsstellung erfolgt dabei erst nach Übermittlung der Abverkäufe an den Lieferanten, ist also zeitlich nicht mehr an die Auslieferung gekoppelt. Ebenso wie in der ersten geschilderten Begriffserklärung bleibt die Ware Eigentum des Produzenten, solange sie nicht weiterverkauft wird.

Der wenig ausgeprägte Unterschied zwischen beiden Ansätzen liegt in der Vergütung des Konsignators (im einen Fall Provision, im anderen Handelsspanne) sowie im Motiv des Herstellers, diese Vertriebsform zu wählen.[4]

An diesem Punkt gilt es festzustellen, daß das von SANETTA anvisierte Depot-System der zweiten Definition nicht exakt zugeordnet werden kann, da in der Literatur üblicherweise davon ausgegangen wird, daß es sich im Konsignationsgeschäft bei dem Lieferanten um einen Produzenten von Investitionsgütern handelt. Die Umsetzung des Gedankens auf die Beziehungsebene Konsumgüterhersteller Û Händler ist weniger Gegenstand theoretischer betriebswirtschaftlicher Darstellungen als vielmehr praktische Existenz in einigen Bereichen der Textil- und Bekleidungsindustrie bzw. des Textilhandels.

Das Kürzel „EDI“ steht für „Electronic Data Interchange“[5] und bezeichnet „...den elektronischen, unternehmensübergreifenden Austausch strukturierter Geschäftsdokumente.“ (Deutsch, 1995, S. 1). In einer anderen Definition wird EDI als Austausch „...von strukturierten Daten zwischen verschiedensten Branchen und Unternehmen unabhängig von der in den Unternehmen eingesetzten Hardware, Software und Datenübertragungsart.“ verstanden (er.com, 1992, S. 13). Auf die Praxis angewandt soll EDI Unternehmen dazu verhelfen, Mitteilungen und Informationen wie z.B. Bestellungen, Rechnungen, usw. statt auf den herkömmlichen Wegen (Post, Telefax, etc.) per elektronischer Datenübertragung an andere Unternehmen weiterzugeben. Dafür werden einheitliche Standards benötigt, um die Daten verschiedenster EDV-Systeme aufeinander abzustimmen.

Der Grundgedanke, Geschäftsdokumente elektronisch zu übertragen und dafür geeignete Normierungen zu finden, beschäftigte bereits ab 1972 eine von der „Economic Commission for Europe of the United Nations“[6] (UN/ECE) gegründete Arbeitsgruppe mit der Kurzbezeichnung „WP.4“[7] (Working Party 4). Sie erarbeitete die UN/EDIFACT-Regelungen, die 1987 von der UN/ECE veröffentlicht wurden (Vgl . Bekleidung/Wear, 1993d, S. 16f.). Edifact steht dabei für „Electronic Data Interchange For Administration, Commerce And Transport“[8] und wurde noch im gleichen Jahr zu einer ISO-, CEN- und DIN-Norm[9] erhoben (Vgl. Krallmann/Kundt/Afshar, 1995, S. 91). EDIFACT ist als „Baukasten“ ausgelegt, in dem sich z.B. jeder Nachrichtentyp aus fest definierten Elementen zusammensetzt, die selbst wiederum genau definiert sind. So sind sowohl EDI-Unterbauten (sog. „Subsets“), wie z. B. EDITEX[10], möglich, als auch der gesamte Ausbau von EDI bei voller Kompatibilität zu bisherigen Normen (Vgl. Bekleidung/Wear, 1993d, S. 18). Trotz der Entwicklung vieler anderer Formate, wie bspw. SEDAS („Standardregelungen Einheitlicher Daten-Austausch-Systeme“), hat sich mittlerweile EDIFACT als Bedeutendstes und Weitverbreitetstes durchgesetzt.

