Das Rolandslied als Kinderbuch - die Darstellung des „guten“ Eigenen und des „schlechten“ Anderen


Dossier / Travail, 2007

21 Pages


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 La Chanson de Roland
2.1 Handlung und historischer Hintergrund
2.2 Zur altfranzösischen Epik
2.3 Die mittelhochdeutsche Übertragung des Pfaffen Konrads
2.4 Analyse des Rolandsliedes für Kinder
2.5 Pädagogische Beurteilung

3 Fazit

4 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Obwohl Kinderliteratur selten im Vordergrund der Literaturwissenschaft steht, sind es gerade Kinderbücher, welche das Leben eines jeden Lesers für immer prägen können. Vor allem die ersten Leserjahre sind entscheidend für die weitere Auseinandersetzung mit Literatur, insbesondere Belletristik. Die spätere Liebe oder Abneigung zu Literatur hängt natürlich von verschiedenen Faktoren ab, u.a. Zugang zu Büchern, Haltung der Eltern bzw. Erziehungsberechtigten gegenüber Literatur und Lesen, Ablenkung durch andere Medien wie Computer und Fernsehen und nicht zuletzt der Einfluss von Vor- und Grundschulunterricht. Abgesehen von frühen Erfahrungen mit dem Lesen ist aber auch die in Kinderbüchern enthaltene Botschaft eine zentrale Frage, die für das soziale Verhalten und die persönliche Einstellung des heranwachsenden Menschen eine bedeutende Rolle spielt.

Kinder sind meist – Fälle ausgenommen, in denen zu Hause nicht oder wenig gelesen wird – im Alter von 3 bis 13 Jahren mit vielseitigen Büchern konfrontiert, zuerst schlichte Bilderbücher und später Geschichten, die diverse Werte und Normen vermitteln können. Jeder, der schon einmal einem Fünfjährigen eine Gutenachtgeschichte vorgelesen hat, wird wissen, wie sehr Kinderliteratur darauf zielt, Tugenden wie Toleranz, Verantwortungsbewusstsein, Gnade und Selbstlosigkeit zu lehren. Sei es Hans, der mit seiner Schwester die Schokolade teilen soll oder Marie, die ihren Freunden einen Streich verzeihen muss – es sind allemal wichtige Botschaften in Kindergeschichten enthalten.

Sind es aber immer gute Botschaften? Ist der pädagogische Wert eines jeden Kinderbuches immer positiv zu bewerten? Im Falle einer mittelalterlichen Heldensage, die in gekürzter, vereinfachter Form für beeindruckbare junge Menschen zugänglich ist, bedarf es einer näheren Betrachtung. Dass ein Kreuzzugsepos wie die Chanson de Roland, wesentlicher Bestandteil romanischer Epik, die Helden als „gut“ darstellt, versteht sich von selbst. Die „Anderen“ werden dementsprechend durch die Zuschreibung feindlicher und fremder Eigenschaften zur „bösen“ Gegnerseite erklärt.

Da die beiden Seiten in der Chanson de Roland bzw. im Rolandslied zwei noch heute vorhandene Glaubensrichtungen vertreten, sollte evtl. eine gewisse Objektivität von der Kinderbuchversion verlangt werden.

In dieser Hausarbeit werde ich mich mit der Darstellung des Eigenen und des Anderen im Rolandslied als Kinderbuch auseinandersetzen und die eventuell daraus entstehenden Probleme bei jungen Lesern formulieren. Inwiefern wird in Kindern ein moralischer Konflikt ausgelöst und auf eine Zielgruppe abgestimmt eine Opposition aufgebaut?

2 La Chanson de Roland

2.1 Handlung und historischer Hintergrund

Die zwischen 1075 und 1170[1] entstandene Chanson de Roland erzählt in erster Linie von den Heldentaten und dem heldenhaften Ende des Roland, des Neffen Karls des Großen. Die Kriegszüge gegen die Mauren um 778 bilden den Ausgangspunkt für die historisch basierende Handlung. Den Höhepunkt des Krieges bildet die Schlacht bei Roncesvalles (auch Roncevaux) am 15. August 778, bei der die „gesamte fränkische Nachhut von den Basken[2] angegriffen und aufgerieben [wird]“ (Hensler 2006, S. 23). Roland verliert hierbei sein Leben, doch seine Heldentaten werden fortan in der Chanson de Roland verewigt.

