Teamzusammensetzung. Die Bedeutung der Teamrollen


Diplomarbeit, 2007

65 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Teamrollenansätze
2.1 Die Teamrollentheorie von M. Belbin
2.2 Das Team Management System von Margereson & McCann
2.3 Zwischenfazit

3. Die Teamrollentheorie von M. Belbin: Theoretische Fundierung
3.1 Merkmale von Gruppen
3.1.1 Die interne Struktur von Gruppen
3.1.2 Gruppenleistung: „2+2=5“?
3.2 Rollenzuweisung in Gruppen
3.3 Die Teamrollen und ihr Einfluss auf die Teamperformance
3.3.1 Chairman und Shaper
3.3.2 Teamworker
3.3.3 Plant und Resource Investigator
3.3.4 Monitor/Evaluator
3.3.5 Company Worker
3.3.6 Completer/Finisher
3.4 Zwischenfazit

4. Die Teamrollentheorie von M. Belbin: Empirische Fundierung
4.1 Teambalance und Teamperformance: Die Studie von Partington/Harris
4.2 Teambalance und Teamperformance: Die Studie von Prichard/Stanton
4.3 Zwischenfazit

5. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Das Team Management Wheel

Abbildung 2: Teamrollenkonzepte im Vergleich

Abbildung 3: Die tatsächliche Gruppenleistung

Abbildung 4: Korrelation zwischen Häufigkeit der Teamrolle und Teamperformance

1. Einleitung

Die Teamarbeit gilt als ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit von Organisationsformen (vgl. Eickenberg 2006: 67). Teams und Teamarbeit sollen Unternehmen dazu verhelfen, trotz sich zunehmend schneller verändernder Rahmenbedingungen, effektiver und flexibler am Markt zu agieren (vgl. Prechtl 1999: 1). Teams werden als Wundermittel zur Bewältigung verschiedenster Probleme betitelt und die Forderung nach Teamfähigkeit fehlt in keiner Stellenanzeige (vgl. Franken 2004: 182). Doch der Wunsch nach erfolgreicher Teamarbeit hängt von der gelungenen Zusammenarbeit der Teammitglieder ab. In den meisten Fällen unterliegt die Auswahl der Teammitglieder dem Kriterium der Fähigkeit funktionale Interessen zu vertreten. Die Frage nach Stärken und Schwächen der einzelnen Teammitglieder bezüglich interpersonellen und teaminternen Verhaltens findet oft erst Beachtung, wenn der gewünschte Fortschritt ausbleibt. (Vgl. Eickenberg 2006: 199.) Ein Ansatz, welcher den Anspruch innehat, die individuellen Präferenzen und das interpersonelle teaminterne Verhalten der Teammitglieder zu berücksichtigen, ist die Teamrollentheorie von Dr. R. Meredith Belbin (vgl. Partington/Harris 1999: 694f). Eine Teamzusammensetzung unter der Berücksichtung der von ihm identifizierten unterschiedlichen Teamrollen erhöhe die erfolgreiche Zusammenarbeit und somit die Leistungsfähigkeit eines Teams (vgl. Belbin 2004: 124f.). Trotz der geringen Anzahl an wissenschaftlichen Untersuchungen der von Belbin entwickelten Theorie erfreut sich diese hoher Beliebtheit bei Unternehmen und Unternehmensberatern (vgl. Senior 1997: 242; Prichard/Stanton 1999: 654). Es drängt sich somit die Frage auf, ob ein Beitrag der Teamrollen für eine erfolgreiche Teamarbeit wissenschaftlich belegbar ist. Welchen Beitrag können Teamrollen für eine optimale Teamzusammensetzung und das angestrebte Ziel eines erfolgreich arbeitenden Teams leisten?