3. Kurzportrait der Firma SANETTA

Sanetta ist ein Hersteller hochwertiger Oberbekleidung, Schlafwäsche und Unterwäsche für Babies, Klein- und Schulkinder. Seit der Gründung im Jahre 1957 wuchs der Familienbetrieb zu einem auch international operierenden Unternehmen (Exporte in die meisten europäischen Länder und in geringerem Umfang nach Nordamerika und in einige arabische Länder) mit ca. 1350 Mitarbeitern, davon etwa 500 im Ausland und einem Jahresumsatz 1996 von ungefähr 142 Mio. DM an.

Im Bereich Unterwäsche ist Sanetta Marktführer in Deutschland mit einem Output von fast 9 Mio. Teilen im Jahr, bei der Oberbekleidung (OB) und Schlafwäsche (SW) gehört die Firma zum Kreis der wichtigsten Markenanbieter. Allerdings wird allein durch die OB mehr als 52% des Umsatzes erwirtschaftet.

Neben dem Hauptsitz in Meßstetten und vier nahegelegenen Filialbetrieben in Deutschland betreibt SANETTA weitere sechs Werke in Griechenland, der Türkei und Rumänien.

In Unterwäsche und für einen Teil der Schlafwäsche bietet SANETTA einen ganzjährigen Lagerservice. Das mit modernster Technologie ausgestattete Hochregallager hat ein Fassungsvermögen von über 2,5 Millionen Teilen, so daß bei allen Katalogartikeln sehr kurzfristig und auch in großen Mengen Lieferfähigkeit gewährleistet ist.

4. Die Ausgangssituation

Um das geplante Depot-Konzept mit seinen Unterschieden zur bisherigen Handhabung darzustellen, soll hier zunächst die Ausgangssituation beschrieben werden.

In der Konfektion gilt üblicherweise das Vororder-Prinzip, d.h. die Industrie produziert auftragsbezogen mit einem Vorlauf der Aufträge von 3-5 Monaten vor Auslieferung. Dadurch ergeben sich selten - und wenn dann nur geringe - Überhänge. Jede Saison bestellt der Handel also im voraus die Artikel und Quantitäten, die er aufgrund seiner Einschätzung für absetzbar hält. Produkte, die modischen Trends nicht so stark unterworfen sind, wie z.B. weiße (Standard-) Unterwäsche oder Strümpfe, die also nahezu saisonunabhängig sind, werden hingegen manchmal als Stapelartikel[11] geführt oder über mehr als eine Saison im Sortiment gehalten (Vgl. Bachem, 199???, S. 4).

Bei SANETTA gilt für alle Artikel, also auch für die Unterwäsche (Abk.: UW), daß die Ware zunächst vorgeordert wird, d.h. daß Bestellungen aufgegeben werden, die erst zu späteren Terminen ausgeliefert werden.[12] Im Gegensatz zur Oberbekleidung (OB) und teilweise der Schlafwäsche (SW) können die Kunden jedoch auch während einer Saison UW-Artikel beziehen, da SANETTA diese z.T. auf Lager produziert. Die entsprechenden Teile können aus dem für jeweils eine Saison gültigen SANETTA -Katalog nachgeordert werden (sog. „Sofortauftrag“).

Der bislang gültige Ablauf stellt sich wie folgt dar:

1. Der Kunde bestellt beim SANETTA -Vertreter anhand der Musterkollektion die von ihm gewünschten Teile.
2. Die Order wird mit Computer erfaßt und gelangt per Datenfernübertragung (DFÜ) in das Inhouse-System[13] von SANETTA.
3. Die Teile werden produziert und zum gewünschten Termin geliefert und fakturiert.
4. Bei weiterem Bedarf ordert der Kunde aus dem Katalog zusätzliche Ware (nur bei UW und den am stärksten vorgeorderten Artikeln in SW).
5. Der Sofortauftrag wird verschickt und fakturiert, weitere Nachbestellungen sind möglich, bis zum Ende der jeweiligen Saison.

5. Argumente für die Vertriebsvariante Depot und den Einsatz von EDI

Bevor im nächsten Kapitel der Ablauf des Depot-Konzepts in Verbindung mit EDI beschrieben wird, soll zunächst noch kurz auf die Gründe eingegangen werden, die SANETTA dazu veranlaßt haben, zu diesem System Überlegungen anzustellen und eine Einführung zu erwägen.

