Marcel Mauss - Magie und Rituale


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2005

31 Pages, Note: 5.5 (in CH)


Extrait


INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung

1. Biographie von Marcel Mauss

2. Magie
2.1 Was Marcel Mauss unter der Magie verstand
2.2 Weitere Definitionen der Magie
2.3 Eine kurze Geschichte der Magie

3. Begriffsklärung
3.1 Der Magier
3.1.1 Eigenschaften des Magiers
3.2 Rituale
3.2.1 Magische Riten
3.2.2 Voraussetzungen der magischen Riten
3.2.3 Arten der Riten
3.2.4 Vergleich zwischen magischen und religiösen Riten
3.3 Magische Vorstellungen
3.3.1 Die abstrakten unpersönlichen Vorstellungen
3.3.2 Die konkreten unpersönlichen Vorstellungen
3.3.3 Die persönlichen Vorstellungen

4. Beispiele von magischen Riten
4.1 Opferrituale

Schlusswort

Literaturverzeichnis

Anhang

Einleitung

Ich möchte eine Arbeit über Marcel Mauss und seine „Theorie der Magie“ schreiben, da ich mich schon seit sehr langer Zeit sehr für die Magie interessiere und auch bereits Bücher zu diesem Thema habe. Ausserdem wusste ich noch gar nichts über Marcel Mauss und wollte mehr über ihn und seine Theorien erfahren. Das Oberseminar über Rituale fand ich sowieso sehr spannend und ich wollte mich vertiefter damit auseinandersetzen.

Marcel Mauss befasste sich vor allem mit dem Zusammenhang zwischen der Soziologie und der Anthropologie. Obwohl er nie Feldarbeit machte, inspirierte er viele, auch nach seinem Tod. Er richtete die Aufmerksamkeit vieler französischer Soziologen, Philosophen und Psychologen auf die Ethnologie.

Zuerst gehe ich auf das Leben von Marcel Mauss ein, um auch besser verstehen zu können, was ihn prägte und warum er sich so für magische und religiöse Rituale verschiedenster Kulturen interessierte. Dann befasse ich mich etwas mit der Magie und auch mit der Geschichte der Magie nach Mauss, um eine Grundlage für das Thema zu bekommen.

Anschliessend folgt die Theorie der Magie von Mauss mit seinen Begriffsklärungen der Magier, der magischen Riten und den magischen Vorstellungen. Ich befasse mich dabei ausserdem noch mit einem Vergleich zwischen den magischen und religiösen Riten.

Im letzten Teil der Arbeit gehe ich noch kurz auf ein Beispiel von Riten näher ein, nämlich auf die Opferungen. Dabei schreibe ich über die Ansicht von Mauss und am Schluss noch über ein aktuelles Beispiel.

Im Schlusswort erörtere ich kurz die Resultate dieser Arbeit.

Ich hoffe, dass ich mit der vorliegenden Arbeit einen kleinen Einblick in die Theorie von Marcel Mauss und eine Übersicht über die Magie geben kann und wünsche viel Vergnügen bei der Lektüre.

1. Biographie von Marcel Mauss

Der französischer Soziologe, Ethnologe und Anthropologe Marcel Mauss[1] wurde am 10. Mai 1872 in Épinal geboren. Sein Vater war Gerson Mauss, ein Kleinunternehmer im Textilbereich und seine Mutter war Rosine Mauss, geborene Durkheim. Sie war Hausfrau. Von seinen Eltern wurde er also kaum in seinem Berufsweg beeinflusst. Marcel war jedoch der Neffe des vierzehn Jahre älteren Soziologen Émile Durkheim[2], welcher ihn stark geprägt hat, insbesondere, da er sein Lehrer war.

1876 wurde sein Bruder Camille-Henri Mauss geboren.

Marcel Mauss war Jude, doch später ohne religiöses Bekenntnis, also Agnostiker.

1890 bis 1892 studierte er Philosophie, Psychologie, Jura und Soziologie an der Université de Bordeaux, wo Durkheim Dozent war.

In den Jahren 1892 bis 1950 lebte Marcel Mauss in Paris.

