Die Archetypenlehre JUNGs soll dieser Arbeit bezüglich des Umgangs mit Mythen und Urbildern zugrunde gelegt werden. Sie legitimiert auf wissenschaftlicher Ebene die Absicht, filmische Figuren und Symbole auf einen gemeinsamen Nenner, das “Ursymbol” oder den “Mythos” zurückzuführen.
JUNG geht davon aus, daß vielen Menschen die Archetypen nie bewußt werden. Ihren Ausdruck finden sie nur auf dem Wege einer Projektion (JUNG 1990a, 10). Das Prinzip der Archetypenlehre ist die Existenz eines “kollektiven Unterbewußtseins” (JUNG 1990a, 7). Das kollektive Unterbewußtsein, so JUNG, ist eine in jedermann vorhandene, allgemeine seelische Grundlage überpersönlicher Natur (JUNG 1990a, 7). Das kollektive Unterbewußtsein wird weitergegeben. Seine Inhalte sind die Archetypen, die Verankerung “menschlicher Elementarerfahrung wie Geburt, Ehe, Mutterschaft, Trennung und Tod.” (JUNG 1990a, 1).
“Das kollektive Unbewußte entwickelt sich nicht individuell, sondern wird ererbt. Es besteht aus präexistenten Formen, Archetypen, die erst sekundär bewußt werden können und den Inhalten des Bewußtseins eine festumrissene Form verleihen.” (JUNG 1990a, 46).
Die Archetypenlehre ist grundlegend für die Rückführung der Symbole und Motive des Horrorfilms auf Urbilder und Mythos. Legitim ist diese Vorgehensweise schon, wenn man, wie auch JUNG, davon ausgeht, daß Archetypen ihren Ausdruck in Mythen und Märchen gefunden haben: “Man darf heutzutage wohl den Satz aussprechen, daß die Archetypen in den Mythen und Märchen, wie im Traum und in psychotischen Phantasieprodukten, erscheinen.” (JUNG 1990a, 109). Die schöpferische Phantasie, so schreibt JUNG weiter, ist “wie alles Psychische präformiert” (JUNG 1990a, 74). Der Begriff des Archetyps findet erst hier “seine spezifische Anwendung”, denn er geht davon aus, daß Urbilder in Produkten der Phantasie sichtbar werden (JUNG 1990a, 78).
Diese Aspekte der Archetypenlehre stellen das Prinzip der Untersuchung von Horrorfilmen (als Produkte der Phantasie) auf mythologische Motive und Ursymbole dar.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
0. Einleitung
1. Methodik und Auswahl
1.1. Aufbau und Quellenlage
1.2. Methode und Problemfelder der Arbeit
1.3. Erläuterung zur Verwendung von Begriffen
1.4. Zur Auswahl der Filme
2. Mythos und Symbol
2.1. Zu den Archetypen
2.1.1. Archetypen und Urbilder
2.1.2. Archetypen und Urbilder als mythologische Motive im kulturellen Kontext
2.2. Zum Mythos
2.2.1. Zur Definition des Mythos
2.2.2. Typologie und Beispiele
2.2.3. Mythen und Rituale
2.3. Das Ursymbol
2.3.1. Definition
2.3.2. Einführung in die Natursymbolik: Pflanzen und Tiere
2.3.3. Einführung in die Farb- und Formsymbolik
2.4. Zusammenfassung
3. Der Horrorfilm
3.1. Zum Begriff
3.1.1. Der Begriff “Horror”
3.1.2. Zur Definition des Horrorgenres
3.2. Geschichtlicher Abriß
3.3. Zur Klassifikation des Genres Horrorfilm
3.4. Horrorfilm und Traum
3.5. Zusammenfassung
4. Das Böse
4.1. Zum Begriffspaar Gut und Böse
4.2. Abriß über Definition und Verständnis des Bösen
4.3. Formen der Aggression und des Bösen
4.4. Mythische Figuren in der Gestalt des Bösen
4.5. Das Böse im Horrorfilm
4.5.1. Erscheinungsformen des Bösen im Horrorfilm: Das Halbwesen
4.5.2. Archetypen des Horrors und des Grauens
4.6. Zusammenfassung
5. Zur Filmanalyse: Methodische, methodologische und hypothetische Aspekte
6. Zu den Filmen
6.1. “Damien - Das Omen II”
6.1.1. Inhaltsangabe
6.1.3. Latente Strukturen
6.2.1. Inhaltsangabe
6.2.2. Manifeste Inhalte
6.2.3. Latente Inhalte
7. Das manifeste Böse als Wandlungssymbolik
Anhang
Grunddaten:
“Damien – Das Omen II” (Damien – Omen II)
Sequenzprotokoll “Damien – Das Omen II”
Detailliertes Filmprotokoll “Damien -Das Omen II”
Grunddaten:
“Die Körperfresser kommen” (The Body Snatchers)
Sequenzprotokoll “Die Körperfresser kommen”
Detailliertes Filmprotokoll “Die Körperfresser kommen”
Literatur
Vorwort
Was ist “Böse”? Ein Wort. Eine Wertung. Wer trifft diese Wertung? Wann weiß man, ob etwas “gut” oder “böse” ist? Kann etwas typisch “böse” sein? Welche Attribute werden dem “Bösen” zugeordnet?
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Fragestellung nach dem “Bösen” im Horrorfilm. Von Bedeutung ist im Vorfeld die Definition des “Bösen”, denn die Mythologie, die mit Elementen des Horrorfilms in Verbindung gebracht werden soll, kennt im moralischen Sinne keine Wertung von “gut” oder “böse”. Sie kennt nur den Wandel.
Wer diese Arbeit liest, sollte sich des Prinzips, welches ihr zugrunde liegt, das auch dem Mythos und dem Märchen zu eigen ist, bewußt sein: das Prinzip der Polarität. Licht nicht ohne Schatten. Konstruktivität nicht ohne Destruktivität. Schwarz nicht ohne Weiß. Es geht nicht um eine Rezeptionsanalyse zum Genre Horrorfilm, nicht um Wirkungsforschung oder eine Auseinandersetzung mit den Formen der Darstellung von Gewalt, denn diese Art der Auseinandersetzung mit dem Horrorfilm geht meiner Meinung nach in eine Richtung, die ich Symptomerforschung nennen möchte. “Das Unbehagen am Horror kommt meist daher, daß der Unterschied zwischen Zeichen und Bezeichneten außer acht gelassen wird.” (BAUMANN, 84).
Mein Ziel ist die Rückführung von Bildern, die ohne Zweifel kulturell und gesellschaftlich beeinflußt sind, auf das “Urbild” oder den “Mythos”. Ich möchte die archaische Natur der Themen des Horrorfilms nachweisen. Das Muster des “Bösen” ist der Ausgangspunkt, sein Auftreten ist auch im Mythos verankert.
Carl Gustav JUNG veröffentlichte 1934 seine Schriften über die Theorie der Archetypen. Diese Lehre soll meiner Arbeit zugrunde gelegt werden. Die Archetypenlehre bietet die Möglichkeit, den archaischen oder “primitiven” Menschen mit dem “zivilisierten” Menschen auf eine Stufe zu stellen. In diesem Kontext. Diese Theorie behauptet im gewissen Sinne, die Quelle der schöpferischen Phantasie des Menschen zu kennen. Und auch, daß sie jedem Menschen im gleichen Maße zur Verfügung steht. Die Möglichkeit zur Nutzung eines solchen Potentials ist natürlich von erheblich vielen Faktoren abhängig und individuell geprägt. Kultur und Erziehung sind zwei dieser Faktoren. Diese prägen auch die Formen der Umsetzung.
