Die Presse in Italien


Seminararbeit, 2007

24 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Italien: Pizza, Pasta und die Presse

Ursprung und Entwicklung des italienischen Stils

Organisation und Struktur der Presse

Die 1.500 Zeitungsleser in Italien

Die Auflösung des Monopols der edicole

Italien: Presse im polarisiert pluralistischen Modell

Quellen

Italien: Pizza, Pasta und die Presse

Es hat fast 59 Millionen Einwohner, ist über 300.000 Quadratkilometer groß und wenn man von oben darauf guckt, sieht es aus wie ein Stiefel: Italien. Das Land, das bekannt ist für Pizza, Pasta und Prosecco. Die Presse der Halbinsel dagegen ist nicht in aller Munde – höchstens das Fernsehen geriet vor allem wegen Medienmogul und Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi international in die Schlagzeilen.

In dieser Arbeit soll nun das Pressesystem Italiens untersucht und veranschaulicht werden. Die Analyse beruft sich dabei auf die Theorie von Hallin und Mancini (2004), die Italien dem so genannten polarisiert pluralistischem Modell zugeordnet haben. Dieses Modell vereint die südlichen Länder Europas unter sich, von denen die Autoren behaupten, sie hätten unter anderem folgende Gemeinsamkeiten: Eine elitäre und wenig objektive Presse, die teils noch vom Staat kontrolliert und zu instrumentalisieren versucht wird und die sich nur an eine sehr kleine Leserschaft wendet. Diese Arbeit wird zeigen, ob die genannten Hypothesen auf die Presse Italiens zutreffen.

Zunächst soll dargestellt werden, wie der Journalismus in Italien entstand und worauf Aspekte, die dort auch heute noch vorzufinden sind, zurückzuführen sind. Anschließend wird auf die Organisation und Struktur der Presse eingegangen: wem sie gehört, wie sie finanziert wird und wie dies im Zusammenhang steht mit dem Gesicht der italienischen Presselandschaft. Am Ende wird ein Blick auf die Leserschaft geworfen und untersucht, wen die italienische Presse anspricht und wie verbreitet sie ist. An dieser Stelle wird eine aktuelle Entwicklung näher analysiert werden, nämlich ob die Auflagenzahl erhöht wurde, als die Zeitungen nicht mehr nur in den Zeitungskiosken, sondern auch an anderen Stellen verkauft werden durften. Der Schwerpunkt der Arbeit wird auf der nationalen Tagespresse liegen.

Die Entwicklung der Presse steht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem politischen System des Landes und dessen soziale Strukturen. Auf diese wird zu den gegebenen Anlässen in dieser Arbeit eingegangen werden, doch die Komplexität des Themas verbietet eine allumfassende und detaillierte Darstellung in der Kürze dieser Arbeit, die aus diesem Grund keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Aus dem gleichen Motiv können einige Aspekte gar nicht und andere Aspekte nicht von allen Seiten beleuchtet werden. Jedoch wird diese Arbeit versuchen eine Grundlage zu bilden, auf der weitere Untersuchungen aufbauen können.

Ursprung und Entwicklung des italienischen Stils

In Italien entstand der Journalismus zur gleichen Zeit, als sich das Land zu einem einheitlichen Staat verband: in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Der italienische Journalismus von heute hat zwei Wurzeln. Sie liegen zum einen in den alten und traditionellen Merkmalen aus der Literatur und zum anderen im Kommerzialisierungsprozess der achtziger Jahre. Die ersten Zeitungen in Italien waren literarische Anzeiger, die vor allem Themen über Kunst, Literatur und Theater veröffentlichten und damit eine Diskussion in einem nur sehr eingegrenzten Kreis gelehrter Menschen ermöglichten. Doch nicht nur die Thematik grenzte den Leserkreis ein, sondern auch das strukturelle Problem der fehlenden Alphabethisierung in Italien und die Vorherrschaft verschiedener Dialekte in den einzelnen Regionen. (Mancini, 2003: 93; 2005: 56; Natale 2004: 373)

Der Kommentar, die Interpretation und die Analyse waren die üblichen Darstellungsformen im literarischen Journalismus, schließlich ging es um die Besprechung, Interpretation und Beurteilung künstlerischer Werke. Allerdings änderte sich die literarische Ausrichtung langsam aber kontinuierlich in einen Parteienjournalismus. Während sich der journalistische Blickpunkt in Richtung politisches Geschehen entwickelte, blieben die Darstellungsformen und der Stil jedoch erhalten und wurden auf die neue Ausrichtung übertragen. Der Journalismus wurde in Italien also auch in Hinblick auf die politische Berichterstattung kein informierender, sondern blieb ein analysierender und kommentierender Journalismus. (Mancini, 2003: 94)

Diese Art der Entwicklung der Presse in Italien fasst Mancini (2005: 45) folgendermaßen zusammen:

Ausgehend von einem literarischen Ausgangspunkt entwickelte sich der italienische Journalismus im Wesentlichen zum Parteijournalismus – ohne jedoch einige seiner literarischen Charakteristika zu verlieren, zu denen die Tendenz zum Elitären und die übertriebene stilistische Sorgfalt gehörten.

