Die gesamtwirtschaftliche und regionale Bedeutung von Unternehmensgründungen


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2006

24 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 EINLEITUNG

2 BEGRIFFSDEFINITIONEN
2.1 Junge Unternehmen, Gründungen und innovativer Charakter
2.2 Start-ups und Entrepreneurship
2.3 Kleine und mittelständische Unternehmen

3 DIE BEDEUTUNG JUNGER UNTERNEHMEN FÜR EINE VOLKSWIRTSCHAFT
3.1 Beschäftigungs- und Wachstumswirkungen von Unternehmensgründungen
3.1.1 Klassische Interpretation
3.1.2 Empirische Untersuchungen der Gründungsforschung
3.1.2.1 Untersuchung der Entwicklung junger Unternehmen in Nordrhein-Westfalen
3.1.2.2 Die Münchner Gründerstudie
3.1.2.3 Weitere Forschungsergebnisse
3.1.3 Arbeitsmarkteffekte und Zwischenfazit
3.2 Beitrag zum Strukturwandel
3.3 Regionale Besonderheiten in Bezug auf junge Unternehmen

4 SCHLUSSBEMERKUNG

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Beschäftigungsstruktur der Kohorte 1999 – Vertikalstruktur in %

Abbildung 2: Räumliche Verteilung der neuen unternehmerischen Initiative NUI

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Beschäftigungsentwicklung der Kohorte 1999 – in %

Tabelle 2: Durchschnittlich geschaffene Arbeitsplätze in verschiedenen Studien

1 Einleitung

Die Bildung und Ansiedlung junger Unternehmen ist nicht nur gesamtwirtschaftlich außer­ordentlich wichtig, sondern auch regional von hoher Bedeutung.[1] Somit ist es nicht ver­wunder­lich, dass das wirtschafts­wissenschaftliche Interesse an der Gründungsforschung immer weiter zunimmt.[2] Von Bund, Ländern und Mittelstands­banken werden zahl­reiche Förder­maßnahmen gewährt und Finanzierungs­programme sowie Beratungsdienst­leistungen für Existenzgründer angeboten, um interessierten Entrepreneuren eine Unter­nehmens­­gründung zu erleichtern.[3] Ins­besondere der Bereich der Beschäftigungs- und Wachs­tums­wirkungen sowie der Einfluss neuer Unternehmen auf den Strukturwandel erklären, dass der Gründungspolitik auch in der Öffent­lichkeit eine hohe Aufmerksamkeit zukommt.

Vor diesem Hintergrund besteht das Ziel der Arbeit darin, zu analysieren und zu beurteilen, welche positiven Folgewirkungen von Unternehmensgründungen für die Wirtschaft sowie die gesamte Gesell­schaft ausgehen und in welchen Fällen diese Erwartungen erfüllt werden können. Weiter­hin soll hinterfragt werden, ob neben der Bedeutung im gesamtwirtschaftlichen Bereich auch spezifische Auswirkungen auf regionaler Ebene existieren.

Um dies zu beantworten, wird zunächst in Kapitel 2 eine Abgrenzung der verschiedenen Begriffe für junge Unternehmen durchgeführt, die in Bezug auf deren Gründung verwendet werden, um eine einheitliche Begriffsbasis zu schaffen.

Die Bedeutung junger Unternehmen, die es in Kapitel 3 zu behandeln gilt, wird vielfach in folgenden Gebieten gesehen:

- Einfluss auf Beschäftigung und Wachstum
- Wirkungen auf den Wettbewerb und Steigerung der wirtschaftlichen Innovationskraft
- Anteil am Strukturwandel einer Volkswirtschaft.[4]

Im Rahmen der vorliegenden Ausführungen werden aus diesem Katalog die gesamtwirt­schaft­lich und regional bedeutendsten Punkte ausgewählt.[5]

Kapitel 3.1, das den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet, beschäftigt sich mit den Be­schäftigungs- und Wachstumswirkungen von Unternehmensgründungen. Diesbezüglich wird zunächst die klassische Beurteilung von Unternehmensgründungen und darauf folgend deren Wandlung erläutert. Die moderne Auffassung und Wirkung wird auf Basis zweier aktueller empirischer Ansätze präsentiert. Dabei sind verschiedene Arten von Unternehmensgründungen zu unter­scheiden und es gilt zu bestimmen, von welcher dieser Formen letztendlich wirklich positive Effekte für den Arbeitsmarktsektor zu erhoffen sind.

