Der Einfluss des Rezipienteninvolvements auf die bildliche Gestaltung von Personalanzeigen


Diplomarbeit, 2002

90 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abstract

1. Einleitung

2. Involvement
2.1. Modell der Wirkungspfade
2.1.1. Wirkungskomponenten
2.1.1.1. Emotionale Prozesse: Emotion und Motivation
2.1.1.2. Kognitive Prozesse
2.1.1.3. Einstellung und Kaufabsicht
2.1.1.4. Aufmerksamkeit
2.1.1.5. Werbekontakt und Verhalten
2.1.2. Wirkungsdeterminanten
2.2. Definition Involvement
2.3. Dimensionen
2.3.1. Persönliches Involvement
2.3.2. Situationsinvolvement
2.3.3. Produktinvolvement
2.4. Intensität
2.4.1. Hohes Involvement
2.4.2. Niedriges Involvement
2.5. Messung
2.5.1. Product Involvement Inventory
2.5.2. Consumer Involvement Profile

3. Personalanzeige
3.1. Aufgaben
3.1.1. Akquisition
3.1.2. Employer Branding
3.1.3. Unternehmensimage
3.2. Arten
3.3. Ausprägungen

4. Bilder
4.1. Dominanz des Bildes
4.2. Definition
4.3. Zielsetzungen von Bildern in der Werbung
4.3.1. Bildwirkung: Aktivierung
4.3.2. Bildwirkung: Information
4.3.3. Bildwirkung: Emotion
4.4. Verarbeitung bildlicher Informationen
4.5. Beeinflussung von Einstellung und Verhalten

5. Involvement bei Personalanzeigen
5.1. Anwendbarkeit des Konstrukts
5.1.1. Vergleich Personalanzeige – Werbeanzeige
5.1.2. Zwischenbilanz: Involvement berücksichtigen!
5.2. Kategorisierungen
5.2.1. Kategorisierung der Rezipienten
5.2.1.1. Rezipienten mit hohem Involvement
5.2.1.2. Rezipienten mit niedrigem Involvement
5.2.2. Kategorisierung der Personalanzeigen
5.3. Wirkungsmuster- Matrix
5.3.1. Wirkungsmuster A, B, C und D
5.3.2. Anwendung auf Personalanzeigen
5.4. Folgerungen für die Bildgestaltung
5.4.1. Generelle Gestaltungsempfehlungen
5.4.2. Bildgestaltung für hoch involvierte Rezipienten
5.4.2.1. Stellenanzeigen
5.4.2.2. Imageanzeigen
5.4.3. Bildgestaltung für niedrig involvierte Rezipienten

6. Schlussfolgerungen

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Aufbau der Arbeit

Abb. 2: Bausteine des Modells der Wirkungspfade

Abb. 3: Wirkungskomponenten

Abb. 4: Einstellung/Image

Abb. 5: Involvement-Dimensionen

Abb. 6: Intensität des Involvements

Abb. 7: ELM

Abb. 8: Aufgaben der Personalanzeige

Abb. 9: Kontinuum Stellenanzeige-Imageanzeige

Abb. 10: Wirkungsmuster-Matrix

Abb. 11: Informative W. + Hohes I

Abb. 12: Informative W. + Niedriges I

Abb. 13: Emotionale W. + Hohes I

Abb. 14: Emotionale W. + Niedriges I

Abb. 15: Integration der Variablen in das Modell der Wirkungspfade

Abb. 16: Ausprägung der Variablen in den Wirkungsmustern

Abb. 17: Generelle (involvementinvariante) Gestaltungsempfehlungen

Abb. 18: Gestaltungsempfehlungen bei hohem Involvement

Abb. 19: Gestaltungsempfehlungen bei niedrigem Involvement

Abstract

This paper aims at putting the involvement concept into the context of reception of job ads with focus on pictures. A body of literature is used to answer the question whether it is helpful to consider the recipients’ involvement when designing a job ad – concentrating on the impact of pictures. After outlining what the current understanding of involvement is, job ads and picture effects are sketched. That knowledge is the basis for the following argumentation that involvement is indeed an important mediator in the reception of job ads. Later several design recommendations (again focusing on the usage of pictures) are derived.

1. Einleitung

Der Kampf um die besten Köpfe ist in vollem Gang. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass ihre eigene Zukunft von der Qualität ihrer Mitarbeiter abhängt. Erfolgreiches Personalmanagement ist zum Wettbewerbsfaktor geworden und Rekrutierung wird zu einer zentralen Aufgabe.

