Das Eherecht im Codex Hammurabi und in den Institutionen des Gaius


Trabajo Escrito, 2006

24 Páginas, Calificación: 1.0


Extracto


Inhalt

Einleitung: Das Eherecht in den Rechtskulturen der Antike

Der Codex Hammurabi

Ehe und Familie im Codex Hammurabi

Die Institutionen des Gaius

Ehe und Familie in den Institutionen des Gaius

Kongruenz und Abweichung im Eherecht bei Hammurabi und Gaius

Abschließende Stellungnahme

Bibliographie

Einleitung: Das Eherecht in den Rechtkulturen der Antike

Eingangs muss darauf hingewiesen werden, dass das Eherecht in den verschiedenen Rechtskulturen der Antike, so ungerecht und drakonisch auch manche der festgelegten Sanktionierungen innerhalb des damals geltenden Rechts aus heutiger Sicht anzumuten vermögen, in all seinen Facetten, der Praxis und den Umständen der jeweiligen Lebensführung Rechnung trug. Die Lebensumstände der Menschen in der Antike befanden sich wie auch heute in Abhängigkeit von den damalig gängigen Herrschafts- und Wirtschaftsystemen, dem technischen und kulturellen Niveau, sowie den gesellschaftlichen Normen. Obwohl ein chronologischer Vergleich hier keinen Sinn macht, da die im Codex Hammurabi (ca. 18. Jh. v. Chr.) manifestierten Gesetze in einem völlig anderen Zeitkontext stehen als die Institutionen des Gaius (um 161 n. Chr.) oder das sog. Bundesbuch der antiken Israeliten (9. – 8. Jh. v. Chr.), ist es doch erstaunlich, wie sehr sich einige strukturelle Merkmale des Eherechts in nahezu allen antiken Rechtskulturen ähneln. Dies wirft nun die Frage auf, warum sich eine solche Kongruenz ausmachen lässt, wenn doch die Herrschafts- wie Gesellschaftssysteme, aufgrund derer auch das praktische Leben und die Rechtssysteme fußen, sehr stark variierten. Während sich der Codex Hammurabi zum Beispiel sehr deutlich auf Einzelfälle bezieht, begegnet uns im antiken Griechenland ein Polisrecht. Zusätzlich wird die Beweisführung durch die verschieden hohe Dichte der Quellenlage erschwert (die Quellenlage des antiken Roms ist bei weitem dichter als unsere Erkenntnisse über das antike Zweistromland). Die Berührungspunkte und Annäherungen sind dennoch deutlich sichtbar. Vielleicht ist die Entwicklung des Eherechts am ehesten psychologisch, aus der archaischen Natur des Menschen heraus, zu begründen, was sich mit einer wissenschaftlich historischen Methode allerdings kaum bewerkstelligen lässt; spekuliert werden darf trotzdem.

Zumindest könnte allgemeinverbindlich als erste Annäherung formuliert werden, dass wir uns in allen antiken Kulturen mit einem pyramidalen Herrschaftsaufbau konfrontiert sehen, ob es sich nun um Despotie, Oligarchie oder dem römischen Prinzipat handelt. Außerdem basierte die antike Wirtschaft in allen genannten Fällen auf einer Agrarkultur.