Im historisierenden Rolandslied begeben sich die Franken auf einen Kreuzzug nach Saragossa, dem letzten Vorposten islamischer Herrschaft auf der iberischen Halbinsel, nachdem Karl der Große den größten Teil Spaniens von den Sarazenen[3] zurückerobert und zahlreiche Aufstände der Sachsen niedergeschlagen hat. Der heidnische König Marsilie macht ein Angebot – er möchte sich dem fränkischen König unterwerfen und zum christlichen Glauben übertreten. Nachdem Ganelon, Rolands verabscheuter Stiefvater und Karls Schwiegersohn, widerwillig zum Gesandten gewählt wird, schwört er Rache und begibt sich schließlich zu König Marsilie. Zusammen schmieden diese einen Plan, die fränkischen Truppen zu überfallen und den heroischen Roland als „Hauptgefahr“ zu beseitigen.

An jenem Tag erkennt Roland zwar die Falle, aber aus Stolz weigert er sich, das fränkische Heer zu Hilfe zu rufen. Nach einer verheerenden Schlacht steht Roland alleine vor einer völlig aussichtlosen Lage. Er wird getötet durch die heidnischen[4] Truppen, die sich aus Angst vor dem sich nähernden fränkischen Heer auf die Flucht begeben. Karl der Große schafft es trotzdem, einen Großteil der Heiden zu besiegen, während der Rest mit König Marsilie zurück nach Saragossa flieht. Die heidnische Verstärkung unter der Führung von Baliguant wird ebenfalls vernichtet, sodass Karl die Stadt Saragossa einnehmen und zum Christentum bekehren kann. In Aachen erfährt die Verlobte Rolands von seinem Tod und stirbt aus Trauer. Ganelon wird trotz familiärer Unterstützung letztendlich verurteilt und samt seiner Verwandtschaft bestraft.

2.2 Zur altfranzösischen Epik

Als Prototyp altfranzösischer Epik, der chanson de geste, sind im Chanson de Roland typische Merkmale dieser besonderen Heldendichtung erkennbar. Chansons de geste entstanden allgemein zwischen dem Ende des 11. und Anfang des 15. Jahrhunderts (Suard 1993, S. 7). Sie greifen vorwiegend heldenhafte Taten aus der Zeit der Karolinger auf, insbesondere Kreuzzüge gegen die Heiden, und werden in Epenzyklen unterteilt. Der Königszyklus (Le cy cle du Roi) enthält u.a. die Chanson de Roland und Chanson d’ Aiquin.

Viele Charakteristika dieser Dichtungsform beruhen auf ihre ursprünglich mündliche Übertragung und die damit verbundene Unterhaltungsfunktion: „Le texte épique porte des marques significatives de sa fonction première, qui est d’entretenir une communication constante avec un public d’écoutant“ (Suard 1993, S. 19). Die chanson de geste wurde von einem Spielmann vorgesungen, oft mit instrumentaler Begleitung. Entsprechende musikalische und rhythmische Elemente findet man in Reim, Versform und Metrum wieder. So sind die Verse, wie auch in der Chanson de Roland, durch eine bestimmte Silbenzahl (meist Zehnsilber, décasyllabes) gebunden. Die Verse sind in jedem Laisse (i.e. epische Strophe) jeweils einförmig assonant, d.h. in den Versen eines jeden Laisse klingen die Vokale der letzten betonten Silbe gleich. Diese einheitliche Assonanz hängt vor allem damit zusammen, dass jedes Laisse nur ein bestimmtes Geschehen oder Thema behandelt.

Obwohl in einer Kinderbuchversion des Rolandsliedes eine solch besondere Dichtungskunst verloren geht, sollte man die kennzeichnende Thematik des Heldentums und des Kampfes gegen den Islam, die einst in Gesang rezitiert wurde, im Auge behalten.

[...]


[1] die erste Fassung, die Oxforder Handschrift, soll zw. 1125 und 1150 entstanden sein (Hensler 2006, S. 24)

[2] während historische Quellen von christlichen Basken ausgehen, sind es im Rolandslied heidnische Truppen, die aus dem Hinterhalt angreifen

[3] Sammelbezeichnung für Gegner des Christentums (Hensler 2006, S. 1)

[4] siehe 2

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
Das Rolandslied als Kinderbuch - die Darstellung des „guten“ Eigenen und des „schlechten“ Anderen
Université
University of Potsdam
Auteur
Année
2007
Pages
21
N° de catalogue
V74489
ISBN (ebook)
9783638784474
ISBN (Livre)
9783638794916
Taille d'un fichier
462 KB
Langue
allemand
Mots clés
Rolandslied, Kinderbuch, Darstellung, Eigenen, Anderen
Citation du texte
Andreas Mittag (Auteur), 2007, Das Rolandslied als Kinderbuch - die Darstellung des „guten“ Eigenen und des „schlechten“ Anderen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74489

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