Trotz der wachsenden Anzahl von Stellenbörsen im Internet sind Kannibalisierungseffekte mit Printanzeigen bisher nicht auszumachen. Die Personalanzeige bleibt nach wie vor das ideale Rekrutierungsinstrument, um bei der Zielgruppe systematisch ein Attraktivitätspotenzial aufzubauen. Visuell und inhaltlich bietet die Personalanzeige die Chance über das Stellenprofil hinaus Bedeutung, Marktposition, Philosophie und Kultur des Unternehmens zu kommunizieren – ganz allgemein: Image zu produzieren. Gerade diese letztgenannten Faktoren bringen Punkte bei der anspruchsvollen und heiß umworbenen Elite der High Potentials. Ob also die Entscheidung eines Top-Bewerbers für oder gegen ein Unternehmen fällt, wird durchaus davon mit beeinflusst, wie sich das Unternehmen in seinen Personalanzeigen präsentiert.

Bei der Inszenierung des Unternehmensauftritts rückt die visuelle Gestaltung zunehmend in den Mittelpunkt. Bildern kommt im Zuge der allgemeinen Entwicklung in den Medien eine immer wichtigere Funktion zu.

Die besondere Werbewirkung von Bildern gilt mittlerweile als unbestritten. Allerdings finden sich praktisch noch keine wissenschaftlichen Arbeiten, die sich mit dem Bildeinsatz in Personalanzeigen befassen. Die allgemeinere Fragestellung nach der Bildwirkung in Werbeanzeigen hingegen findet man zunehmend im Fokus von Arbeiten der Konsumentenforschung.

Da der Rezipient einer Personalanzeige von dieser genauso werblich beeinflusst werden kann, wie der potenzielle Konsument von einer (Produkt-/Dienstleistungs-)Werbeanzeige, werden in dieser Arbeit wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Konsumentenforschung auf den Kontext Personalwerbung mittels Printanzeige angewendet.

In der Konsumentenforschung hat sich das Involvement -Konstrukt als vielleicht wichtigster Mediator des Konsumentenverhaltens etabliert. Eine Anwendung auf die Rezeption von Personalanzeigen scheint deshalb ein logischer nächster Schritt.

Führt man die letzten zwei Punkte (Bilder in Personalanzeigen und Involvement) zusammen, ist das Resultat die Kernfrage dieser Arbeit:

Sollte das Involvement der Rezipienten bei der bildlichen Gestaltung von Personalanzeigen Berück-sichtigung finden? Und wenn ja, wie?

Um dieses Thema wissenschaftlich zu erarbeiten, gliedert sich der Aufbau dieser Arbeit in vier Blöcke (vgl. Abb. 1). Im ersten wird das Involvement -Konzept vorgestellt. Anschließend wird kurz auf Personal-anzeigen eingegangen. Der nächste Block befasst sich mit Bildern. Im letzten Teil fließen die zuvor gewonnenen Erkenntnisse zusammen und die Kernfrage wird beantwortet.

Um die Stellung des Involvement -Konzepts innerhalb der Konsumenten-forschung zu verdeutlichen, wird noch vor der Involvement -Definition ein bekanntes Werbewirkungsmodell (Modell der Wirkungspfade) vorgestellt, in das Involvement als Variable integriert ist. Es folgen Ausführungen zu den Involvement -Dimensionen, den Intensitätsgraden und Messverfahren.

Die anschließenden zwei Teile werden inhaltlich deutlich kürzer dargestellt. Zuerst werden die Aufgaben, Arten und Ausprägungen von Personalanzeigen beschrieben. Danach geht es um die fortschreitende Dominanz der Bildkommunikation, gefolgt von einer Bilddefinition und der Zielsetzung beim Werbeeinsatz. Ein Punkt befasst sich sehr knapp mit der Verarbeitung bildlicher Informationen. Abschließend wird die Beeinflus-sung von Einstellung und Verhalten durch Bilder beleuchtet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Aufbau der Arbeit

Der Hauptteil der Arbeit untergliedert sich in vier Punkte. Es wird die Anwendbarkeit des Involvement -Konstrukts geprüft und bejaht (das Ergebnis ist also die Beantwortung des ersten Teils der Kernfrage dieser Arbeit). Anschließend werden aus den Intensitätsgraden des Involvements und den Ausprägungen von Personalanzeigen abgeleitete Kategori-sierungen durchgeführt, die zur Aufstellung einer Wirkungsmuster-Matrix nötig sind. Diese Matrix fasst die Ergebnisse des Modells der Wirkungspfade zusammen und integriert dabei Unterschiede in den Involvement -Intensitäten. Aus dem Modell werden zum Ende der Arbeit Folgerungen für die Bildgestaltung von Personalanzeigen gezogen. Dabei gehen Erkenntnisse mit ein, die sowohl aus den Zielsetzungen von Bildern in der Werbung als auch aus der Forschung zum Involvement (und dessen Intensitäten) abgeleitet wurden.