Worin besteht nun die Kongruenz zwischen den verschiedenen eherechtlichen Ausprägungen der antiken Kulturen? Allgemein lässt sich feststellen, dass es sich bei der antiken Gesellschaft immer um eine patriarchalische Gesellschaft handelte, was sich im Eherecht deutlich wieder spiegelt. So wurde die Verbindung zwischen Mann und Frau zumeist in einem geschäftlichen Akt zwischen dem Bräutigam und dem Brautvater oder, sollte dieser nicht zu Verfügung stehen, dem Bruder der Braut oder deren Onkel geregelt. Die Frau war hier nicht involviert. Somit wurde die Eheschließung allgemein als Rechtsakt des Mannes angesehen. Das patriarchalische System prägte sich auch in der Hausgewalt des Mannes aus, wobei nur die römische patria potestas ein absolutes Gewaltmonopol des Mannes ausgebildet hat, was in allen übrigen antiken Kulturen seinesgleichen sucht. Die Eheschließung wurde entweder von einem Formalakt, sprich einem Rechtsakt in Form eines Ehevertrags (Sumer und Akkade, Babylonien und Assyrien, Hethiter, römische Antike), begleitet, oder war als „soziale Tatsache“ (pharaonisches Ägypten, antikes Griechenland) anzusehen, in welcher es der „Sitte überlassen wird, Grundsätze auszubilden, welche die Eingehung, die Auflösung und den Schutz der Ehe bestimmen“[1]. Die Stellung der Partner innerhalb der Ehe variierte in den verschiedenen Kulturen und wurde von ethnischen, sozialen, hierarchischen oder sogar lokalen Unterschieden beeinflusst. Wiederum allgemeinverbindlich lässt sich feststellen, dass die primäre Funktion der Ehe und „deren vornehmstes Ziel es ist, durch die Zeugung von vollberechtigten Nachkommen den Fortbestand der Familie zu sichern.“[2] Dies bezieht sich natürlich auf die Genealogie des Mannes. Aufgrund dieser Primärfunktion ist es auch nicht verwunderlich, dass die Jungfräulichkeit in allen antiken Kulturen hochgeschätzt wurde.[3] Ein Phänomen, welches letztlich auf die damalige, technische Entwicklungsstufe referiert. Deutlicher wird diese Tatsache an den harten Sanktionen im Falle eines Ehebruchs, die alle antiken Rechtskulturen gemein hatten.

In den meisten Fällen wurde der Ehebruch, wenn eine Frau dessen überführt wurde, mit drakonischen Strafen, das gleiche Vergehen des Mannes jedoch, vergleichsweise milde geahndet. Obwohl dies sehr ungerecht erscheinen mag, steckte eine völlig praktische Erwägung dahinter. Da in der Antike die Möglichkeit einer genetischen Abgleichung (darum auch Referenz auf die technische Entwicklungsstufe) des potentiellen Vaters mit dem Kind nicht gegeben war, konnte demzufolge nur die Mutter dem Kind mit hundertprozentiger Sicherheit zugeordnet werden. Und da, wie bereits erwähnt, die Primärfunktion der Ehe auf dem Erhalt der Genealogie des Mannes beruhte, dieser aber über keine eindeutige Nachweismöglichkeit betreffend dessen Nachwuchs verfügte, erscheint es logisch, dass der Mann auf die absolute sexuelle Treue seiner Frau bedacht war und diese rechtlich, meistens sogar durch die Androhung der Todesstrafe, untermauert wurde. So brechen in der Antike die Frau auch stets die eigene und der Mann immer die fremde Ehe.[4] Das antike israelitische Recht erscheint in punkto Ehebruch allerdings gleichberechtigter, was die Härte der Strafe für beide Geschlechter betrifft. So heißt es etwa in Dtn. 22,22a: „Wenn ein Mann dabei angetroffen wird, dass er mit einer verheirateten Frau schläft, sterben beide, der Mann, der mit der Frau schläft, und die Frau.“ Eine notwendige Bedingung für Sanktionen im Falle eines Ehebruchs war immer das Erwischen in flagranti. Auch dies erscheint logisch, da der Nachweis eines Ehebruchs ansonsten kaum zu erbringen war, eine Tatsache, die auch heute noch Bestand hat. Natürlich gab es auch hinsichtlich der Sanktionen Ausnahmen, so dass die Ehebrecherin nicht in allen Kulturen, wenn auch in den meisten, mit dem Tode bestraft wurde. Im Pharaonischen Ägypten wurde die Frau, nach erwiesenem Ehebruch, lediglich „ohne güterrechtliche Auseinandersetzung“[5] vom Ehemann verstoßen. Man könnte schnell zu dem Schluss kommen, dass in der antiken Kultur die Einforderung der ehelichen Treue auf Seiten der Frau stärker gewichtet war, als auf Seiten des Mannes und daraus ableiten, dass dies, abgesehen von dem primären Grund des genealogischen Erhalts der Familie, auch aus einer Minderwertigkeit in der Stellung der Frau resultierte. Was von einem modernen Standpunkt aus geurteilt vielleicht zutreffen mag, verhielt sich damals allerdings diametral zur heutigen Sichtweise, da die antike Vorgehensweise vielmehr dem Erhalt „ihrer (der Ehefrau) Würde und dem Zweck, den Frieden von Haus und Familie zu garantieren“[6] diente.