Eine Ausnahme bildet hier der Corriere della Sera. Von 1900 bis 1925 war Luigi Albertini dort Direktor. Er hatte Erfahrungen bei der Londoner Times gesammelt und startete den Versuch erstmals einen an Fakten orientierten, also neutralen Journalismus in Italien einzuführen. Der Einbruch des Faschismus unterbrach dieses Vorhaben jedoch. Dieses historische Ereignis führte im Nachhinein insgesamt zu einer Verstärkung der zuvor genannten Charakteristika. (Mancini, 2005: 43)

Der politische Parallelismus, der heute in Italien vorzufinden ist, fand seinen Ursprung in der Resistenza und Nachkriegszeit. Der Kampf gegen den Faschismus zwang die Zeitungen dazu, ihre eigenen Ideen von Freiheit zu verbreiten und ihre Blätter als Kommunikationsmittel dafür zu benutzen. „Die alte Tradition des Parteienjournalismus lebte im Kampf um die Befreiung wieder auf.“ Zuvor, nämlich ab 1925, mussten Zeitungen das Regime unterstützen. Mussolini, der vorher selbst Journalist war, reichte beispielsweise den Redaktionen die so genannten veline ein, bestimmte Texte, die sie veröffentlichten sollten. (Mancini, 2005: 46f)

Verbindungen zum Faschismus sollten im Journalismus anschließend natürlich unterbunden werden. Der Weg, den die Alliierten dafür einschlugen, war allerdings nicht ganz ohne Widerspruch:

Während man einerseits im Jahre 1944 den Press Plan for Italy schmiedete, zu dessen Zielen die Einführung von Genauigkeit und Neutralität zählte, waren andererseits die Zeitungen, die von den Alliierten die Erlaubnis zur Herausgabe von Publikationen erhielten, vollständig in den Befreiungskampf involviert.

(Mancini, 2005: 47)

Diese Involvierung konnte so aussehen, dass einzelne Zeitungen mit Gruppen oder Parteien des Befreiungskampfes verbunden waren oder ihnen zumindest ideologisch nahe standen.

Eine Neutralität der Presse war also noch immer nicht gegeben. Im Gegenteil: Mit der Befreiung Italiens wurden viele Parteizeitungen gegründet, beziehungsweise wieder gegründet: L’Unità (kommunistische Partei), L’Avanti (sozialistische Partei), Il Popolo (Christdemokraten), L’Umanità (Sozialdemokraten), L’Opinione (Liberale) und Il Secolo (Neofaschisten – Movimento Sociale Italiano). (Mancini, 2005: 50)

Mancini (2003: 101) fügt hinzu, Nachrichten würden nicht primär veröffentlicht, um die Bevölkerung zu informieren. „Stattdessen werden Themen vielmehr in den Printmedien diskutiert. Zeitungen schlagen Interpretationsmöglichkeiten vor, kommentieren und beurteilen.“ Dies hängt natürlich mit den bereits beschriebenen Wurzeln des italienischen Journalismus im Literarischen zusammen. Diese Vorgehensweise hatte Mitte des letzten Jahrhunderts allerdings auch einen strukturellen Grund: Die Konkurrenz durch den Rundfunk. (Mancini, 2005: 44)

Radio und Fernsehen haben die Möglichkeit, den Rezipienten sofort über neue Ereignisse zu informieren. Allerdings können sie in der kurzen ihnen zur Verfügung stehenden Zeit über eine einfache Beschreibung der Geschehnisse nicht hinaus kommen. Die Presse dagegen – die auf der Suche nach Elementen war, die sie von den Rundfunkmedien unterscheiden und absetzen würde – konnte den Bericht mit Kommentaren von Experten, oder auch der Interpretation des Journalisten selbst, anreichern. „Man macht sich auf die Suche nach all jenen besonderen Details und ergänzenden Geschichten, die die Tageszeitung von einer simplen Wiedergabe aktueller Fakten immer weiter entfernen.“ (Mancini, 2005: 44)

Doch auch hier ist keine Verallgemeinerung zu machen, schließlich gibt es trotzdem noch Zeitungen, die vor allem auf die Information großen Wert legen.