Der Horrorfilm ist nicht das einzige ästhetische Produkt mit archaischem Charakter. Aber ich habe dieses Genre gewählt, weil es, wie auch das Märchen, sehr offen mit Symbolik arbeitet. In diesem Genre ist der Mythos greifbar. Die Ansicht, der Horrorfilm thematisiere das in der zivilisierten Gesellschaft Tabuisierte, Verdrängte, ist oft vertreten. Der “kreative Tod” (NIKELE, 8) und Gewaltmechanismen stehen natürlich für den Horrorfilm im Vordergrund. Faszination oder Ablehnung? Die Funktion der Gewalt in diesem Genre bleibt zu hinterfragen. Sigmund Freud spricht vom “Unheimlichen” als eigentlich Bekannten, aber Verdrängten.
Hans D. BAUMANN begreift die Attraktivität des Horrorgenres allgemein als “ ... die Sehnsucht nach mythischen Erfahrungen, welche genau in Zeiten der gesellschaftlichen Wirrnis verstärkt in Erscheinung tritt, oder wenn der politische Fortschritt wieder einmal blockiert ist ...” (BAUMANN, 28).
0. Einleitung
Die Archetypenlehre JUNGs soll dieser Arbeit bezüglich des Umgangs mit Mythen und Urbildern zugrunde gelegt werden. Sie legitimiert auf wissenschaftlicher Ebene die Absicht, filmische Figuren und Symbole auf einen gemeinsamen Nenner, das “Ursymbol” oder den “Mythos” zurückzuführen. Natürlich liegt die Vermutung nahe, ein Autor, Produzent oder Regisseur eines Filmes sei nicht mit der Intention an einen Stoff herangegangen, sich mit einem “Mythos” auseinanderzusetzen oder ihn gar umzusetzen. Diese Vermutung ist meist zutreffend. Eine bewußte Intention zum Umgang mit Mythos und archaischen Bildern seitens des Künstlers ist aus der Sicht des Rezipienten und Analysierenden nicht unbedingt nachweisbar. “Der Mythos war nicht äußerlicher Gegenstand der Gestaltung, sondern er trat gleichsam im Rücken des Bewußtseins als der zuvor latente Gehalt ... hervor.” (PICHT 1993, 371).
Eine bewußte Intention folglich nicht unbedingt - JUNG geht davon aus, daß vielen Menschen die Archetypen nie bewußt werden. Ihren Ausdruck finden sie nur auf dem Wege einer Projektion (JUNG 1990a, 10). Das Prinzip der Archetypenlehre ist die Existenz eines “kollektiven Unterbewußtseins” (JUNG 1990a, 7). Das kollektive Unterbewußtsein, so JUNG, ist eine in jedermann vorhandene, allgemeine seelische Grundlage überpersönlicher Natur (JUNG 1990a, 7). Das kollektive Unterbewußtsein wird weitergegeben. Seine Inhalte sind die Archetypen, die Verankerung “menschlicher Elementarerfahrung wie Geburt, Ehe, Mutterschaft, Trennung und Tod.” (JUNG 1990a, 1).
“Das kollektive Unbewußte entwickelt sich nicht individuell, sondern wird ererbt. Es besteht aus präexistenten Formen, Archetypen, die erst sekundär bewußt werden können und den Inhalten des Bewußtseins eine festumrissene Form verleihen.” (JUNG 1990a, 46).
Als Beweis führt JUNG die Ähnlichkeiten von Bildern archaischer Völker an: “Einer der Hauptbeweise hierfür ist der sozusagen universale Parallelismus mythologischer Motive, die ich wegen ihrer urbildlichen Natur Archetypen genannt habe.” (JUNG 1990a, 61).
Als Synonyme für die Archetypen findet man in der mythologischen Forschung das Wort "Motive”, in der Psychologie Primitiver den Begriff “représentations collectives”, die Religionswissenschaft spricht von “Kategorien der Imagination” oder auch vom “Elementar- oder Urgedanken” (JUNG 1990a, 45).
Die Archetypenlehre ist grundlegend für die Rückführung der Symbole und Motive des Horrorfilms auf Urbilder und Mythos. Legitim ist diese Vorgehensweise schon, wenn man, wie auch JUNG, davon ausgeht, daß Archetypen ihren Ausdruck in Mythen und Märchen gefunden haben: “Man darf heutzutage wohl den Satz aussprechen, daß die Archetypen in den Mythen und Märchen, wie im Traum und in psychotischen Phantasieprodukten, erscheinen.” (JUNG 1990a, 109). Die schöpferische Phantasie, so schreibt JUNG weiter, ist “wie alles Psychische präformiert” (JUNG 1990a, 74). Der Begriff des Archetyps findet erst hier “seine spezifische Anwendung”, denn er geht davon aus, daß Urbilder in Produkten der Phantasie sichtbar werden (JUNG 1990a, 78).
Diese Aspekte der Archetypenlehre stellen das Prinzip der Untersuchung von Horrorfilmen (als Produkte der Phantasie) auf mythologische Motive und Ursymbole dar.
1. Methodik und Auswahl
1.1. Aufbau und Quellenlage
Das Ziel der Arbeit ist der Nachweis von Mythologemen und mythischen Strukturen im Horrorfilm, wobei der Blickpunkt auf der Darstellung des Bösen liegt. Um die Lesbarkeit der Filme unter diesem Standpunkt nachzuvollziehen, muß auf ein umfangreiches Material der Mythenforschung und Symboldeutung zurückgegriffen werden.
Die grundlegenden Aspekte der folgenden Filmanalyse werden im theoretischen Teil der Arbeit erörtert: Erstens das Feld der Mythen, Symbole, deren Sinn und Struktur. Die Theorie der Archetypen von Carl Gustav JUNG dient, wie schon erläutert, als Basis der Arbeit. Hinzu kommt Literatur über Symboldeutung und -interpretation, ein Feld, was nicht nur in der Psychologie seinen Platz hat, sondern auch Religionswissenschaft, mythologische Forschung, Kunstwissenschaft u.s.w. beschäftigt. Aufgrund des damit verbundenen Materialumfangs wurde die Literaturauswahl begrenzt auf die vergleichende Mythologie, die die Gemeinsamkeiten der Mythenstrukturen und Rituale archaischer Völker nachweist, die Symbolinterpretation, deren Autoren sich Carl Gustav JUNGs Theorien anschlossen, genannt seien hier u.a. Verena Kast, Ingrid RIEDEL und Marie-Louise von FRANZ.
Das dritte Kapitel der Arbeit beschäftigt sich mit dem Genre Horrorfilm. Die Ähnlichkeiten der Bilder und Inhalte des Horrorfilms mit psychotischen Zuständen, mit Träumen und Imaginationen des Menschen erkannten Filmtheoretiker wie Georg SEEßLEN/ Claudius WEIL und Susanne RASCHKE sowie Psychologen wie Hans D. BAUMANN in ihren Arbeiten. Das Verständnis des Horrorfilms als Alptraumkonzept kann nur angerissen werden, da die Theorie an Sigmund FREUDs Arbeit orientiert ist, und es im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich ist, seine Prinzipien, die sich von denen Carl Gustav JUNGs eklatant unterscheiden, darzustellen.
Das letzte Kapitel des theoretischen Teils der Arbeit bestimmt die Abhandlung über das “Böse”. Diese Thematik weist das Problem auf, sehr weitläufig zu sein. Angefangen im Alltag, über die Religion bis hin zur Philosophie steht die Nennung des Begriffes “Böse” in den unterschiedlichsten Kontexten, sei es moralischer, gesellschaftlicher oder allgemeiner, banaler Natur. “Das Böse” kann deshalb nur im Zusammenhang mit seinem konkreten Auftreten im Film und im Märchen definiert werden.
Um ein Verständnis der Begriffe Mythos, Symbol, Horror und Böse im Kontext der Archetypenlehre zu formulieren, und diese von anderen Interpretationsmöglichkeiten abzugrenzen, wird am Ende der Kapitel eine Auswahl der Ergebnisse dargestellt.