Neugegründete Unternehmen haben ein größeres Risiko innerhalb der ersten Jahre nach Geschäftsaufnahme wieder vom Markt zu verschwinden, als dies bei etablierten Wettbewerbern der Fall ist.[6] In Bezug auf die Frage nach der Bedeutung des Entrepreneurships ist es ebenfalls nötig zu beschreiben, welche Überlebens­wahrscheinlichkeiten ein Start-up besitzt, so dass von diesem überhaupt nachhaltig positive Folgewirkungen zu erwarten sind.[7] In Kapitel 3.2 wird der Beitrag des Entrepreneurships zum Strukturwandel diskutiert. Gliederungspunkt 3.3 hebt des Weiteren nochmals regio­nale Besonderheiten hervor.

Abschließend werden die wesentlichen Erkenntnisse dieser Arbeit resümiert und es wird ein Ausblick auf weiterführende Fragen und künftigen Forschungsbedarf im Bereich der Gründungsforschung gegeben.

2 Begriffsdefinitionen

Bezüglich der Erforschung von Unternehmensgründungen werden in diesem Abschnitt neben einer Begriffsdefinition weitere in diesem Kontext maßgebliche Ausdrücke für den Start eines Unternehmens und den Eintritt am Markt erläutert. Zielsetzung hierbei ist die Schaffung einer gemeinsamen grundlegenden Begriffsbasis. Dabei soll sich herausstellen, ob die dargestellten Bezeichnungen synonym verwendet werden können oder ob begriffliche Unterschiede bestehen.

2.1 Junge Unternehmen, Gründungen und innovativer Charakter

Der Ausdruck junges Unternehmen impliziert die Zeitspanne, seit der ein Betrieb am Markt agiert.[8] Generell wird in der Literatur zwischen Gründungen und Neugründungen unterschieden. Da der werdende Unternehmer bestehende Geschäftskonzepte vorfindet, wie dies bei einer Übernahme eines Geschäftsbetriebes oder der sog. Franchisegründung der Fall ist, stellt die Gründung die risikoärmere Variante dar. Neugründungen, die engere Variante des Gründungs­begriffs, haben den Nachteil, dass diese sich durch einen großen Planungsaufwand auszeichnen und deren Gründer auf keinerlei bestehende Unternehmensdaten zurückgreifen können.[9]

Zu beachten ist weiterhin, ob das neue Unternehmen einen innovativen Charakter aufweist. Von einer innovativen Gründung – im Gegensatzsatz zu einer imitativen – spricht man, wenn ein Unter­nehmen eine neue Lösungsmöglichkeit für ein bekanntes Problem anbietet oder auf Basis eines neuartigen Produktes[10] gegründet wird.[11] In diesem Zusammenhang wird der Begriff junge, innovative Unternehmen (JIU) besonders hervorgehoben.[12] Dabei ist zu beachten, ob das einzuführende Produkt etwas Neues für den Markt darstellt, eine Nische besetzt oder selbst einen neuen Markt kreiert. In der vorliegenden Arbeit ist der Ausdruck innovativ nicht im Hin­blick auf das Unternehmen selbst zu verstehen, sondern bezieht sich auf die Wirkung der Unter­nehmens­aktivitäten im relevanten Markt.[13]

2.2 Start-ups und Entrepreneurship

Der Begriff Entrepreneur bezeichnet allgemein gesehen einen Unternehmer,[14] also eine Person, die ein Unternehmen führt. Im Rahmen der Gründungsforschung wird der Entrepreneur aller­dings eher als Gründer verstanden, der einen neuen Betrieb aufbaut.[15] Noch ist der Begriff des Entrepreneurs auch in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur nur dürftig charakter­isiert.[16] Weiter geht die französisch-englische Begriffsverknüpfung[17] des Entrepreneurships: „...man be­zeichnet damit eine dynamische, innovative Form des Unternehmertums, die sich ins­be­sondere (aber nicht aus­schließlich) in Gründung und Management von neuen bzw. jungen Unternehmen nieder­schlägt“.[18] Somit ist es nicht verwunderlich, dass Entrepreneure meistens im Zusammen­hang mit innovativen Unternehmen genannt werden.[19]