Um diese Frage zu beantworten werden im folgenden Kapitel die Teamrollentheorie von Belbin, ihre Entwicklung und die resultierenden Handlungsempfehlungen dargestellt. Die Vorstellung einer weiteren Teamrollentheorie und deren anschließender Vergleich mit der von Belbin entwickelten Theorie, soll die Ähnlichkeit vorhandener und praktizierter Teamrollentheorien darstellen. Im anschließenden Kapitel, gleichzeitig Schwerpunkt dieser Arbeit, wird die Teamrollentheorie von

Belbin einer theoretischen Fundierung unterzogen. Einleitend werden die spezifischen Merkmale von Gruppen, ihre interne Struktur sowie die Bestimmung der Gruppenleistung, vorgestellt. Daraufhin wird der potentielle Nutzen von Rollezuweisungen für eine erfolgreiche Teamarbeit analysiert. Abschließend werden die von Belbin identifizierten Teamrollen und ihre Funktionen im Team einzeln hinsichtlich ihres Beitrags für ein erfolgreich arbeitendes Team untersucht. Im Anschluss an die theoretische Fundierung folgt in Kapitel 4 eine Darstellung und Auswertung vorhandener Studien, welche die Auswirkung einer Teamzusammensetzung anhand der Teamrollentheorie auf die Teamleistung empirisch untersuchen. Das Fazit schließlich gibt auf Grundlage der gewonnen Erkenntnisse eine Antwort auf die aufgeworfene Fragestellung und wagt einen Ausblick auf weitere zu untersuchende Sachverhalte hinsichtlich der Teamrollentheorie Belbin´s.

2. Teamrollenansätze

Die Effektivität von Teams wird durch eine große Anzahl von Faktoren beeinflusst. Das Hauptaugenmerk vieler Untersuchungen liegt jedoch auf dem Einfluss der Teamzusammensetzung (vgl. McGrimmon 1995: 35). Die Personen in einem Team, ihr Verhalten und ihre Fähigkeiten sind ausschlaggebend für die Performance eines Teams. Das Verhalten und die Fähigkeiten welche die Teammitglieder zeigen, sind wiederum entscheidend von der im Team übernommenen Rolle abhängig (vgl. Senior 1997: 241).

Auf der einen Seite steht die funktionale Rolle, wie z.B. der Marketingmanager, der Dozent oder die Schreibkraft. Belbin (1996: 202) definiert die funktionale Rolle, als die Rolle, die ein Teammitglied in Bezug auf spezielle fachliche Anforderungen erfüllt. Die Zuweisung einer Person zu einem Team wird häufig über die funktionale Rolle vorgenommen. (Vgl. Senior 1997: 241.) Somit wird sichergestellt, dass das Team über die nötigen technischen Fertigkeiten verfügt, die zu lösende Aufgabe zu bewerkstelligen. Doch auf diese Weise werden andere wichtige Faktoren, wie die Persönlichkeit und das teaminterne Verhalten, welche sich beide auf Interaktions- und Kommunikationsprozesse im Team auswirken, sowie die individuellen Präferenzen der potenziellen Teammitglieder vernachlässigt. (Vgl. Prichard/Stanton 1999: 652; Partington/Harris 1999: 694.) So betont Senior (1997:241), dass die funktionale Rolle einer Person einem Team nicht notwendiger Weise hilft, wenn dieses Entscheidungen treffen und implementieren muss.

Um diese Faktoren bei der Teamzusammensetzung mit einzubeziehen muss eine weitere Rolle berücksichtigt werden – die Teamrolle. Teamrollen bezeichnen dabei Verhaltensweisen im Team, welche unabhängig von der funktionalen Rolle des einzelnen sind. Eine Teamrolle ist durch eine bestimmte Kombination von Verhaltensweisen charakterisiert, mit denen Teammitglieder ihren Aufgaben und anderen Teammitgliedern begegnen. (Vgl. Blümke 2006: 27.) Die Forschung im Bereich der Teamrollen wuchs mit dem steigenden Interesse an der Organisationsform des Teams ab Mitte 1980 rapide an, und es entstand eine Vielzahl[1] an Teamrollenansätzen (vgl. Partington/Harris 1999: 695).

