Mit dieser Seminararbeit zu den Auseinandersetzungen in Megara soll, ausgehend von einer Darstellung der wechselnden innen- und außenpolitischen Verhältnisse der Stadt, ein Einblick in mögliche Hintergründe, Ursachen und Bedingungen der Stasis von 424 v. Chr. gegeben werden. Mit einem Überblick über die Geschichte der Stadt, der die Zeit der griechischen Kolonisation sowie des 6. und 5. Jahrhunderts umfaßt, sollen zunächst diejenigen Ereignisse dargestellt werden, die zum Verständnis des Verhaltens der verschiedenen Parteien während der Stasis hilfreich sind. Hierbei soll ein besonderer Schwerpunkt auf die außenpolitischen Verhältnisse der Stadt gelegt werden, die, wie mir scheint, eine entscheidende Bedingung der Stasis von 424 v. Chr. darstellen. An den geschichtlichen Überblick anknüpfen soll schließlich eine detaillierte Beschreibung der Ereignisse, die unmittelbar im Vorfeld der Stasis stattfanden. Gemeinsam mit einer Schilderung der Auseinandersetzungen selbst, soll auf diese Weise der analytische Teil der Arbeit vorbereitet werden.
Ein eigenständiger Abschnitt behandelt hierbei das megarische psephisma, ein Dekret Athens, das eine See- und Handelsblockade Megaras, sowie halbjährliche Überfälle auf das Territorium der Stadt vorsah. Ein weiterer Abschnitt geht auf erste innere Auseinandersetzungen in der Stadt ein, zu denen es offenbar bereits um 427 v. Chr. gekommen war. In der Darstellung der Ereignisse, die im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen sollen, stützt sich die Arbeit auf Thukydides, dessen Berichte auch insgesamt als Hauptquelle anzusehen sind.
Im analytischen Teil soll schließlich besonderes Augenmerk auf die politischen Kräfte in der Stadt gelegt werden. Neben einer Untersuchung des Verhaltens von Oligarchen und Demokraten soll insbesondere auf den demos eingegangen werden. Im Anschluß daran soll die enorme Bedeutung der außenpolitischen Verhältnisse, mit denen die Stadt konfrontiert war, verdeutlicht werden und auf die Frage eingegangen werden, inwieweit die Stasis in Megara als Fallbeispiel einer generellen Stasistheorie von Nutzen sein kann. Mit einem Ausblick auf die weitere Entwicklung Megaras soll die Arbeit schließen.
Inhalt
1. Einleitung
2. Überblick über die Vorgeschichte der Stadt
2. 1. Die Bedeutung Megaras während der griechischen Kolonisation
2. 2. Megara im 6. und 5. Jahrhundert
2. 3. Das 5. Jahrhundert
3. Die Stasis 424 v. Chr.
3. 1 Die megarischen Dekrete
3. 2 Erste Auseinandersetzungen über den politischen Kurs der Stadt
3. 3 Die Ereignisse des Sommers 424 v. Chr.
3. 4 Versuch einer Analyse des Verhaltens der politischen Kräfte der Stadt
3. 5 Athen und Sparta
4. Ausblick auf die weitere Geschichte Megaras
5. Schluß
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Mit dieser Seminararbeit zu den Auseinandersetzungen in Megara soll, ausgehend von einer Darstellung der wechselnden innen- und außenpolitischen Verhältnisse der Stadt, ein Einblick in mögliche Hintergründe, Ursachen und Bedingungen der Stasis von 424 v. Chr. gegeben werden. Mit einem Überblick über die Geschichte der Stadt, der die Zeit der griechischen Kolonisation sowie des 6. und 5. Jahrhunderts umfaßt, sollen zunächst diejenigen Ereignisse dargestellt werden, die zum Verständnis des Verhaltens der verschiedenen Parteien während der Stasis hilfreich sind. Hierbei soll ein besonderer Schwerpunkt auf die außenpolitischen Verhältnisse der Stadt gelegt werden, die, wie mir scheint, eine entscheidende Bedingung der Stasis von 424 v. Chr. darstellen.
An den geschichtlichen Überblick anknüpfen soll schließlich eine detaillierte Beschreibung der Ereignisse, die unmittelbar im Vorfeld der Stasis stattfanden. Gemeinsam mit einer Schilderung der Auseinandersetzungen selbst, soll auf diese Weise der analytische Teil der Arbeit vorbereitet werden.
Ein eigenständiger Abschnitt behandelt hierbei das megarische psephisma, ein Dekret Athens, das eine See- und Handelsblockade Megaras, sowie halbjährliche Überfälle auf das Territorium der Stadt vorsah. Ein weiterer Abschnitt geht auf erste innere Auseinandersetzungen in der Stadt ein, zu denen es offenbar bereits um 427 v. Chr. gekommen war. In der Darstellung der Ereignisse, die im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen sollen, stützt sich die Arbeit auf Thukydides, dessen Berichte auch insgesamt als Hauptquelle anzusehen sind.