Einen ganz ähnlichen Bezug stellt der Ausdruck Start-up dar. Dieser assoziiert einen Beginn oder eine Neugründung eines Unternehmens, vor allem im Rahmen der New Economy.[20] Dabei impliziert der Begriff Start-up insbesondere auch den innovativen Charakter des neuen Unter­nehmens und dessen technologische Orientierung.[21]

2.3 Kleine und mittelständische Unternehmen

Um im Anschluss die Bedeutung junger Unternehmen herauszuarbeiten, ist eine Definition des Begriffs der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) unerlässlich. Diese Not­wendigkeit ergibt sich aus der Tatsache, dass die Vielzahl von Unternehmen, die neu gegründet werden, klein anfangen und folglich in den Bereich der KMU fallen. Häufig besteht ein neues Unternehmen auch nur aus einer Person, dem Gründer selbst.[22] Somit lassen sich Erkenntnisse aus der Forschung über kleine und mittelständische Unternehmen auch auf die meisten jungen Unter­nehmensgründungen und Start-ups übertragen.[23]

Der Mittelstand in Deutschland gilt als Motor der Wirtschaft, denn etwa die Hälfte der Wirt­schafts­­­leistung wird durch Unternehmen aus diesem Bereich erbracht. Aufgrund seiner er­lang­ten Bedeutung wird der Mittelstand von der Bundesregierung durch vielerlei Maßnahmen unterstützt.[24]

Abgrenzungsmerkmale quantitativer Art gegenüber großen Betrieben sind hierbei zumeist die Zahl der Mitarbeiter und der Jahresumsatz.[25] Zu beachten ist allerdings, dass die Beschäftigten­zahl immer auch vom Typus des Produktionsprozesses abhängt und der Umsatz mit der je­weiligen Wirt­schafts­lage korreliert.[26] Bei den Definitionen zu den einzelnen Unternehmens­größen gibt es verschiedene Quellen, die jeweils unterschiedliche Schwellenwerte angeben. Die in der Forschung am weitesten verbreiteten Angaben hierzu stammen einerseits vom Institut für Mittel­standsforschung (IfM) und andererseits von der Europäischen Union (EU).

Das IfM geht diesbezüglich von folgenden Schlüsselzahlen aus, bis zu denen ein Unternehmen in den Bereich der KMU fällt:[27]

- Bis 499 Beschäftigte
- Bis 50 Mio. € Umsatz pro Jahr

Die EU empfiehlt in diesem Kontext hingegen folgende Grenzen:[28]

- Bis 249 Beschäftigte
- Bis 50 Mio. € Umsatz pro Jahr (alternativ bis 43 Mio. € Bilanzsumme pro Jahr)

Bei der Betrachtung von KMU ist zu beachten, von welcher Mittelstandsdefinition ausge­gangen wird, da sich die Grenzen vor allem bezüglich der Mitarbeiterzahl erheblich unter­scheiden.

3 Die Bedeutung junger Unternehmen für eine Volkswirtschaft

Dem Bereich der Gründungsforschung und des Entrepreneurships wird seit einigen Jahren eine steigende Bedeutung zugeschrieben.[29] Dies findet auch vermehrt in der Politik und in den Medien Anklang, junge Unternehmen genießen ein großes Ansehen. Aktuell hat die Bundes­regierung einen Gründer­fonds ins Leben gerufen, der für technologieorientierte Unter­nehmens­gründungen 262 Milli­onen Euro zur Verfügung stellt, damit erfolgsver­sprechende Forschungs­ergebnisse nicht an der Finanzierung scheitern.[30]

Die Förderung von Unternehmensgründungen durch staatliche Programme und insbesondere deren konkrete Ausgestaltung war für lange Zeit ein umstrittener Punkt. Im Verlauf der ver­gangenen Jahrzehnte hat sich jedoch gezeigt, dass – begründet vor allem durch eine vielfach er­hoffte positive Beschäftigungswirkung junger Unternehmen – die Gründungsförderung einen hohen Stellenwert in der Wirtschaftspolitik einnimmt.[31]