Einige Anmerkungen sollten noch zum Vorgehen in dieser Arbeit gemacht werden. So finden n icht nur Forderungen zur bildlichen Aufmachung von Personalanzeigen, sondern auch andere gestalterische Empfehlungen (wie z. B. Anzeigengröße) wegen ihres hohen Wirkungsgrades Erwähnung. Des weiteren wird Involvement nur holistisch betrachtet. Eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Involvement -Dimensionen bzw. Faktoren wird aus Mangel an empirischen Befunden nicht vorgenommen. Es stehen vielmehr die Unterschiede im Intensitätsgrad im Mittelpunkt der Betrachtung.

Im letzten Kapitel Schlussfolgerungen werden die Hauptaussagen noch einmal zusammengefasst und die Arbeit wird kritisch diskutiert.

2. Involvement

Eine Vielzahl von Forschungsarbeiten unter den Schlagwörtern Markt-, Werbe- und Konsumentenpsychologie, Konsumentenverhalten oder – im anglikanischen Sprachraum häufig – Consumer behavior hatte in den letzten 37 Jahren das Involvement -Konzept zum Inhalt. In jedem Fall handelt es sich um Beiträge aus der angewandten Psychologie, bei der sich die Fragestellungen aus den offenen Fragen und Bedürfnissen in den Anwendungsfeldern ergeben (vgl. Rosenstiel 2000, S. 31). Die Marktpsychologie befasst sich dabei konkreter mit der „Erforschung sämtlicher Formen des Erlebens und Verhaltens von Individuen oder Gruppen sowie Organisationen und Institutionen in ihrer Eigenschaft als Teilnehmer eines Marktes“ (Mayer & Illmann 2000, S. 2). In der Werbepsychologie liegt der Schwerpunkt auf den Effekten, Konsequenzen und Gestaltungsempfehlungen der (Werbe-)Kommunikation zwischen den Beteiligten. Die Konsumentenpsychologie rückt das Erleben und Verhalten des Individuums als (potentiellen) Käufer noch mehr in den Mittelpunkt.

Allen Arbeiten ist gemeinsam, dass sie die wichtige Rolle des InvolvementsInvolvement als „Schlüsselkonstrukt des Konsumenten-verhaltens“ (Bauer et al. 1998, S. 38) – erkannt haben und versuchen die Einsichten über dieses psychologische Konstrukt[1] ein Stück weit zu vertiefen. Mitte der 80er Jahre entstanden bereits eine Reihe herausragender Reviews.[2] Die Menge an unterschiedlichen Definitionen und Messverfahren hat ein Großmaß an Heterogenität in der Involvement -Forschung zur Folge (vgl. Broderick & Foxall 1999, S. 2).

Um zu verstehen, in welchem Kontext Involvement zu sehen ist, wird als erstes ein Werbewirkungsmodell beschrieben, das später in Kap. 5 als Basis zur Herleitung von Thesen für die Bildgestaltung Anwendung findet. Nachfolgend wird Involvement definiert, es werden seine Dimensionen vorgestellt und seine Ausprägungsniveaus (Intensität) beschrieben. Zuletzt wird noch auf Messmöglichkeiten eingegangen.

2.1. Modell der Wirkungspfade

Die Funktion von Werbewirkungsmodellen benennt Felser wie folgt (vgl. Felser 2001, S. 13f.):[3]

- Erklärung der Entstehung von Werbewirkung
- Möglichkeit der Ableitung von Gestaltungsempfehlungen
- Festlegen der Testmethoden für die Messung von Werbewirkung
- Begründung von Werbezielen

Es gibt mittlerweile eine Vielzahl solcher Modelle. Einen großen Bekanntheitsgrad genießen Stufen- (AIDA, PPPP etc.) und Hierarchiemodelle. Eine neuere Entwicklung zeigen die 2-Prozess-Modelle auf, bei denen zwischen niedrigem und hohem Involvement der Rezipienten unterschieden wird. Hier ist als erstes das Elaboration Likelihood Model (ELM) von Petty & Cacioppo (1983) zu nennen, das im Kap. 2.4.1 noch Erwähnung findet.

