„Der Drache ist eine der universellsten Gestalten der Folklore“, so heißt es in der Enzyklopädie des Märchens . „Wo immer er auftritt, ist er […] ein die ganze Gesellschaft bedrohendes Ungeheuer.“ Wenn man heute an einen Drachen denkt, so denkt man oft in erster Linie an ein rasendes reptilartiges Wesen, das vier Beine, wenn nicht sogar zwei Beine und zwei Arme mit geschickten Händen hat und Feuer spuckt. Meistens kommen zu diesen vier Gliedmaßen noch zwei fledermausflügelartige Schwingen hinzu, mithilfe derer das Untier flugfähig ist. So steht auch im Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens geschrieben, dass es sich bei einem Drachen um „ein landverheerendes [sic!], menschenverschlingendes [sic!] Untier, oft mit Fledermausflügeln ausgestattet, von entsetzlichem Aussehen“ handle.
Die Existenz solcher Wesen wurde nie erwiesen. Ganz im Gegenteil ist die Vorstellung von in der Natur existierenden Drachen von Naturwissenschaftlern als Humbug abgetan. Wie aber kommen wir dann zu dieser weit verbreiteten Vorstellung? Immerhin ist sie in unserem Kulturkreis einige Jahrtausende alt und schon in alten indogermanischen Sprachen wie dem Lateinischen und dem Griechischen vertreten. Die Römer führten den Drachen als Feldzeichen und aus dem Griechischen sind viele Sagen überliefert, in denen es zum Kampf zwischen Helden oder Göttern und Drachen kommt .
Sogar im indischen Rigveda, einer Hymnensammlung aus dem zweiten Jahrtausend vor Christus, kommt es zu einem Kampf zwischen der indischen Gottheit Indra und einem Drachen, der allerdings in Schlangengestalt auftritt .
Ebenso ist auch in altdeutschen, altenglischen und altnordischen Texten die Rede von Drachen, die weder fliegen können noch vier Beine haben, also eher schlangenartig dargestellt sind.
Woher rühren also diese Unterschiede zwischen Flugdrachen und Schlangendrachen? Und warum hat sich bis heute das geflügelte Untier durchgesetzt?
Inhaltsverzeichnis
- Das heutige Drachenkonzept
- Wie der Drache fliegen lernte
- Die Etymologie der Drachenbezeichnungen
- Wie die Drachen zu ihren Namen kamen
- Lindwurm
- Tatzelwurm
- Fafnir
- Namenlose Drachen
- Bibliographische Angaben
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text beschäftigt sich mit der Entwicklung des Drachenkonzepts in der europäischen Kultur und Folklore. Er untersucht, wie sich die Vorstellung vom Drachen von einem schlangenartigen Wesen zu einem geflügelten Untier gewandelt hat.
- Die Evolution des Drachenbildes von der Schlange zum fliegenden Monster
- Die Rolle von historischen und kulturellen Faktoren bei der Entwicklung des Drachenmythos
- Der Einfluss der römischen Militärkultur und der Christianisierung auf die Drachenvorstellung
- Die Unterscheidung zwischen "Schlangendrachen" und "Flugdrachen" in der Literatur und Folklore
- Die Verwendung des Drachen als Symbol in verschiedenen kulturellen Kontexten
Zusammenfassung der Kapitel
1. Das heutige Drachenkonzept
Dieses Kapitel behandelt die allgemeine Vorstellung vom Drachen in der heutigen Zeit, die ihn als ein reptilartiges Wesen mit Feuer speienden Fähigkeiten beschreibt. Der Autor betont, dass diese Vorstellung relativ neu ist und sich im Laufe der Zeit entwickelt hat.
1.1. Wie der Drache fliegen lernte
In diesem Kapitel wird die Entstehung des geflügelten Drachenkonzepts erörtert. Der Autor argumentiert, dass die Vorstellung vom fliegenden Drachen erst mit dem Mittelalter Einzug in die Fantasiewelten der Menschen in Mittel- bis Nordeuropa gehalten hat.
2. Wie die Drachen zu ihren Namen kamen
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit verschiedenen Drachenbezeichnungen und -typen. Der Autor beschreibt verschiedene Arten von Drachen, darunter den Lindwurm, den Tatzelwurm und den Fafnir.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter des Textes sind: Drache, Lindwurm, Tatzelwurm, Fafnir, Mythologie, Folklore, Kulturgeschichte, Christianisierung, Heidentum, Literatur, Etymologie, Symbol, Metapher.
- Citation du texte
- Jesse Lehmann (Auteur), 2007, De vermibus et de draconibus - Von Würmern und Drachen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75051