Im Folgenden wird der Teamrollenansatz von R. Meredith Belbin vorgestellt. Er gehört zu den gebräuchlichsten Teamrollenansätzen, welcher von einer Vielzahl von Unternehmen angewandt wird (vgl. Prichard/Stanton 1999: 654). In einer Studie über den Einsatz von Persönlichkeitstypologien in der deutschen Wirtschaft der Fachhochschule Mannheim im Jahr 2004 gaben gut 40% der 41 befragten DAX- und MDAX- Unternehmen[2] an, den Teamrollenansatz nach Belbin zu kennen. Fast jedes zweite befragte Unternehmen hat in den Jahren von 2002 bis 2004 Persönlichkeitstypologien eingesetzt. (Vgl. Klimmer/Neef 2004: 3ff.)

Senior (1997: 243) beschreibt den Ansatz von Belbin als möglichen Ausgangspunkt, an den andere Teamrollenansätze angeknüpft haben. Anschließend wird daher ein zweiter Teamrollenansatz, das Team Management System von Margerison/McCann beschrieben. Durch die resultierenden Teamrollen und Handlungsempfehlungen dieses Ansatzes können die Resultate von Belbin untermauert werden.

2.1 Die Teamrollentheorie von M. Belbin

Eine der umfassendsten Studien über Teamzusammensetzung und deren Auswirkung auf die Effektivität eines Teams wurde 1969 über eine Dauer von 9 Jahren am Henley Management College unter der Leitung von Dr. R. Meredith Belbin durchgeführt (vgl. Dulewicz 1995: 68). Für den größten Teil dieser Studie zeigte sich das Industrial Training Research Unit aus Cambridge, welches früher zum University College in London gehörte und heute eine eigenständige Unternehmung darstellt, verantwortlich. (Vgl. Belbin 1996: 11)

Über 120 Teams mit durchschnittlich 6 Mitgliedern, bestehend aus Führungskräften der Wirtschaft und Industrie Englands, nahmen über die Jahre hinweg an dem, für die Studie entworfenen, Unternehmensplanspiel teil. Im Mittelpunkt der Untersuchung stand die Beziehung zwischen Persönlichkeitseigenschaften der einzelnen Teammitglieder und der Teamleistung im Unternehmensplanspiel. Zu diesem Zweck wurden alle Teammitglieder psychometrischen Tests[3] unterzogen. Die Leistung der einzelnen Teams wurde über den fiktiven Gewinn, welchen sie innerhalb des Unternehmensplanspiels erwirtschafteten, gemessen. (Vgl. Belbin 1996: 11ff.) Zusätzlich wurden in jedem Team durch geschulte Beobachter Prozessanalysedaten erhoben (vgl. Kauffeld 2001: 84).

Zu Beginn der Forschung konnte die Teamzusammensetzung nicht beeinflusst werden und somit beschränkte sich die Forschungsarbeit auf das Sammeln von psychometrischen Daten der Teammitglieder, die Beobachtung der Teams im Unternehmensplanspiel und die Erfassung der erzielten Resultate. Im späteren Verlauf war eine eigene Gestaltung der Teamzusammensetzung möglich, welche genutzt wurde, um Teammitglieder mit ähnlichen Testergebnissen gleichen Teams zuzuordnen. Dabei wurde angestrebt einige Teams gezielt so zu besetzen, dass sie das Unternehmensplanspiel gewinnen würden. (Vgl. Belbin 1996: 20ff.)

Es wurden Teams gebildet, deren Mitglieder in den Testungen überdurchschnittlich hohe Ergebnisse bezüglich geistiger Fähigkeiten erzielt hatten, mit der Erwartung sie wären besonders geeignet, die Aufgaben des Unternehmensplanspiels zu bewerkstelligen. Diese so genannten Apolloteams erzielten jedoch unterdurchschnittliche Ergebnisse. Individuelle Leistungen und Anstrengungen wurden durch fehlende übereinstimmende Teamarbeit, destruktive Diskussionen und Entscheidungsschwierigkeiten überkompensiert. (Vgl. Belbin 1996: 25ff.)