Neben der erwähnten Hoffnung auf Schaffung neuer Arbeitsplätze und den damit ver­bundenen Beschäftigungswirkungen, die man zu den quantitativen Effekten zählt, werden weit­ere gesamt­wirtschaftliche Wirkungen von Unternehmensgründungen erwartet. Ebenfalls in den quanti­tativen Bereich fällt dabei der Anteil junger Unternehmen an der Schaffung einer ausge­glichenen Altersstruktur der Unternehmen in einer Volkswirtschaft, während man den Beitrag zum Strukturwandel und den positiven Einfluss neu gegründeter Unternehmen auf die Ent­wicklung im regionalen Bereich als qualitative Wirkung bezeichnet.[32]

3.1 Beschäftigungs- und Wachstumswirkungen von Unternehmens-gründungen

Nüesch vertritt die Auffassung: „Es sind die jungen, risikofreudigen, auf einem wissens­ge­stützten Innovationspotential aufbauenden Unternehmerinnen und Unternehmer, die die Arbeits­plätze der Zukunft schaffen – eine Überlebensfrage für Europa im globalen Wett­bewerb“.[33]

Die Aussage veranschaulicht die Hoffnungen, die in junge, innovative Unternehmen gesetzt werden. Dies gilt verstärkt vor dem Hintergrund, dass die momentane Beschäftigungssituation am deutschen Arbeitsmarkt als außerordentlich angespannt zu bezeichnen ist. Die Arbeits­losen­zahl von 4,772 Millionen[34] Menschen (nicht saisonbereinigt) in Deutschland und die hieraus resultierenden ökonomischen und gesellschaftlichen Konsequenzen stellen das zentrale nationale Problem der Gegenwart dar. Die Thematik wird in der Öffentlichkeit und den Medien folglich heftig diskutiert. Politik und Wirtschaft sehen sich gezwungen, gegen die dauerhaft hohe Arbeitslosigkeit anzukämpfen. Fraglich ist, ob die Gründungen von jungen Unternehmen hier einen entscheidenden Beitrag leisten können oder ob die Unternehmensgründungen eine vorübergehende Modeerscheinung darstellen.[35] Diese Frage ist eng mit dem gesellschaftlichen Nutzen der angebotenen staatlichen Förderprogramme verbunden. Vor diesem Hintergrund bedarf es einer Analyse der Beschäftigungs- und Wachs­tumswirkungen von Unternehmens­gründungen. Hierbei wird nachfolgend zunächst die klassische Theorie erläutert.

3.1.1 Klassische Interpretation

Aufgrund des vornehmlich den großen Unternehmen zu verdankenden Wirtschaftswunders in Deutschland in den fünfziger und sechziger Jahren wurden KMU sowie deren Gründung in der wissenschaftlichen Forschung zu dieser Zeit nur wenig beachtet.[36] Jungen Unternehmen traute man keine besonderen Wirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft zu, vor allem aufgrund ihrer einzelnen unbedeutenden Größe. Vielmehr festigte sich die Meinung, dass Gründungen ohnehin schnell wieder vom Markt verschwinden und ihre Bedeutung infolgedessen nur gering ist.[37] Dementsprechend wenig beschäftigten sich die damaligen wirt­schaftswissenschaftlichen Forscher mit Entrepreneuren, der Routinebetrieb von existierenden Betrieben stand im Mittel­punkt des Interesses.[38]

Glaubte man bis in die achtziger Jahre noch, dass vermehrt große Unternehmen als Motor der Wirtschaft anzusehen sind, wird heute die Auffassung vertreten, dass eher KMU eine positive Wirkung auf Gesellschaft und Wirtschaft ausüben.[39] Heute ist der Mittelstand in Deutschland mit seinen mehr als 20 Mio. Beschäftigten (70 % aller Arbeitnehmer) und gut 80 Prozent aller Auszubildenden als Antrieb der Wirtschaft zu bezeichnen.[40] Der Mittelstand gilt als „…die Job­maschine unserer Wirtschaft“.[41]