Die Argumente können fünf Gruppen zugeordnet werden:

1. Rationalisierung: Zumeist erwächst der Zwang zu Rationalisierungen aus dem Wettbewerbsdruck der Konkurrenz und der schwieriger gewordenen wirtschaftlichen Situation (vgl. Seeburger, 1994, S. 56). Ein häufig genannter Vorteil des EDI sind die Kostenreduktionen. So werden lt. Datenzentrum Einzelhandel (DZE) 60 Mrd. US-Dollar jährlich in Europa durch „überflüssigen Papierkrieg“ im Handel vergeudet (vgl. DZE, 1992b, S. 3). Untersuchungen zufolge sind 70 % der EDV-Daten eines Unternehmens auch bei den Handelspartnern gespeichert und daher mindestens einmal doppelt erfaßt worden, andere Quellen sprechen sogar von 80 % und mehr (vgl. Macher, 1989, S. 32 und vgl. Förster, 1996, S. 159). Auch die Anzahl der Kommunikationsvorgänge läßt sich deutlich verringern. Inwieweit sich Rationalisierungen im Zusammenhang mit der Unterhaltung der Konsignationslager auswirken, wird noch in den Investitions-Analysen Thema sein. Für Sanetta spielt der Wettbewerbsdruck insofern eine Rolle, als einige Konkurrenten bereits Depot-Systeme eingeführt haben, und sich damit in Teilbereichen schon Vorteile schaffen konnten; zudem sind hier Kosteneinsparungspotentiale erkennbar.
2. Wettbewerbsdruck durch Geschäftspartner: Seit 1992 erhält SANETTA Anfragen von Kunden wegen einer EDI-Anbindung, auch in Kombination mit einem Depot - Tendenz steigend. Ließen sich anfänglich die Aufforderungen zur Teilnahme an solchen Modellen aus Skepsis hinsichtlich des Nutzens für SANETTA leicht abwehren, so kann sich auch ein Unternehmen der Größe Sanettas dem stärker werdenden Wunsch nach veränderten Strukturen nicht länger verschließen, selbst wenn dies mit Nachteilen behaftet sein sollte. Bereits März ‘94 kündigte der Karstadt-Vorstand Dr. Eierhoff an, EDI werde Liefervoraussetzung werden (vgl. Müller, 1994, S. 26). Ebenso macht Ford seinen Lieferanten EDI zur Bedingung (vgl. DZE, 1992b, S. 6). Daran wird erkennbar, daß sich SANETTA mit einer Verweigerungshaltung selbst ins Abseits stellen würde.
3. Entwicklungen nicht verpassen: Die technischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte in der Computertechnologie sind ohne Übertreibung sensationell und haben in jedem Unternehmen zu großen Kosteneinsparungen und Arbeitserleichterungen geführt. Diese Entwicklung wird sich zweifelsohne auch in der Zukunft fortsetzen, da regelmäßig leistungsfähigere und günstigere Rechnersysteme auf den Markt kommen und v.a. immer neue Anwendungsgebiete gefunden werden. Für SANETTA bedeutet dies - wie für jedes Unternehmen - neue Geschäftschancen, wenn man sich die Entwicklungen zunutze macht (vgl. DZE, 1992b, S. 5). „Entwicklungen nicht verpassen“ bedeutet jedoch auch, den Wandel auf anderen Gebieten nicht unberücksichtigt zu lassen. So stellt z.B. für Karstadt die Einführung von EDI eine strategische Unternehmensentscheidung dar, da die Zahl der Kommunikationspartner steigt und die internationalen Aktivitäten ebenso zunehmen (vgl. KARSTADT, 1995, S. 1).
4. Kundenorientierung und Umsatzchancen: Mit der Umsetzung des Depot-Konzeptes und EDI würde SANETTA einem zukunftsweisenden Kundenwunsch entsprechen und könnte dadurch die Kundenbindung wesentlich erhöhen. Außerdem ändert sich die Produktnachfrage schnell (Vgl. Rupper, 1991, S. 201). Durch Quick Response[14] kann der wechselnde Bedarf besser abgedeckt werden; hierfür ist die Kombination EDI-Depot geradezu prädestiniert (Vgl. o.V., ?, S. ?// 35). So ist eine hohe Verfügbarkeit der Ware gewährleistet, um wenig verpaßte Verkaufschancen auftreten zu lassen (Vgl. Handrich, 1990, S.125) und Umsatzsteigerungen zu realisieren. Durch die regelmäßige Übertragung der Abverkaufszahlen gibt es zudem wichtige Marktinformationen, die SANETTA z. T. noch für die laufende Produktion und v.a. für zukünftige Kollektionen berücksichtigen kann (Vgl. Astor, 1994, S. 24ff.).
5. Image: Als Argument für die Einführung des Depots sowie EDI spielt der Imagegewinn für SANETTA eine nicht so bedeutende Rolle, er kann jedoch für manche Firmen einen Grund darstellen, v.a. für Unternehmen, die mehr in der Öffentlichkeit stehen, z.B. Aktiengesellschaften. Der Prestigegewinn kann zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen führen, da eine bestimmte Werbewirkung gegeben sein kann.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß SANETTA über das Konsignationslager/EDI-Konzept nachdenkt, um wichtige Entwicklungen frühzeitig aufzugreifen und Kundenbeziehungen aufrecht zu erhalten bzw. zu festigen. Außerdem will man eventuelle Rationalisierungspotentiale nutzen.