Der späteren Argumentation (Kap. 5) in dieser Arbeit liegt allerdings das Modell der Wirkungspfade von Kroeber-Riel zu Grunde. Es verknüpft systematisch ein Verhaltensmodell mit den Rahmenbedingungen der Werbung, wodurch Hinweise zur Werbegestaltung abgeleitet werden können (vgl. Behrens 2001, S. 444). Weiter berücksichtigt es im Gegensatz zu vielen anderen Werbewirkungsmodellen die direkten emotionalen Wirkungen auf das Verhalten. Und die Modellvariablen lassen sich exakt in den Themenkontext dieser Arbeit integrieren.

Kroeber-Riel baut sein Werbewirkungsmodell aus folgenden drei Bausteinen auf (vgl. Abb. 2): Die Wirkungskomponenten umfassen „... die psychischen Reaktionen der Umworbenen auf die Werbung und das davon bestimmte Kaufverhalten“ (Kroeber-Riel 1992, S. 619).

Die Wirkungsdeterminanten sind die Art der Werbung (emotional oder informativ) und das Empfänger- involvement. Sie bestimmen die Wirkungsmuster, also wie die Wirkungskomponenten je nach Werbe-wirkung miteinander verknüpft werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Bausteine des Modells der Wirkungspfade

Im Folgenden werden zunächst die Wirkungskomponenten beschrieben und danach wird kurz auf die Wirkungsdeterminanten eingegangen. Eine ausführliche Erläuterung zu den Wirkungsmustern erfolgt erst im Kap. 5.3, wenn es um die konkrete Wirkung von Werbung (in diesem Fall von Personalanzeigen) geht.

2.1.1. Wirkungskomponenten

Neben den psychischen Wirkungs-komponenten (emotionale Prozesse, kognitive Prozesse, Einstellung, Kauf-absicht und Aufmerksamkeit) gibt es zusätzlich die Komponenten Werbekontakt und Verhalten. Sie alle werden in den folgenden Unterkapiteln knapp erklärt.[4]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Wirkungskomponenten (Kroeber-Riel 1992, S. 620, adaptiert)

Abb. 3 ist eine Darstellung der Modellkomponenten, in der alle denkbaren Abhängigkeits- bzw. Wirkzusammenhänge zwischen den einzelnen Bestandteilen des Modells visualisiert sind.

2.1.1.1. Emotionale Prozesse: Emotion und Motivation

Emotion und Motivation werden im Modell unter dem Begriff Emotionale Prozesse subsummiert (vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 620). Beides sind aktivierende Vorgänge.

Emotionen (Gefühle wie Freude, Sympathie, Eifersucht etc.) werden von außen ausgelöst und kognitiv wenig kontrolliert. Man definiert sie im allgemeinen anhand folgender Merkmale (vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 103 und Felser 2001, S. 36f.):

- Erregung (Intensität der ausgelösten Aktivierung[5] )
- Valenz (Erleben der Emotion als angenehm oder unangenehm)
- Qualität (subjektiv empfundener Erlebnisinhalt)
- Bewusstsein (Grad der kognitiven Wahrnehmung der Emotion)

Für die Werbewirkungsforschung sind die Emotionen der Konsumenten von besonderem Interesse. Zum einen treten bei abnehmender kognitiver Beteiligung an einer Entscheidung zunehmend relativ automatisch ablaufende Prozesse (wie beispielsweise einfache Emotionen) in den Vordergrund, zum anderen werden der emotionale Zusatznutzen und der Erlebniswert verstärkt beworben (vgl. Felser 2001, S. 38).

Motivation entsteht dann, wenn eine Person mit Anregungsbedingungen der umgebenden Situation konfrontiert wird, die in ihr ganz bestimmte Motive[6] aktivieren, die wiederum Verhaltensintentionen auslösen“ (v. Rosenstiel 2000, S. 206). Wenn also Reize beispielsweise in der Werbung gezielt Bedürfnisse der Konsumenten ansprechen, kann über sie das Verhalten der Zielpersonen beeinflusst werden. Die Psychologie unterscheidet, wenn sie sich mit Motivation auseinandersetzt, zwischen Inhalts- und Prozesstheorien. Erstere befassen sich mit den Inhalten der menschlichen Motive - Letztere werfen Licht auf die Frage, wie Motivation entsteht, welches Verhalten und welche Entscheidungen resultieren (vgl. Felser 2001, S. 39). Einen typischen Ansatz dafür stellen die Erwartungs-Wert-Modelle der Motivation dar, die die motivierenden Kräfte hinter einem Verhalten dem Produkt folgender zwei Faktoren gleichsetzen (vgl. Felser 2001, S. 40 und Kroeber-Riel 1996, S. 139):