Der Horrorfilm wird in dieser Arbeit nur als schöpferisches Produkt betrachtet, Produktions- oder Rezeptionsanalysen werden in diesem Zusammenhang außer acht gelassen. Die Frage nach der Wirkung kann hier nicht gestellt werden, da dies der Rahmen des Themas nicht erfaßt. Die Forschung hat sich zum Genre Horrorfilm überwiegend in rezeptionsanalytischer, v.a. medienpädagogischer Hinsicht geäußert. Die Ergebnisse dieser Forschungen betreffen v.a. die Darstellung von Gewaltmechanismen, wie sie im Horrorfilm zweifellos auftreten. Dieses Material kommt nur in Ansätzen zur Anwendung im Kontext mit der Definierung des Genres.
1.2. Methode und Problemfelder der Arbeit
Die Fragestellung nach dem archaischen Charakter neuzeitlicher, postmoderner Kunstprodukte, insbesondere des Horrorfilms, soll mittels des Instrumentarium der “hermeneutisch orientierten Filmanalyse” (Knut HICKETHIER, 32 ff.) an ausgewählten Filmbeispielen beantwortet werden. Knut HICKETHIER verweist auf das Problem, das es “...der hermeneutisch orientierten Film- und Fernsehanalyse um ein Sinnverstehen geht ...”, sie kann nicht “von der Subjektivität des Rezipienten und des Analysierenden absehen.” (HICKETHIER, 34).
Die Fragestellung zur Untersuchung am Filmbeispiel wird vor Beginn der Analyse thesenartig formuliert. Zur Beweisführung dient das Instrumentarium der qualitativen Filmanalyse. Dabei dient der manifeste Filminhalt[1] als Interpretationsgrundlage für den latenten Inhalt[2], oder, wie es HICKETHIER formuliert, wird “die Struktur des Produkts untersucht, seine Ausdrucksformen, seine filmästhetische Gestaltung, ... und die in ihm vorhandenen Bedeutungspotentiale entschlüsselt ...” (HICKETHIER, 35). Der Schwerpunkt liegt auf den Handlungsmustern der Protagonisten und des Bösen in den Filmen, auf der Wirkung dessen sowie auf der ästhetischen Gestaltung. Die ästhetische Gestaltung ist von vornherein als Sammlung von zusammenhängenden, manifestierten Symbolen des Filmgeschehens zu verstehen, d.h., es wird davon ausgegangen, das Formen und Farben der filmischen Lebenswelten als Bedeutungsträger für das Geschehen fungieren.
Als erster Schritt der Filmanalyse werden manifeste Struktur der Filme, Figurenkonstellation und ästhetische Gestaltung erläutert. Diese manifesten Muster werden dann mit mythologischen Strukturen, Mythologemen und Ritualen verglichen, und filmische Symbole in diesen Zusammenhängen entschlüsselt, um die möglichen latenten Sinnstrukturen nachzuweisen. In der Zusammenfassung soll die Funktionalität des Bösen auf eine Wandlungssymbolik zurückgeführt werden. Die Archetypenlehre bietet die Erklärung der Herkunft von Bildern und Themen.
1.3. Erläuterung zur Verwendung von Begriffen
Dem Begriff “fiktional” ist die Bedeutung einer Erfindung, Konzeption zugeordnet. Als fiktional ist der gesamte Film als Entwurf, was sich dort tatsächlich abspielt, zu verstehen, im Gegenteil zu fiktiv im Sinne von “angeblich” (Vgl. BAUMANN, 32). Welt- und Lebensentwürfe haben folglich fiktionalen Charakter. Der Begriff Weltentwurf soll den größeren Rahmen des Filmes umreißen, in dem die Protagonisten agieren, d.h. die soziokulturellen Bedingungen, wirtschaftliche Umstände, regionale Gegebenheiten, während der Lebensentwurf die sozialen Beziehungen, die Definition der sozialen Schicht und ihren Lebensstil umreißt, wo das Konzept Alltag verwirklicht ist. Alle diese Faktoren fließen als manifeste Inhalte in die Filmanalyse ein.
Die Redewendung “abendländische Kultur”, wie sie im theoretischen Teil der Arbeit auftaucht, meint den europäischen und amerikanischen Kulturkreis, weil es hier, v.a. im Mythenverständnis und in Religion scharfe Unterschiede z.B. zum asiatischen Raum gibt. Der Begriff Mythos erfährt oft eine inflationäre Anwendung in der Literatur und in den Medien. In dieser Arbeit wird dieser Begriff scharf eingegrenzt[3], und nur in dieser Definition angewandt.
1.4. Zur Auswahl der Filme
In der allgemein zugänglichen Literatur sind mehrere Beispiele zu finden, wo der phantastische Film bzw. der Science - Fiction - Film auf Mythologeme untersucht wurden. Es sei verwiesen auf Anette BRAUERHOCH (1996) sowie Elmar REß (1990), die sich mit dem Horrorfilm “Alien” eingehend befaßten, außerdem auf Christian WESSELY (1997), der u.a. den strukturellen Mythencharakter der Star Wars - Trilogie nachwies.
Diese Arbeit untersucht den mythologischen Aspekt des Bösen innerhalb der Alltagswirklichkeit des Horrorfilmes. Bei der Auswahl der Filme lag der Schwerpunkt darin, in der manifesten Ebene eine Lebenswelt zu finden, die realistisch sein könnte, die die Protagonisten als solche annehmen, wo sich der phantastische Charakter, der darunter liegt, sowohl den Protagonisten wie dem Zuschauer nach und nach erschließt.
Die mythologische Ebene des Films “Damien - Omen II” (USA 1978, RE: Don Taylor) ist der abendländischen Kultur relativ vertraut, da der Mythos des Antichristen in der Religion des Abendlandes, dem Christentum verankert ist[4]. Es ist - im Unterschied zu “Die Körperfresser kommen”, der andere Film, der in dieser Arbeit untersucht wird - im manifesten Filminhalt verankert einen Mythos, der bewußt gesetzt wurde. Das heißt, er wird in diesem Film benannt, einige Handlungsträger wissen um seine Existenz und um die Möglichkeit seines Auftretens, er kommt einer Offenbarung oder Prophezeiung gleich.
In “Die Körperfresser kommen” gilt es, den mythologischen Aspekt des Bösen zu entschlüsseln. An dieser Stelle müssen zuerst die Symbole decodiert werden, um das Handlungsmuster des Bösen erkennbar zu machen.
Beide Filme haben eine sehr interessante Gemeinsamkeit, von der im populären Film selten Gebrauch gemacht wird: Sie lassen das Ende offen, sie haben kein “Happy End”.
Ich habe den zweiten Teil der Damien - Trilogie zur Analyse gewählt, weil er im Hinblick auf das Alter des Protagonisten Damien mir am interessantesten erscheint. Seine außergewöhnlichen Kräfte werden ihm in diesem Teil im Laufe des Übergangs vom Kindes- zum Erwachsenenalter zum ersten Mal bewußt, während er im ersten Teil als Kind unbewußt agierte. Im Vordergrund der Filmanalyse steht der Ritualcharakter.
Der Film “Die Körperfresser kommen” ist im Hinblick auf ästhetische Gestaltung des Bösen selbst und seiner Wirkung sehr interessant. Der Schwerpunkt ist hier die Decodierung der Farb-, Form- und Natursymbolik.
2. Mythos und Symbol
2.1. Zu den Archetypen
2.1.1. Archetypen und Urbilder
Um die Begriffe “Archetyp” oder “Urbild” zu verstehen, muß auf die Archetypenlehre Carl Gustav JUNGs zurückgegriffen werden: Das “kollektive Unbewußte” hält eine Anzahl von Archetypen und Urbildern bereit. Hierbei handelt es sich um reine Formen, unbestimmt von Religion, Region und Gesellschaftsform. Diese reinen Formen sind stark abstrahiert, denn sie existieren nur als Modellfälle, wie noch erläutert wird. Sie sind die gemeinsamen Nenner des gesamten mythologischen Schatzes. Archetypen sind besetzt mit Symbolen, die “für etwas” stehen, sie gehören zur Struktur des Unbewußten und gelten als “unpersönlicher” Besitz des Einzelnen (JUNG 1990a, 141). Diese Symbole werden “Urbilder” oder “Ursymbole” genannt.
