Theorie und Praxis der Biographie am Beispiel von Marieluise Fleißer


Magisterarbeit, 2003

98 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


INHALT

1 Einleitung
1.1 Makel und Möglichkeiten
1.2 Die Ambiguität der Biographie
1.3 Konzept

2 Paradigmenwechsel in Geschlechts- und Autorkonzeption seit dem 18. Jahrhundert
2.1 Öffentlichkeit und privater Raum
2.1.1 Gesellschaftliche Heterogenisierung
2.1.2 Die Relevanz der Kategorie ‚Geschlecht’
2.1.3 Johann Gottfried Herder
2.1.4 Die Frau als Mutter und Muse
2.2 Literarischer Kanon und Geschlechterhierarchie
2.3 Biographie – Konstruktion vs. Repräsentation von Identität
2.4 Biographische Annäherung an die Autorin
2.4.1 Erhebung der ‚Fakten’ in drei Schritten
2.4.2 Vierter Schritt: Die Bewegung der ‚Fakten’
2.5 Biographie und Wissenschaft
2.5.1 Biographie als Lieferant der Geschichtsschreibung
2.5.2 Verhältnis von Geschichte und Biographie zu Mythos und Legende
2.5.3 Die Wirklichkeit der ‚Fakten’ – Zur Relativität von Bedeutung

3. Jahrhundert – Biographie als Rettungsanker
3.1 Die Kategorie der Größe
3.2 Biographie und Bildungsroman
3.3 Diltheys Biographie-Konzept contra Scherers Positivismus?
3.4 Biographismus – Vorschläge einer Differenzierung

4. 20. Jahrhundert – Biographie als Grenzraum konkurrierender Ansprüche
4.1 Wertung und Wahrheit - Autorisierungsprozesse
4.2 Biographik nach 1920
4.2.1 Biographik der ‚Historischen Belletristik’ und des George-Kreises
4.2.2 Kritik an der zeitgenössischen Biographik
4.3 Biographik nach 1945 – Stagnation und Distanz bis ca. 1970
4.3.1 Fortsetzung des alten historischen Paradigmas
4.3.2 Werkimmanente Methode und New Criticism
4.4 Biographik nach 1970
4.4.1 Sozial- und Alltagsgeschichte
4.4.2 Frauenforschung und Gender Studies
4.5 Verabschiedung und Wiederkehr des Autors – Rückkehr der Biographie?
4.5.1 ‚Die Geburt des Lesers’
4.5.2 Kümmert’s, wer spricht?
4.5.3 Die Interferenz von Leben und Werk

5 Die vielen Leben der Marieluise Fleißer?
5.1 Untersuchungsaspekte
5.2 Sissi Tax (1984) – Feministischer Versuch?
5.2.1 Biographische Konstruktion verhinderter Kreativität
5.2.2 Reduzierung des Stücks – Reduzierung der Autorin
5.2.3 Die Relevanz der Textinterpretation
5.3 Moray McGowan – Leben und „Gesamtwerk“
5.3.1 Welches Werk?
5.3.2 Biographische Konstruktion von Naivität und Theorielosigkeit
5.3.3 Fleißers Werk – „Welt ohne Mütterlichkeit“?
5.3.4 Der TiefseefischLiterarische Stilisierung als Fälschung der Wirklichkeit?
5.3.5 Die Relevanz von Strukturanalysen
5.4 Günter Lutz – Im Leben gescheitert, im Schreiben gelebt?
5.4.1 Der schmale Grat des Biographen
5.4.2 Der Tiefseefisch – Flucht vor der Wirklichkeit?

6 Biographische (Re-)Konstruktionen – Ausblick

7 Literatur

1 Einleitung

1.1 Makel und Möglichkeiten

Im Schatten der eigenen, außeruniver­sitären Popularität fristet die Biographie in akade­mi­schen Kreisen ein zerrissenes Dasein. Geringschätzung durch die fachlichen Kreise erfährt, wer als Wissen­schaftler Biographien verfasst.[1] Theoreme wie der „Tod des Au­tors“ und der „Tod des Subjekts“ oder auch das „Ende der Geschichte“ machen den, der Leben und Wir­ken eines Individuums zu erzählen beabsichtigt, der theoretischen Igno­ranz oder Naivi­tät sowie des Biographismus verdächtig. Ausnahmen zeigen aber, dass biographisches For­schen nicht ins Abseits führen muss. Zur Zeit lässt sich, was im Folgenden nachzuweisen sein wird, im Rückblick auf die vergangenen Jahre gar von einem Trend der wissen­schaft­lichen Neuaneignung des Genres sprechen. In der theore­tischen Auseinandersetzung ist ein frischer Wind zu bemerken. Die Spurensuche in den Geisteswis­senschaften macht deutlich, dass die einst als Mangel aufge­fasste Schwie­rig­keit, das Genre einem Fach oder einer Gat­tung eindeutig zuzu­ord­nen, als dessen Chance begriffen werden kann.

Die Biographie ist der wissen­schaft­lichen Beschäftigung wert, weil sie die Kernpunkte lite­ra­tur­wissenschaft­lichen Fragens berührt und ein Spiegel wissenschaftsgeschicht­licher Pro­zesse ist. Hans-Martin Kruckis hat nachgewiesen, dass die Biographie, da sie in verschie­denen Wissenschaften, in der Kunst und ebenso im populär­wissen­schaft­lichen, journalis­tischen und publi­zis­tischen Bereich beheimatet ist, „sich eignet, wissen­schaftsintern über die eigene Praxis zu reflektieren.“[2] Ihre Problemzonen offenbaren, gerade weil sich diese an den Eck­pfeilern der Wissenschaft­lichkeit reiben, die Baupläne des akade­mischen Regel­werks. Die Randlage der Biographie provoziert Auseinander­setzungen darüber, ob Darstel­lungen als wissenschaftlich gelten können oder, so sie für nicht wahrheitsfähig befunden werden, anderen Bereichen zuzuordnen sind. In Diskus­sionen um die Wissenschaftlichkeit, d.h. um den Erkenntnischarakter von Biographien dienen Kategorien wie Objektivität, Authen­tizität, Fiktionalität und Wirklichkeit als Grenz­steine, an denen über die Legitimität des Genres als wissenschaftliche Darstel­lungsform entschieden wird.

Kruckis Untersuchung beleuchtet, wie die Neuphilologie sich durch ihre Auseinan­der­setzung mit der Goethe-Biographik selbst beobachtete. Er hat festgestellt, dass die bereits seit dem 19. Jahrhundert beklagte mangelhafte Theoretisierbarkeit nicht mit der Unfähig­keit der Wissenschaft, sondern mit der Überkomplexität des Genres zu begrün­den ist.[3] Die Herausbildung der modernen Biographie im 19. Jahrhundert steht in direktem Zusammen­hang mit dem Zerbrechen eines Identitätsmodells, dass zuvor den Menschen sich und die Welt als Einheit begreifen ließ. Die Biographik suchte zuneh­mend, dem Entfremdungs­effekt der sich ausdifferenzierenden Gesellschaft durch tota­lisierende Einheitsmodelle ent­ge­gen zu wirken.

Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein zieht sich die Spur derartiger Be­mühungen um die Resynthetisierung von Ich und Welt. Wie die Biographie seit dem aus­gehen­den 18. Jahr­hundert zum Artiku­lations­medium bürger­licher Identität wurde, hat Helmut Scheuer 1979 in einer Studie nachgewiesen.[4] Diese literaturhistorische Untersu­chung greift zurück auf die his­to­risch-politische und die sozial-ökonomische Situation des Bür­ger­tums, um inhalt­liche und formale Veränderungen der Biographie zu erklären. Sie ist kein Versuch, die Bio­gra­phie auf ein allgemeines theoretisches Fundament zu stellen, wie etwa Jan Romein es 1948 ansatzweise verwirklicht hat.[5] Vielmehr zeigt sich an Scheuers Studie indirekt, was auch Kruckis als Fazit aus seiner Analyse gezogen hat: Die Schwierigkeit, ein theoretisches Modell zu entwerfen, liegt gerade darin begründet, dass es sich nicht einfach nur um ein Dar­stel­lungsproblem handelt, wenn Identitäten nicht angemessen herausgestellt werden kön­nen.

Das heißt, Theoriemangel und Defizite der textuellen Präsentation korrelieren mit dem Verlust der einheitlichen Ich- und Welt­wahr­nehmung. Der Biographie aber obliegt es traditionell, über die Beschreibung eines Lebens dessen Sinn zu extrahieren und somit die Funktion eines Welterklärungsmodells zu über­neh­men. Sie hat den über­geordneten Zusam­menhang zu stiften, der dem modernen Men­schen verloren gegangen scheint.