- subjektiv gesehener Ziel-Mittel-Zusammenhang
- subjektiv erwarteter (Befriedigungs-)Wert des Ziels

Beide Theoriegattungen bieten interessante Erkenntnisse für die Erklärung von Konsumentenverhalten.

2.1.1.2. Kognitive Prozesse

Hinter dem Begriff Kognition stehen psychologische Strukturen und Prozesse, „... durch die ein Individuum Kenntnisse über sich und seine Umwelt erwirbt“ (Behrens et al. 2001, S. 209). Um das Verhalten gedanklich zu steuern bedarf es kognitiver Prozesse, die sich im einzelnen der Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung zuordnen lassen (vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 218). Die Kognition spielt eine wichtige Rolle in der Wahrnehmungspsychologie, inklusive Erforschung der Aufmerksamkeit, sowie bei den Gesetzen zur Beurteilung und Entscheidungsfindung. Sie beeinflusst den Lernvorgang und die Arbeitsweise des Gedächtnisses und reicht damit bis in die Wissens- und Sprachforschung hinein (vgl. Behrens et al. 2001, S. 209). Auf diese Punkte auch nur ansatzweise detailliert einzugehen würde den Umfang dieser Arbeit sprengen. Deshalb muss es hier bei einer schlagwortartigen Aufzählung bleiben.

Kognitive und aktivierende Prozesse – oder im Grunde genommen Rationalität und die im vorigen Kapitel behandelte Emotionalität – sind zum Teil interdependent (vgl. Behrens et al. 2001, S. 209).[7]

2.1.1.3. Einstellung und Kaufabsicht

Unter Einstellung versteht man die relativ beständige „... subjektiv wahrgenommene Eignung eines Gegenstands zur Befriedigung einer Motivation“ (Kroeber-Riel 1992, S. 162). Sie ist also immer objektbezogen. Laut der Drei-Komponenten-Theorie[8] umfasst der Einstellungsbegriff neben der affektiven eine kognitive und eine Verhaltenskomponente (vgl. Behrens et al. 2001, S. 112). Erstere gilt auch als Bewertungskomponente, die regelt, „... was eine Person gut, richtig, schön oder angemessen findet“ (Felser 2001, S. 304). Sie drückt sich emotional bzw. motivational aus. Die kognitive oder Urteils-komponente umfasst, was man über einen Gegenstand für wahr hält (vgl. Felser 2001, S. 304). Und die Verhaltenskomponente bewirkt, dass sich der Konsument dem Beurteilungsgegenstand gegenüber seinen Einstellungen folgend verhält (vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 163f.).

Der Einstellungsbegriff deckt sich größtenteils mit dem Imagebegriff, welcher in der Literatur zumeist etwas weiter gefasst wird (vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 190) und im Verlauf dieser Arbeit noch öfter Verwendung findet. So wie der Konsument eine Einstellung zu einem Produkt hat, ist dem Produkt ein spezifisches Image in der Wahrnehmung des Konsumenten zu eigen (vgl. Abb. 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Einstellung/Image

„Die Einstellungs-Verhaltens-Hypothese besagt, dass Einstellungen von heute das Verhalten von morgen bestimmen“ (vgl. Behrens et al. 2001, S. 112). Dieser monokausale Zusammenhang ist jedoch nur eingeschränkt gültig. Situative Bedingungen in der Kaufsituation modifizieren den Einfluss der Einstellungen auf das Verhalten (vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 169). In der Konsumentenforschung wird versucht, das mittels des Konzepts der Kaufabsicht zu berücksichtigen. „Die gemessene Kaufabsicht umfasst neben der Einstellung zum Produkt die erwarteten Einflüsse der Kaufsituation“ (Kroeber-Riel 1992, S. 170).

