Die Ethik von Wolfhart Pannenberg - Grundzüge und Thema Staat


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2006

37 Pages, Note: 2,0


Extrait


INHALTSVERZEICHNIS

I. EINLEITUNG
1. Vorwort
2. Definitionen

II. WOLFHART PANNENBERG
1. Biographie
2. Theologie
2.1 Die Sinnfrage des Menschen
2.2 Die Sinnantwort des christlichen Glaubens
2.3 Die Begründung
2.3.1 Einheit der Geschichte
2.3.2 Beweis der Einheit der Geschichte durch Totalität
2.3.3 Die Antizipation des Endes der Geschichte durch Jesu Auferstehung
2.3.4 Die Evidenz des Christusgeschehens
2.4 Verortung und Kritik der Theologie Pannenbergs

III. ETHIK
1. Deskriptive Ethik
1.1 Das Problem: Die Krise des Ethischen
1.2 Die Ursache: Die Krise der christlichen Religion
2. Metaethik
2.1 Die Priorität des ontologischen Problems
2.2 Fundamentaltheologie > Dogmatik > Ethik
3. Normative Ethik
3.1 Allgemeine Ethik
3.1.1 Anthropologische Ausrichtung der Ethik
3.1.2 Das Reich Gottes als höchste Gemeinschaft zum Ziel
3.1.3 Das Doppelgebot der Liebe als Folge
3.1.4 Allgemeingültigkeit einer solchen Ethik
3.2 Spezielle Ethik - Thema Staat
3.2.1 Anthropologie: Ebenbild Gottes, zoón politikón, Gleichheit vor Gott
3.2.2 Staatstheorie: Rückbesinnung auf die religiösen Quellen
3.2.3 Staatsform: Keine biblische Forderung zur Einordnung
3.2.4 Recht: Keine Gerechtigkeit ohne Gott

IV. ZUSAMMENFASSUNG UND BEWERTUNG
1. Zusammenfassung
2. Bewertung

LITERATURVERZEICHNIS

ENDNOTENVERZEICHNIS

Anlagen:

- Anlage 1: Werte, Normen, Moral & Ethik

- Anlage 2: Deskriptive Ethik, normative Ethik & Metaethik

- Anlage 3: Philosophische, religiöse, christliche & evangelische Ethik

- Anlage 4: Herrschaftsformen und Bewertung durch Pannenberg

I. EINLEITUNG

1. Vorwort

Der Fundamentaltheologe Wolfhart Pannenberg ist bekannt geworden für seine „Systematische Theologie“ (3 Bände), insbesondere für sein Konzept der „Geschichte als Offenbarung“. Im Zusammenhang damit hat Pannenberg auch eine Ethik entworfen, welche stärker in einzelnen Schriften verstreut ist und in dieser Arbeit gesammelt dargestellt werden soll.

Ich möchte dabei vom Allgemeinen zum Einzelnen vorgehen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Der Aufbau dieser Arbeit

Wolfhart Pannenbergs Ethik hängt von seiner Theologie ab. Diese wiederum von seiner Biographie (nach einhelliger Meinung besteht ein Zusammenhang zwischen Theologie und Biographie).[i]

Deshalb behandle ich in Kapitel II zunächst Pannenbergs Biographie und Theologie, bevor ich mich dann im Kapitel III seiner Ethik zuwende.

2. Definitionen

Zur Begriffsklarheit und zur Verortung von Pannenbergs Ethik im Gesamtsystem verweise ich vorab auf folgende Definitionen:

- Werte, Normen, Moral & Ethik ® Anlage 1
- Ethik ® Anlage 2
- Philosophische, religiöse, christliche & evangelische Ethik ® Anlage 3

II. WOLFHART PANNENBERG

1. Biographie

a) Leben

Wolfhart Pannenberg wurde am 02.10.1928 in Stettin geboren und in einem nicht-christlichen Umfeld erzogen. Nähere (auto-)biographische Angaben über seine Zeit im National-sozialismus und 2. Weltkrieg liegen nicht vor.