Im analytischen Teil soll schließlich besonderes Augenmerk auf die politischen Kräfte in der Stadt gelegt werden. Neben einer Untersuchung des Verhaltens von Oligarchen und Demokraten soll insbesondere auf den demos eingegangen werden. Im Anschluß daran soll die enorme Bedeutung der außenpolitischen Verhältnisse, mit denen die Stadt konfrontiert war, verdeutlicht werden und auf die Frage eingegangen werden, inwieweit die Stasis in Megara als Fallbeispiel einer generellen Stasistheorie von Nutzen sein kann. Mit einem Ausblick auf die weitere Entwicklung Megaras soll die Arbeit schließen.
2. Überblick über die Vorgeschichte der Stadt
2. 1. Die Bedeutung Megaras während der griechischen Kolonisation
In der zweiten Hälfte des 8.Jahrhunderts begann Megara als erste griechische Festlandstadt, Kolonien im Mittelmeerraum zu gründen und bekleidete hier eine hervorragende Stellung[1].
Überbevölkerung und eine durch intensive Bewirtschaftung hervorgerufene Auslaugung des Bodens werden im allgemeinen als Gründe für die Aussendung von Siedlergemeinden angenommen. In Megara war wahrscheinlich ein enormer Gebietsverlust an den Nachbarn Korinth für den Beginn der Kolonisation verantwortlich[2]. Die erste bekannte erfolgreiche Gründung war Megara Hyblaea auf Sizilien um 728-26 v. Chr. In der Folgezeit richteten sich die Kolonisationsbemühungen Megaras jedoch auf die Schwarzmeerregion. Ein möglicher Grund hierfür war, daß Korinth bei der Kolonisation des Westens aufgrund seiner strategisch günstigeren Lage im Vorteil gegenüber Megara war.
Im Handel mit dem Osten bekleidete Megara sehr bald eine führende Rolle. Insbesondere Byzantion trug aufgrund der strategisch günstigen Lage zwischen Propontis und Schwarzem Meer (Pontos Euxeinos) entscheidend zur Bedeutung der Mutterstadt als Handelsmacht bei. Die megarische Kolonisation umfaßte einen ungefähren Zeitraum von 150 Jahren[3]. Mit Heraclea wurde 559 v. Chr. die letzte Kolonie ausgesandt[4]. Macht und Einfluß der Stadt zu dieser Zeit mögen sicherlich eine Art patriotischen Selbstverständnisses der Bürger Megaras erklären, für die die Unabhängigkeit ihrer Stadt anscheinend von großer Bedeutung war. Die Annahme eines solchen Selbstverständnisses wird bei der Untersuchung der weiteren Ereignisse noch von Bedeutung sein.
In Verbindung mit den griechischen Kolonisationsbemühungen sind auch die Auseinandersetzungen zwischen Megara und Athen um die Kontrolle von Salamis zu sehen. Der Insel kam aufgrund ihrer Lage im saronischen Golf, östlich von Megara und westlich von Athen, eine große strategische Bedeutung zu[5]. Nach längeren erfolglosen Auseinandersetzungen mit Megara, unter dessen Kontrolle die Insel wahrscheinlich schon seit dem 8. Jahrhundert war[6], wurde in Athen schließlich ein Gesetz erlassen, welches die öffentliche Erwähnung Salamis bei Todesstrafe verbot[7]. Um 600 v. Chr. jedoch gelang es Athen auf Solons Betreiben hin, Salamis zu besetzen. Spartanische Schiedsrichter sprachen die Insel nach einem darauffolgenden Streit Athen zu,[8] verpflichteten die Stadt jedoch gleichzeitig zur Rückgabe des südlichen Hafens Megaras, Nisaia, den Pisistratus 570 v. Chr. eingenommen hatte[9].
2. 2. Megara im 6. und 5. Jahrhundert
In direktem Zusammenhang mit dem Verlust von Salamis und der vorübergehenden Okkupation Nisaias stand offenbar ein Aufstand des demos, der unter der immer prekärer werdenden ökonomischen Situation der Stadt zu leiden hatte. Nach einem Aufstand gegen die Herrschende Aristokratenschicht wurde ein demokratisches Regierungssystem errichtet[10]. Unter anderem wurde ein Gesetz erlassen, welches die Gläubiger verpflichtete, die von ihnen veranschlagten Zinsen zurückzuzahlen (palintokia). Die demokratische Herrschaft hielt jedoch nur ungefähr zehn Jahre an. Um 560 v. Chr. wurde Megara schließlich wieder oligarchisch regiert. Über den genaueren Ablauf dieser frühen Stasis ist allerdings wenig bekannt, so daß an dieser Stelle nur am Rande auf sie eingegangen werden kann.