1892 bis 1900 absolvierte er das Studium der vergleichenden indio-europäischen Linguistik, Indologie, Sanskrit, Hebräisch und Religionsgeschichte an der École Pratique des Hautes Études in Paris und 1895-1897 an der Sorbonne in Paris. Dies ist in seinen Texten nicht zu übersehen, denn er greift oft auf andere Sprachen zurück, erklärt diese aber meist noch im gleichen Satz oder in Klammern.

Mauss schreibt in einem Selbstportrait: „The progress made by sociology in France in the twenty years from 1893 to 1914 would have been impossible if we had not been a group working together.“[3] Jede Wissenschaft sei ein Produkt kollektiver Arbeit.

Weiter schreibt er, dass Durkheims stetige rationale Suche nach Tatsachen und seine Fähigkeit, diese Tatsachen zu erfassen ihn immer beeindruckt hat. Auch in “Lettres à Marcel Mauss”[4] sieht man, wie eng der Kontakt zu Durkheim war. Sie schrieben sich zum Teil mehrmals am Tag Briefe, bis zu dessen Tod.

1897 bis 1898 absolvierte Marcel Mauss Studienreisen in die Niederlande und nach England.

In den Jahren 1900 bis 1902 war er Suppléant von Alfred Foucher für Histoire des Religions de l’Inde an der École Pratique des Hautes Études in Paris, was ihn ebenfalls geprägt hat, denn er erzählt viel über die indische Religion in seiner Theorie der Magie.

1901 bis 1939 war er Dozent für Religionsgeschichte nicht-zivlilisierter Völker an dieser Schule und seit 1914 Directeur d’Études, ausserdem seit Februar 1938 Président de la Vème Section de l’École Pratique des Hautes Études. 1931 wurde er Professor der Soziologie am Collège de France. Ausserdem gab er in den Jahren 1901 bis 1912 mit Émile Durkheim die Zeitschrift "L’Année sociologique" in Paris heraus, welche er auch nach dessen Tod weiterführte.[5]

„Mauss, while not actually rejecting Durkheim`s positivism and formalism, did seek out other ways of investigating and comparing what he often referred to as the „concrete” phenomena of social life. He not only collaborated with Émile Durkheim in the establishment of distinctive French tradition of comparative sociology in the first years of the twentieth century, but carried this tradition forward in the inter-war period.”[6]

Mit der Hilfe von Henri Hubert wählte er die Texte für "L’Année sociologique" mit grosser Sorgfalt aus.

„ (…) chaque ouvrage est résumé avec grand soin avant d`être loué ou critique, corrigé ou complete, et tout cela du seul point de vue de la connaissance.”[7]

1914 bis 1919 war er als Freiwilliger im Ersten Weltkrieg.

Zusammen mit Paul Rivet[8] und Lucien Lévy-Bruhl[9] begründete er 1925 das Institut d'Éthnologie in Paris. 1925 bis 1929 war er Generalsekretär, dann Professor und Mitglied des Comité Directeur.

Mauss behandelte 1925 in seinem "Essai sur le don", auf Deutsch "Die Gabe. Form und Funktion des Austausches in archaischen Gesellschaften", das soziologische Phänomen des Gebens von Gaben.

„Er zeigt auf der Grundlage von Daten besonders aus Polynesien, Melanesien, Nordwest-Nordamerika, von den Eskimo, Chukchee, alten Römern, Hindu, Germanen und Chinesen, welche absolut grundlegende Bedeutung das wechselseitige Geben für alles menschliche Zusammenleben hat und wie es dies strukturiert.“[10]

Auch in seiner Theorie der Magie greift er immer wieder auf diese Kulturen zurück.

1927 bis 1939 gab er das "Annuaire. École pratique des hautes études, section des sciences religieuses" heraus.

1934 heiratete er die Beamtentochter Marthe-Rose Dupret[11], Kinder hatten sie nie.
Am 12. Oktober 1940 trat Mauss von seiner Professur am Collège de France zurück. Weil er Jude war, wurde er während dem 2. Weltkrieg aus seiner Wohnung vertrieben und fand Unterschlupf in der Cité Universitaire.

Am 21. November 1944 wurde er erneut als Professor am Collège de France angestellt, ihm wurde jedoch gleichzeitig der Ruhestand genehmigt.

Nach dem Kriegsende 1944 hörte man nicht mehr viel von ihm.[12]

Am 10. Februar 1950 starb er in Paris.

