Die rasche Information aus dem Mund des Nachrichtensprechers oder das Frühlingsgedicht eines Romantikers, der freche Morgenspruch eines Weckermoderators oder die tiefschürfende Antwort eines Philosophen zur Zeit, das vorsichtige Politikerwort ebenso wie die exakte Ansage eines Musikstückes.
Sicher auch Überflüssiges. Aber reden ist Kommunikation. Und Kommunikation ist das Geschäft des Radios. Und reden, sprechen, zitieren, vorlesen, plaudern, diskutieren sind seine Elemente, die gleichberechtigt neben dem Musizieren stehen. Musik kann man nun entweder aufmerksam oder kontemplativ oder auch als akustische Tapete als Stimmungs- und Milieumacher hören. Hörspiel und der Vortrag, die Dokumentation und die Nachricht heischen Zuwendung der Gedanken des Hörers. Das Wort im Radio fordert Aufmerksamkeit. Eine Aufmerksamkeit, die es sich erst verschaffen muß. Es liegt nicht im bequemen Bett des vorgefaßten Entschlusses wie etwa das geschriebene Wort, wenn es gelesen wird von einem, der sich zum Lesen entschlossen hat. Das Wort im Radio lebt also entscheidend von der Attraktion seiner Transportmittel: von der Stimme des Sprechers, von der Technik der akustischen Modulation, von der speziellen Ausformung und Gestaltung durch den Schreiber. Das Wort im Radio muß ,,Spreche" sein. Sein Urherber muß ,,Spreche" schreiben können und sein Sprecher muß diese ,,Schreibe" sprechen können. Das Wort im Radio hat`s nicht leicht.
Doch es ist da. Der Hörer, der ihm ein Stückchen entgegenkommt, wird die Vielfalt und die Tiefe, den Humor und die Wahrheit, die Stimmung und die Gefühle, die ihm das Wort aus dem Radio bietet, staunend und dankbar annehmen. Der Bischof von Innsbruck hat vom Wort Radio gesagt: ,,Es ist ein Schacht in die Tiefe und eine Straße in die kleine Einsamkeit." Eine schöne Definition für Radio.
(Zitat: Ernst Grissemann, Hörfunkintendant)
Viel Spass beim Durchlesen mit vielen neuen Impressionen und Ideen wünsche ich Ihnen.
Mag. phil. Thomas Müller
Schlins/Vorarlberg/Österreich
Inhaltverzeichnis
1. Entstehung des Hörspiels
- „Im Anfang war das Wort ...“
- Wichtige Daten, einige Zitate
- Historischer Exkurs
- Übersicht und Vergleich
- Anzahl der Hörspielsendungen
2. Entwicklung des Hörspiels
- Neues Hörspiel
- Veränderung der Hörgewohnheiten
- Der Hörfunk - wer hört wann?
3. Hinblick auf die Zukunft
- Verkabelte Literatur? Die Chancen des Hörspiels in der Medienzukunft.
- 10 Jahre Kunstradio „Recycling the future“
4. Meinungen
- Studenten des Multimediakollegs
- Dr. Konrad Zobel, Leiter Literatur & Hörspiel, Ö1
- Josef Broukal, ZIB- & Modern Times-Moderator, ORF
- Persönliche Meinung
1. Entstehung des Hörspiels
„Im Anfang war das Wort ...“
Etwa die Hälfte[1] all dessen, was der Österreichische Rundfunk als Radioprogramm aus den Lautsprechern, in die Kopfhörer dringen läßt, ist Wort.
Gesprochenes Wort
Die rasche Information aus dem Mund des Nachrichtensprechers oder das Frühlingsgedicht eines Romantikers, der freche Morgenspruch eines Weckermoderators oder die tiefschürfende Antwort eines Philosophen zur Zeit, das vorsichtige Politikerwort ebenso wie die exakte Ansage eines Musikstückes.
Sicher auch Überflüssiges. Aber reden ist Kommunikation. Und Kommunikation ist das Geschäft des Radios. Und reden, sprechen, zitieren, vorlesen, plaudern, diskutieren sind seine Elemente, die gleichberechtigt neben dem Musizieren stehen. Musik kann man nun entweder aufmerksam oder kontemplativ oder auch als akustische Tapete als Stimmungs- und Milieumacher hören. Hörspiel und der Vortrag, die Dokumentation und die Nachricht heischen Zuwendung der Gedanken des Hörers. Das Wort im Radio fordert Aufmerksamkeit. Eine Aufmerksamkeit, die es sich erst verschaffen muß. Es liegt nicht im bequemen Bett des vorgefaßten Entschlusses wie etwa das geschriebene Wort, wenn es gelesen wird von einem, der sich zum Lesen entschlossen hat. Das Wort im Radio lebt also entscheidend von der Attraktion seiner Transportmittel: von der Stimme des Sprechers, von der Technik der akustischen Modulation, von der speziellen Ausformung und Gestaltung durch den Schreiber. Das Wort im Radio muß „Spreche“ sein. Sein Urherber muß „Spreche“ schreiben können und sein Sprecher muß diese „Schreibe“ sprechen können. Das Wort im Radio hat‘s nicht leicht.