Dagegen wendet Kruckis ein:

„Philologie/ Literaturwissenschaft kann niemals die Wissenschaft vom Menschen, sondern nur die von Texten sein, und sie kann in einer differenzierten Gesellschaft die Funktion der Theologie nicht substituieren, auch wenn dies inzwischen nicht mehr nur vereinzelt eingefordert wird.“[6]

Statt also die „Tradition einer virtuellen Totalität“ fortzuführen, gelte es seitens der Litera­tur­wissenschaft, sich „auf die Einsicht der Ineffabilität des Individuums einzulassen“[7] und sich der Probleme anzunehmen, die man in der Lage ist zu unter­suchen. Die Konsequenz ist daher folgende: „Die Literaturwissenschaft als Reflexions­instanz eines bedeutenden Teils des Kunstsystems würde die Rollenüber­nahmen des selbst Umwelt dieses Systems blei­benden Autoren und ihre Effekte beobachten.“[8] Schnittpunkt von Kruckis’ wie auch Scheuers Überlegungen ist die Schlussfolgerung, man müsse von den Darstellungs­prin­zipien des Romans lernen.[9] Das bedeutet vor allem, dass die Konstruiertheit des Gegen­standes in die Präsentation einbezogen werden muss, um die Überkomplexität von Identität zu erfassen. Nur durch Selbstreferenzialität kann der objektivitäts­suggerierende Eindruck vermieden werden, es handle sich um die Darstellung der Dinge, wie sie sind.

Von Interesse und daher Aus­gangs­punkt für das weitere Vorgehen ist Kruckis’ Bemer­kung, Kernpunkt des literatur­wissen­schaftlichen Interesses sei, den Autor als „Ord­nungsinstanz für die Zurechnung von Kommunikationen“[10] zu begreifen. Im Hinblick auf die von Peter-André Alt aufge­worfene Frage, ob die „Rückkehr des Autors“ zu­gleich die „Neugeburt der wissen­schaft­lichen Biographie“[11] bedeute, sollen „die biogra­phischen Horizonte der Autor­schaft“[12] ins Zentrum dieser Arbeit gerückt werden. Die folgenden Betrachtungen widmen sich darum der komplizierten Beziehung zwischen Au­tor, Text und Leben sowie der Beschreibung dieses Verhältnisses im Medium der Bio­gra­phie. Sie wer­den von der Annahme gestützt, dass die Biographie durchaus als legiti­mes Modell litera­rischer Rezeption gelten kann. Dieses Vorhaben entspringt nicht der Absicht, die Biogra­phie generell als Genre für rehabilitiert zu erklären und damit den Verfassern eine Art Absolution erteilen zu wollen. Zum einen liegt das außerhalb indivi­dueller Möglich­keiten, zum anderen scheint angesichts der fraglichen Qualität der Viel­zahl von jährlich erschei­nenden Lebensbeschreibungen eine gewisse Skepsis durchaus ange­bracht.

Der seitens der Fachwelt attestierte Befund des Theoriemangels und methodischen Defizits lässt sich unter anderem damit erklären, dass der Überblick durch eine Vielfalt von Zu­gangs­möglichkeiten sehr verschiedener Disziplinen erschwert wird. Zum einen befinden sich die je fachspezifischen Reflexionen auf einem unterschiedlichen Stand, sofern die Bio­­graphie und ihre theoretischen Voraussetzungen überhaupt explizit the­ma­­tisiert wer­den. Denn zum anderen, und das macht die Einbindung fachexterner Ansätze schwie­rig, fallen biographiebezogene Äußerungen oft als beiläufige Bemer­kungen oder zur Illus­tration innerhalb einer allgemeineren Debatte. Sie sind anhand der in Biblio­graphien aufge­führten Titel und Fragestellungen nicht unmittelbar zu erkennen. Das heißt, die Relevanz fach­fremder Diskussionen ist für den Literaturwissenschaftler auf den ersten Blick nicht auszumachen.

Die grundlegenden biographie­relevanten Be­grif­­fe sind, gerade weil sie fach­übergreifend und ebenso alltagssprachlich Verwen­dung finden, nach ihren kontextu­­ellen Eigenheiten zu befragen. Die erste Aufmerksamkeit gilt dem Begriff der Biographie selbst. Im zweiten Kapitel dieser Einleitung sollen die ver­schiedenen Bedeutungsebenen des Begriffs auf­gefächert werden. Die Erörterung hat zum Ziel, die Komplexität des Gegenstands anschau­lich zu machen und die Schwierig­keiten zu verdeutlichen, denen die Beschäftigung mit dem Genre notwendig unterliegt. Daran anschließend stelle ich im dritten Teil der Einlei­tung das Konzept dieser Arbeit vor.

1.2 Die Ambiguität der Biographie

Die Kategorisierung des Genres wird dadurch erschwert, dass der Begriff ‚Biographie’ eine Vielfalt von Bedeutungsebenen in sich vereint. Schon die Etymologie des Wortes offenbart einen grundlegenden Konflikt. ‚Leben’ (griech.: ‚bios’) und ‚schreiben’ (griech.: ‚gráphein’)[13] sowie das daraus ableitbare Nomen ‚Schrift’ verweisen auf die dem Begriff eingezeichnete konstitutive Differenz zwischen gelebtem und erzähltem Leben. Die An­nah­me, dass das Leben in Schrift nicht aufgeht, wird getragen vom Zweifel an der Mög­lich­keit, jenes Abbildverhältnis herstellen zu können.

Der Begriff ‚Biographie’ verweist demnach einerseits auf das Forschungsobjekt und anderer­seits auf den Diskurs über dieses Objekt. Vergleichbar mit den Kategorien ‚Geschichte’ und ‚Erzählung’ ist er „eine Diskursmodalität, eine Sprechweise und das durch den Gebrauch dieser Diskursmodalität erzeugte Produkt.“[14] Theoretisch unbe­darften Rezipienten suggeriert er, eine außerhalb des Diskurses befindliche Wirklichkeit abzu­bilden. Der Inhalt der Biographie wird mitunter als wiedergespiegeltes Vorgefun­denes und, da Zusammenhänge hergestellt und erklärt werden müssen, gleichzeitig als Konstruiertes wahrgenommen. Die Lebensbeschreibung scheint daher Ausdruck eines Inhalts zu sein, der sich vermittels des Mediums Sprache artikuliert, und fungiert zugleich als Gefäß, als formgebender Rahmen, dessen Materialität den Inhalt strukturiert. Je nach historischem und wissenschaftlichem Kontext ist dieses Verhältnis, dessen Klärung im Kern um die Referenzialisierbarkeit von Texten kreist, unterschied­lich beschrieben worden.

Die Erforschung der Autobiographie hat schon viel zu diesem Zusammenhang beigetra­gen. Im Unterschied zur Autobiographie ist die Biographie mit der Position des Biogra­phen als fremdes und meist zeitlich entferntes Gegenüber gekennzeichnet durch einen weiteren dis­tan­zierenden Faktor. Diese strukturelle Differenz zwischen verstehendem Subjekt und zu verstehendem Objekt ist Gegenstand der Hermeneutik. Es scheint daher nicht ver­wun­derlich, dass die Biographie ein wesentlicher Ausgangspunkt für Wilhelm Diltheys Kon­zept des Verstehens von Leben und Literatur gewesen und zum Ausgangspunkt der Be­grün­dung der Geistes­wissen­schaften geworden ist.[15] Einerseits kann die Analyse der Rolle des Biographen aus geschichtswissen­schaftlicher Perspektive Anregungen erhalten, weil dort das Verhältnis von Historiker und Gegenstand einen ständigen Streitpunkt darstellt. Andererseits vermögen literaturwissenschaftliche Diskussionen zur Autorschaft Ansätze für historiogra­phisches Arbeiten zu erschließen. Seitens der Geschichtswissen­schaft gibt es anregende Diskussionen zur Beziehung zwischen Literatur und Geschichte, die sich mit der Frage des referenziellen Charakters literarischer Texte und zur Fiktionalität historischer Darstellungen auseinandersetzen. Die Funktion des Erzählens, der Narrativität für die Herstellung und Tradierung von Bedeutung ist eine Schnittstelle geschichts- und literatur­wissenschaftlichen Forschens.[16]