Ein weiteres verbindendes Element zwischen den einzelnen antiken Rechtkulturen, war die Scheidung. Eine Scheidung der Ehe an sich, war in allen Kulturen möglich. Allerdings ist auch diese von sehr differenzierten Modi gekennzeichnet, so dass in manchen Kulturen die Scheidung ausschließlich vom Mann ausging (Babylonien und Assyrien), während in Anderen ein gleichberechtigtes Scheidungsrecht (Pharaonisches Ägypten) Gültigkeit erlangte. Auch die Gründe, die zu einer Scheidung führten, variierten sehr stark. In Babylonien etwa, wo das grundlegende Scheidungsrecht nur dem Mann oblag, konnte sich die Frau lediglich unter der Voraussetzung einer stichhaltigen Beweislage, in der ein ehewidriges Verhalten des Mannes nachgewiesen werden musste, von diesem trennen. Dieses Vorgehen war allerdings mit einem enormen Risiko für die Frau verbunden, da „bei Nichtbestätigung ihrer Scheidungsgründe durch das Gericht der Frau die Todesstrafe drohte“.[7]

Schließlich sind auch eine Art der Brautgabe zur wirtschaftlichen Absicherung der Frau im Todesfall des Mannes, sowie eine Reihe von Inzestverboten, in nahezu jeder antiken Kultur nachweisbar. Letztere sind mal mehr, mal weniger logisch aufgebaut, was im weiteren Verlauf der Arbeit noch deutlich hervorgehoben werden wird.

Zuletzt soll noch darauf hingewiesen werden, dass das antike Strafrecht keine Freiheitsstrafen vorsah. Was in nahezu allen heutigen Gesellschaften Praxis ist, war damals keine Option. Eine Bestrafung durch Freiheitsentzug mutet von der modernen Warte aus betrachtet zivilisierter an und vollzieht sich als ein indirekter Gewaltakt an der verurteilten Person. Indirekt deshalb, da die körperliche Integrität der verurteilten Person gewahrt bleibt und der Gewaltakt auf eine psychische Ebene verlagert wird. Die Bestrafung durch Freiheitsentzug suspendiert im Weiteren ein Gerechtigkeitssystem, was im Kern von Vergeltung und Rache durchsetzt war und zielt als eine Art Zwischenmedium auf die zukünftige Rehabilitation des Täters. Die antike Sanktion erscheint dem entgegen als unmittelbar und körperlich. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass der Faktor der Abschreckung vor Straftaten durch drohende, und wie im Falle des Ehebruchs, sehr harte Sanktionen, als sehr hoch eingeschätzt wurde.

Im weiteren Verlauf der Arbeit sollen nun einige Aspekte des Eherechts zweier verschiedener antiker Kulturen, anhand von Primärtexten, näher besprochen und erläutert werden. Zu diesem Vorhaben werden die Gesetze des Codex Hammurabi und die Institutionen des Gaius herangezogen. Zunächst sollen beide Quellen formell, wie auch inhaltlich besprochen werden, um daraufhin zwischen diesen einen Vergleich anzustellen.

Der Codex Hammurabi

Der sog. Codex Hammurabi ist eine um 1901/1902 in Susa aufgefundene Diorit-Stele[8], auf welcher die Gesetze des Königs Hammurabi in Keilschrift eingemeißelt sind. Diese Gesetzesstele, sowie zahlreiche Briefe von Hammurabi selbst, seiner hohen Beamten, Bauinschriften und die Jahresformeln seiner 43 Regierungsjahre[9], bilden zusammen ein relativ umfangreiches Quellenmaterial. Für die hier vorliegende Bearbeitung wird allerdings nur die Gesetzesstele selbst von Relevanz sein. Diese umfasst etwa zweihundert Gesetze, die „ohne scharfe Trennung Fragen des Strafrechts, des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts behandeln“.[10] Das genaue Entstehungsdatum der Gesetzestexte ist allerdings unklar.