Marcel Mauss war also ein Neffe und ein Schüler von Durkheim. Er führte unter verstärkter Berücksichtigung der Anthropologie, der Ethnologie und der Psychologie die Durkheim-Schule weiter. Er war jedoch viel stärker empirisch orientiert als sein Onkel und versuchte soziale Phänomene in ihrer Totalität zu sehen und zu verstehen.

Mauss zählt ausserdem zu den Wegbereitern des Strukturalismus von Lévi-Strauss.

2. Magie

Es gibt sehr viele verschiedene Auffassungen, was Magie bedeutet. In diesem Kapitel gehe ich nicht nur darauf ein, was Mauss über die Magie geschrieben hat, sondern auch auf die Definitionen von anderen und etwas auf die Geschichte der Magie.

2.1 Was Marcel Mauss unter der Magie verstand

Marcel Mauss setzt die Magie in Beziehung mit der Religion und den Techniken, weil nur zwischen ihnen eine enge Verbindung bestehen würde. Die Beziehung der Magie zur Ökonomie, zum Recht, zu der Sittlichkeit, zur Sprache und zur Ästhetik sei hingegen sehr schwach und darum geht er nie darauf ein.

Warum er dies so sieht, erklärt er jedoch nicht. Und obwohl er in einem anderen Teil seiner Theorie[13] die enge Verbundenheit der Magie mit der Astrologie betont, erwähnt er sie an dieser Stelle gar nicht.

Im Unterschied zur abstrakten Religion, welche zur Metaphysik neigt und bloss ideale Bilder schafft, suche die konkrete Magie ihre Aufgabe auf der Erde und mische sich in unser Leben ein. Die Magie sei eine Kunst des Machens und sie tue dasselbe mit Worten und Gesten, was die Technik durch Arbeit hervorbringe.

Mauss schreibt, dass die Magie die leichteste Technik sei, weil sie die Realität durch Bilder zu ersetzen vermag. Sie müsse sich nie anstrengen, weil alle an sie glauben.[14]

Doch meiner Meinung nach, muss sie sich ja immer wieder selber beweisen, damit der Glauben aufrechterhalten bleibt. Ausserdem glaube ich nicht, dass die Magie mit blossen Gebärden das gleiche wie die Wissenschaften produzieren kann. Dafür bräuchte sie andere Mittel. Mauss geht nie auf die schwarzen, schlechten Kräfte ein und verherrlicht die Magie stark. Dies sieht man auch in den folgenden Sätzen:

„Sie ist nicht nur eine praktische Kunst, sondern auch ein Schatz von Ideen, sie misst der Erkenntnis eine äusserst grosse Bedeutung bei und in ihr sieht sie eine ihrer wichtigsten Aufgaben, denn wir haben ja gesehen, dass Wissen für sie gleich Macht ist.“[15]

„Den schlecht koordinierten und ohnmächtigen Gebärden, in welchen sich das Bedürfnis der Individuen ausdrückt, gibt die Magie Gestalt, und weil sie aus ihnen Riten macht, verleiht sie ihnen Wirksamkeit.“[16]

Die Magie will also eine Wirkung erzielen. Diese kann zum Beispiel eine Behexung sein.

Ich denke, dass er ihr viel zu viel Kraft zumutet. Er denkt zum Beispiel auch, dass viele Techniken, wie zum Beispiel die Medizin, Chirurgie, Metallurgie und andere, ohne die Hilfe der Magie nicht existieren könnten. Auch die Mathematik verdanke der Magie viel, denn diese habe die magischen Quadrate und die magischen Eigenschaften der Zahlen und Figuren untersucht. Die Magie habe die Wissenschaft grossgezogen.[17]

Mathematiker halten nicht viel von der Numerologie, welche jeder Zahl eine Bedeutung zuordnet.[18] Zahlen können theoretisch auf jede Art interpretiert werden, doch unser Dezimalsystem dient eigentlich bloss der Vereinfachung, da wir so an unseren Händen abzählen können. Also müssten laut der Numerologie die Zahlen in jedem Zahlensystem eine andere Bedeutung haben.

Die Magie befindet sich also laut Mauss im Bereich zwischen den Wissenschaften oder Techniken und den Religionen. Sie ist überall auf der Welt sehr unterschiedlich, doch sie ist immer ein Gegenstand des Glaubens. Die Magie sei ein soziales Phänomen, weil sie sich immer auf ein Kollektiv bezieht.