II. DAS ANGESTREBTE KONZEPT

Um sich Gedanken zu den notwendigen Voraussetzungen und Umstellungen machen zu können und auch um Ansatzpunkte für die Investitions-Untersuchung zu finden, soll in diesem Abschnitt zunächst der Ablauf des Konzepts konkret ausformuliert werden. Dabei stützt sich der Verfasser zum großen Teil auf die Vorgehensweise des Handelshauses BREUNINGER, da hier ein bereits mit anderen Unternehmen funktionierendes Modell vorliegt und für SANETTA die Umsetzung des Konzepts mit BREUNINGER den Einstieg in diesen Bereich bedeuten wird.

1. Änderungen bei der Auftragserfassung und Erstlieferung

Als erster Schritt muß die Umstellung des herkömmlichen Ablaufs auf das Depot-System realisiert werden. Ein Problem dabei ist, daß zum Zeitpunkt der Einführung noch Restbestände beim Händler vorhanden sind, die entweder ohne Bestandsaufnahme vollends verkauft werden oder wie Retouren (nur buchhalterisch oder komplett) gehandhabt werden. Um einen sauberen Übergang zu ermöglichen, sollte die zweite Variante gewählt werden, wobei die Gutschrift aus der Retourenbuchung mit späteren Zahlungen des Kunden verrechnet wird. Als Umstellungszeitpunkt empfiehlt sich ein umsatzschwacher Monat zum Ende einer Saison, um die Retoure gering zu halten und um eventuellen Umsatzeinbußen aufgrund von Umstellungsschwierigkeiten zu begegnen.

Die Erstbestückung erfolgt durch den Einkäufer des Handelspartners in Absprache mit dem Außendienstmitarbeiter von SANETTA. Die gemeinsame Festlegung des Lagervolumens je Artikel wiederholt sich mit jeder neuen Kollektion. Die Stammdaten werden per EDI dem Kunden zur Verfügung gestellt, der sie in sein Warenwirtschaftssystem integriert, damit die mittels EAN-Code ermittelten und genau aufgeschlüsselten Abverkäufe an SANETTA - ebenfalls per EDI - übertragen werden können. Technisch funktioniert das folgendermaßen: Die Stammdaten des Inhouse-Systems werden in das EDIFACT-Format konvertiert und entweder direkt (bilaterale Verbindung) oder über eine Mailbox[15] (multilateral) an den Partner verschickt (Vgl. Kaufring, 1996, S. 3ff). Entsprechend werden die Verkaufsdaten umgekehrt von SANETTA aus der Mailbox abgerufen und per Konverter in die hauseigene „EDV-Sprache“ übersetzt. Auf Basis dieser Daten, die entweder täglich oder wöchentlich übermittelt werden (Vgl. Handrich, 1990, S. 127), erfolgen dann die Nachlieferungen bei der UW und bei Teilen der SW. Bei der OB werden aufgrund des Vororderprinzips nur geringe Überhänge über das Verkaufsvolumen hinaus produziert, so daß eine Nachlieferung nur nach Verfügbarkeit erfolgen kann. Als Faustregel sollte SANETTA versuchen, einen Konsignationslagerbestand zu halten, der drei Wochen bei normalen Abverkäufen vorhält (sog. „Lagerbestandsreichweite“), damit die umfassende Verfügbarkeit aller Artikel vor Ort gewährleistet ist.