Pannenberg wirkte von 1968 bis 1994 in 26 Jahren Tätigkeit als Professor für Systematische Theologie (später: Fundamentaltheologie) in München. Davor hatte er kürzere Professuren in Wuppertal und Mainz inne (neben Gastprofessuren in den USA).

b) Lehrer

Pannenberg studierte Theologie und Philosophie in Berlin, Göttingen, Basel und Heidelberg.

Im Theologiestudium haben ihn v.a. G. v. Rad (Rekonstruktion der Theologie des Alten Testamentes aus der Überlieferungsgeschichte) sowie E. Schlink (Ökumene und interdisziplinärer Dialog) geprägt.

Er setzte sich mit den wichtigen Strömungen der evangelischen Theologie seiner Zeit auseinander - und davon ab: K. Barth (Neo-Orthodoxie) und R. Bultmann (existentiale Interpretation).

Im Philosophiestudium war v.a. N. Hartmann (Idealismus, materiale Wertethik) seine Bezugsgröße, der an die idealistische Philosophie von G. W. F. Hegel und die Wertethik von M. Scheler anknüpfte.

c) Werke

Pannenberg veröffentlichte über 600 Titel. Die wichtigsten davon:

- „ Offenbarung als Geschichte “ (1961) [= KONZEPT]
- „ Systematische Theologie “ (1988-1993) [= AUSARBEITUNG]
- „Anthropologie in theologischer Perspektive“ (1962, 1983) [= ANSATZ]

Daneben gründete er das Ökumenische Institut München und war Delegierter der EKD im Ökumenischen Rat der Kirchen von 1975 bis 1990.[ii]

d) Wirkung

Pannenbergs Bedeutung für die Theologie ist umstritten:

- „Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß Pannenbergs theologische Konzeption einer der herausragenden Beiträge zur protestantischen Theologie des 20. Jahrhunderts ist, der auch beträchtliche Debatten in der römisch-katholischen Kirche angeregt hat.“[iii] „Im Blick auf seine Auffassung der Aufgabe der Theologie, ein authentisch christliches und intellektuell plausibles Wirklichkeitsverständnis darzustellen ..., ist zu hoffen, daß viele Theologen die Anregungen von Pannenbergs Versuch aufnehmen.“[iv]
- „Pannenberg gelangt mit seinem universalhistorischen Entwurf im Grunde nur bis zur Auferstehung Jesu. Von dort an gibt er nur noch einige sporadische Notizen zur Geschichte. Dadurch bleibt sein Reden von dem ‚Vorwegereignis‘ des Endes der Geschichte merkwürdig abstrakt. Pannenberg erinnert an einen Architekten, der den Grundriß eines Hauses vorlegt, den Schlüssel überreicht und versichert, der Bau sei fertig, während die Bauarbeiter noch nicht einmal mit dem Ausschachten der Fundamente begonnen haben. Auf Pannenbergs Theologie der Geschichte trifft der Satz Gottfried Benns zu: ‚Wer Geschichte sagt, hat der Gegenwart nichts zu sagen.‘“[v]

Ob er weiterhin rezitiert werden wird, wird die Zukunft zeigen.

2. Theologie

Pannenberg war Fundamentaltheologe.

„Während die katholische Fundamentaltheologie den Schwerpunkt auf die vernunftmäßige Begründung der im Glauben anerkannten Offenbarungswahrheit setzt, schwankt die evangelische Theologie zwischen einer Grundlagen- und Methodenlehre (z. B. Joest) und einer religionsphilosophischen Grunddisziplin unter dem Gesichtspunkt einer grundlegenden ‚Sinnerfahrung‘ (Pannenberg).“[vi]

Mit diesem Zitat aus der RGG ist gleichzeitig die „ökumenische“Fundamentaltheologie Pannenbergs umrissen:

Pannenberg schreitet von der Anthropologie (Sinnfrage) über den christlichen Glauben (Sinnantwort) hin zur (eschatologisch-)geschichtlichen Evidenz des Christusgeschehens (Begründung, d.h. Beweis der Wahrheit der Offenbarung durch die Vernunft anhand der Geschichte).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Die Fundamentaltheologie Pannenbergs

2.1 Die Sinnfrage des Menschen

a) Anthropologie als Ausgangspunkt

Pannenberg bestimmt den Menschen nicht nur als Ziel, sondern auch als Ausgangspunkt seiner theologischen Überlegungen.

