Als am 3. Oktober 1990 die deutsche Einheit durch den Beitritt von fünf neuen Bundesländern zur Bundesrepublik Deutschland rechtlich vollzogen wurde, stießen zwei politische Kulturen aufeinander, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Auf der einen Seite stand die demokratisch gefestigte politische Kultur der Bundesrepublik, auf der anderen Seite die sozialistisch-autoritär geprägte politische Kultur der DDR.
Es ist also nicht verwunderlich, dass von Anfang an die skeptische Frage gestellt wurde, ob es neben der rechtlichen auch eine sogenannte „innere Einheit“ gibt. Eine Frage die in den letzten Jahren noch sehr unterschiedlich eingeschätzt wurde. So stellte, beispielsweise Hans- Joachim Veen bereits 1997 fest: „wir habe sie bereits“. Demgegenüber behauptet Max Kaase: „… die Herstellung der inneren Einheit [sei] ein langwieriger Prozess, in dem immer wieder Rückschlage zu verzeichnen sein werden. Von einer inneren Einheit […] ist die Bundesrepublik noch weit entfernt“.1 Die Frage: “ vereint und doch geschieden?“ Ist nach vierzig jähriger Trennung Deutschlands eine Annäherung der beiden politischen Kulturen überhaupt noch möglich?
Im Folgenden soll dieses Problem nun näher erörtert werden.
Der Begriff der Politischen Kultur bezeichnet im engeren Verständnis „die Gesamtheit der Werte, Glaubensüberzeugungen und Einstellungen der Bürger zu den politischen Institutionen, den politischen Vorgängen und der Staatstätigkeit. Im weiteren Verständnis umfasst die Politische Kultur zusätzlich das tatsächliche Verhalten, mitunter auch die Struktur und Funktionsweise politischer Institutionen.“2 Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch wird der Begriff der politischen Kultur wertfrei verwendet.
1 Vgl. Fuchs, Dieter/ Edeltraud Roller: Die Einstellung zur Demokratie in Deutschland, in: Breit, Gotthard (Hrsg.): Politische Kultur in Deutschland. Eine Einführung, 2. Aufl., Schwalbach/ Ts. 2004, S. 30.
2 Schmidt, Manfred G.: Wörterbuch zur Politik, 2. Aufl., Stuttgart 2004, S. 549-550
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Untersuchungsgegenstand und Problemstellung
1.2. Forschungsstand
1.3. Aufbau
2. Theoretische Grundlagen und politisch- kulturelle Ausgangssituation
2.1. Theoretische Grundlagen und Methoden
2.2. Die politische Kultur der „alten Bundesrepublik“
2.3. Die politische Kultur der DDR
3. Politischen Kultur nach der Vereinigung Deutschlands
3.1. „Innere Einheit“, „Identität oder „Integration“?
3.2. Die Einstellung zur Demokratie
3.3. Der Umgang mit der Vergangenheit
4. Fazit
5. Literaturnachweis
1. Einleitung
1.1 Untersuchungsgegenstand und Problemstellung
Als am 3. Oktober 1990 die deutsche Einheit durch den Beitritt von fünf neuen Bundesländern zur Bundesrepublik Deutschland rechtlich vollzogen wurde, stießen zwei politische Kulturen aufeinander, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Auf der einen Seite stand die demokratisch gefestigte politische Kultur der Bundesrepublik, auf der anderen Seite die sozialistisch-autoritär geprägte politische Kultur der DDR.
Es ist also nicht verwunderlich, dass von Anfang an die skeptische Frage gestellt wurde, ob es neben der rechtlichen auch eine sogenannte „innere Einheit“ gibt. Eine Frage die in den letzten Jahren noch sehr unterschiedlich eingeschätzt wurde. So stellte, beispielsweise Hans- Joachim Veen bereits 1997 fest: „wir habe sie bereits“. Demgegenüber behauptet Max Kaase: „… die Herstellung der inneren Einheit [sei] ein langwieriger Prozess, in dem immer wieder Rückschlage zu verzeichnen sein werden. Von einer inneren Einheit […] ist die Bundesrepublik noch weit entfernt“.[1] Die Frage: “ vereint und doch geschieden?“ Ist nach vierzig jähriger Trennung Deutschlands eine Annäherung der beiden politischen Kulturen überhaupt noch möglich?