Dem Konsens heutiger lexikonüblicher Definitionen[17] zufolge verbindet sich mit der Bezeichnung ‚Biographie’ allgemein die künstlerisch-literarische oder die wissenschaft­liche Darstellung eines fremden Lebens.[18] Hier wird zwar suggeriert, es gäbe eine klare Zuordnung, eine weiterführende Lektüre gibt aber zu erkennen, dass Lebensbeschrei­bungen in einem Raum da­zwischen zu verorten sind. Das rührt daher, dass sie weder eindeutig der Primärebene, d.h. den originären Kunstwerken noch ausschließlich der Sekundärebene zugehörig sind, d.h. klar als wissenschaftlicher Text gelten.[19] Die doppelte Herkunft ist der einen Biographie mehr, der anderen weniger anzumerken. Es lassen sich auch Merkmale zur Unter­scheidung literarischer und wissenschaft­licher Biographien bestimmen, jedoch ist festzustellen, dass jede Biographie in beiden Bereichen wurzelt. Dieser Umstand hat sicher­lich entscheidend zur Disquali­fizierung des Genres als wissen­schafts­fähiges Medium beigetragen. Etwaige Ausschlusskriterien können aber, wenn man sie im Rahmen wissen­schafts­geschichtlicher Prozesse verortet, kritisch beleuchtet werden. Der in vielen Abhand­lungen verwendete Terminus ‚Biographik’ fungiert als Ober­begriff für jegliche Art biogra­phi­schen Schreibens, manchmal auch als Bezeich­nung für die wissenschaft­liche Beschäf­ti­gung mit dem Genre. Für die biographie­theoretische Ausein­andersetzung wird außerdem der Begriff ‚biographiologisch’[20] vor­geschlagen.

Die Biographie ist mittels der klassischen Gattungstrias: Drama, Lyrik, Epik nicht zu erfassen, weil biographische Muster in allen Genres vertreten sind. Die biographischen Formen Autobiographie, Memoiren, Nekrolog, literarisches Porträt, Hagiographie, biogra­phi­scher Roman oder Essay sowie Charakteristik und Psy­cho­gramm tragen mit ihren Eigen­heiten entscheidend zum Bedeutungs­geflecht bei. Obwohl manche Form bereits his­to­risch überlebt ist, sind deren Elemente weiterhin in den unterschiedlichen Ausprä­gungen biographischen Schreibens wiederzufinden. Die Mehrzahl der Überblicksdarstellungen zur Biographie lässt erkennen, dass die theoretische Erfassung des Genres mithilfe literatur­wissen­schaft­licher Fragestellungen bisher nur vereinzelt erfolgt ist.

1.3 Konzept

Wie bereits im ersten Kapitel der Einleitung unter Rückgriff auf Kruckis herausgestellt wur­de, soll ausge­lotet werden, wie die literatur­wissen­schaftliche Biographik den Brücken­schlag zwischen Lebensbeschreibung und Werk­analyse reali­siert. Genau hier sind das Zentrum und die Spezifik literaturwissen­schaftlicher Biogra­phik zu verorten. Das weitere Vorgehen ist demnach bedingt durch die „Prüfsteine der literaturwissen­schaft­lichen Bio­gra­phie“: ‚Autor­schaft’, ‚Werk’ und deren „Ver­knüp­fung mit der heiklen Kategorie des ‚Lebens’.“[21]

Die Gliederung der Arbeit orientiert sich an der historischen Entwicklung der Biographie im deutschsprachigen Raum seit dem 18. Jahrhundert. Diese zeitliche Einschränkung er­folgt, weil in Bezug auf die zu diskutierenden Fragen Rückgriffe in die weitere Vergangenheit als nicht relevant erscheinen.[22] Die Konzentration auf die deutschsprachige Forschung liegt darin begründet, dass die Biographie-Diskussion im anglo-amerikanischen Sprach­raum unter völlig anderen Voraussetzungen geführt wird und deren Einbindung den Rah­men dieser Arbeit sprengen würde. Die Ausgangsfrage dieser Darstellung ist, welche theo­retischen Konzepte von Autorschaft und welche Identitäts- sowie Geschichtsmodelle die Heraus­bildung der modernen Biographie bedingten, ihr zur Popularität verhalfen oder aber sie aus­schlos­sen vom akademischen Forschen. Der Einblick in die historische Ent­wick­lung soll verdeut­lichen, dass die Biographie „stets in Verbindung mit den theo­reti­schen Kon­zepten, die zu ihrer Zeit en vogue waren,“[23] stand.

Die Analyse von Biographien über Marieluise Fleißer erfordert eine besondere Aufmerk­samkeit dafür, welche Rolle die Kategorie ‚Geschlecht’ in biographischen Darstellungen spielt. Darum werden die Ausführungen zur Herausbildung der modernen Biographie ver­knüpft mit Überlegungen zu den für diesen Zeitraum relevanten Paradigmenwechseln in Geschlechts- und Autor­schafts­­konzeptionen. Es soll herausgearbeitet werden, wie das sich im 18. Jahrhundert herauskristallisierende Individualitätsmodell die Darstellungs­muster von Biographien prägt und welche spezifischen Auswirkungen es bis heute auf Biogra­phien über Autorinnen hat. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Zusammenhang zwischen Autormodellen, ästhetischer Wertung von literarischen Texten und der Positio­nierung von Autorinnen im literarischen Kanon. In kritischer Auseinandersetzung mit der traditionellen Erfassung von ‚weiblicher’ Autorschaft wird versucht, einen Ansatz zu erarbeiten, der zum einen der kritischen Analyse von traditioneller Frauen-Biographik dienen kann, der zum anderen die literarische Produktivität von Frauen darstellbar machen lässt. Die zu erörternden Problembereiche werden zwar nicht explizit mittels eines bestimm­ten theoretischen Ansatzes bearbeitet. Jedoch bilden Erkenntnisse aus Dekons­truktion, Diskurs­ana­lyse und den Gender Studies das Fundament dieser Ar­beit.

Die Verortung der Biographie in der Debatte um den ‚Tod’ und die ‚Rückkehr des Autors’ wird das grundlegende Anliegen sein. Angesichts dieser Auseinandersetzung wird die Frage zu stellen sein, ob mit der Wiederkehr des Autors auch die Revita­lisierung der Auto­-

rin und die akademische Wiederbelebung der Biographie einhergeht. Marieluise Fleißer wurde als Beispiel gewählt, weil die komplizierte Beziehung zwischen Literatur und Leben in ihrem Fall verstärkt auf ein einfaches Entsprechungs­ver­hältnis mit selbst­therapeutischer Funktion reduziert wird. An drei Biographien soll gezeigt werden, auf welche Weise traditionelle Deutungsmuster die Verknüpfung von Leben und Werk der Autorin prägen. Diese Arbeit versteht sich jedoch nicht vorrangig als eine Arbeit über Marieluise Fleißer, sondern als Auseinandersetzung mit dem Genre ‚Biographie’. Insofern erklärt sich auch die thematische Schwerpunktsetzung der folgenden Kapitel.

2 Paradigmenwechsel in Geschlechts- und Autor­konzeption seit dem 18. Jahr­hundert

2.1 Öffentlichkeit und privater Raum

2.1.1 Gesellschaftliche Heterogenisierung

Das Wort ‚Biographie’ ist erst im 17. Jahrhundert in verschiedenen europäischen Spra­chen nachzuweisen und bezeichnet seitdem eine zuneh­mend als selbständig wahr­ge­nommene Gattung.[24] Begründen lässt sich dieses Auftauchen mit der Emanzipation des Bürgertums und der Notwendigkeit, individuelles Leben biographisch zu orga­nisie­ren, d.h. Selbst­deutungen zu produzieren. Peter Alheit und Bettina Dausien sprechen in die­sem Zusam­men­hang vom „Prozeß der Biographisierung.“[25] Erst ab Mitte des 18. Jahr­hunderts entsteht mit dem „Bestreben, die menschliche Natur und Vernunft in ihren wirklichen Grundlagen zu erforschen“[26], dem zentralen Anliegen der Aufklärung, ein geistiges Klima, das die Biogra­phieschreibung produktiv beeinflusst.