2. Automatische Fakturierung und Nachlieferungen

Durch das Scannen der EAN auf dem Etikett wird an der Kasse der genaue Artikel samt Verkaufspreis als Abverkauf registriert. Im nächsten Datentransfer gelangen die Informationen zum Lieferanten. Die Rechnungsstellung an den Handelspartner erfolgt nach Überprüfung der Daten automatisch im EDIFACT-Format. Der Kunde bezahlt sofort mit einem reduzierten Skontosatz als Ausgleich der Kapitalbindungskosten während der Lagerzeit (s.a. Kap. IV.1.1).

Wie bereits erwähnt, sind die Nachlieferungen normalerweise direkt an die Abverkäufe gekoppelt, d.h. es werden genau die Teile zur Verschickung an das Konsignationslager freigegeben, die dort abgesetzt wurden. Eine andere Vorgehensweise ist die Nachbestückung, wenn der Bestand unter eine Mindestmenge fällt. Sobald dieser Punkt unterschritten wird, wird eine Bestellung ausgelöst, die den Warenbestand bis zu einem bestimmten Höchstbestand wieder auffüllt. Um festzustellen, welche Variante günstiger ist, müßten hier Lager- bzw. Kapitalbindungskosten mit Portokosten verglichen werden. Da SANETTA üblicherweise ab Werk liefert, trägt jedoch der Handelspartner die Transportkosten, weshalb aus Gründen der Kapitalbindung und Flexibilität die erstgenannte Methode zu bevorzugen ist. Lieferscheine werden parallel zur Warenversendung per EDI übertragen - sie dienen der Information des Händlers. Bezahlen muß er die Ware erst nach dem Abverkauf, wenn die Verkaufszahlen übertragen wurden und im Gegenzug die Rechnung elektronisch verschickt wird.

Bei Preisänderungen an Depot-Waren werden diese umetikettiert, dafür muß SANETTA mindestens zwei Wochen vorher dem Händler die aktualisierten Daten und die neuen Etiketten zur Verfügung stellen. Für Aktionen, Sonderposten oder sonstige Preisreduzierungen verringert sich nur der VK-Preis[16], der im Auslieferungslager vom dortigen Verkaufspersonal angepaßt wird. Die Mindereinnahmen zählen zu den Abschriften am Saisonende dazu. Die genannten Entscheidungen werden immer zwischen dem Kunden und SANETTA abgesprochen.

3. Regelungen zum Saisonwechsel

Am Ende der Saison gibt es Restbestände, die nur bei Standardartikeln übernommen werden können. Die sonstigen Überhänge werden zu Abschriften, die je nach Höhe vom Handelspartner und SANETTA zu vorher vereinbarten Anteilen getragen werden. Dabei verfährt bspw. BREUNINGER nach einem System, das sich an Erfahrungswerten der Vorjahre orientiert. Bis zu einem bestimmten Prozentsatz, der dem Durchschnitt vergangener Perioden entspricht, übernimmt BREUNINGER die Abschriften komplett. Fallen höhere Restbestände an, so trägt SANETTA diese zu einem abgestimmten Prozentsatz mit. Erfahrungsgemäß fallen die Überhänge beim Depot-System jedoch geringer aus als beim bisherigen Vertriebsverfahren, was durch den bedarfsgerechteren Lagerbestand begründet ist.

