Die Frau in der Sowjetunion.
Die Frau hat in der russischen bzw. sowjetischen Geschichte einen besonderen Patz. Sie wurde Jahrhunderte lang in einer patriarchisch dominierten Welt unterdrückt und als willenloses Wesen zweiter Klasse behandelt. Die schlagartige Umformung der Gesellschaft, die mit der Revolution von 1917 einherging, trieb die Sowjetischen Frauen und Männer nahezu über Nacht in ein rechtlich und institutionell radikal verändertes Rahmensystem. Die Umformung der sozialen Verhaltensweisen ließ sich nicht so kurzfristig erzwingen und war ein Zeit intensives und schwieriges Unterfangen. Die weitgreifenden politischen, ökonomischen und sozialen Veränderungen nach der Revolution hatten unmittelbaren Einfluss auf die Frau in der sowjetischen Gesellschaft. Die Veränderungen, die nicht nur uneingeschränkte Verbesserungen brachten, betrafen die sowjetisch Frau in den urbanen Zentren ebenso wie die Frau auf dem Land. Dorothy Atkinson drückt den Umstand folgendermaßen aus: “accidents of history have created unanticipated new problems; and some old problems have turned out to be unexpectedly resistant to solution”
Die veränderte Rolle der Frau in der Sowjetunion in Gegensatz zu jener, die sie im imperialen Russland hatte, soll im Folgenden zum Thema gemacht werden. Das Ziel des Sowjetregimes war die Erziehung eines "neuen Menschen", d.h. eines Wesens, das völlig losgelöst ist von den alten Strukturen des Staates, der Gesellschaft, der Religion und das tauglich für die Umsetzung der kommunistischen Ideale wäre. Propaganda diente zur Verwirklichung dieser Ziele und war ein wesentliches Merkmal des Sowjetstaates (wie auch anderer totalitärer Staaten) und wurde in allen Lebensbereichen sehr stark eingesetzt.
Die Emanzipation der Frau war ein entscheidender Aspekt in der marxistischen Ideologie. Sie thematisierte offen die zweifache Unterdrückung, die die Frau, besonders die Proletarierin, erfuhr: Zum einen die Unterdrückung Aufgrund ihres Geschlechts, was alle Frauen betraf. Zweitens, die Unterdrückung als Arbeiterin durch die Kapitalisten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Frauenpolitik nach der Oktoberrevolution
- Die Frau in der Stadt
- Die Frau auf dem Land
- Die Befreiung der Frau
- Plakate – Propaganda wider Realität
- Die Frau auf Plakaten in der SU
- Die Arbeiterin in der Rolle der Assistentin
- Die Bäuerin – Sündenbock und Heldin
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Rolle der Frau in der Sowjetunion im Zeitraum von 1917 bis 1933 und analysiert die Kluft zwischen der Realität und der Darstellung der Frau auf politischen Plakaten.
- Die Frauenpolitik nach der Oktoberrevolution und ihre Auswirkungen auf die Frau in der Stadt und auf dem Land.
- Die Entwicklung der weiblichen Ikonographie auf politischen Plakaten und die widersprüchliche Beziehung des sowjetischen Regimes zum weiblichen Wesen.
- Die Darstellung der Arbeiterin als Assistentin des männlichen Arbeiters und die Aufrechterhaltung alter Hierarchien trotz der propagierten Gleichberechtigung.
- Die ambivalente Darstellung der Bäuerin als Sündenbock und Heldin, die ihre vielschichtige Bedeutung in der sowjetischen Propaganda widerspiegelt.
- Die Entwicklung der Bäuerin zur Kolkhoznitsa als Symbol für Fortschritt und Klassenbewusstsein im Zuge der Zwangskollektivierung.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die besondere Position der Frau in der russischen und sowjetischen Geschichte dar und zeigt die Schwierigkeiten der kurzfristigen Umformung der Gesellschaft nach der Revolution auf.
- Frauenpolitik nach der Oktoberrevolution: Dieses Kapitel untersucht die Auswirkungen der Revolution auf die Frau in der Stadt und auf dem Land. Dabei werden die erlassenen Gesetze zur Gleichberechtigung, die veränderte Rolle der Frau in der Arbeitswelt und die Herausforderungen in der neuen Gesellschaft beleuchtet.
- Plakate – Propaganda wider Realität: Dieses Kapitel beleuchtet die Verwendung von Plakaten als visuelles Propagandamittel zur Errichtung eines neuen Menschen im Kommunismus. Dabei werden die Entwicklung der Ikonographie von Frauen auf Plakaten und die Herausforderungen bei der Konstruktion einer neuen visuellen Sprache untersucht.
- Die Frau auf Plakaten in der SU: Dieses Kapitel analysiert die Darstellung der Frau als Allegorie in der frühen Sowjetpropaganda und die Entwicklung zur realistischen Darstellung der Arbeiterin und Bäuerin als Symbole der neuen Gesellschaft.
- Die Arbeiterin in der Rolle der Assistentin: Dieser Abschnitt untersucht die Darstellung der Arbeiterin auf Plakaten als Helferin des männlichen Arbeiters und die widersprüchliche Botschaft von Gleichberechtigung und Unterordnung.
- Die Bäuerin – Sündenbock und Heldin: Dieses Kapitel behandelt die komplexe und ambivalente Darstellung der Bäuerin auf Plakaten, die sich in den verschiedenen Phasen der sowjetischen Geschichte verändert. Die Arbeit beleuchtet die Bäuerin als Opfer des Regimes, als Sündenbock und als Heldin der Kollektivierung.
Schlüsselwörter
Frauen, Oktoberrevolution, Sowjetunion, Propaganda, Plakate, Arbeiterin, Bäuerin, Kollektivierung, Klassenkampf, Klassenzugehörigkeit, Gender, visuelle Sprache, Ikonographie, Symbol, Allegorie, Gleichberechtigung, Hierarchie, Widerstand, Bab’i Bunty, Kolkhoznitsa.
- Citation du texte
- Claudia Krobitzsch (Auteur), 2007, Realität und Utopie: Das Frauenbild in der Sowjetunion und die Darstellung der Frau auf politischen Plakaten in der Zeit von 1917–1933, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75455