Ungefähr auf einen Zeitpunkt um 560 v. Chr. ist auch der Beitritt Megaras zum Peloponnesischen Bund zu datieren[11]. Highbarger hält den erfolgreichen Einsatz Spartas für eine Rückgabe Nisaias für einen wichtigen Beitrittsgrund. Festzuhalten ist allerdings, daß die spartanische Schiedsmänner in der gleichen Angelegenheit Salamis Athen zusprachen. Ausschlaggebend mag vielmehr die Tatsache gewesen sein, daß Megara nach dem Verlust von Salamis unter starkem wirtschaftlichen Druck stand und sich durch eine solche Allianz einen Ausgleich in der Konkurrenz zu Athen verschaffen wollte. Es ist anzunehmen, daß auch die innenpolitischen Auseinandersetzungen der vorangegangenen Jahre eine Rolle gespielt haben. Sicherlich festigte der Beitritt die Position der wieder die Macht gekommenen Oligarchen.
Sollte unter den Entscheidungsträgern in der Stadt die Hoffnung eine Rolle gespielt haben, nach dem Beitritt könnten weitere Rivalitäten mit dem westlichem Nachbarn Korinth vermieden werden, mußten sie sich sehr bald getäuscht sehen.[12] Grenzstreitigkeiten mit Korinth, welches ja ebenfalls Mitglied des Peloponnesischen Bundes war, und die Weigerung Spartas, Megara zu Hilfe zu kommen, was einer indirekten Unterstützung des stärkeren Korinth gleichkam[13], führten schließlich dazu, daß sich die Stadt 461 v. Chr. dem attischen Seebund anschloß. Daraufhin stationierte Athen eine Garnison seiner Streitmacht in Nisaia und baute die Langen Mauern von dort nach Megara[14]. Diese großzügige Unterstützung verdeutlicht, den großen Stellenwert, den Megara für Athen gehabt haben muß.
Nach der Niederlage Athens in der Schlacht von Koroneia 447/6 v. Chr. wechselte die Stadt erneut die Seiten und schloß sich dem Peloponnesischen Bund an[15], wobei Nisaia und Pagae allerdings bis zum Abschluß des dreißigjährigen Friedens 445 v. Chr. bei Athen blieben[16]. Im Verlauf der Auseinandersetzung um den Seitenwechsel wurden die in Megara zurückgebliebenen Athener offensichtlich ermordet[17]. Dieses „Massaker“ (Legon)[18], sowie der Austritt Byzantions aus dem Attischen Seebund, der offensichtlich auf Betreiben der Mutterstadt hin erfolgt war[19] und die Tatsache, daß Megara Korinth bei einer Strafaktion gegen Korkyra zur Seite stand,[20] führte zweifellos zu einer Zunahme der Feindseligkeiten zwischen Athen und Megara.
Legon hält den Willen nach Unabhängigkeit der Stadt für einen ausschlaggebenden Faktor der häufigen Seitenwechsel. Zwar sei Megara unabhängiger Verbündeter Athens, also nicht Vollmitglied des Seebundes, gewesen. Dies sei allerdings kein Garant gewesen, nicht der politischen Einflußnahme Athens ausgesetzt zu sein[21].
[...]
[1] Beloch, Julius, Die Bevölkerung der Griechisch-Römischen Welt, Leipzig 1886, S. 173. Im folgenden zitiert als: Beloch.
[2] Legon, Ronald P. , Megara. The Political History of a Greek City-State to 336 B. C., S. 63ff. Im folgenden zitiert als: Megara
[3] Zur Geschichte Megaras während der griechischen Kolonisation vgl. Highbarger, Ernest L. , The History and Civilization of ancient Megara, Baltimore 1927, S. 104-115. Im folgenden zitiert als: Highbarger.
[4] Highbarger, Fußnote 40, S. 170
[5] zwei Karten im Anhang dienen der Orientierung
[6] Highbarger, S. 127
[7] So jedenfalls bei Highbarger, S. 132; vgl. auch Plut. Solon, XIII und Diog. Laert. I, 46ff: in diesen Quellentexten findet sich lediglich bestätigt, daß der Antrag, den Krieg um Salamis fortzuführen mit dem Tode bestraft werden solle.
[8] Diog. Laert. I, 46-49, Plut. Solon XIIIff, Paus. I, XL
[9] Highbarger, S. 136
[10] AristPOL1305; 1300a; vgl. auch Gehrke, Hans-Joachim, Stasis. Untersuchungen zu den inneren Kriegen in den griechischen Staaten des 5. und 4. Jh.s v. Chr. , München 1985, S. 106ff. Im folgenden zitiert als: Gehrke.
[11] Hdt. XIV,28
[12] Highbarger, S. 146
[13] Legon, Ronald P. , Demos and Stasis: Studies in the factional Politics of Classical Greece, o. O., zugl. Diss. Ann Arbor, 1966, S. 68f. Im folgenden zitiert als: Legon, Demos and Stasis.
[14] Thuk. I,103, 107; Diod. XI, 79; Plut. Phokion, XV
[15] vgl. auch Manicas, Peter T. , War, Stasis and Greek Political Thought, CSSH 24 (1982), S. 678
[16] Thuk. I,115
[17] Thuk I,114; Diod. XII,5
[18] Legon, Demos and Stasis, S. 69
[19] Thuk I, 116; vgl. auch Highbarger, S. 157
[20] Thuk 1,46
[21] Legon Demos and Stasis, S. 71
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