2.1.1.4. Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeit ist die selektive Ausrichtung der Wahrnehmung auf ein Objekt“ (Behrens et al. 2001, S. 46). Sie kann teilweise willentlich gesteuert werden (vgl. Felser 2001, S. 124) und dient der Informationsselektion, denn der Organismus ist nicht in der Lage alle von der Umwelt auf ihn eintreffenden Reize (bewusst oder unbewusst) wahrzunehmen und zu verarbeiten (vgl. Behrens et al. 2001, S. 46). Indem sie eine Sensibilisierung des Individuums gegenüber selektierten Reizen induziert, fördert oder verhindert sie die jeweilige Werberezeption.

Folgendem Statement von Kroeber-Riel – „Man kann insofern den Stufenmodellen der Werbewirkung (wie dem AIDA -Modell) zustimmen, nach denen die von einer Werbung ausgelöste Aufmerksamkeit die erste Stufe zum Werbeerfolg ist“ (vgl. 1992, S. 269) – müssen allerdings verschiedene Ergebnisse zur Reizverarbeitung ohne Aufmerksamkeit[9] respektive automatischen Prozessen der Informationsverarbeitung[10] entgegengehalten werden. Danach ist (hohe) Aufmerksamkeit nicht in allen Werbewirkungssituationen von Vorteil.

Aufmerksamkeit wird in erheblichem Ausmaß vom Involvement bestimmt (vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 620) – dazu mehr in den Kap. 2.4.1 und 2.4.2. Im Modell der Wirkungspfade dient Aufmerksamkeit als Ausdruck der Aktivierung (vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 621).

„Durch die Aktivierung wird der Organismus mit Energie versorgt und in einen Zustand der Leistungsbereitschaft und -fähigkeit versetzt. [...] Die Stärke der Aktivierung ist ein Maß dafür, wie wach, reaktionsbereit und leistungsfähig der Organismus ist“ (Kroeber-Riel 1992, S. 54ff.). Es wird zwischen dem langanhaltenden Aktivierungsniveau (tonische Aktivierung) und kurzfristigen Aktivierungsschwankungen (phasische Aktivierung) differenziert – letztgenannte versucht die Werbung zu beeinflussen (vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 56f.). Aktivierung spielt in Reizsituationen wie dem Werbekontakt eine entscheidende Rolle. Kommt es zu einer vorübergehenden Erhöhung der Aktivierung, spricht man von Aufmerksamkeit (vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 58).

2.1.1.5. Werbekontakt und Verhalten

Wird Werbung von einem Individuum wahrgenommen (über die Sinnesorgane erfasst), liegt ein Werbekontakt vor. Er ist unabhängig vom Aktivierungsgrad und kann deshalb sowohl bei starker als auch bei schwacher Aufmerksamkeit stattfinden (vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 621f.). An dieser Stelle wird ein deutlicher Gegensatz zu den klassischen Werbewirkungsmodellen (allen voran dem AIDA -Modell) deutlich, die eine anfängliche Aktivierung des Empfängers durch die Werbebotschaft konstituieren.

Verhalten in Form des Kaufs/Nicht-Kaufs der beworbenen Ware steht am Ende des Modells der (Werbe-)Wirkungspfade, wobei die Kauf-Alternative natürlich die von den Werbekonzeptoren erhoffte Finalwirkung ist.

2.1.2. Wirkungsdeterminanten

In das Modell gehen als die zwei wohl wichtigsten Determinanten der Werbewirkung – die Art der Werbung und das Konsumenten involvement – ein (vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 623). Kroeber-Riel kategorisiert Werbung zunächst in informative, emotionale und gemischte Werbung. Um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden, finden im Modell lediglich die Extremtypen Anwendung. Ein informatives Werbemittel vermittelt sachliche Informationen über das Produkt, ein emotionales setzt das Werbeobjekt in einen reizvollen Kontext.

Als zweite Determinante spielt das Involvement eine ganz entscheidende Rolle bei der Werbewirkung. Es legt fest, mit welchem Aktivierungsniveau sich der Konsument der Werberezeption zuwendet. Im Modell wird das Involvement durch die zwei unterschiedlichen Intensitätsgrade der Aufmerksamkeitskomponente berücksichtigt (vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 621). In den folgenden Kapiteln (2.2 bis 2.5) wird vertieft auf das Involvement -Konzept eingegangen.

2.2. Definition Involvement

Nachdem Krugmann das Involvement -Konzept 1965 ins Marketing eingeführt hat, wird Involvement mittlerweile als wichtiger Mediator im Konsumentenverhalten angesehen. Kroeber-Riel sieht in ihm sogar den „zentralen Begriff der Werbewirkungsforschung[11] “ (1988, S. 198).