Inventurdifferenzen werden analog gehandhabt, so daß bei Abweichungen im großen Umfang SANETTA die Buchungsfehler trägt. Inventuren werden je nach Vereinbarung ein- oder zweimal im Jahr vom Verkauspersonal des Kunden in Zusammenarbeit mit SANETTA durchgeführt. Die daraus resultierenden Daten werden elektronisch an SANETTA übertragen.

Wichtig beim Saisonwechsel ist die rechtzeitige Übermittlung der neuen Stammdaten, damit eine korrekte Registrierung der Abverkäufe vom ersten Stück der neuen Kollektion an erfolgen kann.

[...]


[1] Der Konsignant stellt die Ware bereit, er ist sozusagen der „Lieferant“.

[2] Der Konsignator verkauft die Ware weiter, er ist sozusagen der „Händler“.

[3] In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe „Konsignationslager“, „Auslieferungslager“ und „Depot“ synonym verwendet.

[4] Im zuerst beschriebenen Fall des Konsignationshandels dient dieses Vorgehen entweder der Umsatzbeschleunigung oder dem Zweck, keine eigene Vertriebsstruktur aufbauen zu müssen (Vgl. GABLER 1995, Sp. 2932f.). Diese Definition soll lediglich zur Herleitung und Abgrenzung dienen; daher sollen keine weiteren Ausführungen folgen. Im zweiten Fall wird auf die Motive noch eingegangen werden.

[5] Electronic Data Interchange (engl.) = Elektronischer Datenaustausch

[6] Economic Commission for Europe of the United Nations (egl.) = Wirtschaftskommission für Europa innerhalb der Vereinten Nationen

[7] Working Party 4 (engl.) = Arbeitsgruppe 4

[8] eigentlich: „Electronic Data Interchange For Administration, Commerce and Trade“ (engl.) = „Elektronischer Datenaustausch für Verwaltung, Handel und Gewerbe“; scheiterte jedoch an der mangelnden Abgrenzung von „Trade“ und „Commerce“ in den meisten Sprachen (Vgl. Deutsch, 1995, S. 40)

[9] ISO = International Standardazation Organisation (engl.) = internationale Normierungsbehörde, CEN = Comité Européen de Normalisation (franz.) = Europäisches Komitee für Normung, DIN = Deutsche Industrie-Normierung

[10] EDITEX ist ein EDI-Subset, das auf die Textilbranche zugeschnitten ist.

[11] Als „Stapelartikel“ werden Produkte bezeichnet, die kontinuierlich geführt werden und regelmäßig vom gleichen Lieferanten unverändert nachgekauft werden (Vgl. 5, S. 4)

[12] Es interessiert lediglich der Bereich der UW, zur Erklärung siehe Kapitel II: „Das angestrebte Konzept“

[13] Inhouse-System = Internes EDV-System

[14] Quick Response (engl.) = Schnelle Antwort

[15] Die Mailbox kann als immer zugänglicher elektronischer „Briefkasten“ eines Dienstleisters betrachtet werden (Vgl z.B. DZE, o.J., S.1// 32).

[16] Der VK-Preis ist der für den Endverbraucher gültige empfohlene Ladenverkaufspreis

Excerpt out of 45 pages

Details

Title
Integration eines Konsignationslagersystems in Verbindung mit EDI in das Vertriebskonzept
Subtitle
Am Beispiel der Firma Sanetta
College
University of Cooperative Education Ravensburg
Grade
1,0
Author
Year
1997
Pages
45
Catalog Number
V73793
ISBN (eBook)
9783638685535
ISBN (Book)
9783638712040
File size
730 KB
Language
German
Keywords
Integration, Konsignationslagersystems, Verbindung, Vertriebskonzept, Firma, Sanetta, EDI, Electronic Data Interchange, Textil, Kinderbekleidung
Quote paper
Carsten Lau (Author), 1997, Integration eines Konsignationslagersystems in Verbindung mit EDI in das Vertriebskonzept, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73793

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