Aus­schlaggebend hierfür war vor allem die Arbeit von Birch,[42] der für die USA heraus­fand, dass 81,5 Prozent der neu geschaffenen Arbeitsplätze jungen und kleinen Unternehmen zu ver­danken waren. Dies führte dazu, dass die Gründung neuer Unternehmen als Hoffnungsträger in der politischen Öffentlichkeit galt. Obwohl sich diese Zahl in anschließenden Untersuchungen als zu hoch erwies[43] und sich herausstellte, dass junge Unternehmen doch kein Mittel gegen die meisten ökonomischen Schwierigkeiten sind, ist dennoch unbestritten, dass diese einen Beitrag dazu leisten, den Arbeitsmarkt zu entlasten.[44] Die Frage, in welcher Größenordnung diese Entlastung stattfindet, ist in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung als strittig zu be­zeichnen.

3.1.2 Empirische Untersuchungen der Gründungsforschung

Die Bedeutung von neugegründeten Betrieben kann auch als weitaus geringer betrachtet werden, wenn man berücksichtigt, dass diese ihre Geschäftstätigkeit als kleine Unter­nehmen beginnen[45] und dementsprechend anfälliger sind, bereits kurz nach Markt­eintritt wieder zu verschwinden. In der Literatur ist in den meisten Fällen die Rede davon, dass die Hälfte der Unternehmen bereits nach einem Zeitraum von fünf Jahren nicht mehr existent ist,[46] teilweise wird sogar von 80 Prozent gesprochen.[47] Führt man sich diese angegebenen hohen Scheiterungs­raten junger Unternehmen vor Augen und sollten diese wirklich bestätigt werden, ist es nicht verwunderlich, dass Unternehmensgründungen teilweise mit dem Vorurteil „born to die“[48] behaftet werden.

Um die viel genannten und oft gepriesenen positiven Beschäftigungswirkungen von neuge­gründeten Unternehmen zu untersuchen, ist es deshalb nötig, diese anhand von empirischer Forschung zu hinterfragen bzw. zu belegen. Dabei ist nicht nur der Gründungszeitpunkt und der Markteintritt ausschlaggebend, sondern vor allem die Entwicklung des jungen Unternehmens in dessen frühen Jahren.[49] Die bedeutsamen gesamtwirtschaftlichen und auch regionalen Effekte, die von Unternehmensgründungen ausgehen und Wirkungen der in diese - beispielsweise im Rahmen eines Förderungsprogramms - investierten Mittel sind nur von kurzer Dauer, wenn ein junges Unternehmen nach der in seiner Gründungsphase kritischen Zeit nicht überlebt. Damit wären auch die Wirkungen zum Wachstum der Beschäftigung hinfällig. Die Betrachtung der Unternehmensentwicklung nach der Gründung ist deshalb von Nöten, um zu bestimmen, ob junge Unternehmen auch langfristig positive Wirkungen entfalten können.

Als Input für eine Erforschung der Bedeutung junger Unternehmen können beispiels­weise sog. Kreditsauskunfteien oder Gewerbemeldedaten dienen. Allerdings betrachten diese Aus­kunftsquellen nicht die Entwicklung der Unternehmen über eine Zeitspanne. Weiterhin differ­enzieren erstere junge Unternehmen nicht in befriedigendem Maße. Bei Gewerbean­meldungen besteht hingegen die Gefahr, Scheingründungen mit zu berücksichtigen. Ein Betriebspanel oder Studien über sog. Neugründungskohorten[50] sind für diese Fragestellung besser geeignet.[51]

3.1.2.1 Untersuchung der Entwicklung junger Unternehmen in Nordrhein-Westfalen

Eine derartige Untersuchung mittels der Betrachtung von Kohorten wurde am Institut für Mittel­standsforschung (IfM) am Beispiel für Nordrhein-West­falen durchgeführt.[52] Die beschriebene Untersuchung basiert auf der Mittelstandsdefinition des IfM. Zunächst wurde die Be­schäfti­gungsentwicklung anhand von stellvertretend 43 ausgewählten Betrieben analysiert. Da­bei zeigte sich, dass die meisten Untersuchungsobjekte anfangs nur als Ein-Personen-Unter­nehmen starteten, also nur den Gründer selbst beschäftigten. Dies änderte sich bereits nach dem ersten vergangenen Zeitraum von ca. eineinhalb Jahren, denn in diesem und auch in den folg­enden zwei Jahren hatte die Mehrzahl der Betriebe zwei bis fünf Beschäftigte (vgl. Ab­bildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

n = 43

Abbildung 1: Beschäftigungsstruktur der Kohorte 1999 – Vertikalstruktur in %[53]