Bevor einige ausgewählte Archetypen und deren Ursymbole genannt werden, soll ein noch sehr wesentliches Thema aufgegriffen werden, welches bei JUNG mit der Archetypenlehre eng in Verbindung steht: die Problematik des “Ich” und des “Selbst”. Das “Selbst” versteht sich bei JUNG als eine “übergeordnete Persönlichkeit”, während das “Ich” nur den bewußten Teil der Persönlichkeit darstellt (JUNG 1990a, 141 f.). Dem “Selbst” werden folglich alle Aspekte, Seiten der Persönlichkeit zugeschrieben, schematisch das Bewußte das Unterbewußte und das Unbewußte.
“Durch den unbewußten Anteil ist das Selbst dermaßen vom Bewußtsein entfernt, daß es nur zum einen Teil durch menschliche Figuren ausgedrückt wird zum anderen aber durch sachliche, abstrakte Symbole” (JUNG 1990a, 142).
Es existiert eine universale Anzahl an Archetypen. Eine Einordnung und Klassifikation ist in diesem Rahmen nicht möglich, deshalb sollen nur einige Beispiele aufgezeigt werden. “Unter den Archetypen sind diejenigen empirisch am deutlichsten charakterisiert, welche am häufigsten und intensivsten das Ich beeinflussen respektive stören. Es sind dies der Schatten, Anima und Animus.” (JUNG 1980, 17). Den Archetyp “Anima” findet man ausschließlich beim männlichen Geschlecht. Es ist der weibliche Teil des Mannes, der “mütterliche Eros”, wohingegen der Archetyp “Animus” den männlichen Teil der weiblichen Persönlichkeit darstellt, den “väterlichen Logos” (JUNG 1980, 23). Auch hier ist das duale Prinzip des Lebens erkennbar.
Einen “Schatten”, wohl einer der bekanntesten Archetypen, trägt jeder Einzelne. “Im >Schatten< erkennen Sie unschwer den adversen Vertreter der chtonischen Dunkelheit, dessen Gestalt universale Züge trägt.” (JUNG 1980, 43). Dieser Archetyp ist auch Ausdruck für die zweideutige Interpretierbarkeit von Urbildern und Symbolen.
2.1.2. Archetypen und Urbilder als mythologische Motive im kulturellen Kontext
Carl Gustav JUNG spricht von zwei “Kategorien von Produkten der unbewußten Psyche” (JUNG 1990a, 111): Als erstes werden Phantasien “persönlichen Charakters” genannt, was persönlich Erlebtes, Vergessenes, Verdrängtes meint (JUNG 1990a, 111). Die zweite Kategorie sind Phantasien “unpersönlichen Charakters”, die, analog zu mythologischen Motiven, nicht auf Erlebnisse der individuellen Vorgeschichte zurückgeführt werden können. Diese sind strukturell Mythen und Märchen verwandt (JUNG 1990a, 111). Archetypen sind folglich regional und kulturell mit verschiedenen Symbolen besetzt, die aber mit den Ursymbolen verwandt sind. “Archetypen haben als Mythen völkergeschichtliches Vorkommen” (JUNG 1990a, 69). Es existieren, wie schon erläutert, keine reinen Archetypen, sondern sie tauchen im Mythos als Motivation auf. Archetypen können nur in Mischformen existieren. Im Mythos sind sie die Handlungsträger, wobei sie dort austauschbar sind, denn der Mythos lebt von Handlungsformen.
Ein weiterer Aspekt der Archetypen ist ihre Dualität. Ein Archetyp kann nur als “Syzygie”, als Gegensatzpaarung existieren (JUNG 1990a, 103).
Als Beispiel für die beiden erläuterten Aspekte des Archetyps, seine individuelle oder mythologische Ausprägung sowie seine Dualität soll der “Mutterarchetypus” dienen:
JUNG benennt als die “wesentlichen Aspekte des Mutterarchetypus” einerseits ihre “hegende und nährende Güte”, andererseits ihre “unterweltliche Dunkelheit” (JUNG 1990a, 81). In der christlichen Religion ist dieser Archetyp als die “Madonna” wiederzufinden, die Schattenseite, der negative Aspekt wird “in der Hölle als des `Teufels Großmutter wiedergefunden” (JUNG 1990a, 99). Im individuellen Erleben ist dieser Archetyp stets verschieden besetzt, dies ist abhängig von der Lebensgeschichte des Einzelnen. So kann die “Mutter” einerseits als negativ erlebt werden, als “Hexe”, oder sie kann andererseits als die “Heilige” besetzt sein. Wie gesagt, dies ist nur individuell bestimmbar. Wie dieser Mutterarchetyp beispielsweise durch einen Mann gelebt wird, hat natürlich auch Folgen, wie er seine eigene weibliche Seite, seine “Anima” lebt. Letztere Aussage ist exemplarisch für die Vermischung und Überschneidung von Archetypen.
In anderen Religionen und Mythologien gibt es eine Aufspaltung des Archetyps wie der der “Mutter” im Christentum seltener. Dort erscheinen Götter als Paradoxien, sie vereinen dunkle und Lichtseiten (JUNG 1990a, 99). “Es gibt keine Position ohne ihre Negation. trotz oder gerade wegen des extremen Gegensatzes kann das eine nicht ohne das andere sein. Es ist schon so, wie die klassische chinesische Philosophie es formuliert: ´yang` (das helle, warme, trockene und männliche Prinzip) enthält in sich den Keim des ´yin` (das dunkle, kalte, feuchte und weibliche Prinzip), et vicera.” (JUNG 1990a, 105).
In der Figur der russischen Hexe “Baba Jaga” sind Licht- und Schattenseite vereint: Sie ist Göttin des Todes und Muttergöttin zugleich. Wer Angst vor ihr hat[5], der wird gefressen. Wer sich ihr gegenüber durchsetzt, den nimmt sie an[6].
2.2. Zum Mythos
2.2.1. Zur Definition des Mythos
Eine eindeutige Definition des Mythos in der wissenschaftlichen Literatur zu finden, ist nicht möglich. Der Zwiespalt zwischen den bekannten Definitionen besteht darin, ob der Mythos als ein geschlossenes Weltbild historisch[7] oder psychologisch[8] betrachtet werden sollte, ob er unsinnig und nur den archaischen, primitiven Völkern eigen oder allgemein gültig ist. “Es scheint geradezu, als verweigere sich der Mythos seiner Definierung” (BUSSE, 52).