Auch Untersuchungen von Teams, die hinsichtlich ähnlicher Persönlichkeitsstrukturen[4] zusammengestellt wurden, erbrachten keine zufrieden stellenden Ergebnisse. Es konnte zwar eine Rangfolge der Leistungsfähigkeit und Charakteristik der Leistungsentstehung der einzelnen Teams beobachtet werden, dennoch drängte sich die Frage nach neuen Teamtypen auf, welche bis jetzt unerkannt waren. (Vgl. Belbin 1996: 38ff.)

Die Teamrollen

Der Versuch ein Teammitglied mit bestimmten Eigenschaften zu identifizieren, welches Gemeinsamkeiten mit allen Mitgliedern erfolgreicher Teams im Unternehmensplanspiel hatte, führte zur ersten Teamrolle. Durch den Vergleich der psychometrischen Tests der Mitglieder von finanziell erfolgreichen Teams mit Mitgliedern von Teams, die schwache finanzielle Ergebnisse erzielt hatten, wurden die Persönlichkeitsfaktoren ermittelt und isoliert, welche am besten die Unterschiede zwischen den Mitgliedern der erfolgreichen und der erfolglosen Teams aufzeigten. Die auf diesem Wege ermittelte Teamrolle nennt Belbin den Company Worker[5]. Dieser zeichnet sich durch seine Disziplin und sein Verantwortungsbewusstsein aus. Der Company Worker arbeitet praktisch, exakt und besitzt herausragende organisatorische Fähigkeiten. (Vgl. Belbin 1996: 47-48, 89f.)

Nach Belbin (2004: 30f.) existiert in der Arbeit von Teams das wiederkehrende Phänomen der fehlenden Fähigkeit produzierte Ideen zu nutzen. Werden alle Mitglieder eines Teams aufgefordert kreative Ideen zu generieren, bedeutet dies eine Verschwendung menschlicher Ressourcen, da das Team unfähig sei, eine solche Menge an Ideen in angemessener Zeit zu verarbeiten. Die Lösung stellt nach Belbin die Identifizierung eines Ideenspezialisten dar.

Es wurde die Teamrolle des Plant entwickelt, die sich durch ein sehr hohes kreatives Potential, gemessen durch die psychometrischen Tests, auszeichnet. Charakteristische Persönlichkeitsmerkmale des Plants sind Individualität, Phantasie und großes Denkvermögen. (Vgl. Belbin 1996: 56,103.)

Bei der weiteren Untersuchung des entwickelten Rollentyps des Plants als kreatives Element eines Teams wurde ein Persönlichkeitstyp identifiziert, welcher zwar hohes kreatives Potential besaß, jedoch nicht primär als Initiator neuer Ideen in Erscheinung trat. Er nahm vielmehr Fragmente von Ideen anderer auf und entwickelte diese weiter. Seine speziellen Stärken liegen im Aufstellen von teamexternen Kontakten, sowie im Erforschen von Ressourcen außerhalb des Teams. Belbin nannte diesen Persönlichkeitstyp Resource Investigator. Beide Rollentypen besitzen Fähigkeiten zur Innovationsförderung des Teams, doch ob ein Team diesen Vorteil zu nutzen weiß, hängt stark von der Teamführung ab. (Vgl. Belbin 1996: 61f., 70.)

Der ideale Teamführer ist nach Belbin (2004: 49) „a person who knows how to use resources, who is singularly adaptive when it comes to people but who never loses his grip on a situation or his ability to reach his own judgement based on his assessment of what is needed in practice“. Durch den Vergleich der Personen die im Unternehmensplanspiel erfolgreich die Funktion der Teamführung übernommen hatten, resultierten zwei Persönlichkeitstypen: Der Chairman und der Shaper. Der Chairman ist eine ruhige und vertrauensvolle Person, welche respektiert wird und das Team zusammenhält. Er stellt schnell die individuellen Talente der Gruppenmitglieder fest und weiß ihre Stärken unvoreingenommen zu nutzen. Im Gegensatz dazu steht der Shaper, welchen Belbin (1996: 103) als dynamisch und stark angespannt beschreibt. Dieser treibt durch seine Dynamik und den von ihm ausgeübten Druck die Gruppe an und bekämpft somit Trägheit und Ineffizienz. Die Rollen schließen sich gegenseitig aus, werden aber beide, nur zu unterschiedlichen Zeitpunkten benötigt. Somit muss jeweils eine der Führungsrollen seine bevorzugten Teamverhaltensweisen unterdrücken. (Vgl. Belbin 1996:72ff., 90.)