Im Folgenden soll dieses Problem nun näher erörtert werden.
Der Begriff der Politischen Kultur bezeichnet im engeren Verständnis „die Gesamtheit der Werte, Glaubensüberzeugungen und Einstellungen der Bürger zu den politischen Institutionen, den politischen Vorgängen und der Staatstätigkeit. Im weiteren Verständnis umfasst die Politische Kultur zusätzlich das tatsächliche Verhalten, mitunter auch die Struktur und Funktionsweise politischer Institutionen.“[2] Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch wird der Begriff der politischen Kultur wertfrei verwendet.
1.2. Forschungsstand
Die politische Kultur-Forschung entstand als Reaktion auf den Zweiten Weltkrieg. Sie versuchte das Scheitern der Weimarer Republik und den Aufstieg der NSDAP, „inmitten aller Tradition der Philosophie, der Kunst und der aufgeklärten Wissenschaft“[3], zu erklären.
Dabei ist politische Kultur-Forschung keine einheitliche Forschungsrichtung mit einer klar umrissenen Kulturkonzeption oder einer gemeinsamen Methodik. Sie kann auch nicht den Anspruch erheben, Aussagen über die politische Kultur einer Nation mit naturwissenschaftsanaloger Genauigkeit machen zu können. „Eine synoptische Erfassung der politischen Kultur Ost- wie Westdeutschlands bleibt ein utopisches Unterfangen.“[4]
Kritik wird immer wieder an der Unschärfe des Konzepts und der Ungenauigkeit der Umfragemethode geübt, da die in diesen geäußerten Meinungen nicht immer dem tatsächlichen Verhalten z.B. bei Wahlen, entsprechen. Auch die vage Begriffsbestimmung und der unterschiedliche öffentliche und wissenschaftliche Sprachgebrauch, lösen zum Teil heftige Kontroversen aus.[5] Trotz zahlreicher Kritik und unterschiedlichen Akzentsetzungen verschiedener Autoren hat sich das Konzept der „Politischen Kultur“ als „etablierte Komponente politikwissenschaftlicher Forschung in westlichen Demokratien“ erwiesen. Sowohl Dauerhaftigkeit als auch Wandel von Einstellungen und Werten und ihre spezifische Bedeutung im Sinngefüge Politischer Kultur können erfasst werden.
Der deutsche Fall, auch mit den Veränderungen, auch nach 1989/90, wirft Fragen auf, die es zu klären gilt. Gibt es eine nachgeholte Identität, verbunden mit einer gewissen Nostalgie unter Ostdeutschen, die zu einer „Mauer in den Köpfen“ zwischen Ost- und Westdeutschen führen könnte? Wird es für längere Zeit zwei politische Kulturen in Deutschland geben? Inzwischen hat die Erforschung des deutschen Vereinigungsprozesses sogar eine eigene Forschungsgeschichte. Die Theorie der "nachholenden Modernisierung", beispielsweise, impliziert die Übertragung derjenigen Institutionen und Verhaltensweisen, die sich über vierzig Jahre in der alten Bundesrepublik herausgebildet hatten, in die neuen Bundesländer.[6]
1.3. Aufbau
Im Folgenden werden zunächst theoretische Grundlagen und Methoden der Betrachtung politischer Kultur, sowie die politisch- kulturelle Ausgangssituation West- und Ostdeutschlands betrachtet. Im Weiteren wird die politische Kultur Deutschlands nach der Vereinigung analysiert, um schließlich die Frage, nach der „inneren Einheit“ Deutschlands, beantworten zu können.