Dazu zählen beispielsweise Il Corriere della Sera und La Stampa. Andere Zeitungen, darunter La Repubblica oder Il foglio, bevorzugen hingegen eindeutig den Kommentar und die Interpretation. Die meisten italienischen Zeitungen, auch die Lokalzeitungen, erfüllen vorwiegend die Informationsfunktion.

(Mancini, 2005: 52)

Inhaltlich gesehen nimmt in Italien die politische Information im Vergleich zu anderen Nachrichten eine Schlüsselfunktion ein. Trotzdem bringt dies nicht unbedingt einen anwaltschaftlichen Journalismus mit sich. Die reine Parteipolitik steht im Vordergrund, das heißt, es geht vor allem um interne und externe Probleme, wie Bündnisse und Auseinandersetzungen einzelner Parteien. Die Entscheidungen der Regierung treten somit in den Hintergrund. Diese Problematik – sowohl das extreme Interesse für politische Vorgänge, als auch der politische Parallelismus – wird übrigens von den Journalisten selbst auch erkannt. Damit wird noch einmal unterstrichen, dass die Besonderheiten des journalistischen Stils in Italien bewusst beibehalten werden. (Mancini, 2005: 49ff)

Mit der Kommerzialisierung in den achtziger Jahren kam ein weiterer Aspekt hinzu, der das Auftreten der italienischen Presse verändert hat. Es wurde versucht, das Bedürfnis nach Information mit dem Bedürfnis nach Unterhaltung zu verschmelzen. Dabei orientierte man sich an einem Publikum, das „politisch bereits sozialisiert“ war und dem nun Ablenkung und Unterhaltung geboten werden sollten. Der Versuch ging in die Richtung, die gleichen Themen mit reißerischen Überschriften wohlklingender und interessanter zu präsentieren und auf diese Weise die Publikumsgunst zu gewinnen. (Mancini, 2005: 53)

Trotz der Entwicklung der italienischen Presse in Richtung der Unterhaltung ist keine tägliche Boulevardpresse entstanden. Diesen Platz übernahmen in Italien Wochenzeitschriften wie Oggi und Gente. (Mancini, 2005: 68)

Weber (1997: 111) betont im Zusammenhang mit der Kommerzialisierung ebenfalls die Entwicklung der „bürgerfernen Eliteblätter“ zu „bedarfsgerechteren“ Zeitungen, die sich auch mit dem Berichterstattungsraum den Bürgern annäherten. So stiegen beispielsweise die lokalen Inhalte in den Zeitungen, wofür die überregionalen Blätter extra Lokalredaktionen einrichteten. Hinzu kamen unterhaltende Rubriken, wie Gewinnspiele; und Service Seiten, wie zum Beispiel Veranstaltungskalender.

Mitte der neunziger Jahre waren in Italien Innovationstendenzen erkennbar, die sich auf unterschiedlichen Ebenen bewegten. Zunächst sind Veränderungen des Layouts zu nennen, die sich beispielsweise in La Repubblica durch die Einführung von Farbe auf der ersten Seite und ein neues redaktionelles Konzept bemerkbar machten. Dann veränderte sich die Verbreitung durch die Aufhebung des alleinigen Verkaufsrechts der edicole, also Pressekioske, worauf noch detailliert eingegangen werden soll. Abschließend war die wohl am weitesten reichende Innovation die gewaltige Ausweitung der Beilagen. Den Anfang machte 1995 die Zeitung L’Unità: Sie bot eine Videokassette mit der eigenen Ausgabe an und schaffte es so, sich nach einer jahrelangen Krise auf eine Auflage von rund 130.000 Exemplaren einzupendeln. Der gleichzeitige Vertrieb von Produkten ließ die Auflagenzahl zwar wieder leicht ansteigen, doch er barg auch negative Effekte, wie beispielsweise die Unterordnung der journalistischen Nachricht gegenüber der Beilage und die generelle Degradierung der Zeitungen auf eine Art „Transporter-Funktion“ für die Beilagen und Produkte. (Weber, 1997: 132ff)

[...]

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Die Presse in Italien
Hochschule
Universität Leipzig
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
24
Katalognummer
V76325
ISBN (eBook)
9783638805520
ISBN (Buch)
9783638807517
Dateigröße
482 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Presse, Italien
Arbeit zitieren
Sabrina Loi (Autor:in), 2007, Die Presse in Italien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76325

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