Ein Team, welches sich auf die oben beschriebenen Teamrollen stützt, ist optimal mit Führung, durch Chairman und Shaper, Ideen, durch Plant und Resource Investigator und der Kapazität für Aktion, durch Company Worker ausgestattet (vgl. Belbin 1996: 91). Drei weitere wichtige Teamrollen komplettieren die wertvollen Persönlichkeiten nach Belbin (1996: 91ff., 103):

Die Rolle des Monitor/Evaluator wird benötigt um konkurrierende Vorschläge und kreative Ideen der Plants und der Resource Investigator zu bewerten. Der Monitor/Evaluator zeichnet sich durch hohe geistige und analytische Fähigkeiten aus. Seine Aufgabe als Schiedsrichter im Team kann den Zwang zur Übereinkunft ersetzen.

Die Zusammenarbeit des Teams wird durch den Teamworker gefördert. Dieser kann durch seine umgängliche Art Konfliktpotentiale im Team verhindern und den Teamgeist positiv beeinflussen. Er besitzt die Fähigkeit mit unterschiedlichen Situationen und Personen zurecht zu kommen.

Die achte und letzte[6] Teamrolle ist die des Completer/Finisher. Seine Fähigkeit besteht darin, durch seine Sorgfalt und Disziplin dafür zu sorgen, dass angefangene Aufgaben zum Abschluss gebracht werden.

Teamzusammensetzung

Erfolgreiche und effektive Teams sollten im Stande sein diese acht Teamrollen auszufüllen. Jedes Teammitglied ergänzt die Stärken des anderen und gleicht ihre Schwächen aus (vgl. Fisher/Hunter/Macrosson 2000: 125). Auf der Grundlage der acht Teamrollen leitet Belbin (2004: 124f.) fünf Prinzipien zur Bildung eines effektiven Teams ab:

1. Jedes Teammitglied trägt durch seine funktionale Rolle, die Konzentration auf die individuelle berufliche und technische Kompetenz und seine Teamrolle, als bestimmtes Verhaltensmuster, zur Erreichung der Teamziele bei.
2. Jedes Team benötigt eine optimale Balance zwischen funktionalen Rollen und Teamrollen, welche von den Zielen und Aufgaben des Teams abhängig ist.
3. Die Effektivität eines Teams ist vom Ausmaß der richtigen Selbsteinschätzung der Teammitglieder und ihrer Anpassung an das Team, hinsichtlich ihres Fachwissens und ihrer Teamrolle abhängig.
4. Persönliche und geistige Fähigkeiten prädestinieren Teammitglieder für bestimmte Teamrollen und lassen sie für andere ungeeignet erscheinen.
5. Ein Team kann seine technischen Ressourcen nur dann optimal nutzen, wenn es die erforderliche Menge an Teamrollen besitzt.

Es ist zu betonen, dass die Teamrolle einer Person nicht mit seiner funktionalen Rolle übereinstimmen muss. Es kann somit vorkommen, dass mehrere Individuen die gleiche funktionale Rolle einnehmen, aber unterschiedliche Teamrollen besetzen. (Vgl. Aritzeta/Ayestaran/Swailes 2005: 159.)