Scheuer beschreibt die sich herausbildende moderne Biographie als Ausdrucksmedium bürger­licher Identität. ‚Modern’ bezeichnet in diesem Zusammenhang den „Prozeß der Sub­jekti­­vie­rung des Menschen, d.h. eine Entwicklung, die den Menschen aus seiner Ab­hängigkeit von der ihn umgebenden Welt löst und ihn zum Subjekt der Geschichte macht, zum Dreh- und Angelpunkt des Weltgeschehens.“[27] Der Mensch wird zum Maß der Dinge. Die Identitätsangebote der statischen Hierarchie des Ständesystems erweisen sich im Zu­ge der funktionalen Ausdifferenzierung von gesellschaftlichen Teilsystemen als inadä­quat. Kruckis zufolge bewirkt das Ansteigen der gesellschaftlichen Heterogenität im späten 18. Jahrhundert, dass der Blick des Einzelnen auf die Gesellschaft als Ganzes ver­stellt und die Welt somit nicht mehr als Einheit wahrgenommen wird.[28] Der Mensch be­greift sich nun nicht mehr über eine feststehende soziale Position, die einem göttlich gege­benen Naturell entspricht, das sich in der Gesellschaft manifestiert. Statt (göttlich) ‚natu­raler’ Eigen­schaften regelt eine Vielfalt notwendiger und möglicher kommunikativer Hand­lungen die Beziehung(en) zur Welt. Darum erfährt sich der Mensch, dem die differie­renden Wahrheitsansprüche keinen vorgezeichneten Lebensweg mehr bieten, als außerhalb der Gesellschaft befindlich. Die gesellschaftliche Positionierung unterliegt zunehmend eigenen Entscheidungen und somit den Integrations­leistungen des Einzelnen. Der Mensch selbst wird zum Ort des Individuellen und damit zu der „Instanz, von der Ordnungs- und Erkenntnisleistungen“[29] ihren Ausgang nehmen. Ausgehend von Kruckis’ Fazit, was besagt, dass sich im Zuge der funktionalen Differenzierung die personale Identität zuneh­mend auf Privatheit reduziert,[30] eröffnet sich unter Einbeziehung geschlechts­spezi­fischer Aspekte eine weitere für die Biographie relevante Perspektive.

2.1.2 Die Relevanz der Kategorie ‚Geschlecht’

Dem sich im 18. Jahrhundert heraus­kris­tal­li­sierenden Individualitätsmodell ist die Tren­nung zwischen Öffentlich­keit und Privatheit als strukturbildendes Element einge­schrie­ben. Dieser für die Entwicklung der Individualbiographie ausschlaggebende Aspekt führt gleichzeitig auf sozial­geschicht­licher Ebene zur Polari­sierung der Geschlech­ter­­charaktere. Die feministische Kritik der 1970er Jahre hat erkannt, dass sich bedingt durch diese Entgegensetzung eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung heraus­gebildet hat, welche der Legitimierung des hierarchischen Geschlechter­verhält­nisses diente. Den folgenden Aus­führungen liegt die These zugrunde, dass die von die­ser Polarität geprägten Strukturen der Biographie eine angemessene biogra­phische Dar­stel­lung von Frauen im Allgemeinen und von Autorinnen im Besonderen beeinträch­tigen.

Diese These ist vereinzelt bereits nachgewiesen worden. Franziska Meyer hat in einer Untersuchung der Biographien über Caroline Schlegel-Schelling gezeigt, dass Zeitzeu­gen­schaft geschlechtsspezifisch konstruiert wird, indem z..B. negative Urteile über die Biographierte meist durch abwer­tende Aussagen von Frauen als „kollektive weibliche Em­pö­rung“[31] tradiert werden. Im Bemühen der Biographen, durch Berufung auf männliche Autoritäten die Relevanz der Autorin herauszustellen, werden zum einen ‚Klassikerworte’ wiederholt privilegiert. Zum anderen werden dadurch wesentliche Kontakte verschwiegen oder marginalisiert. Die Lebensdarstellungen fungieren derart als indirekte Biographien männlicher ‚Größen’. Die Frau trete darin als „Ausnahmeweib“[32] in Erscheinung, als irreguläre, nicht-traditionelle Frau mit ‚männlichen’, positiv konnotierten Eigenschaften. Damit gehe die „biographische Auslöschung der empirischen Frau“[33] einher. Weil der Blick auf die biographische Figur geprägt ist durch geschlechtsspezifische Bilder, was eine Konditionierung der Wahrneh­mung bewirkt, bedarf das Schreiben und Analysieren von Biographien der Reflexion der Kategorie ‚Geschlecht’.

Als Ort, der mit der Entscheidung über die Biographie­wür­digkeit zugleich über den Wert des Einzelnen für die Gesellschaft und bestimmt, ist die Biographie ein Anzeiger für die Wahrnehmungsweisen sowie die Konstruktion von Identität und damit auch für den Ausschluss von ‚bedeutungslosen’ Merkmalen und Personen. Darum soll anschlie­ßend im Hinblick auf Johann Gottfried Herder zunächst erörtert werden, inwiefern die wachsende Wertschätzung und die Veränderung der Biographie wesentlich verknüpft ist mit dessen Forderung nach einer Öffnung zur Welt. Denn genau dieser Aspekt – die der Gegen­über­stellung von ‚öffentlich’ und ‚privat’ eingeschriebenen Wertigkeiten – ist einer der wesent­lichen Faktoren, die das Geschlechterverhältnis regulieren. Im Anschluss an Herder werde ich darum erläutern, welche Rolle das Attribut ‚weiblich’ im Kontext bür­gerlicher Identi­täts­findung spielt. Damit verknüpft sich die Frage, warum die Entfaltung der literarischen Produktivität von Frauen innerhalb des zeitgleich sich formierenden Sozialsystems ‚Literatur’ erschwert oder verhindert wird. Oder an­ders formuliert: Es wird gefragt, welche Aspekte den Blick für die literarische Aktivität von Frauen verstellen, so dass der Eindruck entsteht, sie seien literarisch nicht aktiv gewesen.

2.1.3 Johann Gottfried Herder

Die Erneuerung der Biographie ist wesentlich mit Johann Gottfried Herder verbunden. Er gilt als Begründer einer Geschichtssicht, die sich an der Idee des organischen Wachstums orientiert und verstärkt das Individuell-Besondere betont.[34] Der Wandel von Geschichts­modellen ist relevant für die Biographik, weil es sich bei diesem Vorgang um eine Reak­tion auf das sich verändernde Verhältnis von Individuum und Gesellschaft handelt. Diese Wechsel­beziehung zwischen Individuellem und Allgemeinem ist ein wesentliches Span­nungsfeld der Biographie. Herder bestimmt das Dechiffrieren der „Fußstapfen, die gött­liche Menschen [...] gezeichnet“[35], als eine der Hauptaufgaben der Geschichtsfor­schung. Während die Literaturgeschichts­schrei­bung noch bis zur Jahrhundertmitte dazu tendiert, Werke kompendienartig in einer ahistorischen Aufzählung zu präsentieren, setzt sich nach Herders Bruch mit der her­kömm­lichen Geschichtskonstruktion zunehmend die ent­stehungs­­geschichtliche Erklä­rung durch.[36] Im Zuge dessen wird damit begonnen, litera­rische Normen aus konkreten historischen Situationen abzuleiten.[37]

Die Entdeckung und Bestätigung des bürgerlichen Individuums findet zunächst in Auto­bio­graphien bzw. autobiographischen Romanen oder Bildungsromanen statt. Neben den autobiographischen Schriften entsteht eine Flut von Nekrologen, Lobreden, Charakteris­tiken und Gelehrtenlexika, die Scheuer zufolge Resultat „bürgerlicher Ruhmsucht“[38] sind und als Vorform der Literaturgeschichte gelten können. Anfangs haben sie eine progressive Funktion, weil sie Kaufleuten, Ärzten, Gelehrten etc. der Sicherung eines Nachlebens dienen, was vorher als Privileg des Adels galt. Mit der kritischen Beleuch­tung dieser biographischen Formen durch Johann Gottfried Herder zeichnet sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts im damaligen Biographie­verständnis ein Umbruch ab.

Herder kann als Zeuge für eine Entwicklung herangezogen werden, in der das „Moralische ins Politische und Soziale übergeleitet“[39] wird. In seinen Schriften ist der „Drang zur öffentlichen Wirksamkeit und eine Abwehr bisheriger Innerlichkeit“[40] zu erkennen. In Abgrenzung zur Autobiographie und zum Roman, welche die bürgerliche Selbstverge­wisserung über die „private Erfahrung“ eingeleitet haben, plädiert Herder für ein Heraustreten aus der „Seelenschau“ und eine Öffnung zur Welt. Mit der Forderung, die Realisierung des Gleichgewichts von Ich und Welt ins Zentrum der Darstellung zu rücken, ist auch die Biographie reizvoller geworden.