Anscheinend wurden sieben Kolumnen Text zur Anbringung einer Inschrift, die dann doch nicht angebracht wurde, ausgemeißelt[11]. Diese sieben Kolumnen sind nur teilweise noch auf Bruchstücken von Abschriften auf Tontafeln enthalten. Die Vorderseite der Stele zeigt ein Bild, auf welchem Hammurabi selbst vor dem Sonnengott Schamasch, der als Schützer des Reiches galt, zu sehen ist[12]. Besondere Aufmerksamkeit ziehen Einleitung und Schluss der Stele auf sich, die, im Gegensatz zu den eigentlichen Gesetzestexten, „in einem etwas archaisierenden, dichterischen Babylonisch abgefasst“[13] sind. So wird in der Einleitung zum Beispiel kaum namentlich auf die zahlreichen Eroberungen des Königs hingewiesen, sondern schwerpunktmäßig „auf die Fürsorgemaßnahmen in den eroberten Städten“.[14] Außerdem enthält der Anfang der Einleitung eine theologische Verschiebung von den alten Göttern der Sumerer, An und Enlil, auf die semitische Lokalgottheit Marduk, was den rein sumerischen Pantheon somit nivellierte. Die Gesetze des Hammurabi werden nicht als „Kodifikation des geltenden Rechts“ angesehen, sondern als die „Verkündung von Reformbestimmungen und die Vereinheitlichung der bis dahin sicher verschiedentlich voneinander abweichenden Lokalrechte“[15]. Insofern kann die vorangehende Ausweitung des sumerischen Pantheons durchaus als theologische Grundlage auf die „Umgestaltung der irdischen Verhältnisse“[16] referieren. Im Schlussteil der Stele findet sich eine Selbsteinschätzung des Königs, die zum einen vom persönlichen Ruhm des Königs kündet und zum anderen ein Herrscherideal zum Ausdruck bringt, „das die Fürsorge des Landesvaters höher stellt als den Kriegsruhm“[17]. Obwohl sich die Wissenschaft einig ist, das die Auffassung von Hammurabi als König, der „um Recht und Gerechtigkeit in den babylonischen Landen, um den Schutz der Witwen und Waisen, der Armen und Schwachen“[18] bemüht war, zwar ihre anteilige Richtigkeit besitzt und nicht nur in einer der Zeit Rechnung tragenden literarischen Wendung wurzelte, muss trotzdem vor einer zu extremen Überhöhung im Bild des Königs gewarnt werden[19].

[...]


[1] Manthe, U., Die Rechtskulturen der Antike: Vom alten Orient bis zum römischen Reich, München 2003, S. 45.

[2] Ebenda, S. 45.

[3] Eine Ansicht, die auch in den heutigen gesellschaftlichen Normen immer noch verankert ist. Diese scheint in der Moderne allerdings auf keinem praktischen Hintergrund mehr zu basieren, sondern auf einem Religiösen.

[4] Vgl. hierzu Manthe, Rechtskulturen der Antike, S. 49: „Der Ehebruch kann daher wohl nur von der Frau begangen werden. Die in der Antike allgemeine Sorge um die eheliche Treue der Frau folgt unmittelbar aus dem Hauptzweck der Ehe, dem Mann zu legitimen Erben zu verhelfen.“

[5] Manthe, Rechtskulturen der Antike, S. 49.

[6] Ebenda, S. 49.

[7] Ebenda, S. 93.

[8] Siehe Abbildung 1.

[9] „… die nach der so genannten mittleren Chronologie in die Zeit von 1792 bis 1750 fallen…“, nach: Klengel, H., Hammurapi von Babylon und seine Zeit, Berlin 1978.

[10] Von Soden, W., in: Propyläen Weltgeschichte, Eine Universalgeschichte, Heuß, Mann (Hgg.), Bd. 1: Vorgeschichte, Frühe Hochkulturen, Frankfurt a. M. 1961.

[11] Ebenda, S. 588.

[12] Siehe Abbildung 2.

[13] Ebenda, S. 588.

[14] Ebenda, S. 588.

[15] Ebenda, S. 592.

[16] Ebenda, S. 588.

[17] Ebenda, S. 589.

[18] Klengel, S. 12.

[19] Ebenda: „Andererseits aber kann man schwerlich jenen Historikern folgen, die ihm diese seine Selbsteinschätzung zuweilen fast buchstäblich abnahmen oder noch heute Abnehmen.“

Final del extracto de 24 páginas

Detalles

Título
Das Eherecht im Codex Hammurabi und in den Institutionen des Gaius
Universidad
RWTH Aachen University
Calificación
1.0
Autor
Año
2006
Páginas
24
No. de catálogo
V76234
ISBN (Ebook)
9783638811316
ISBN (Libro)
9783638835480
Tamaño de fichero
496 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Eherecht, Codex, Hammurabi, Institutionen, Gaius
Citar trabajo
Timo Maier (Autor), 2006, Das Eherecht im Codex Hammurabi und in den Institutionen des Gaius, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76234

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