Um ein nach Belbin ausbalanciertes Team aufzustellen, ist es notwendig, die individuelle Teamrolle jedes potentiellen Teammitgliedes beurteilen zu können. Zu diesem Zweck entwickelte Belbin einen Selbstbeschreibungsfragebogen, das Belbin Team Role Self-Perception Inventory. Dieser ermöglicht es dem Benutzer eine individuelle Beurteilung seiner eigenen Rolle im Team zu erhalten. In dem Fragebogen werden sieben hypothetische Situationen mit je acht alternativen Verhaltensbeschreibungen versehen. Diese acht Beschreibungen repräsentieren die acht Teamrollen. Über eine Punktezuweisung ordnet die Testperson jeweils die acht Beschreibungen so an, dass sie ihr eigenes Verhalten in der hypothetischen Situation repräsentieren. Der Gesamtwert resultiert aus der Addition der Punkte über alle sieben beschriebenen Situationen. Wird die Mindestpunktzahl erreicht, kann der betreffenden Person ihre individuelle, natürliche Teamrolle zugewiesen werden. Nach Belbin könne ein Team auch bei Nichtausfüllung aller Teamrollen erfolgreich agieren, solange die fehlenden Teamrollen durch Personen übernommen werden, welche eine gewisse Tendenz zur betreffenden Rolle aufweisen. (Vgl. Belbin 2004: 125,178-183; Kauffeld 2001: 86.)

Die Validität dieses Tests wird von mehreren Autoren[7] angezweifelt. Dieser Kritikpunkt wird in dieser Arbeit jedoch nicht weiter vertieft. Das Ziel dieser Arbeit besteht darin festzustellen, ob die von Belbin in seinen Studien identifizierten Teamrollen die Leistung eines Teams positiv beeinflussen können. Die praktische Umsetzung der Teamrollentheorie Belbin´s und damit die Frage der optimalen Zuweisung von Mitgliedern zu ihrer passenden Teamrolle werden indes nicht weiter erörtert.

2.2 Das Team Management System von Margereson & McCann

Das Team Management System stellt, neben der Teamrolltheorie von Belbin, eines der gebräuchlichsten Teamrollenkonzepte dar (vgl. Blümke 2006: 28). Dr. Charles Margerison und Dr. Dick McCann haben sich zu Beginn ihrer sieben Jahre dauernden Forschung die Frage gestellt, warum einige Teams erfolgreicher als andere agieren, obwohl ihre Mitglieder über gleiche Fähigkeiten verfügen (vgl. Margerison/McCann 1989: 54). In mehreren tausend Interviews in verschiedenen Ländern stellten sie branchenübergreifend Managern, Teamleitern sowie Teammitgliedern Fragen zu den Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren ihrer Teamarbeit (vgl. Wagner 2005:12). Durch die Auswertung dieser Daten identifizierten Margerison und McCann neun Schlüsselfunktionen, die ein erfolgreiches Team auszeichnen (vgl. Margerison/McCann 1992: 29). Diese neun Funktionen besitzen unabhängig vom Arbeitskontext Gültigkeit und werden von Margerison/McCann (1984a: 28; 1989: 54f.) im Types of Work Model folgendermaßen beschrieben:

Advising

Diese Funktion besteht im Sammeln von aufgabenrelevanten Daten aus Berichten oder aus Kontakten zu anderen und der Aufbereitung dieser Daten, um sie in der Entscheidungsfindung nutzen zu können.

Innovating

Nachdem Informationen vorhanden sind, rückt die Arbeitsaktivität in die Innovationsphase vor. Hier besteht das Ziel darin, neue Ideen und Methoden zu entwickeln, welche die Aufgabenbewältigung verbessern.

Promoting

Durch diese Funktion soll sichergestellt werden, dass andere Personen von der teamintern entwickelten Idee überzeugt werden und die Idee durch das Unternehmen weiterverfolgt wird.

Developing

In der Entwicklungsphase wird die neue Idee, durch die Entwicklung praktikabler Methoden, zur Umsetzungsfähigkeit weiterentwickelt.

Organizing

Für die Umsetzung der Idee müssen Zeit- und Budgetpläne entwickelt werden, die eine termin- und kostengerechte Verwirklichung gewährleisten.

Producing

Sind Zeit- und Budgetpläne vorhanden, kann das Team das Produkt oder die Dienstleistung, welche aus der entwickelten Idee resultiert ist, erstellen.

Inspecting

Detaillierte Prüfung stellt sicher, dass Qualitätsstandards und finanzielle Vorgaben eingehalten werden.