Involvement wirkt sich zumindest in drei Aspekten des Konsumenten-verhaltens aus (vgl. Focus-Lexikon, Ich-Beteiligung[12] ):

- Aufnahmebereitschaft (Aktiviertheit) für Informationen/Reize
- Extensivität (Sorgfältigkeit) des Entscheidungsprozesses
- Intensität (Verankerung) der Einstellung zu einer Marke

Eine allgemeingültige Definition gibt es bisher nicht (vgl. Mayer & Illmann 2000, S. 147). Paraphrasiert wird dieses Konstrukt aus der Psychologie oftmals mit Begriffen wie innerer (oder Ich-) Beteiligung, Engagement (vgl. Kroeber-Riel 1996, S. 221) oder „Zustand der Aktiviertheit“ (Kroeber-Riel & Weinberg 1996, S. 360) des Konsumenten.[13]

Einen Bestandteil der Involvement -Definition stellt die Ausrichtung auf ein Objekt dar. Dabei kann es sich z. B. um eine Marke oder eine konkrete Werbebotschaft (respektive ein Werbeelement) handeln (vgl. Mitchell 1981, S. 25).

Involvement regt den Konsumenten an, „... sich kognitiv oder emotional mit der Entscheidung auseinander zu setzen“ (Kroeber-Riel & Weinberg 1996, S. 360). Es gibt also zwei Formen des Involvements. Beim kognitiven Involvement kommt es zu verstandesbetonten Einflüssen auf die Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung, während auf der emotionalen Ebene affektgesteuerte Reaktionen und Verhaltensweisen im Vordergrund stehen (vgl. Mayer & Illmann 2000, S.149). Die Differenzierung lässt sich auch wie folgt ziehen: Kognitives Involvement setzt voraus, dass der sachliche Inhalt einer Werbebotschaft eine hohe Relevanz besitzt – bei emotionalem Involvement werden hingegen Motive angesprochen, die in der Gefühlswelt des Rezipienten verankert sind (vgl. Fokus-Lexikon, Ich-Beteiligung).

Zusammenfassend lässt sich Involvement – in Anlehnung an die meisten akzeptierten Definitionen – wie folgt beschreiben:

Die Intensität des Involvement s stellt die subjektive Bedeutung eines Objekts und damit die Auswirkung auf Kognition und Emotion in Form eines Energiezustands dar.

2.3. Dimensionen

Das Involvement -Konstrukt wurde bis dato in der Literatur nicht einheitlich konzeptionalisiert. Trotzdem lassen sich die von verschiedenen Autoren immer wieder angeführten Faktoren[14] des Involvements den drei Dimensionen Person, Situation und Produkt (bzw. Reiz) zuordnen (vgl. Abb. 5).

Dem Produkt- oder Reiz involvement lassen sich das Werbemittel- und Medien involvement unterordnen. Wegen ihrer Bedeutung für das Konsumverhalten sind sie in Abb. 5 extra aufgeführt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Involvement-Dimensionen

Nachfolgend werden die drei (Haupt-)Dimensionen des Involvements weiter ausgeführt.

2.3.1. Persönliches Involvement

In diese Kategorie fällt das von Sherif und Cantril 1947 entwickelte Ego-Involvement. Darunter versteht man „eine andauernde Verbundenheit mit einem Objekt, einer Idee oder einer Person aufgrund des Wertesystems und des Selbstkonzepts des Individuums“ (Jeck-Schlottmann 1987, S. 69). Das persönliche Involvement hängt also von den Werten, Interessen und Motiven der Empfänger ab (vgl. Kroeber-Riel 1996, S. 222).

Ein Sportenthusiast – er wird hier beispielhaft für einen persönlich (an Sportereignissen) hoch involvierten Rezipienten genannt – verfolgt die Entscheidungen bei den Olympischen Spielen grundsätzlich mit einem höheren Grad an Ich-Beteiligung als der normale TV-Konsument. Er feiert die Siege intensiver und sucht bei Niederlagen länger nach Erklärungen.

Die Folge von extrem hohem persönlichem Involvement kann sog. fanatischer Konsum sein (vgl. Fokus-Lexikon, Ich-Beteiligung).

2.3.2. Situationsinvolvement

Insbesondere vorhandener Zeitdruck, aber auch die Entscheidungs-situation selbst sowie weitere situative Einflussgrößen determinieren das Situations involvement (vgl. Kroeber-Riel 1996, S. 222). Ihm kommt laut Jeck-Schlottmann eine dominante Bedeutung zu: „Ob und wie lange eine Anzeige betrachtet wird, ist nicht davon abhängig, ob wir uns generell für etwas interessieren, sondern davon, ob wir uns im Moment dafür interessieren und Zeit dazu haben: Das aktuelle Situationsinvolvement dominiert das latent vorhandene Produkt involvement“ (1987, S. 216).

