Entfestigung - eine Analyse anhand von Beispielen

Die Stadt als historisches und geographisches Objekt


Hausarbeit, 2007

13 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition

3. Allgemeine Ursachen und Ergebnisse der Entfestigung

4. Spezielle Ursachen und Ergebnisse der Entfestigung - Entfestigung europäischer Städte im Vergleich

5. Fazit

1. Einleitung:

In der vorliegenden Arbeit werde ich die Entfestigung im Allgemeinen ausführlich darstellen und darüber hinaus im Speziellen die Motive für eine Entfestigung anhand von Beispielen herausarbeiten.

Um Struktur und Klarheit in die Komplexität des Schleifungsprozesses von Festungsanlagen zu bekommen, möchte ich anhand verschiedenster Vorgänge und Prozesse in Städten wie Paris, Lübeck, Berlin, Wien und anderen Städten die Entfestigung zu veranschaulichen versuchen. Insbesondere die Ursachen und Gründe, die es in dem jeweiligen Fall zu einer Entfestigung kommen ließ, möchte ich näher untersuchen. Darüber hinaus interessiert es mich, ob aus den Einzelmotiven für Entfestigung verallgemeinerbare Grundzüge der Ursachen erkennbar werden und abzuleiten sind. Diese generalisierten Grundzüge, sofern es welche gibt, gilt es dann systematisiert darzustellen und festzuhalten.

2. Definition:

Unter Entfestigung, oder auch Schleifung genannt, ist die Beseitigung durch Abtragen, Einebnen oder Niederreißen von Gebäuden, insbesondere von Festungen zu verstehen. Die Schleifung von Festungsanlagen ist eine Entwicklung über mehrere Jahrhunderte. Vor allem im 19. Jahrhundert wurden viele der veralteten Festungen „geschleift“, um unter anderem den wachsenden Städten mehr Raum in der Fläche verschaffen zu können.

Zum einen wurde eine Entfestigung durch Sprengungen, zum anderen durch das mechanische Abtragen der Mauern und das Einebnen von Gräben erreicht. Wichtig hierbei ist jedoch, dass es sich um eine friedliche, nicht militärische Zerlegung von Gebäuden, Festungen oder Ortschaften handelte.

3. Allgemeine Ursachen und Ergebnisse der Entfestigung:

Die Entfestigung war besonders durch eine Wandlung im traditionellen Städtewesen geprägt. Das Emanzipationsstreben des Bürgertums, bürokratische Reformen, eine neue Basis in ökonomischer, sozialer und sozialpsychologischer Hinsicht waren entscheidende Entwicklungen die diesen Wandel forcierten. Auch die Aufhebung räumlicher und sozialer Mobilitätsbeschränkungen, die erhöhten Anforderungen des Handels, die die Verkehrsführung belasteten und besonders die Veränderungen in der Kriegstechnik sind Faktoren, die zu einer Unstrukturierung des Stadtbildes beitrugen und diese auch unvermeidbar machten.

„Die Stadt, die sich bisher im wahrsten Sinne des Wortes durch ihre Ummauerung ’definiert’ und so deutlich vom Umland abgetrennt hatte, beseitigte ihre Begrenzung und vollzog dadurch – gemessen an der gesamten bisherigen abendländischen Stadtgeschichte – eine geradezu revolutionäre Hinwendung in eine völlig neue Richtung. Nicht die Geschlossenheit war von nun ab ihr Charakteristikum, sondern ihre Offenheit.“[1]

Die Natur auch in das Stadtbild zu integrieren, begünstigte zudem die neue Offenheit der Stadt. Hatte man bis ins 18 Jahrhundert die Natur aus den Städten zu verdrängen versucht, holte man sie nun als ’soziales Grün’ zurück. Dies geschah vor allem durch die Initiative des Bürgertums, welches die Natur ästhetisierte und als Genusslandschaft auswies.[2] Die Natur der Wallanlagen hatte im Allgemeinen nicht den Stil eines englischen Landgartens, welcher sich durch eine beschnittene, geregelte und beherrschte Natur auszeichnete als Schönheitsideal, sondern eine zwar gelenkte und dennoch freie Natur. Die vom Bürgertum geforderte Natur im Stadtbild sollte neben der Genusslandschaft auch eine Art städtischer Gesundheitsfürsorge darstellen. Der gesundheitliche Aspekt steht somit dem ästhetischen Aspekt in nichts nach. Diese Forderungen führten zu einer enormen Veränderung des Stadtbildes. Es entstanden Alleen und Plätze und das Spazierengehen in der Natur wurde so trotz Stadt ermöglicht. Rodenstein zitiert in ihrem Buch den 1796 in Berlin amtierenden Medizinrat Formey wie folgt:

„,Die Straßen in Berlin sind breit, gerade und geräumig, und gewähren nicht allein dem Auge einen schönen Anblick, sondern tragen zur Gesundheit der Einwohner viel bei, indem der Wind allerwärts streichen, die Luft erneuern, und von den Ausdünstungen und Unreinigkeiten befreien kann. [ … ] Eine beträchtliche Anzahl regelmäßiger und schöner, zum Theil mit Blumen bepflanzter Plätze dient zur Verschönerung der Stadt, zur Erhaltung der reinen Luft und zum Spaziergange für die Einwohner.’“[3]

Ein anderes wichtiges Ergebnis in Bezug auf die Entfestigung ist das Abdrängen des Militärischen aus dem städtischen Raum. Es wurde so eine bewusste Aufhebung der Möglichkeit zur Vereinnahmung der Stadt im Kriege geschaffen. Diese Maßnahmen haben vorbeugenden Charakter. Die Entfestigung führt nämlich dazu, dass seitens der Militärs kein Interesse zur Vereinnahmung der Stadt gegeben war.

[...]


[1] vgl. Reulecke, Jürgen: Geschichte der Urbanisierung in Deutschland. 5. Auflage. Frankfurt am Main: Suhrkampverlag 1985. S.15.

[2] vgl. Großmann, Karin: Das Ende der befestigten Stadt. Stadtentwicklung in der Zeit der Entfestigung der Städte am Beispiel Gießen. Chemnitz: [ Inst. für Soziologie, Regionalforschung und Sozialplanung ] 2000. S. 64f. (Magisterarbeit)

[3] Rodenstein, Marianne: Mehr Licht, mehr Luft. Gesundheitskonzepte im Städtebau seit 1750. Frankfurt a.M. u.a.: Campus Verlag 1988. S. 34.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Entfestigung - eine Analyse anhand von Beispielen
Untertitel
Die Stadt als historisches und geographisches Objekt
Hochschule
Universität Hildesheim (Stiftung)  (Institut für Geschichte)
Veranstaltung
Die Stadt als historisches und geographisches Objekt
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
13
Katalognummer
V76162
ISBN (eBook)
9783638809566
ISBN (Buch)
9783638810814
Dateigröße
449 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entfestigung, Analyse, Beispielen, Stadt, Objekt, Schleifung, Stadtmauer
Arbeit zitieren
Stefan Wehe (Autor:in), 2007, Entfestigung - eine Analyse anhand von Beispielen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76162

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