Weitaus interessanter ist allerdings die Beobachtung der durchschnittlichen Entwicklung der Arbeitsplätze, die die jungen Unternehmen dem Gründer und dessen Angestellten verschaffen. So begannen die beobachteten Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit im Durchschnitt mit 4,1 Be­schäftigten, diese Zahl nahm in den folgenden Jahren kontinuierlich zu. Etwa 18 Monate nach Gründung war bereits ein Wachstum auf 5,8 Beschäftigte festzustellen, diese Zahl steigerte sich nach weiteren zwölf Monaten nochmals auf 6,7 und nach drei Jahren waren im Schnitt 7,2 be­schäftigte Personen zu verzeichnen.

Allerdings gab es nicht bei allen Unternehmen eine erfreuliche Zunahme an Arbeitsplätzen, sondern lediglich ein Teil der untersuchten Objekte lieferte einen fruchtbaren Beitrag zu der ge­nannten positiven Entwicklung (vgl. Tabelle 1). Nur knapp 40 Prozent der jungen Unternehmen haben etwa 18 Monate nach deren Gründung ein Wachstum von Personal zu verzeichnen, ganze 14 Prozent mussten bereits wieder Arbeitsplätze abbauen. Bis zum Jahresende 2000 sank der Anteil der schrumpfenden Betriebe wieder, mehr als die Hälfte konnte ihren Bestand an Be­schäftigung halten. In der dritten Phase der Untersuchung setzte aber wieder fast jeder siebte Betrieb Arbeitsplätze frei und der Anteil der Unternehmen, deren Zahl an Personal gewachsen ist, sank erstmals auf unter 30 Prozent. Dies spiegelt sich auch im durchschnittlichen Beschäfti­gungswachstum wider. Während nach der ersten Startphase bis Ende 1999 jedes Unternehmen im Schnitt noch 1,1 Beschäftigte eingestellt hatte, nahm diese Wachstumsrate in der folgenden Betrachtung fortdauernd - zunächst auf 0,7 in der zweiten Phase - ab und sank nochmals auf 0,5 Beschäftigte bis zum Ende des Jahres 2001.

[...]


[1] Vgl. zur gesamtwirtschaftlichen Relevanz Franke/Lüthje (2003), S. 38.

[2] Vgl. Schwall (2000), S. 1.

[3] Erläuterungen zu Förderprogrammen finden sich bei Pesch (2005); zu den verschiedenen für Unternehmens­gründungen angebotenen Fördermaßnahmen des Bundes, der Länder und der Europäischen Union siehe die Informationen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Vgl. BMWA (2005a) und BMWA (2005b).

[4] Vgl. Schefczyk/Pankotsch (2002), S. 35.

[5] Zur herausgehobenen Bedeutung der Thematik Wachstum und Beschäftigung vgl. Brüderl/Preisen­dörfer/Baumann (1991), S. 91.

[6] Schmitz (2001), S. 34; Kay (2002), S. 3.

[7] Vgl. Brüderl (1999), S. 99.

[8] Vgl. Schwall (2000), S. 28.

[9] Vgl. Schefczyk/Pankotsch (2002), S. 21.

[10] Wenn von einem Produkt die Rede ist, gilt dies auch für Dienstleistungen.

[11] Vgl. Franke/Lüthje (2003), S. 35.

[12] Weiterhin können die Ausdrücke Technologieorientierte Unternehmensgründungen (TOU), New-technology-based firms (NTBF), Junge Technologieunternehmen (JTU) oder Wachstumsunternehmen anstelle von JIU verwendet werden. Vgl. Schwall (2000), S. 7.

[13] Vgl. Schwall (2000), S. 36.

[14] Vgl. Pleitner (2000), S. 1149.

[15] Vgl. Brüderl (2004), S. 215.

[16] Vgl. Franke/Lüthje (2003), S. 34. Dies wird beispielsweise durch einen Blick in das Gabler Wirtschaftslexikon (2004), S. 887 deutlich, denn dort wird unter dem Stichwort Entrepreneur lediglich auf Unternehmer verwiesen.