Das Wort “Mythos” kommt aus dem Griechischen und wird einerseits übersetzt mit “Wort, Rede, Erzählung, Fabel” (BROCKHAUS, 271) und andererseits mit “Geheimnisse sagen” bzw. “mit Kraft reden” (GRABNER-HAIDER, 11)[9]. Die Eigenschaften des Mythos sind, wie sie in allen Definitionen genannt werden, seine Bildhaftigkeit und Anschaulichkeit, außerdem sein nicht-lineares, nicht-kausales Zeitverständnis. Der Mythos erzählt über “die Eigenschaften der Natur oder über Lebewesen von übermenschlichen Kräften und Eigenschaften, über das Wirken von Gottheiten an den Menschen und das Schicksal der Götter selbst.” (ARNOLD, 1439). Der Mythos formuliert ein ganzheitliches Weltverständnis, welches rational nicht zu erfassen ist. Definitiv ist seine Funktion die Erklärung der Welt. Der Unterschied zur wissenschaftlichen Betrachtung der Welt liegt darin, das diese Lücken aufweist, andererseits logisch und rational nachvollziehbar ist. Es liegt folglich in dem Versuch, eine wissenschaftlich fundierte Erklärung für den Mythos zu finden, eine gewisse Absurdität. “Obwohl Nährboden von Religion, Philosophie, Dichtung und Geschichtsschreibung, gerät der Mythos in Ungnade bei jeder Differenzierung und Vermittlung der Erkenntnis. ... Mythos hat seine eigene Wahrheit, die der wissenschaftlich-rationalen nicht unterlegen ist. Der Mythos ist zwar unwahr im faktischen Sinn, metaphysisch ist er aber wahr.” (LURKER 1991, 512). Der Mythos erfaßt mit seinen Erklärungsmustern nicht die Wissenschaft, die Wissenschaft mit ihrem strengen Reglement nicht den Mythos. Eine schärfere Formulierung des Unterschieds zwischen den Erkenntnissen der Mythen und denen der “westeuropäischen Wissenschaften” drückt die Möglichkeit der Mythen zur “spontanen Schau” im Gegensatz zur “konventionalisierten Rationalität” aus (GRAEVENITZ, 1).
“Mythen sind der versinnbildlichte Ausdruck gewisser Urerlebnisse bestimmter Völker ... Die Mythen sind besondere Worte von dem in der Vergangenheit Geschehenen.” (LURKER 1984, 28). Auf diesen Aspekt des Mythos, die Urerfahrung, die in ihm liegt, kommen mehrere Autoren zurück: “Das Zurückgehen auf Ursprung und Urzeit ist der Grundzug jeder Mythologie.” (JUNG 1990a, 17). Oder: “Die Intention des Mythos ist es, aufzuklären: über die Welt mit ihrem Ursprung und Wesen ...” (BELLINGER, 7).
Die Mythen organisierten die Lebenswelten der archaischen Völker. Die Soziologie geht von der Annahme aus, der Mythos einer organisierten Gemeinschaft lege Verhaltensmuster und Handlungsweisen fest, die die direkten Lebensumstände mit einschließen. Die geformte Lebenswelt bürgt für Orientierung und Stabilität des Menschen, im Mythos steht die Organisation des zwischenmenschlichen Zusammenlebens symbolhaft überschrieben fest (Vgl. auch GRABNER-HAIDER, 114 f.).
Die Psychologie begreift den Mythos als die symbolische Darstellung des inneren Erlebens des Menschen: emotionale Prozesse und Zustände werden mittels der Archetypen bzw. der mythologischen Figuren ausgedrückt: “Es werden Urbilder und Urtypen (Archetypen) des seelischen Erlebens angenommen, die sich im Mythos darstellen: in Götterkämpfen, Teufelsvorstellungen, Engeln und Dämonen, Himmel, Hölle, Gericht, Paradies, Auferstehung, Jungfrauengeburt u.a. Mythos sei insgesamt eine Spiegelung menschlicher Gefühle und emotionalen Erlebens, es seien darin Angst und Freude, Sehnsucht und Glück symbolisiert ...” (GRABNER-HAIDER, 117).
Wenn der soziologische und den psychologische Aspekt des Verständnis des Mythos zusammengebracht werden, gemeint sind das nach außen gerichtete Handlungsmodell der Soziologie und die inneren Prozesse der Psychologie, ist unschwer feststellbar, daß diese sich gegenseitig nicht ausschließen. Emotionale Prozesse werden als psychische (und physische) Reaktion auf Aktionen, d.h. Handlungen und Verhaltensmuster erlebt.
“Noch vor der Ausarbeitung der frühen Systeme der griechischen Naturphilosophie haben die Menschen in den Mythen ein Abbild und zugleich ein Selbstverständnis ihrer eigenen Lebenspraxis entworfen. Sie beschreiben in Sagen und Märchen Reaktionsweisen und Gruppenprozesse, die in ihrer Komplexität die Begriffe moderner empirischer Betrachtung von Individuum, Gruppe und Gesellschaft immanent vorwegnehmen. Die vorgeschichtliche Gesellschaft stellt ihre Dynamik in den Figuren des griechischen Götterhimmels projektiv dar.” (ANDRITZKY, 203).
2.2.2. Typologie und Beispiele
Es existieren verschiedene Typen von Mythen. Die Klassifikation wurde nach den Themen der Mythen vorgenommen, die folgendermaßen unterschieden werden:
1. Göttermythen (Theogonien)
2. Schöpfungsmythen (Kosmogonien)
3. Mythen von den letzten Dingen (Eschatologien)
4. Mythen, die die Besonderheiten der Schöpfung erklären (Ätiologien)
(Vgl. LURKER 1984, 29).
Die theogonischen Mythen erzählen vom Entstehen der Götter (BROCKHAUS, 271). Als eng verwandt damit sind dämonologische und soteriologische[10] Mythen zu nennen, die sich mit Übernatur und Natur beschäftigen, mit Engeln und Teufeln, Gut und Böse, Riesen und Zwergen ... u.s.w. (BELLINGER, 6). Als Beispiel für einen theogonischen Mythos, aus der antiken Mythologie gegriffen, sei der Mythos von Aphrodite[11] genannt[12], über die man erzählt, sie sei aus dem Schaum des Meeres geboren[13] (Vgl. FINK, 48).
Kosmogonische Mythen, die von der Entstehung der Welt erzählen, sind “im Glauben der meisten Völker mit einem persönlichen Schöpfer verbunden” (LURKER 1991, 653). Der Schöpfer ist unterschiedlicher Gestalt, er überwindet mit seiner Schöpfung aber den “Urzustand”, der sich jeder Ordnung widersetzt (LURKER 1991, 398).
Der wohl bekannteste eschatologische Mythos, der christliche Mythos vom Ende der Welt, wird im Volksmund auch der “Tag des Jüngsten Gerichts” genannt. Der Glauben an dieses “Weltgericht” beruht “ ... auf dem Glauben an eine Vergeltung für Gut und Böse.” (LURKER 1991, 828). Dieses Weltgericht wird, dem Mythos nach, einer Apokalypse folgen (LURKER 1991)[14]. Der gegensätzliche Typ des eschatologischen Mythos ist der protologische Mythos (BELLINGER, 6). Er beschäftigt sich mit der Urzeit, und wirkt somit auf den Endzeitmythos aufgrund der zyklischen Zeitstruktur des Mythos allgemein zurück (BROCKHAUS, 271). Als Beispiel für protologische Mythen seien die Paradiesmythen genannt, wie z.B. die vom “Garten Eden”.
Die ätiologischen Mythen, die “die Besonderheiten der Schöpfung erklären” (LURKER 1984, 29), berichten von Heldentaten und von der Begründung staatlicher und gesellschaftlicher Ordnung (BROCKHAUS, 271). So raubte beispielsweise Prometheus den Göttern das Feuer, um es den Menschen zu bringen[15].
Andere Typen von Mythen, die in dieser Arbeit sehr wichtig sind, sind anthropologische und kosmologische Mythen. Ihre Themen sind Geburt, Pubertät, Ehe, Familie, Liebe und Haß, Krieg und Frieden beziehungsweise das Werden und Vergehen der Natur im Wechsel der Jahreszeiten und von Tag und Nacht (BROCKHAUS, 271). Diese Mythen sind meist mit Tod und Auferstehung verbunden, wie im nächsten Kapitel erläutert wird.
2.2.3. Mythen und Rituale
“Kult”, “Kultsymbol” und “Mythos” stehen bei Ritualen in einem engen Zusammenhang miteinander. Im Vollzug des Rituals ist der besondere Zeitbezug des Mythos begründet, weil seine Elemente dort wiederholt werden. Ein Beispiel hierfür kommt von den Bambara[16]: Der Mythos erzählt von dem Kulturheros Faro, der in Gestalt einer Pferdeantilope die Menschen den Kornanbau gelehrt hat (LURKER 1991, 518). Der rituelle Nachvollzug geschieht bei diesem Volk jedes Jahr dadurch, daß die Feldbauarbeit durch ein mit Antilopenmasken bekleidetes Paar eingeleitet wird (LURKER 1991, 518). Jeder Mythos in seiner Gestalt im Zusammenhang mit einem bestimmten Kultus regional gebunden (PICHT 1993, 377).