Ein Beispiel dazu: Ein erklärter Biertrinker (und Single) bringt normalerweise Rotwein gegenüber ein geringes Produkt involvement auf. Bei in Aussicht stehendem Damenbesuch wird er sich aber wahrscheinlich im Supermarkt höchst involviert mit dem Weinsortiment auseinander setzen. Das Gesamt- Involvement wird von der Situationskomponente dominiert.

Auch der Kaufzweck kann, wie Behrens et al. anführen, Einfluss auf das Situations involvement nehmen (vgl. 2001, S. 197f.).

2.3.3. Produktinvolvement

Produkt involvement entsteht durch das Interesse an einem Produkt[15]. Es wird determiniert durch die Unterscheidbarkeit der Alternativen, die Vertrautheit mit dem Produkt, der sozialen Auffälligkeit (bei demonstrativem Konsum) und insbesondere durch das bei der Beschaffung des Produktes wahrgenommene Risiko (vgl. Israel, 1991 S. 103). Dieses Risiko kann physischer (körperliche Verletzung), psychologischer (negativer Effekt auf das Selbstkonzept), finanzieller Natur (monetärer Verlust) sein oder darauf beruhen, dass das Produkt nicht die erwartete Leistung bringt (vgl. Engel 1995, S. 162). Hervorzuheben ist, dass die Höhe des Preises zwar das Produkt involvement beeinflussen kann, es aber nicht muss, wie Hupfer & Gardner (1971) bewiesen haben (vgl. Jeck-Schlottmann 1987, S. 71).

[...]


[1] Gedankliche Gebilde (meist Teil einer Theorie oder eines Modells), die als Bausteine gedanklicher Zusammenhänge Denkoperationen und evtl. Messungen ermöglichen (vgl. Behrens et al. 2001, S. 216).

[2] Z. B. Cohen (1983), Greenwald & Leavitt (1984), Antil (1984), Zaichkowsky (1986).

[3] Von Kroeber-Riel (1992, S. 619ff.). Im weiteren Verlauf der Arbeit wird auf eine wiederholte (explizite) Quellenangabe bei Bezug auf das Modell der Wirkungspfade verzichtet.

[4] Für eine ausführliche Beschreibung siehe Kroeber-Riel (1992).

[5] Vgl. dazu Kap. 2.1.1.4

[6] Als Motiv bezeichnet man eine zeitlich relativ überdauernde, inhaltlich spezifische psychische Disposition (vgl. v. Rosenstiel 2000, S. 205). Äquivalent wird häufig der Begriff Bedürfnis verwendet.

[7] Für nähere Ausführungen zur Abgrenzung von Rationalität und Emotionalität s. Felser (2001, S. 107ff.).

[8] Von Krech, Crutchfied & Ballachey (1962).

[9] Vgl. Felser (2001, S. 125ff.).

[10] Vgl. Felser (2001, S. 205ff.). Zu diesen automatischen Prozessen gehört auch die ambivalent diskutierte unterschwellige (supraliminale) Beeinflussung (vgl. Shapiro 1999).

[11] „Empirische Untersuchungen zur Ermittlung von Werbewirkungen und deren Zustandekommen“ (Behrens et al. 2001, S. 439).

[12] Datei im Anhang A 4: Diskette.

[13] Für eine Auflistung weiterer Definitionen s. Mittal (1989, S. 699f.).

[14] Andere in der Fachliteratur häufig verwandte Ausdrü>

[15] In diesem Kapitel gilt das für Produkte Gesagte in gleicher Weise für Dienstleistungen.

Ende der Leseprobe aus 90 Seiten

Details

Titel
Der Einfluss des Rezipienteninvolvements auf die bildliche Gestaltung von Personalanzeigen
Hochschule
Universität Augsburg
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
90
Katalognummer
V75328
ISBN (eBook)
9783638712736
ISBN (Buch)
9783638714501
Dateigröße
1265 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einfluss, Rezipienteninvolvements, Gestaltung, Personalanzeigen
Arbeit zitieren
Volker Breuer (Autor:in), 2002, Der Einfluss des Rezipienteninvolvements auf die bildliche Gestaltung von Personalanzeigen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75328

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