[17] Vgl. Pleitner (2000), S. 1149.

[18] Brüderl (2004), S. 215.

[19] Vgl. Franke/Lüthje (2003), S. 35 und S. 43; Vahlens großes Wirtschaftslexikon (1994), S. 556.

[20] Vgl. Schefczyk/Pankotsch (2002), S. 21.

[21] Vgl. Schefczyk/Pankotsch (2002), S. 25. In diesem Zusammenhang wird auch von jungen, technologie­orientierten Unternehmen (JTU) gesprochen.

[22] Vgl. Kapitel 3.1.2.1.

[23] Vgl. Pesch (2005), S. 18.

[24] Vgl. Bundesregierung - Regierung online (2005a).

[25] Vgl. Schefczyk/Pankotsch (2002), S. 35.

[26] Vgl. Pesch (2005), S. 18.

[27] Mittelstandsdefinition des IfM Bonn seit Einführung des Euro (01.01.2002). Vgl. Institut für Mittelstands­forschung (2005).

[28] Vgl. neue KMU-Definition der EU (seit 01.01.2005) in Institut für Mittelstands­forschung (2005).

[29] Vgl. Dietz (1989), S. 1.

[30] Vgl. Bundesregierung - Regierung online (2005b). Der Gründerfonds startete am 29. August 2005 in Berlin.

[31] Vgl. Pesch (2005), S. 43f.

[32] Vgl. Pesch (2005), S. 43f.

[33] Zitiert nach Nüesch in: Scheidegger/Hofer/Scheuenstuhl (1998), S. 1.

[34] Stand: Juli 2005. Vgl. Monatsbericht 08-2005 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit – BMWA (2005c), S. 16.

[35] Vgl. Pleitner (2001), S. 1152.

[36] Vgl. Brüderl (2004), S. 216.

[37] Vgl. Brüderl/Preisendörfer/Baumann (1991), S. 91.

[38] Vgl. Franke/Lüthje (2003), S. 34.

[39] Vgl. Pesch (2005), S. 43.

[40] Vgl. Bundesregierung - Regierung online (2005a).

[41] Vgl. BMWA (2005d).

[42] Die empirischen Studien von Birch, die sich auf den Zeitraum von 1969 bis 1976 beziehen, finden sich in seinem Buch „The Job Generation Process“ von 1979.

[43] Storey beispielsweise spricht nach eigenen Untersuchungen in Großbritannien von lediglich einem Drittel. Vgl. Storey (1994), S. 173.

[44] Vgl. Brüderl (1999), S. 99.

[45] Vgl. Kapitel 2.3.

[46] Vgl. Brüderl (1999), S. 99.

[47] Vgl. Kirchhoff (1994), S. 146.

[48] Brüderl (2004), S. 216.

[49] Vgl. Kay (2002), S. 3.

[50] Die Bezeichnung Kohorte beschreibt eine ausgewählte Gruppe von Personen oder Unternehmen.

[51] Vgl. Brüderl (1999), S. 99f.

[52] Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf eine empirische Untersuchung des IfM Bonn. Vgl. Kay (2005). Im Rahmen einer Unternehmensbefragung wurden in Nordrhein-Westfalen die Gründungsjahr­gänge bzw. Kohorten 1996 und 1999 betrachtet. In der vorliegenden Arbeit beziehen sich die Ergebnisse auf die Unter­nehmen, die im Jahr 1999 gegründet wurden, dabei konzentrieren sich die Ausführungen vor allem auf die be­obachteten Beschäftigungsentwicklungen.

[53] Quelle: Kay (2005), S. 14.

Fin de l'extrait de 24 pages

Résumé des informations

Titre
Die gesamtwirtschaftliche und regionale Bedeutung von Unternehmensgründungen
Université
University of Marburg
Note
1,7
Auteur
Année
2006
Pages
24
N° de catalogue
V74480
ISBN (ebook)
9783638881937
Taille d'un fichier
797 KB
Langue
allemand
Mots clés
Bedeutung, Unternehmensgründungen
Citation du texte
Markus Krumpholz (Auteur), 2006, Die gesamtwirtschaftliche und regionale Bedeutung von Unternehmensgründungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74480

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