Bekanntere Rituale in der abendländischen Kultur sind das Krippenspiel zur Weihnachtszeit, bei dem die Geburt Jesus Christus nachgespielt wird, oder auch Taufe und Konfirmation. Hier sind aber nur noch Bruchstücke der ursprünglichen Riten vorhanden, die abendländische Kultur ist sich ihrer Urbedeutung weniger bewußt. Das Kultsymbol findet sein Beispiel in der Taufe, wo der Säugling mit dem Symbol Wasser besprüht wird, was der Reinigung vom Vergangenen dient (Vgl. LURKER 1991, 414). Hierzu sei am Rande bemerkt, daß die Geburt Jesu natürlich nicht mythischen Ursprung ist, doch enthält sie, wie jede andere religiöse Geschichte, mythische Strukturen und Inhalte (DREWERMANN, 87). In dieser Hinsicht sind Religion und Mythos miteinander in Verbindung zu bringen, was uns dem Verständnis von religiösen Glaubensvorstellungen näher bringen könnte: “Man entdeckte - ähnlich wie in der Märchenforschung - eine erstaunliche Verwandtschaft zwischen den religiösen Vorstellungen und Gebräuchen aller Völker der Erde und suchte auf dieser niedrigsten Stufe des religiösen Bewußtseins primitiver Kulturen den Schlüssel für das Verständnis auch der höher entwickelten Religionen.” (PICHT 1993, 500).
Den Riten vieler Völker ist die Todes- und Wiederauferstehungssymbolik gemeinsam. Anwendung findet diese beim Übergang vom Kindes- ins Erwachsenenalter, bei Heirat oder Tod (vgl. ELIADE, 775). Der Übergang vom Kindes- ins Erwachsenenalter wird durch die Initiation rituell nachvollzogen. Der Tod des Kindes und die Auferstehung des Erwachsenen steht im Zentrum des Rituals. “Man stirbt einer Seinsweise ab, um einer anderen teilhaftig werden zu können. Der Tod stellt die Unterbrechung einer Seinsebene dar und eben damit einen Übergangsritus, genauso wie Geburt oder Einweihung.” (ELIADE, 75). Ein modernes Ritual in diesem Kontext stellt auch das Neujahrsfest der abendländischen Kultur dar. Hier ist das Motiv der Erneuerung und Wiedergeburt im rituellen Nachvollzug mittels Kultsymbolen wie Feuerwerkskörper u.ä. in Ansätzen wiederzufinden.
Die Mythologie eines Volkes oder Stammes begründet auch seinen Glauben. Der Glaube bestimmt Riten, Werte und Ziele des Handelns des Einzelnen. Einen modernen Bezug findet man als “Mythos Geld” formuliert, der sich in alltäglichen Riten, Werten und Zielen des Handelns der modernen Gesellschaft eindeutig manifestiert hat[17]. “Der Mythos ist eher etwas Nationales ... Wenn man die psychologische Bedeutung von Mythen erforscht, erkennt man, daß sie den nationalen Charakter der Kultur, in der sie entstanden und lebendig gehalten wurden, sehr stark spiegeln.” (FRANZ 1989, 202).
Die gemeinsamen Nenner der Mythologien aller Völker sind, wie schon gesagt, die Archetypen und Ursymbole: “ ... der Archetyp ist die strukturelle Grundanordnung, die hinter einem bestimmten Mythologem liegt, und das archetypische Bild ist die spezifische Form, in der er Gestalt annimmt.” (FRANZ 1989, 202). Nachvollziehen läßt sich dies an den Strukturen des Initiationsrituals der archaischen Völker, welche sich in ihren Elementen gleichen und mit einander ähnlichen Symbolen umgesetzt wurden. Die Initiationsfeiern hatten folgenden Ablauf:
1. Entführung und Absonderung der Kandidaten
2. Hingabe des alten eigenen Ichs
3. Verschlungenwerden (Ungeheuer)
4. Wiedergeburt
5. Aufnahme in esoterische Geheimbünde
(Vgl. LURKER 1991, 341).
Der Prozeß, seine Symbole sollen in dem nun folgenden Abschnitt im Kontext zur Abhandlung zum Ursymbol beschrieben werden.
2.3. Das Ursymbol
2.3.1. Definition
“Natürlich haben die verschiedenen Völker unterschiedliche Mythen geschaffen, wie ja auch verschiedene Menschen unterschiedliche Träume träumen. Aber trotz all dieser Unterschiede haben alle Mythen und Träume eines gemeinsam: Alle sind in der gleichen Sprache - der symbolischen Sprache - geschrieben.” (FROMM, 13).
Der Begriff “Symbol” stammt vom griechischen “sýmbolon” ab und bedeutete ursprünglich “Erkennungszeichen” (LURKER 1984, 19). Das Symbol kann an die Stelle “von etwas” treten, “für etwas stellvertretend” stehen. Es bedeutet die Montage eines Bildes und einer Bedeutung, einem Sinn, die Verbindung zwischen beiden -das Sinnbild- schafft einen Vergleichspunkt (LURKER 1984, 19). Das Symbol erscheint nun als die Ebene, auf der der Archetyp sichtbar werden kann. Als Beispiel soll wieder der “Mutterarchetypus” dienen, der mit folgenden Ursymbolen besetzt sein kann: Erde, Höhlen und Labyrinthe. Das Wesen dieser Ursymbole ist in anderen Symbolen des “Mutterarchetypus” wiederzufinden, z.B. Kirche, Stadt, Universität u.s.w. (vgl. JUNG 1990a, 80).
Ein anderes Beispiel für ein Ursymbol und vergleichbare Symbole ist das “Dreieck”. Das mit der Spitze nach oben zeigende Dreieck steht für “die männliche Zeugungskraft und das Feuer” (LURKER 1991, 152), das nach unten weisende Dreieck steht für das weibliche Prinzip und Wasser (LURKER 1991, 152). Folglich kann das Viereck ein Ausdruck für die Ganzheit sein. Diese “Urform” des Dreiecks findet heute ihre Umsetzung in “phallischen” und “weiblichen” Symbolen: Waffen, Obelisken, Kirchtürme, das “von innen nach außen gerichtete” als Ausdruck des männlichen Prinzips des Gebens; Gefäße, Brunnen, das “von außen nach innen gerichtete” als Ausdruck des weiblichen Prinzips des Empfangens.
Folglich können alle bildlichen Darstellungen auf Ursymbole zurückgeführt werden, denn “Alles bildlich Gestaltete ist letztlich Abbildung eines Urbildes.” (LURKER 1984, 17).
Wie auch Archetypen und teilweise mythische Figuren und Motive, sind Symbole im allgemeinen zweiseitig, d.h. destruktiv und konstruktiv: das “Feuer” als Symbol kann innere Lebendigkeit anzeigen oder als Signal für Gefahr interpretiert werden (Vgl. FROMM, 23).
2.3.2. Einführung in die Natursymbolik: Pflanzen und Tiere
2.3.2.1. Einführung in die Pflanzen- und Natursymbolik
Als universales Symbol gilt der “Weltenbaum”, der “Axis Mundi” (ELIADE, 165 f.). Der Weltenbaum steht in der “Weltenmitte” als Verbindung, Mittler zwischen dem väterlichen Himmel[18] und der mütterlichen Erde[19] (ELIADE, 165 f.), die Welt wird gesehen als ein “dem Urselbst entwachsener ... Baum” (LURKER 1984, 41)
Andererseits hat der Baum eine Schutzfunktion (LÖWENBOURG, 167 f.) oder wird als phallisches Symbol begriffen, der die Verbindung zum Weiblichen, der Erde, schafft. Bei einigen archaischen Völkern existiert die Glaubensvorstellung, der Mensch sei erdgeboren (ELIADE, 232). Frauen werden schwanger, wenn sie sich an bestimmte Orte begeben, wie z.B. zu Bäumen (ELIADE, 232). Der Lebensbaum kann andererseits selbst als archetypische Geburtstätte gelten (LURKER 1984, 41).