Herder kritisiert zum einen die bis dahin übliche Prägung der Charakteristiken und Nekrologe durch antike rhetorische Muster sowie durch die klassische Temperaments­lehre, deren Anwendung zu einer Erstarrung in „Gemeinplätzen“ geführt habe. In dieser Kritik drückt sich aus, dass die alten Darstellungsmuster im Zuge wachsender Hetero­genisierung mit den neuen Identitätsmodellen konfligieren. Zum anderen empfindet es Herder als falsch, dass sich die Identität des Biographierten allein über dessen moralische Tugenden erschließt und nicht aus dessen Werk. Die damals gängige Praxis, den posthum herausge­ge­benen Werken eine Charakteristik des Autors voranzustellen, zeugt davon, dass Leben und Werk getrennt behandelt wurden. Damit gedenkt Herder zu brechen, weil die Annäherung an die Person über das Werk zu erfolgen habe. Er fordert, die Toten nicht in einer ‚Grabstätte’ dem Vergessen anheim zu geben, sondern sie über ihr Fortwirken in unsere Zeit als Lebende zu betrachten. „Nicht die pietätvolle ‚Erinnerung’, die die Totenruhe nicht stören will, sondern mehr ‚Gedächtnishilfe’ [...] ist gemeint und damit etwas Belebendes.“[41] Durch das Plädoyer für „Lebendigkeit und Gegenwartsbezug, für öffentliche Vorbildlichkeit und Optimismus“[42] werden die alten schematisierenden Ansätze verabschiedet. Beispiele dafür sind Herders Luther-Biographie (1792), das Hutten-Porträt (1776) sowie Georg Forsters Biographie Cook der Entdecker (1786/1787).

Mit Herder sind erstmals theoretische Äußerungen über die Biographie nachzuweisen. Sein Ansatz markiert nicht ‚nur’ den Beginn moderner Biographik, sondern den An­fangs­punkt einer politischen Geschichts­schreibung. Der Grundgedanke der histo­rischen Individualität ist entscheidend für die Entstehung des wissenschaftlichen Histo­rismus des 19. Jahrhunderts.[43] Die sich um das je einzelne historische Faktum be­mühende Historische Schule formiert sich in kritischer Distanz zum spekulativen Ent­wurf des Ganzen der Geschichte durch den deutschen Idealismus. Allerdings richtet sich die Aufmerksamkeit dabei nicht auf das Individuelle einer Person. Im Zentrum steht, wie Kruckis anmerkt, „die Persönlichkeit als Ausdruck übergreifender Kon­texte.“[44]

Abschließend kann festgestellt werden, dass Herders biographische Essays[45] signifikant sind für eine Entwick­lung, die allmählich bürgerliche Vorbilder und deren (‚männlich’ konnotierte) Tugenden als erstrebenswerte Lebensführung herausstellen. Seitdem und bis weit ins 20. Jahrhundert steht der biographische Ansatz im Zentrum historisch-herme­neutischer Erklärungsmodelle, die Leben und Werk in einem wechselseitigen Verhältnis zu erfassen suchen.[46] Das ausgehende 18. Jahrhundert ist in Deutschland stärker als in England und Frankreich durch zwei gegenläufige Tendenzen gekennzeichnet: einerseits entsteht mit Herder eine die Öffentlichkeit suchende biographische Essayistik, andererseits behauptet sich ein vor allem durch die Autobiographie getragener Zweig, der den politischen Raum meidet. So gilt das 18. Jahrhundert denn auch als „Zeitalter der Autobiographie“.[47] Daneben sind ebenfalls die bereits erwähnten Gelehrtenlexika sowie die biographischen Kleinformen Charak­teristik, Skizze und Porträt immer noch vorherr­schend.

2.1.4 Die Frau als Mutter und Muse

Etwa ab 1740 etabliert sich unter dem Einfluss von Sensualismus und Empfindsamkeit eine neue Auffassung vom Geschlechterverhältnis. Dieser Prozess ist durch die historische Genusforschung[48] bereits vielfach analysiert worden und kann zusammenfassend wie folgt beschrieben werden: Die verunsichernde Erschütterung der Ständeordnung bewirkt ein um so stärkeres Beharren auf eine strenge Geschlech­ter­ordnung. Die Kategorie ‚Geschlecht’ über­nimmt eine sinnstiftende Funk­tion. Parallel dazu wird die Aufwertung des (familiären) Privatraums eingeleitet, auf den die Frau festgelegt wird. Das erscheint insofern als natürliches Arrangement, da der Schulter­schluss von Biologie, Sexualmedizin, Philoso­phie, Recht sowie Literatur bewirkt, dass ausgehend von körperlichen Merkmalen und vom Sexualverhalten auf ein unterlegenes geistiges Vermögen von Frauen geschlossen wird.

Eine Untersuchung von Ute Frevert belegt, dass gerade die „bürgerlichen Meister­denker“, und am schärfsten die sogenannten „sozialen Aufsteiger“, mit Nachdruck die Überzeugung vertraten, dass die öffentliche und politische Sphäre dem Mann vorbehalten sei.[49] Deren Äußerungen zur „gelehrten Frau“ sind gekennzeichnet durch eine aggressive Rhetorik, die darauf zielt, die Bildung der Frau und die Erziehung der Mädchen in öffentlichkeitsferne Bahnen zu lenken. Der nicht mehr über den Stand, sondern über materielles Eigentum definierte Status der bürgerlichen Persönlichkeit, schloss die Frau wegen der männ­lichen Erbfolge und eherechtlichen Besitzregelungen von der bürgerlichen Öffent­lichkeit aus. Fast alle Theoretiker, die sich zu der Zeit mit dem Geschlechter­verhältnis beschäftigten, entstammen dem bürgerlichen Mittelstand. Deren Positionen in Politik und vor allem in der Bildung verhalfen ihren Ansichten zu breiter Wirksamkeit.

Weiblichkeit und Männlichkeit werden im Zuge dessen zu zwei sich einander aus­schließenden Einheiten, die gemäß einem hierar­chischen Prinzip strukturiert sind. Begriffe wie Aktivität, Kultur und Geist erscheinen als männliche, übergeordnete und positive Seite, die zu einem zentralen Wert avanciert, von dem die weiblich konnotierten Katego­rien Passivität, Natur und Körper abgeleitet werden. Der kulturelle Diskurs konzi­piert die Frau als das Andere, deren Geschlechtscharakter nun nicht mehr einem göttlichen Willen entspringt, sondern den Gesetzen der Rationalität und der Natur gehorcht. Die Selbst­bestimmung des ‚männlichen’ bürger­lichen Subjekts gelingt, indem die Frau in einem Ab- und Ausgrenzungs­verhältnis als Mängel­wesen konstruiert wird, dem einige ‚männliche’ Eigenschaften fehlen. Die Frau besitzt ausgehend von dieser Konzeption, die sie immer in Abhängigkeit vom Mann konstruiert, keine eigen­ständige soziale, biologi­sche, wirt­schaft­liche etc. Identität.

Gleichzeitig aber verkörpert die Frau im Auge des Mannes das Ideal der Natur, welches in ihr selbst ruht. Sie wird als harmonische Einheit wahrgenommen, als Ruhepunkt und Zufluchts­ort im Gegensatz zur Außenwelt als dem eigenen für befremdend und zerstö­rerisch erfahrenen Wirkungs­kreis. Auch diese Vorstellung spricht der Frau den Status als Subjekt / Individuum ab, weil die ersehnte Einheit einen statischen Charakter hat und damit jegliche Entwicklung ausschließt. Darum erweist sich diese Wahrnehmung weniger relevant für den realen gesell­schaftlichen Rang der Frau, sondern ist ein kompensatorischer Effekt ‚männlicher’ Selbstbe­spiegelung im Hinblick auf die eigene Vervollkommnung.

Vor allem im Umkreis der romantischen Bewegung, deren Vertreter jedoch weniger sozia­le Aufsteiger, sondern eher adlig-bürgerlicher Herkunft sind, zeigt sich dieses gebrochene Verhältnis. Frevert arbeitet heraus, dass bei Schlegel, Novalis, Schleiermacher, Hum­boldt oder Schiller die Idealisierung des ‚Weiblichen’ als zeitlose Sphäre „der eigen­en, nicht erfüll­baren und deshalb zu projizierenden Ich-Ideale“[50] zur Bedingung künst­lerischer Phantasie wird. Spätestens seit den 1790er Jahren verdeutlicht eine Vielzahl von litera­rischen Entwürfen, dass „Männer erst durch Begegnung mit einer Frau zu Künstlern wer­den.“[51]

Sigrid Weigel beschreibt in Auseinandersetzung mit Walter Benjamins Äußerungen zur Geburtsmetaphorik in der Vorstellung über die „Entstehung großer Werke“, wie die natür­liche Schöpfung seit dem 18. Jahrhundert bedingt durch die Idee des Original-Genies ersetzt wird vom Konzept geistiger Schöpfung. Das dafür notwendige weibliche Element werde im Schaffensvorgang verbraucht und gleichzeitig mit der Vollendung des Werks gebäre sich der Autor selbst als „männlicher Erstgeborener.“[52] Künstlerische Produktion wird nicht mehr begriffen als Nachvollzug einer Regelpoetik.[53] Verglichen mit Barock und Renaissance gilt sie nicht mehr als erlernbares Handwerk, sondern als autonomes Neu­schöp­fen eines genialen Individuums, das sein Produkt selbstbestimmt setzt und somit allein über dessen Bedeutung verfügt.