2. Theoretische Grundlagen und politisch- kulturelle Ausgangssituation
2.1. Theoretische Grundlagen und Methoden
Oberstes Ziel aller politischen Systeme liegt in deren Stabilisierung, indem politische Struktur und politische Kultur in Einklang gebracht werden.[7] Betrachtet man die politische Kultur einer Demokratie, so ist das wichtigste Kriterium einer politischen Gemeinschaft die Unterstützung der Demokratie durch die Bürger. Nach dem Konzept der politischen Kultur ist Demokratie ein mehrdimensionales Phänomen. Es werden die grundlegenden Einstellungen zur Demokratie als Herrschaftsordnung und damit verbundenen Werte der politischen Gleichheit und individuellen Freiheit, die Unterstützung der Demokratie, so wie sie im eigenen Land durch die Verfassung institutionalisiert ist und die Beurteilung, wie die Demokratie des eigenen Landes tatsächlich funktioniert, betrachtet.[8]
Die minimale Bedingung dafür, dass eine politische Gemeinschaft als eine demokratische bezeichnet werden kann, ist demnach die grundsätzliche Befürwortung der Demokratie als Herrschaftsordnung gegenüber sämtlichen Alternativen wie z. B. eine Autokratie oder eine Diktatur.[9]
Die politische Kultur-Forschung bedient sich in der Regel einer vergleichenden Methode: Hierbei wird in verschiedener Richtung verglichen. Man vergleicht sowohl verschieden politikgeschichtliche Phasen eines Volkes, als auch verschiedene gleichzeitig existierende nationale Kulturen miteinander. Es kommt auf diese Weise zu einer doppelten Verschränkung, welche die Beschreibung der eigenen politischen Kultur erst ermöglicht. Der politische Zweck wissenschaftlicher Vergleichung ist Angleichung.[10]
[...]
[1] Vgl. Fuchs, Dieter/ Edeltraud Roller: Die Einstellung zur Demokratie in Deutschland, in: Breit, Gotthard (Hrsg.): Politische Kultur in Deutschland. Eine Einführung, 2. Aufl., Schwalbach/ Ts. 2004, S. 30.
[2] Schmidt, Manfred G.: Wörterbuch zur Politik, 2. Aufl., Stuttgart 2004, S. 549-550
[3] Glaser, Hermann: Kultur und Identitäten, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“, B50 (2001), S. 3.
[4] Thumfart, Alexander: Politische Kultur in Ostdeutschland, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“, B 39-40 (2001), S. 7.
[5] Vgl. Berg- Schlosser, Dirk: Erforschung der politischen Kultur- Begriffe, Kontroversen, Forschungsstand, in: Breit, Gotthard (Hrsg.): Politische Kultur in Deutschland. Eine Einführung, 2. Aufl., Schwalbach/ Ts. 2004, S. 10.
[6] Vgl. ebd., S. 23-24
[7] Vgl. Bergem, Wolfgang: Die Vergangenheitsprägung der deutschen politischen Kultur, in: Breit, Gotthard (Hrsg.): Politische Kultur in Deutschland. Eine Einführung, 2. Aufl., Schwalbach/ Ts. 2004, S. 43.
[8] Vgl. Fuchs, Dieter: Die Einstellung zur Demokratie in Deutschland, in: Breit, Gotthard (Hrsg.): Politische Kultur in Deutschland. Eine Einführung, 2. Aufl., Schwalbach/ Ts. 2004, S. 30-31.
[9] Vgl. Fuchs, Dieter: Die Einstellung zur Demokratie in Deutschland, in: Breit, Gotthard (Hrsg.): Politische Kultur in Deutschland. Eine Einführung, 2. Aufl., Schwalbach/ Ts. 2004, S. 31.
[10] Vgl. Greiffenhagen, Martin und Sylvia: Politische Kultur, in Handwörterbuch zur politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl., Wiesbaden 2002, S. 389.
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