Das Mittelalter, hier speziell das zehnte Jahrhundert, zeichnet sich nicht gerade durch eine Flut geschriebener Überlieferungen aus. Die wenigen schriftlichen Quellen sind daher auch nicht so wortwörtlich zu nehmen, wie es sich manchmal anzubieten scheint. Vielmehr lohnt es sich häufig, Überlegungen zu zeitpolitischen Umständen, Gewohnheiten, Sitten und Machtkonstellationen anzustellen und diese in den Kontext des Geschriebenen zu setzen.
„Mächtig heilig?“ stellt die Frage, wie heilig der Erzbischof Bruno von Köln (925-965) tatsächlich war, wie viel Bischof und wie viel Politiker und Mitglied der Herrscherfamilie sich in seiner Person vereinen. Der zweite Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung ist weniger personengebunden ausgerichtet und stellt die Frage nach dem Verhältnis von Geschriebenem und Hintergründigem an Beispielen wie den Formulierungen des Autors, den Handlungen des Königs und der Reaktion der Stammesherzöge auf die Beschneidung ihrer Rechte.
Diesem Zweck gemäß werden erst in gebotener Kürze Fakten zum Autor und ausgehend von seiner Darstellung Fakten über seine nominelle Hauptfigur versammelt. Danach richtet sich der Schwerpunkt der Untersuchung auf werkimmanente Fragen bspw. die der Nachweisbarkeit von stilistischen Vorbildern und Einflüssen oder nach Orts- und Zeitangaben gestellt. Dieses Kapitel wird durch einen Fokus auf ausgewählte zentrale Figuren und eine daraus resultierende Überleitung zu grundsätzlicheren, inhaltlichen Problemstellungen abgeschlossen. Nach diesen Annäherungsversuchen werden elementare Fragen untersucht, etwa die nach den ideengeschichtlichen Umständen, der neu- und einzigartigen Mehrfachfunktion des Erzbischofs von Köln (der ab 953 zugleich Erzkapellan der königlichen Kapelle sowie Inhaber der königlichen Verwaltungsbefugnis über das Gebiet Lothringens war) und den politischen Folgen. Das alles steht im kontinuierlichen Zusammenhang mit der Darstellung Ruotgers und lässt es zu, pointiert zu fragen: ‚Wieviel Heiligkeit steckt tatsächlich in der Lebensbeschreibung des Herrn Erzbischofs Bruno?’ Dabei darf nicht vergessen werden, dass nicht übermäßig viel Literatur zum jüngsten Bruder Ottos des Großen existiert – ein Umstand, der den Lobeshymnen Ruotgers auf denselben in Gedanken beigestellt werden soll.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Dramatis personae
- Ruotger der Verfasser
- Bruno - das direkte Objekt
- Das Werk
- Vorbilder
- Über Art und Weise, Form und Inhalt
- Die Darstellung von Zeit und Ort
- Die Darstellung einiger Persönlichkeiten und die Kölner Frage
- Die Funktion
- Politische und ideengeschichtliche Umstände
- Pro und Contra - das Doppelamt
- Die Durchsetzung
- Ruotgers Bruns-Vita und ihre Funktion
- Resümee: Politische Streitschrift und Normierung der Überlieferung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Lebensbeschreibung des Heiligen Bruno, Erzbischof von Köln, durch den Autor Ruotger. Sie befasst sich mit der Frage, wie viel Heiligkeit in der Vita des Erzbischofs tatsächlich steckt und welche politischen Interessen sich hinter der Darstellung verbergen. Die Arbeit analysiert Ruotgers Darstellung Brunos im Kontext der politischen und ideengeschichtlichen Umstände des 10. Jahrhunderts.
- Die politische Funktion der Vita Brunos
- Die Rolle des Autors Ruotger und seine Beziehung zu Bruno
- Die Darstellung Brunos als Heiliger und politischer Führer
- Der Einfluss der Zeit und der politischen Konstellationen auf die Geschichtsschreibung
- Die Verbindung von Heiligkeit und politischer Macht
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und beleuchtet die Bedeutung von Quellenkritik im Kontext des Mittelalters. Die Arbeit stellt die Hauptfragen der Untersuchung vor: Wie heilig war Bruno tatsächlich und welche politischen Interessen stecken hinter der Darstellung in Ruotgers Vita?
- Dramatis personae: Dieses Kapitel präsentiert zunächst den Autor Ruotger und seine Vita des Heiligen Bruno. Es werden Informationen über Ruotgers Herkunft und seine Beziehung zu Bruno gegeben. Des Weiteren wird Bruno als die Hauptfigur der Vita vorgestellt und seine Bedeutung im Kontext der damaligen Zeit beleuchtet.
- Das Werk: In diesem Kapitel wird die Vita Brunos selbst genauer untersucht. Es werden die Vorbilder und Einflüsse auf Ruotgers Stil und Inhalt analysiert. Außerdem werden die Darstellung von Zeit und Ort sowie die Darstellung einiger wichtiger Persönlichkeiten beleuchtet. Dieser Abschnitt führt schließlich zu einer Diskussion über die Kölner Frage, die eine zentrale Rolle in der Vita spielt.
- Die Funktion: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den politischen und ideengeschichtlichen Umständen, die die Entstehung der Vita Brunos beeinflusst haben. Es werden die unterschiedlichen politischen und kirchlichen Funktionen des Erzbischofs von Köln und die daraus resultierenden Konflikte beleuchtet. Die Rolle der Vita Brunos als politisches Werkzeug und ihre Bedeutung für die Durchsetzung der Macht des Erzbischofs werden untersucht.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Vita Brunos, die Lebensbeschreibung des Heiligen Bruno, Erzbischof von Köln, durch den Autor Ruotger. Zentrale Themen sind die politische Funktion der Vita Brunos, die Rolle des Autors Ruotger, die Darstellung Brunos als Heiliger und Politiker, die ideengeschichtlichen Umstände und die Verbindung von Heiligkeit und politischer Macht im 10. Jahrhundert.
- Citation du texte
- Ivo Gebert (Auteur), 2006, Mächtig heilig? Überlegungen zu Ruotgers Lebensbeschreibung des heiligen Bruno, Erzbischof von Köln, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74294