Das Verhältnis zwischen Autor und Werk stellt sich damit als genetische Beziehung dar, die durch den Eigennamen rechtlich geregelt und im literarischen Kanon tradiert wird. Die öffentliche Bean­spruchung von Autorität über Texte ist sowohl Bedingung dafür, dass der Produzent als Autor und dessen Texte als Werk begriffen werden können. Dieses Konzept von Autor­schaft sowie das zu der Zeit bestehende Verständnis von Weiblichkeit erschweren, dass die Autorschaft von Frauen akzeptiert wird. Sie würden damit aus ihrer passiven, priva­ten Rolle heraustreten. Weil ihren Texten somit nicht der Charakter eines Werkes – im Sin­ne eines vollendeten Meisterwerks – zuge­stan­den wird, werden sie auch der Überlie­fe­rung nicht für Wert befunden. An Bei­spielen zahlreicher Autorinnen, v.a. des 18. und 19. Jahrhunderts, konnte nachgewiesen werden, dass das sogenannte Schweigen der Literaturwissenschaft mit der historisch bedingten Unzulänglichkeit der Erfas­sungs­kategorien zu begründen ist, welche in dem beschriebenen Geschlechtermodell wurzeln. Dieses ‚Schwei­gen’ hatte sehr unterschiedliche Facetten:

„Namenlosigkeit, falsche Namen, vertrauliche Nennung unter dem Vornamen, die bibliographische Vereinnahmung von Autorinnen unter dem Namen des Ehemanns, falsche Datierungen, Genrebezeichnungen und Inhaltswiedergaben, die Ineinssetzung von historischen Frauen und mythischen Figuren, die Verwechslung von Werk und Leben, von Heldin und Verfasserin [...]“[54]

In Wechselwirkung mit der Etablierung einer neuen Geschlech­ter­ordnung entsteht eine Konzeption des männlichen, autonomen, kreativen Autors, welcher das Geschlech­ter­verhältnis literarisch umsetzt und somit stützt sowie verfestigt. Diese Entwicklung markiert eine entscheidende Zäsur, an der die Weichen für die zukünftige Benach­tei­ligung von Autorinnen und ihrer Werke gestellt werden. Sie wird hier nachge­zeichnet, weil gerade die historische Genese des genieästhetischen Wertungsmodells deut­lich macht, warum die Deutungsmuster traditionell strukturierter Biographien, die mehrheit­lich an jenem Modell orientiert sind, die literarische Produktivität von Frauen eher verdecken als sie sichtbar zu machen.

Die Frage der Wertung und Tradierung soll im nächsten Kapitel verbunden werden mit Überlegungen zum Verhältnis zwischen ästhetischer Bedeutung und der Kanonisierung von Texten. Schließlich ist nicht nur das Fehlen von Biographien über Autorinnen darauf zurückzuführen, dass „die kollektiven Wertungs­prozesse [...] vom männlichen Blick gesteuert sind.“[55] Die Verarbeitung der Texte von Frauen in den Biographien und die herausgestellte Identität der biographierten Frau als Autorin zeugen bis heute von den im 18. Jahrhundert in Gang gesetzten Deutungs- und Wertungs­prozessen.

2.2 Literarischer Kanon und Geschlechterhierarchie

Die Schwierigkeit literaturwissenschaftlicher Biogra­phik besteht darin, dass die Texte der Biographierten nicht nur monographisch anein­ander zureihen sind und ihr lebensgeschicht­licher Entstehungskontext nachgezeichnet wird. Um den ästhetischen Wert der Texte zu bestimmen, müssen sie in Bezug zur literarischen Tradition gesetzt werden. Die Wertung von Texten erfolgt in Auseinandersetzung mit den Tradierungs­kriterien des literarischen Ka­nons, der als Genealogie fungiert und den Texten ihren qualitativen Ort zuweist. Es ist problematisch, die literarischen Produkte von Frauen ästhetisch zu bewerten, wenn man davon ausgeht, dass sie in einem von Männern und von ‚männlichen’ Zuschreibungen dominierten Kanon keinen Ort haben. Die Gefahr besteht darin, dass der durch den Kanon vermittelte Eindruck als Widerspiegelung von Wirklichkeit wahrgenommen wird.

Die Annahme einer Traditionslosigkeit ‚weiblicher’ Autorschaft und einer anders gearteten Kreativität ist eine Sichtweise, die in den 1970er Jahren zur Abgrenzung von ‚männlichen’ Traditionen und zur Suche nach einer spezifisch ‚weiblichen’ Ästhetik[56] führte. Die Re­kons­truktion einer distinktiven weiblichen Literaturtradition wird als Gynozentrismus[57] bezeichnet. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass nur aus weiblicher Perspektive die Li­te­ratur von Frauen angemessen erfasst werden kann. Er mündet in der Erstellung eines Gegenkanons. Diese Arbeit ist als Selbstvergewis­serung sehr wichtig, verstellt aber den Blick für die Unterschied­lichkeit der Texte von Frauen. Ina Schaberts Kritik an der For­schung zum Verhältnis von Frauen und Literaturgeschichtsschreibung problematisiert, dass die einseitige Betonung von Ausgren­zung und Diskontinuität den Dualismus ‚männ­lich’ – ‚weiblich’ fortschreibt. Das Fehlen von Frauen in der Literatur­geschichte ver­wei­se nicht auf eine tatsächliche Abwesenheit, sondern sei die Folge der wissenschaft­lichen Erschlie­ßungs­methoden.[58]

Renate von Heydebrand und Simone Winko haben Thesen zur Kanonisierung litera­rischer Texte entwickelt, welche dieser Problematik durch kritische Hinterfragung traditioneller Kanonisierungsprozesse Rechnung zu tragen versuchen.[59] Sie kommen wie auch Schabert zu dem Schluss, dass der Gegenkanon, als erste Option, seiner stofferschließenden Arbeit wegen zwar wichtig aber unter Vorbehalt zu betrachten sei, weil er die Gefahr mit sich bringe, die Autorinnen als homogene Gruppe zu erfassen. Dadurch wird ‚Weiblich­keit’ als Kategorie, die Frauen unabhängig von sozialen und politischen Differenzen verbindet, als substantielle Eigenschaft festgeschrieben. Außerdem wird durch dieses Verfahren die Situation der weißen Mittel- und Oberschichtskultur absolut gesetzt. Auch die zweite Option des ergänzten Kanons kritisiert im Wesentlichen die Unterrepräsentation von Frauen. Epochenzäsuren und Genreklassifi­kationen werden zwar hinterfragt, es stellt sich jedoch die damit nicht geklärte Frage, ob entweder die kritische Distanz der Autorinnen zum Kanon oder deren Eingebundenheit als kanonrelevante Elemente betont werden sollen. Die dritte Option zielt darauf ab, kanonisierte Texte von Männern wie auch zu kanonisierende Texte von Frauen hinsichtlich der Gestaltung des Geschlechter­verhältnisses zu befragen und den traditionellen Kanon durch Deutungsverschie­bungen zu untermi­nieren. Damit geraten die Kanonisierungsprinzipien in den Blick. Das kann mitunter in die vierte Option münden, welche jegliche Kanonizität verabschiedet. Dem liegt die Vor­stel­lung zugrunde, dass Gruppenidentitäten nicht repräsentierbar sind, dass Texte und Au­to­ren nicht auf eine Bedeutung festgelegt und ihnen darum Deutungen nicht einsinnig zu­ge­­or­dnet werden können. Dieser Ansatz erfordert, „das Widersprüchliche und Unsyste­ma­ti­sche in jeder beliebigen Selektion“[60] herauszuarbeiten. Nach Ansicht von Heydebrand und Win­ko ist dieser Vorschlag lebensfremd und in der Praxis nicht durch­führbar, weil er an den gesellschaftlichen Bedürfnissen vorbeigeht. Aber sie kommen zu dem Schluss, dass jede der erörterten Maßnahmen zu berücksichtigen ist. Material­erschließung, Neuinter­pre­tation und die Problematisierung von Kanonbildung überhaupt sensibilisieren für die Wahr­nehmung historisch längst existierender Kanon­pluralität.