Als biologische Besonderheit des Menschen sieht Pannenberg die Weltoffenheit. Der Mensch kann über die Welt und sich selbst nachdenken. Daran schließt sich die (philosophische) Frage nach dem Guten und letztlich die Sinnfrage an.[vii] Dies ist die erste argumentative Schlüsselstelle.

Zudem sei der Mensch ein von Natur aus auf Gemeinschaft angelegtes Lebewesen - ein „ zoón politikón “ (vgl. Aristoteles).[viii]

b) Fundamentaltheologie als Folge

Für eine auf dieser anthropologischen Sicht basierenden Theologie hat dies Konsequenzen: Sie muß sich mit der Philosophie beschäftigen, wenn „das Reden von Gott theoretischen Wahrheitsgehalt beanspruchen“ will.[ix]

Folglich „fällt der theologischen Anthropologie heute der Rang einer Fundamentaltheologie zu.“, d.h. die Theologie (und der Glauben) muß sich auf die Philosophie (und die Vernunft) einlassen.[x]

2.2 Die Sinnantwort des christlichen Glaubens

Pannenberg beschreibt das zukünftige Reich Gottes (Leben mit Gott) als Ziel des Strebens nach Glück, das auf der Erde nicht befriedigt werden kann.[xi] Das höchste Gut für den Menschen sei Gott und die Gemeinschaft mit ihm.[xii]

Die Sinnantwort ist also der christliche Glaube. Zum christlichen Glauben kommt es dort, wo die Heilsbedeutung der Geschichte Jesu sich als Sinnerfüllung für den einzelnen bewährt.[xiii]

Er grenzt sich von anderen Sinnantworten mit folgenden Begründungen ab:

- „In diesem Punkt stimmt das christliche Glaubensbewußtsein in bemerkenswerter Weise mit dem Urteil von Karl Marx überein, dass der Mensch ebendeshalb eine religiöse Verwirklichung seines Wesens konzipiert, weil sein menschliches Wesen keine definitive irdische, politische Verwirklichung hat.“[xiv] D.h.: Keine philosophische Antworten.
- „Es ist der verbreitete Grundfehler atheistischer Beschreibungen des menschlichen Verhaltens, daß sie das Personsein, die Subjektivität des Menschen, als etwas Vorhandenes nehmen, als ein vorhandenes Ich, das dennoch sich selbst erst konstituiert im Akt seiner Wahl. Dabei wird in einem Atemzuge das Ich als schon bestehendes und als erst durch den Akt seiner Wahl konstituiert behauptet. ... Darum gewinnt sich der Mensch als Person, als freie Subjektivität, nur aus der Begegnung mit anderen Personen...“.[xv] D.h.: Keine individual-religiöse Antworten.
- „Während in der einfachen Sinnerfahrung die Sinntotalität nur implizit, als Bedingung der Bestimmtheit des jeweiligen besonderen Bedeutungsgehaltes antizipiert wird, handelt es sich bei der religiösen Erfahrung bereits um eine Form explizierten Bewußtseins von der Sinntotalität der Wirklichkeit... .“[xvi] D.h.: Nur eine religiöse Antwort ist eine vollständige Antwort.

Es folgt nun der Beweis, daß die christlich-religiöse Antwort die Sinnantwort schlechthin ist.

2.3 Die Begründung

Der christliche Glaube bewährt sich als Sinnantwort, weil es nach Pannenberg selbst für einen nicht-christlichen (und vernünftigen) Historiker evident sein müßte, daß sich Gott in Form der Geschichte allgemein und in Jesus speziell offenbart hat.

Die Pointe in Pannenbergs theologischen Programm und Beweisführung ist: Offenbarung nicht nur in der Geschichte sondern als Geschichte.[xvii]

Pannenberg begründet dies wie folgt:

2.3.1 Einheit der Geschichte

Pannenberg setzt eine Einheit der Geschichte voraus. Dies ist die zweite argumentative Schlüsselstelle.