Die Ackerbestellung gilt als “Zeugungsakt”, die Erde ist der “Leib der riesenhaften Mutter” (ELIADE, 240), Spaten und Pflug sind phallische Symbole.
Der Wald wird als das “Jenseits” begriffen, mit weiblicher Ausdeutung, ein Aspekt, der bei den Einweihungs- oder Initiationsritualen eine große Rolle spielt (ELIADE, 270). Der Einweihungskandidat wird in den Wald geschickt[20], in eine Einweihungshütte[21] und wartet dort auf die Morgendämmerung, er ist infolge dieser Handlung ein Zeitgenosse der Weltschöpfung[22] (ELIADE, 276 f.). “Um ein neuer Mensch zu werden, muß er das Werden der Welt nacherleben.” (ELIADE, 276 f.).
Pflanzensymbolik im allgemeinen verbindet sich mit der Pubertätszeit des Menschen, die Analogie ist darin zu sehen, daß sich die Blüte, ebenso wie der junge Mensch, von der mütterlichen Erde abwendet (Vgl. LURKER 1984, 37).
Blumen sind Sinnbilder der Frühlings- und Vegetationsgötter sowie der Muttergöttinnen: die weiße Lilie, die mit Unschuld, Reinheit, Keuschheit verbunden wird, ist ein Mariensymbol[23], die rote Rose wird seit dem Altertum Isis[24] und Aphrodite zugeordnet (LURKER 1984, 37, 53). Heute, im modernen Zeitalter, sind Blumen immer noch Symbolträger der Liebe, Freundschaft und des Todes.
Früchte als “Produkt des irdischen Gedeihens und sichtbares Zeichen göttlichen Segens” sind Sinnbilder für Fruchtbarkeit und Leben, sie sind ganzheitliche Symbole[25] als eine Symbiose zwischen “Erdtiefe” und “Lichthöhe” (LURKER 1984, 51).
Die vier Elemente Wasser, Feuer, Erde und Luft erfahren zahlreiche Zuordnungen zu Farben, Tierkreiszeichen (in der Astrologie) und zu Temperamenten der Typenlehre Carl Gustav JUNGs. Wasser (Mond) und Erde (Mutter Erde) drücken das weibliche Prinzip aus, Luft (Himmel) und Feuer (Sonne) das männliche. In Analogie dazu stehen die vier Himmelsrichtungen, die vier Jahreszeiten, die Zahl vier an sich.
2.3.2.2. Tiersymbolik
Bei den archaischen Völkern galten Tiere einerseits als Repräsentanten der vier Elemente (LURKER 1984, 59), andererseits waren sie Attribute von Göttern und wurden als deren sichtbare Erscheinungsformen verehrt (LURKER 1991, 712). Häufig ist auch die Vorstellung, daß die Seele den Körper des Menschen in Gestalt eines Tieres verläßt (LURKER 1984, 63).
Vögel, Repräsentanten des Elementes Luft, gehören zu den “Seelentieren” (LURKER 1984, 63). Die “Flugsymbolik” steht auch für das Erkennen geistiger Wahrheiten sowie für “Freiheit und Transzendenz” (ELIADE, 156). Als göttliche Erscheinung, hier des Sonnengottes, stehen v.a. Raubvögel (LURKER 1991, 797). Der Adler, seit dem frühen Mittelalter ein Symbol Christi[26], ist eng mit der Wiederauferstehungssymbolik verbunden (LURKER 1991, 6), steht in vielen Völkern auch für Macht und Herrschaft (LÖWENBOURG, 112). Des Adlers Schattenseite wird in seiner Zuordnung zu einer der sieben Todsünden repräsentiert: dem Hochmut (LURKER 1991, 6).
Wie auch der Adler, steht der Vogel Phönix mit der Todes- und Wiederauferstehungssymbolik in Verbindung, wie das geläufige Sprichwort “sich erheben wie Phönix aus der Asche” zeigt: dem Mythos nach legt der Vogel Phönix Feuer an sein Nest, opfert sich den Flammen und steigt daraus erneuert empor (FINK, 258)[27]. Der andere Aspekt dieses Phönix-Mythos ist die doppelte Symbolkraft des Feuers, es wirkt als “Zerstörer” sowie als “Verwandler”[28] (Vgl. FRANZ 1989, 96). Am Beispiel des Vogel Phönix kann die These zur Definition des Mythos[29] bewiesen werden: Der Phönix ist lediglich der Handlungsträger des Vorgangs des Todes und der Wiedergeburt, Erneuerung.
Die Doppeldeutigkeit der Symbole zeigt sich besonders beim Sinnbild des Raben, der im Mittelalter in einen dunkeln und einen hellen Aspekt aufgespalten wurde (FRANZ 1991, 231): Einerseits gilt er als weiser Vogel mit wahrsagerischen Fähigkeiten (LURKER 1991, 599), andererseits ist er ein Galgenvogel bzw. ein Sinnbild der dunklen Gedanken über Gott (FRANZ 1991, 231). Der Rabe steht in diesem Kontext allgemein für den sündigen Menschen (LURKER 1991, 599). Er fungiert als weiser Ratgeber als Bote Gottes oder als der Verkünder schlechten Unheils als Bote des Teufels (LÖWENBOURG, 147).
Die Fische, zugehörig dem Element Wasser, können “göttlich oder dämonisch sein, auf Leben oder Tod hinweisen” (LURKER 1991, 209). Wie schon erläutert, ist das Element Wasser das Sinnbild für das weibliche Prinzip, so gelten die “Früchte des Meeres” als Fruchtbarkeitssymbole, manchmal sogar in phallischer Ausdeutung (LURKER 1991, 209). Daneben sind Fische auch ein Symbol für Reichtum[30] (LURKER 1991, 209).
Das weibliche Element Erde wird ebenso, wie das Wasser, von einem phallischen Symbol repräsentiert: der Schlange. Sie ist der “Gegenspieler des himmlischen Vogels, das Motiv des Kampfes zwischen Adler und Schlange bzw. des sie vertretenden Drachen findet sich in zahlreichen Mythen ...” (LURKER 1991, 649). Außerdem ist die “sich häutende, regenerierende Schlange” ein Symbol der Unsterblichkeit bzw. ein Zeichen des ewigen Kreislaufs des Lebens und der Wiedergeburt (LÖWENBOURG, 111), außerdem ein Bild der Sünde und des “durch sie verursachten Todes” (LURKER 1991, 649).
Als letztes soll der Repräsentant des Symbols Feuer genannt werden: der Salamander. Auch er wird, wie die Schlange, mit Drachen und Lindwürmern in Verbindung gebracht (LÖWENBOURG, 149).
Wie zu sehen ist, gibt es bei der Tiersymbolik viele Überschneidungen: Vögel sind dem Element der Luft zugeordnet, sind aber auch Repräsentanten der Sonnengötter, also des Feuers. Im Symbol des Erdelements, der Schlange, ist eine Überschneidung des weiblichen und männlichen Prinzips zu erkennen. In vielen Mythen, wie in denen der Inder[31] und Japaner, ist die männliche Schlange die personifizierte Erscheinung einer Wassergottheit bzw. entspricht sie dem Ozean (LURKER 1991, 649).
Dieser Wesenszug ist natürlich der gesamten Symbolik gemeinsam, da die Elemente auch einander bedingen.