Die Anfänge der Literaturgeschichtsschreibung als Ort literarischer Kanonisierung und Tradierung werden wie auch die ersten Ansätze zur Individualbiographie gegen Ende des 18. Jahrhunderts gemacht. Beide fungieren in Reaktion auf die beginnende Modernisierung als Genealogie, als setzende und erhaltende Gewalt. Aleida Assmann hat untersucht, wie mit dem forcierten zeitlichen Wandel und der damit einhergehenden Privilegierung des Neuen „neben dem Zeitregime der Innovation unterschiedliche Modelle der Tradition weiterhin wirksam geblieben sind.“[61] Sie analysiert Tradition als kulturelle Konstruktion der Dauer, die „mit der Durchsetzung und Stabilisierung von Ansprüchen [...] auf Macht und Wahrheit“[62] zu tun hat und sich „als emphatisch männlich bestimmt“[63] zeigt. Sowohl der Kanon als auch die Biographie dienen der Kontinuitätssicherung und damit der Selbst­vergewisserung des erstarkenden, aber krisen­geschüttelten Bürgertums und der sich for­mie­renden Geistesgeschichte. Beiden ist die Hierarchie der Geschlechtercha­raktere als struk­tur­bildendes Element einges­chrie­ben.

2.3 Biographie – Konstruktion vs. Repräsentation von Identität

Inwiefern die Herausbildung einer bürgerlichen, ‚männlich’ konnotierten Identität konstitutiv ist für die Entwicklung der modernen Individualbiographie hat Anne-Kathrin Reulecke in kritischer Auseinandersetzung mit Scheuers Ansatz herausgestellt.[64] Sie denkt dessen These von der Biographie als Ausdrucks medium bürgerlicher Identität im Hinblick auf die Kategorie ‚gender’ weiter und begreift die Biographie als „privile­giertes Medium“ der Identitäts konstruktion. Lebensdarstellungen fungieren demnach nicht als Ausdruck einer außertextuellen Realität, sondern sind wie auch der traditionelle Kanon ein Medium zur Konstruktion des ‚männ­lichen’ bürgerlichen Individuums. Sie geben einen Prozess zu erkennen, der sich gerade durch den Aus­schluss „Ich-heterogener Momente“ vollzieht, „die als ‚weiblich’ definiert und auf Frauen projiziert werden.“[65]

Reulecke problematisiert, dass Scheuer in einer wissen­schaft­lichen Tradition zu veror­ten ist, welche die Biographie als geschlechtsneutral voraussetzt, sie als Reflex auf die Wirklichkeit begreift und somit den Blick auf den Konstruktionscharakter von ‚Weib­lich­keit’ sowie ‚Männlichkeit’ im Besonderen und von Identität im Allgemeinen ver­stellt. Ihrer Einschätzung nach schreibt die Forschung derart die in den Biographien angelegten Bedeutungshierarchien und Weiblichkeitsmuster fort. In Anlehnung an Sigrid Weigel kommt sie zu dem Schluss, dass sich „im Übergang zwischen literari­schem und wissen­schaftlichem Diskurs [...] der beschriebene Mechanismus auf beson­dere Weise [poten­ziert].“[66] Insofern können nicht nur Biographien, sondern auch die Biogra­phie­forschung im Hinblick auf die Spuren des Ausschlusses von ‚Weiblichkeit’ untersucht werden.

Reuleckes Blickwinkel verdeutlicht genau jenen von Heydebrand und Winko bezüglich des Kanons unter der dritten Option beschriebenen Perspektiven­wechsel. Sie argu­mentiert, dass das Fehlen von Biographien über Frauen kein Ausdruck von wirklicher Abwesenheit, sondern mit den wissenschaftlichen Erfassungsmethoden zu begründen ist. Der ‚männ­liche’ Charakter einer Wissenschaft besteht, wie Weigel anmerkt, „nicht ausschließlich darin, dass sie überwiegend und in ihrer Vorgeschichte ausschließlich von Männern betrie­ben wird bzw. wurde; er erweist sich vielmehr in den Strukturen eines Faches, in der Orga­nisation der Disziplin.“[67]

Nicht ein ergänzendes Beifügen von Autorinnen, sondern erst die Neube­wertung des Kanons durch die Berücksichtigung geschlechts­spezifischer Aspekte würde noch nicht als biographie­relevant erschienenen Autorinnen und Autoren jenen biogra­phie­würdigen Status verleihen. Zu untersuchen wären vier Aspekte. Erstens: die Lebens- und Schreibsituation, zweitens: die zeitgenössische Rezeption, ob und welchen Einfluss Kritik oder Wert­schät­zung auf Gattungswahl und Inhalte haben, drittens: Kanonisierung, posthume Rezep­tion, viertens: wie mit den gewonnenen Informationen, Daten, Materialien – den Fakten – und wie mit den literarischen Texten umgegangen wurde und werden kann. Der letzte Schritt ist ausschlaggebend dafür, dass traditionelle Muster nicht reproduziert, sondern sichtbar ge­macht werden, weil damit der biographische Konstruktionsprozess offengelegt wird.

[...]


[1] Vgl. Peter-André Alt: „Mode ohne Methode? Überlegungen zu einer Theorie der literaturwissenschaf­tlichen Biographik.“ In: Christian Klein (Hg.): Grundlagen der Biographik. Theorie und Praxis des biographi­schen Schreibens. Stuttgart 2002, S. 23; Anita Runge: „Geschlechterdifferenz in der literaturwissenschaftlichen Biographik. Ein Forschungsprogramm.“ In: Ebenda, S. 115; sowie die Aussagen von Sigrid Löffler und von den befragten Biographen und Biographinnen Nicholas Shakespeare (Bruce Chatwin), Deirdre Bair (Simone de Beauvoir, Anaïs Nin), Ian Kershaw (Hitler), Rüdiger Safranski (Arthur Schopenhauer, Martin Heidegger, Friedrich Nietzsche), In: Literaturen 7/8 (2001).

[2] Hans-Martin Kruckis: »Ein potenziertes Abbild der Menschheit« Biographischer Diskurs und Etablierung der Neugermanistik in der Goethe-Biographik bis Gundolf. Heidelberg 1995, S. II.

[3] Kruckis 1995, Ein potenziertes Abbild, S. 336.

[4] Helmut Scheuer: Biographie. Studien zur Funktion und zum Wandel einer literarischen Gattung vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Stuttgart 1979.

[5] Jan Romein: Die Biographie. Einführung in ihre Geschichte und ihre Problematik. Bern 1948.

[6] Kruckis 1995, Ein potenziertes Abbild, S. 335.

[7] Ebenda, S. 335/336.

[8] Ebenda, S. 337/338.

[9] Ebenda, S. 340 sowie Scheuer 1979, Biographie. Studien, S. 230-248.

[10] Kruckis 1995, Ein potenziertes Abbild, S. 338.

[11] Alt 2002, Mode ohne Methode, S. 24.

[12] Ebenda, S. 25.

[13] Vgl. Günther Drosdowski (Hg.): Etymologie. Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache. Duden
Bd. 7. Mannheim, Wien, Zürich 1989, S. 83/84.

[14] Hayden White: „Das Problem der Erzählung in der modernen Geschichtstheorie“. In: ders.: Die Bedeutung der Form. Frankfurt/M. 1990, S. 76.

[15] Wilhelm Dilthey: Der Aufbau der geschichtlichen Welt. Frankfurt/M. 1970 [1905/1910].

[16] Vgl. Ansgar Nünning: „Verbal Fictions? Kritische Überlegungen und narratologische Alternativen zu Hayden Whites Einebnung des Gegensatzes zwischen Historiographie und Literatur.“ In: Literaturwissenschaftliches Jahrbuch. 40 (1999), S. 351-380; Gerhild Scholz Williams: „Geschichte und die literarische Dimension. Narrativik und Historiographie in der anglo-amerikanischen Forschung der letzten Jahrzehnte. Ein Bericht.“ In: Deutsche Viertel­jahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte. 63 (1989), H. 2, S. 315-392; Hartmut Eggert/ Ulrich Profitlich/ Klaus R. Scherpe (Hg.): Geschichte als Literatur. Formen und Grenzen der Repräsentation von Vergangenheit. Stuttgart 1990; sowie die Beiträge in Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. 4 (1993), H. 3: Themenheft Klios Texte.

[17] Vgl. „Biographie“. In: Metzler Literaturlexikon. Begriffe und Definitionen. Stuttgart 1990, S. 55/56; Peter Alheit / Bettina Dausien: „Biographie“. In: Hans Jörg Sandkühler (Hg.): Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften. Hamburg 1990, S. 405-417 (Der Beitrag ist aus sozialwissenschaftlicher Perspektive verfasst.); „Biographie“. In: Der Literatur-Brockhaus. Bd. 1. Mannheim 1988, S. 246/247; Helmut Scheuer: „Biographie¹“. In: Klaus Weimar (Hg.): Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Berlin, New York 1997, S. 233-236; Holger Dainat: “Biographie²“. In: ebenda, S. 236-238.