Maintaining

Physische und soziale Ressourcen müssen aufrechterhalten werden um die Bewerkstelligung der Aufgabe zu gewährleisten. Teams müssen eine solide Infrastruktur bereitstellen, so dass alle anderen Arbeitsaktivitäten effizient ausgeführt werden können.

Linking

Das Verbinden ist die zentrale Funktion, welche alle anderen Arbeitsfunktionen koordiniert und integriert.

Die Teamrollen

Die Schlüsselrolle in der Entwicklung eines Teams ist die Zuweisung der passenden Personen zu den zu bewerkstelligenden Aufgaben (vgl. Margerison/McCann 1984a: 30). „No ones way is „best“; it is simply that people have different preferences and attitudes. Recognizing and using these preferences to advantage is fundamental to leading a „winning“ team“ (Margerison/McCann 1984b:12). Eine Möglichkeit diese Zuweisung zu realisieren ist die Identifikation der benötigten Arbeitsrollen und der passenden Personen, welche ein besonderes Interesse und besondere Fähigkeiten im Bereich der jeweiligen Arbeitsrolle aufweisen. (Vgl. Margerison/McCann 1984a: 30) Die benötigten Arbeitsrollen erschließen Margerison/McCann aus den zuvor identifizierten neun Teamfunktionen, in dem sie mittels des von ihnen entwickelten Team Management Index[8] Beziehungen zwischen den einzelnen Teamfunktionen und persönlichen Merkmalen von Personen herstellen. In einer Untersuchung im Jahr 1988 wurden Manager aufgefordert ihre Arbeitspräferenzen innerhalb der neun Teamfunktionen des Types of Work Model festzulegen, wobei sie simultan mit Hilfe des Team Management Index getestet wurden. Es resultierte das Team Management Wheel (Abbildung1), welches die neun Teamrollen darstellt und weltweit in Studien mit über 5000 Managern angewandt wurde. (Vgl. Margerison/McCann 1989: 55.)

Die zentrale Funktion des Verbindens findet sich in der Mitte des Rades mit der Teamrolle des Linkers wieder. Diese Teamrolle muss durch eine Persönlichkeit ausgefüllt werden, welche eine große Fähigkeit in der Koordination und Integration der Arbeit und Aufgaben anderer aufweist (vgl. Margerison/McCann 1984: 31f.). Die weiteren acht Teamrollen befinden sich in den acht Außensektoren, wobei jede Teamrolle eine Doppelbezeichnung trägt. Das erste Wort zeigt das Verhalten an, welches die Person auszeichnet und das zweite Wort beruht auf der Teamfunktion aus dem Types of Work Model. (Vgl. Margerison/McCann 1989: 55.)

Das Team Management Wheel

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Quelle: Margerison/McCann (1989: 56)

Margerison/McCann (1984: 30-31.; 1989: 55ff.) beschreiben die von ihnen identifizierten Teamrollen, welche in jedem Team vorhanden sein sollten, wie folgt:

Der Reporter-adviser besitzt eine gute Beobachtungsgabe und zeigt gute Leistungen im Beschaffen und Auswerten von Informationen. Er steht dem Team, mit den von ihm aufbereiteten Informationen beratend zur Seite. Durch den Creator-innovator, welcher große Freiräume beansprucht um seine Unabhängigkeit zu bewahren, ist ein Team mit einer flexiblen und visionären Persönlichkeit ausgestattet, die neue Ideen und neue Denkanstösse entwickelt.

Für Kontakte und die Förderung teaminterner Ideen außerhalb des Teams zeigt sich der Explorer-promoter verantwortlich. Dieser zeichnet sich durch sein globales Denken und seine hohe Aktivität aus.

Der Assessor-developer übernimmt entwickelte Ideen und überprüft sie hinsichtlich ihrer Realisierbarkeit. Seine Stärke liegt in seiner rational-analytischen Denkweise.

Für die praktische Umsetzung der Ideen zeigen sich der Thruster-organizer und der Concluder-producer verantwortlich. Wobei der erst genannte die motivierende Funktion im Team übernimmt und die anderen Teammitglieder anspornt. Er ist sehr zielstrebig und vermeidet keine Konflikte die der Zielerreichung dienen. Der Concluder-producer ist praktisch orientiert und erfüllt seine Aufgabe routiniert bis zur Fertigstellung.