Der Beginn und der Lauf der Geschichte besteht demnach nicht aus chaotisch-zufälligen Ereignissen, sondern hat von Anfang an einen Plan. Geschichte folgt Gesetzmäßigkeiten. Dies benötigt einen außerhalb der Geschichte stehenden, also transzendenten Gesetzgeber. Gott.

„Da nur der Gottesgedanke es ermöglicht, die Einheit der Geschichte in Wahrung der Eigenart des Geschichtlichen zu denken, sollte er eigentlich dem Historiker unentbehrlich sein.“[xviii]

2.3.2 Beweis der Einheit der Geschichte durch Totalität

„Die Endgültigkeit von Wahrheit und Unwahrheit und damit auch die Nähe oder Ferne geschichtlicher Epochen zur Wahrheit wird erst im Lichte des Endes aller Dinge sichtbar.“[xix]

Pannenberg greift hier ein Prinzip aus der Philosophie (Logik) auf – den induktiven Schluß: von dem Fall und dem Resultat wird auf die Regel geschlossen.[xx]

„In der Religionsgeschichte ist die göttliche Wirklichkeit nur als strittige am Werke, und gerade so läßt sich die Religionsgeschichte als der Weg Gottes zu seiner Offenbarung verstehen. Erst mit der Offenbarung der wahren Natur des Göttlichen wird auch die Frage des Daseins Gottes endgültig entschieden sein...“.[xxi] Eigentlich ist es ziemlich banal: Wenn wir vor Gott stehen werden, wissen wir sicher, daß es ihn gibt.

[...]


[i] Weinrich, Theologie und Biographie , S. 51

[ii] Wenz, Wolfhart Pannenberg, S. 87-90

[iii] Schwöbel, Wolfhart Pannenberg, S. 267f

[iv] Schwöbel, Wolfhart Pannenberg, S. 271

[v] Zahrnt, Die Sache mit Gott, S. 322

[vi] Stock, Erfahrung: Fundamentaltheologisch, S. 1402

[vii] Pannenberg, Grundlagen der Ethik, S. 81

[viii] Pannenberg, Grundlagen der Ethik, S. 58

[ix] Pannenberg, Gottesgedanke und menschliche Freiheit, S. 16

[x] Pannenberg, Gottesgedanke und menschliche Freiheit, S. 20

[xi] Pannenberg, Grundlagen der Ethik, S. 81

[xii] Pannenberg, Beiträge zur Ethik, S. 89

[xiii] Pannenberg, Die Krise des Ethischen und die Theologie, S. 67

[xiv] Pannenberg, Beiträge zur Ethik, S. 13

[xv] Pannenberg, Gottesgedanke und menschliche Freiheit, S. 44

[xvi] Pannenberg, Wissenschaftstheorie und Theologie, S. 336

[xvii] Fischer, Protestantische Theologie im 20. Jahrhundert, S. 163

[xviii] Pannenberg, Heilsgeschehen und Geschichte, S. 259

[xix] Pannenberg, Gottesgedanke und menschliche Freiheit, S. 28

[xx] Ulfig, Lexikon philosophischer Begriffe, S. 202

[xxi] Pannenberg, Gottesgedanke und menschliche Freiheit, S. 46f

Fin de l'extrait de 37 pages

Résumé des informations

Titre
Die Ethik von Wolfhart Pannenberg - Grundzüge und Thema Staat
Université
Augustana University of Applied Sciences Neuendettelsau
Cours
Ethisches Seminar - Grundpositionen christlicher Ethik
Note
2,0
Auteur
Année
2006
Pages
37
N° de catalogue
V76530
ISBN (ebook)
9783638826204
ISBN (Livre)
9783638834797
Taille d'un fichier
701 KB
Langue
allemand
Mots clés
Wolfhart, Pannenberg, Staat, Seminar, Theologie, Biographie, Sinnfrage, Offenbarung als Geschichte, Deskriptive Ethik, Metaethik, Voluntarismus, Werte, Normen, Moral, Ethik, Prinzipienethik, Dogmatik, Theologie und Biographie
Citation du texte
Diplom-Verwaltungswirt (FH) Peter Schmidt (Auteur), 2006, Die Ethik von Wolfhart Pannenberg - Grundzüge und Thema Staat, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76530

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