[18] Helmut Scheuer: „Biographie“. In: Gert Ueding (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 2. Tübingen 1994, S. 30.

[19] Christian Klein: „Einleitung: Biographik zwischen Theorie und Praxis. Versuch einer Bestands­aufnahme“. In: ders. 2002, Grundlagen, S. 1.

[20] Klein 2002, Einleitung, S. 4.

[21] Alt 2002, Mode ohne Methode, S. 24.

[22] Folgende neuere Beiträge beschäftigen sich schwerpunktmäßig mit der Entwicklung der Biographie vor dem 18. Jahrhundert: Holger Sonnabend: Geschichte der antiken Biographie. Von Isokrates bis zur Historia Augusta. Stuttgart, Weimar 2002; August Buck (Hg.): Biographie und Autobiographie in der Renaissance. Wiesbaden 1983; Walter Berschin (Hg.): Biographie zwischen Renaissance und Barock: zwölf Studien. Heidelberg 1993; Dieter von Nahmer: Die lateinische Heiligenvita. Darmstadt 1994.

[23] Klein 2002, Einführung, S. 5.

[24] Alheit / Dausien 1990, Biographie, S. 406.

[25] Ebenda, S. 407.

[26] Ebenda, S. 409.

[27] Jürgen H. Petersen: Der deutsche Roman der Moderne. Grundlegung – Typologie – Entwicklung. Stuttgart 1991, S. 10.

[28] Kruckis 1995, Ein potenziertes Abbild, S. 1ff.

[29] Andreas Schüle (Hg.): Biographie als religiöser und kultureller Text. Münster 2002, S. 2.

[30] Kruckis 1995, Ein potenziertes Abbild, S. 2.

[31] Franziska Meyer: „Die Konkurrenz der Biographen: Der Fall Caroline Michaelis-Böhmer-Schlegel-Schelling.“ In: Irmela v. d. Lühe/ Anita Runge (Hg.): Biographisches Erzählen. Querelles Bd. 6. Stuttgart, Weimar 2001, S. 87.

[32] Meyer 2001, Konkurrenz der Biographen, S. 90.

[33] Ebenda, S. 92.

[34] Vgl. Jost Hermand: Geschichte der Germanistik. Reinbek bei Hamburg 1994, S. 25.

[35] Zit. n. Kruckis, Ein potenziertes Abbild, S. 11.

[36] Ebenda, S. 8.

[37] Vgl. Fotis Jannidis: „Der nützliche Autor. Möglichkeiten eines Begriffs zwischen Text und historischem Kontext.“ In: ders. (Hg.): Rückkehr des Autors. Zur Erneuerung eines umstrittenen Begriffs. Tübingen 1999, S. 353-389, hier S. 360.

[38] Scheuer 1979, Biographie. Studien, S. 15.

[39] Ebenda, S. 11.

[40] Ebenda, S. 12.

[41] Scheuer 1979, Biographie. Studien, S. 14.

[42] Ebenda, S. 15.

[43] Michael Schlott: „Historismus.“ In: Klaus Weimar (Hg.): Reallexikon der deutschen Literaturwissen­schaft. Berlin, New York 1997, S. 58-62.

[44] Kruckis 1995, Ein potenziertes Abbild, S. 132.

[45] Vgl. Scheuer 1979, Biographie. Studien, S. 21-35.

[46] Vgl. Tom Kindt / Hans-Harald Müller: „Was war eigentlich der Biographismus – und was ist aus ihm geworden? Eine Untersuchung.“ In: Detering 2002, Autorschaft, S. 358.

[47] Alheit / Dausien 1990, Biographie, S. 410.

[48] Karin Hausen: „Die Polarisierung der »Geschlechtscharaktere« - Eine Spiegelung der Dissoziation von Erwerbs- und Familienleben.“ In: Werner Conze (Hg.): Sozialgeschichte der Familie in der Neuzeit Europas. Stuttgart 1976, S. 363-393; Thomas Laqueur: Auf den Leib geschrieben. Frankfurt/ M. 1992 [1990]; Liselotte Steinbrügge: Das moralische Geschlecht. Theorien und literarische Entwürfe über die Frau in der französischen Aufklärung. Stuttgart 1992; Iris Bubenick-Bauer (Hg.): Frauen in der Aufklärung. Frankfurt/M. 1995; Claudia Honegger: Die Ordnung der Geschlechter. Die Wissenschaft und das Weib. 1750-1850. Frankfurt/ M. 1991.

[49] Ute Frevert: „Bürgerliche Meisterdenker und das Geschlechterverhältnis. Konzepte, Erfahrungen, Visionen an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert.“ In: dies. (Hg.): Bürgerinnen und Bürger. Geschlechterverhältnisse im 19. Jahrhundert. Göttingen 1988, S. 17-33.

[50] Frevert 1988, Bürgerliche Meisterdenker, S. 36.

[51] Christian Begemann: „Der Körper des Autors. Autorschaft als Zeugung und Geburt im diskursiven Feld der Genieästhetik.“ In: Heinrich Detering (Hg.): Autorschaft. Positionen und Revisionen. Stuttgart/ Weimar 2002, S. 58.

[52] Sigrid Weigel: Topographie der Geschlechter. Kulturgeschichtliche Studien zur Literatur. Reinbek bei Hamburg 1990, S. 24f.

[53] Vgl. Begemann 2002, Der Körper des Autors, S. 46.

[54] Weigel 1990, Topographien der Geschlechter, S. 258.

[55] Renate von Heydebrand / Simone Winko: „Arbeit am Kanon: Geschlechterdifferenz in Rezeption und Wertung von Literatur.“ In: Hadumod Bußmann / Renate Hof (Hg.): Genus. Zur Geschlechterdifferenz in den Kulturwissenschaften. Stuttgart 1995, S. 208.

[56] Kritischer Beitrag zur Frage nach einer spezifisch ‚weiblichen’ Ästhetik vgl. Silivia Bovenschen: „Über die Frage: Gibt es eine weibliche Ästhetik?“ In: Ästhetik und Kommunikation 25 (1976), S. 60-75.

[57] Vgl. Elaine Showalter: A Literature of Their Own: British Women Novelists from Brontë to Lessing. Princeton 1977; dies.: “Feministische Literaturkritik in der Wildnis.” In: Karen Nölle-Fischer (Hg.): Mit verschärftem Blick. Feministische Literaturkritik. München 1987 [1981]; Sandra M. Gilbert / Susan Gubar: The Madwoman in the Attic. The Woman Writer and the Nineteenth-Century Literary Imagination. New Haven/ London 1979.

[58] Ina Schabert: „ Gender als Kategorie einer neuen Literaturgeschichtsschreibung.“ In: Bußmann / Hof 1995, Genus, S. 162-204, hier S. 184-186; Kritik am Einschließen von Frauen in einem eigenen Kanon vgl. Sigrid Weigel: „Konstellationen, kleine Momentaufnahme, aber niemals eine Kontinuität. Ein Gespräch über Literaturwissenschaft und Literaturgeschichtsschreibung von Frauen.“ In: Karin Fischer, Eveline Kilian und Jutta Schönberg (Hg.): Bildersturm im Elfenbeinturm. Ansätze feministischer Literaturwissenschaft. Tübingen 1992, S. 116-133.

[59] v. Heydebrand / Winko 1995, Arbeit am Kanon, S. 242-250.

[60] Ebenda, S. 250.

[61] Aleida Assmann: Zeit und Tradition: kulturelle Strategien der Dauer. Köln, Weimar, Wien 1999, S. 158.

[62] Ebenda, S. 157.

[63] Ebenda, S. 159.

[64] Anne-Kathrin Reule>

[65] Ebenda, S. 127.

[66] Reulecke 1993, Die Nase der Lady Hester, S. 131.

[67] Weigel 1990, Topographien der Geschlechter, S. 235.

Ende der Leseprobe aus 98 Seiten

Details

Titel
Theorie und Praxis der Biographie am Beispiel von Marieluise Fleißer
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Deutsche und Niederländische Philologie)
Note
1,5
Autor
Jahr
2003
Seiten
98
Katalognummer
V76377
ISBN (eBook)
9783638798655
ISBN (Buch)
9783638816649
Dateigröße
886 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Theorie, Praxis, Biographie, Beispiel, Marieluise, Fleißer
Arbeit zitieren
Magistra Artium (M.A.) Kerstin Brummack (Autor:in), 2003, Theorie und Praxis der Biographie am Beispiel von Marieluise Fleißer, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76377

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