Obwohl sie ausserhalb des normalen Lebens wirkt, beziehe sie sich auf den sozialen Zusammenhalt der Menschen.

In der Magie verschmilzt der Wunsch mit seiner Verwirklichung.

2.2 Weitere Definitionen der Magie

Magie zu definieren, ist nicht so einfach. Es gibt viele verschiedene Definitionen. Viele setzen Magie mit Zauberei gleich, was jedoch so nicht stimmt. Obwohl das Wort „Magie“ vom lateinischen Wort „magia“, kommt, was so viel wie die „Lehre der Zauberer“ oder auch „Zauberei“ heisst.

Laut dem Brockhaus ist sie die „zusammenfassende Bezeichnung für Praktiken, durch die der Mensch seinen eigenen Willen in einer Weise auf die Umwelt übertragen und das Tun, Wollen und Schicksal anderer Menschen be-stimmen will, die nach naturwissenschaftlicher Betrachtungsweise irrational erscheint. Das der Magie zugrunde liegende magische Denken vertraut auf eine den magischen Handlungen, Worten und Dingen innewohnende, automatisch wirkende Kraft.

Misserfolge werden aus der Nichtbeachtung des richtigen magischen Rituals oder aus einem Gegenzauber erklärt. Magie ist charakteristisch für Stammesreligionen; auch im altorientalischen und hellenistischen Kultur-kreis stark verbreitet, wird die Magie von der Bibel und in der Folge von der christlichen Kirche als Aberglaube verurteilt.“[19]

Mit dieser Definition wäre Marcel Mauss meiner Meinung nach einverstanden. Auch er spricht davon, dass Misserfolge einem Gegenzauber zugeschrieben werden.

Ansha definiert Magie wie folgt:

„Magie ist die willentliche Bewusstseinsveränderung mit dem Ziel, ein selbstbewusstes, selbstbestimmtes, kreatives Leben zu führen und dabei niemandem zu schaden.“[20]

Sie spricht hier also nur von weisser Magie, ich hingegen unterscheide zwischen der schwarzen Magie, die schaden will, sowie der weissen Magie, welche eine positive Wirkung hat. Für Mauss hat die Magie nicht zum Ziel, ein selbstbewusstes Leben zu führen, sondern ein möglichst grosses Wissen zu erreichen, den menschlichen Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen und eine Wirkung zu erzielen.

[...]


[1] Siehe Abbildung 1 im Anhang

[2] Émile Durkheim lebte von 1858 bis 1917

[3] Allen; James 1998: 30

[4] Herausgegeben von Besnard; Fournier, Presses Universitaires de France, Paris 1998

[5] Siehe Abbildung 2 im Anhang

[6] Allen und James 1998: 5

[7] Louis Dumont in Marcel Mauss 1990: 11

[8] französischer Ethnologe, lebte von 1876 bis 1958

[9] französischer Philosoph und Ethnologe, lebte von 1857 bis 1939

[10] http://www.uni-bayreuth.de/departments/ethnologie/leselist.html

[11] Sie war eine geschiedene Chamboredon und lebte von 1886 bis 1947

[12] http://www.kfunigraz.ac.at/sozwww/agsoe/lexikon/klassiker/mauss/31bio.htm

[13] Siehe dazu Kapitel 3.2.1

[14] Mauss 1974: 172 und 173

[15] Mauss 1974: 174

[16] Mauss 1974: 173

[17] Mauss 1974: 173 - 175

[18] Siehe dazu Gontrum 1997: 181-190

[19] Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001

[20] Ansha 2001: 11

Fin de l'extrait de 31 pages

Résumé des informations

Titre
Marcel Mauss - Magie und Rituale
Université
University of Basel  (Institut für Soziologie)
Cours
Riten und Rituale – zum Problem des sozialen Zusammenhalts
Note
5.5 (in CH)
Auteur
Année
2005
Pages
31
N° de catalogue
V76452
ISBN (ebook)
9783638805735
ISBN (Livre)
9783638807555
Taille d'un fichier
1302 KB
Langue
allemand
Mots clés
Marcel, Mauss, Magie, Rituale, Riten, Rituale, Problem, Zusammenhalts
Citation du texte
Eva Scheller-Bötschi (Auteur), 2005, Marcel Mauss - Magie und Rituale, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76452

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