Durch den Controller-inspector werden die Arbeitsaktivität des Teams und die Richtigkeit der verwendeten Informationen und Daten ständig kontrolliert. Seine herausragende Eigenschaft ist die Fähigkeit sich, über einen langen Zeitraum auf spezifische Aufgaben konzentrieren zu können.

Der Zusammenhalt im Team wird durch die Teamrolle des Upholder-maintainer gestärkt. Charakteristisch für diese Rolle sind ein stark ausgeprägtes Wertegefühl und das Handeln nach Prinzipien.

Die Teamzusammensetzung

Nach Margerison/McCann (1989: 58f.) zeichnet sich ein erfolgreiches Team dadurch aus, dass es hinsichtlich der oben genannten Teamrollen der einzelnen Teammitglieder ausbalanciert ist. Die Ausfüllung der Teamrollen ist Grundvoraussetzung für effiziente Teamarbeit, denn nur so können die Teammitglieder in ihren passenden Rollen ihre Stärken verwirklichen und gegenseitig ihre Schwächen ausgleichen.

Teams, denen eine ausbalancierte Zusammensetzung fehlt, laufen Gefahr durch zu ähnliche Persönlichkeitsstrukturen und den daraus resultierenden Arbeitspräferenzen einseitige Stärken aufzubauen, und somit Defizite in anderen wichtigen Arbeitsbereichen zu erzeugen (vgl. Margerison/McCann 1984b: 15).

[...]


[1] So nennen Partington/Harris (1999: 695) folgende Autoren von Teamrollenansätzen: Woodcock (1989), Margerison/McCann (1989), Belbin (1981,1993) und Spencer/Pruss (1992)

[2] Die Datenerhebung erfolgte zwischen November 2003 und März 2004. Es wurden alle 80 DAX- und M-DAX Unternehmen befragt. 41 der Unternehmen haben an der Befragung teilgenommen. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 51,25%. (Vgl. Klimmer/Neef 2004: 3)

[3] Angewandt wurde das 16 PF-Testverfahren, eine Selbstauskunft bestehend aus 187 Aussagen, die durch eine Auswahl aus jeweils drei möglichen Antworten bewertet wird und der Personal Preference Questionnaire, welcher vom Industrial Training Research Unit entwickelt wurde. Im letzteren hat der Befragte keine Antworten zur Auswahl, sondern muss diese selbstständig formulieren.

[4] Folgende vier Persönlichkeitsstrukturen wurden berücksichtigt: Beständig extrovertiert, besorgt extrovertiert, beständig introvertiert, besorgt introvertiert.

[5] Die englischen Bezeichnungen stammen aus Belbin (2004)

[6] Belbin fügte später eine neunte Teamrolle, die des Spezialisten, hinzu (vgl. Senior 1997:243).

[7] Zur vertiefenden Literatur wird auf Dulewicz (1995); Shi/Tang (1997) verwiesen.

[8] Der Team Management Index ist angelehnt an die psychologischen Typen von Carl Jung und untersucht vier Kernfragen durch einen Fragebogen mit 60 Fragen (vgl. Davies 1995: 8). Durch diesen wird der bevorzugte Umgang von Personen mit anderen (extrovertiert oder introvertiert), mit Informationen (praktisch oder kreativ), mit dem Treffen von Entscheidungen (analytisch oder überzeugt) und mit der Selbstorganisation (strukturiert oder flexibel) untersucht (vgl. Margerison/McCann 1984b: 13; Margerison/McCann 1989: 55).

Ende der Leseprobe aus 65 Seiten

Details

Titel
Teamzusammensetzung. Die Bedeutung der Teamrollen
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
65
Katalognummer
V74735
ISBN (eBook)
9783638720922
Dateigröße
618 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Teamzusammensetzung, Bedeutung, Teamrollen
Arbeit zitieren
Tim Neymanns (Autor:in), 2007, Teamzusammensetzung. Die Bedeutung der Teamrollen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74735

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