2.3.3. Einführung in die Farb- und Formsymbolik
2.3.3.1. Farbsymbolik
Farben erfahren in ihrer Bedeutung wie alle Symbole eine Zweiteilung. Dies soll in diesem Abschnitt an den drei Grundfarben rot, gelb und blau erläutert werden. Im Kapitel zur Filmanalyse werden bei der Beschäftigung mit ästhetischen Komponenten der Filme Farbbedeutungen im Zusammenhang mit den jeweiligen Farbzusammenstellungen sehr differenziert betrachtet. Farben müssen in ihrer Zusammenstellung interpretiert werden, da jede Farbe die Bedeutung ihrer Nachbarfarbe ins Gegenteil verkehren kann.
Die Farbe Rot schließt zwei entscheidende Prinzipien ein: Erstens Rot als Lebenssymbolik - Farbe des Blutes. Zweitens Rot als Farbe des Feuers - seine Wandlungssymbolik.
Rot ist männlich und weiblich. Die männliche Symbolik des roten Blutes tendiert in die zerstörerische Richtung, wirkt extrovertiert, gemeint sind Aggression, Leidenschaft und Krieg (HELLER, 57). Die weibliche, introvertierte Bedeutung des Blutes sind Fruchtbarkeit, es ist die Farbe des Leibes, des Irdischen (RIEDEL 1983, 28). Blut ist Geburt, Eros, Kampf und Opfer (RIEDEL 1983, 24 f.). Feuer ist Aktivität, Kraft und Verwandler (HELLER, 56). Die Farbe Rot läßt sich nicht eindeutig aufspalten, denn Geburt bedingt Tod, Tod bedingt die Fähigkeit zur Verwandlung. Rot ist die Farbe des Nehmens[32] und Gebens von Leben[33]. Seine Komplementärfarbe ist Grün - dessen Bedeutung umschließt die Erneuerung, das Wachsen und das Reifen der Natur (HELLER, 72 f.). Der Wandlungsgeist “Mercurius”[34] beispielsweise hat eine grüne oder eine rote Erscheinungsweise: “Der Grüne ist er, wenn er in den Säften der Pflanzen und Bäume kreist, der Rote, wenn er - voll innerer Glut - einen Umschmelzungsprozeß in Gang setzt. Mercurius ist ein großer Geist der Befeuerung und der Verwandlung. Seine psychische Entsprechung ist die umschmelzende starke Emotion der Liebe oder des Hasses.” (RIEDEL 1983, 26 f.).
Die zwei Seiten des Blau sind seine Introversion, Weite, Tiefe und Transzendenz sowie die Übersteigerung in Vergeistigung und Depression. Blau ist die Farbe des Unbewußten, wie das Wasser ein Symbol des Unbewußten ist. Blau hat somit einerseits einen starken weiblichen, tiefen Aspekt analog zum Wasser, andererseits einen männlichen, weiten Aspekt analog zum Himmel (Vgl. auch LURKER 1991, 100 f.). Die Farbe Blau schließt die Gegenpole Entgrenzt- und Gefangensein ein. Einerseits symbolisiert Blau die Unendlichkeit (Wasser, Himmel), andererseits steht es für Treue, urmütterliches Vertrauen und Verbundenheit (RIEDEL 1983, 61 ff.). Blau ist dementsprechend eine Farbe der Einheit, es ist der Ausdruck für “ ... Entgrenzung und die Zusammengehörigkeit in einem größeren Ganzen... ” (RIEDEL 1983, 68).
[...]
[1] Manifester Filminhalt als das, was der Film dem Zuschauer offenkundig und direkt mitteilt.
[2] latenter Filminhalt als mögliche Bedeutung des manifesten Filminhalts.
[3] Siehe Abschnitte 2.2. bzw. 2.4. dieser Arbeit
[4] Eine mythologische Figur des jüdischen Glaubens, z.B. der Golem würden wohl eher auf Unverständnis stoßen, weil die Mehrzahl der Abendländer mit dieser Religion nicht vertraut sind.
[5] Wer folglich einen Schatten projiziert.
[6] Wer unschuldig und offen auf das Neue zugehen kann.
[7] Historisch meint als etwas wirklich Geschehenes, als geschichtliche Ereignisse.
[8] Psychologisch: als Symbol für Komplexe.
[9] Die zweite Übersetzung des Wort Mythos rührt von der Verbalform “Myein” her (GRABNER-HAIDER, 11).
[10] Mythen von Sintflut und Heilsbringern.
[11] Göttin der Liebe.
[12] nach Hesiod, nicht nach Homer, der Aphrodite als Tochter von Zeus und Dione sah (Ilias III).
[13] Nachdem die Genitalien des Uranos abgeschnitten und ins Meer geworfen wurden.
[14] Siehe auch die Offenbarung des Johannes (6,1-8).
[15] Zeus vorenthielt den Sterblichen das Feuer als Strafe dafür, daß er von Prometheus getäuscht wurde. Es ging darum, die Opfertiere zwischen Göttern und Menschen aufzuteilen. Prometheus zerlegte einen Stier und “deckte über Fleisch und Eingeweide, die er den Menschen zugedacht hatte, den häßlichen Rindermagen, während er den Haufen mit Knochen gefällig mit Fett garnierte. Dann ließ er Zeus die Wahl, und der griff ... nach dem schlechteren Teil.” (Hesiod, Theogonie 507-616).
[16] Bambara: Mali.
[17] Der Begriff “Mythos” ist in dem Kontext, wie er in dieser Arbeit definiert wurde, an der Stelle “Mythos Geld” fehl am Platz, hat sich aber in der Literatur so festgeschrieben. Der Vergleich läßt andererseits das Weltverständnis und die damit verbundenen Wertvorstellungen der archaischen Völker gut nachvollziehen. Tanja BUSSE nennt diese Art von Mythen “moderne Mythen”, die “nicht mehr als der Bedeutungszusammenhang einer Sache” sind, aber nicht das Ganze, die Welt erklären können (BUSSE, 54 f.).
[18] Die Verbindung zum Himmel wird durch die Äste geschaffen.
[19] Die Verbindung zur Erde erfolgt über die Wurzeln.
[20] Das Jenseits ist bedeutend für dieses Ritual, weil der Kandidat sterben muß, um wieder aufzuerstehen - wer stirbt, geht ins Jenseits.
[21] Einweihungshütte als Symbol für die Gebärmutter, der Kandidat geht zurück in den embryonalen Zustand, wird neugeboren.
[22] Die Morgendämmerung ist die Schöpfung.
[23] Seit dem späten Mittelalter.
[24] Ägyptische Göttin, beeinflußte als Mutter mit dem Jungen auf dem Arm das christliche Marienbild.
[25] Auch wegen ihrer runden Form, siehe Abschnitt über Formsymbolik.
[26] Oftmals findet man heute an Taufbecken das Symbol des Adlers.
[27] Wird in Beziehung zu Christi Opfertod und Auferstehung gesetzt (Physiologos/ Kap.7).
[28] Das heißt: das Feuer ist in diesem Moment simultan ein destruktives sowie konstruktives Element.
[29] siehe auch Punkt 2.4. dieser Arbeit
[30] Das chinesische Wort für Fisch (“yü”) ist gleichlautend mit Überfluß (“yü”), so wird an dieser Stelle die Symbolbedeutung etymologisch abgeleitet.
[31] Nach indischer Überlieferung entspricht die Riesenschlange Ananta dem Ozean.
[32] emotionale Ausdrucksfähigkeit: Rot der Gewalt und des Todes (Riedel 1993, 32).
[33] Rot der Hingabe (ebd.).
[34] Aufgetaucht in der Naturphilosophie des späten Mittelalters.
- Arbeit zitieren
- Antje Linßner (Autor:in), 1998, Die Formen der Darstellung des Bösen im Horrorfilm im Vergleich mit mythischen Figuren – Seine Funktion und ästhetische Gestalt in filmischen Welt- und Lebensentwürfen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75348
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