Doch es ist da. Der Hörer, der ihm ein Stückchen entgegenkommt, wird die Vielfalt und die Tiefe, den Humor und die Wahrheit, die Stimmung und die Gefühle, die ihm das Wort aus dem Radio bietet, staunend und dankbar annehmen. Der Bischof von Innsbruck hat vom Wort Radio gesagt: „Es ist ein Schacht in die Tiefe und eine Straße in die kleine Einsamkeit.“ Eine schöne Definition für Radio.
Ernst Grissemann, Hörfunkintendant
Wichtige Daten, einige Zitate: Deutschland, (1917-1968)
1917 Oktober: Erstmals[2] gab es im Soldatengraben „Unterhaltung“ im Kriegsfunk
1919/20 Die Hauptfunkstelle der Reichspost in Königswusterhausen beginnt Versuche zur Übertragung von Nachrichten und Musiksendungen aus 80 Postämter in Deutschland - es folgen auch Funkberichte über Sitzungen der Nationalversammlung
1922 14. November: BBC beginnt zu senden
1923 In Amerika mischt man Stimmen und Geräusche zur Verständigung der Handlung
1924 Es existieren bereits unterschiedlichste Hörspielformen: Das Hörbild und die Hörfolge (=mehrere Hörbilder, reportagenähnliche Kurzszenen umrahmt von Gedichten, Geräuschen und Musik). In späteren Jahren wird man dies teilweise in Reportage, Feature und Hörspiel einordnen.
- Sprecher agieren live und in voller Kostümmontur vor dem Mikrofon
- Inhaltlich dominieren neben der Adaption klassischer Dramen die Darstellung echter oder fingierter Katastrophen
Erstes Hörspiel-Preisausschreiben: Hörspiel, nicht länger als 15-20 Minuten mit 5000 DM ausgeschrieben. Mangels Beteiligung und Aussichtslosigkeit wird es zurückgezogen.
1927 Brecht Bertolt: „Distributionsapparat Rundfunk ist in ein Kommunikationsapparat umzufunktionieren ... aus dem Radio eine wirklich demokratische Sache machen - Den Hörer zum aktiven Mitspieler werden lassen“[3]
1928 Innerer Monolog als Stilmittel (u.a. Kesser: Krankenschwester schildert monologisch den Selbstmord eines von ihr geliebten Patienten)
1929 Erste Blütezeit. Innerer Monolog tritt in den Vordergrund. „Sozialistisch“ orientierte Hörspiele von: Bertolt Brecht, Walter Benjamin, Alfred Döblin, ...
1930 Kasseler Arbeitstagung: Dichtung und Kunst - Erste hörspieltheoretische Arbeiten, Stilelement Geräusch wird verwendet
1933 „Erziehung zum Kollektivgeist“ - Das Hörspiel wird zum pseudoreligiösen Kult und immer weiter und stärker für die Kriegs- und Nazipropaganda benutzt. Viele Autoren wie Döblin, Kesser, Kasack werden nicht mehr gespielt, andere, die sich sich dem Nationalsozialismus anpassen, schreiben Hörspiele die n der bäuerlichen Welt verwachsen sind. Es werden auch Auftragsarbeiten für verschiedene Feiern des Dritten Reiches vergeben. Das Hörspiel wird zum Propagandainstrument umfunktioniert.
1935 Im Spätabendprogramm werden für kurze Zeit nichtnationalistische Hörspiele gesendet
1937 Im Exil entstehen Hörspiele z.B. von Bertolt Brecht und Anna Seghers (ihr einzigstes Hörspiel)
1938 Anteil der Hörspielsendungen im Rundfunkprogramm: 0,9%
1939 Propagandastücke von 10-20 Minuten. Vom Siebilder/Heil bis zur Durchhalteparole
1930/40 Mit dem Original-Ton-Hörspiel (O-Ton) von Volker Starke eröffnet der Sender Hamburg wieder seine Hörspielproduktion - Innovative Technik für das Hörspiel: Bandmaschinen werden erstmalig verwendet, Live-Auftritte vor dem Mikrofon entfallen
1942/43 Musique concréte des französischen Rundfunks, auf das sich in den späten 60-er Jahren das „Neue Hörspiel“ (mit)beziehen und weiterentwickelt wird. Von Pierre Schaeffer und Jacques Copueau wurde damals ein Versuchsstudio gegründet
1945 Die meisten Hörspielarchive sind zerstört - so beschreiben auch die Themen bis ca. 1961 (nach J.M.Kamps): die Sinnlosigkeit des Krieges, Ost-West-Probleme, der innere Widerstand, das Verhältnis zu Juden, der Schuld-Sühne-Komplex, Wohlstandsgesellschaft, Eheleben, Identiät, Macht und Faschismus
1950 SDR (Süddeutscher Rundfunk) gibt das erste Hörspielbuch heraus, Hörspiele gibt es nun in gedruckter Form Trennung von Hörspiel- und Feature-Redaktion beim NWDR (Nordwestdeutschen Rundfunk) - Das Hörspiel der 50-er: Tendenz zur Verinnerlichung und zur Reduzierung der Wirklichkeit auf den menschlich-privaten Bereich, „die ihre Aussagen nicht mehr direkt, sondern zunehmend in poetisch reizvollen, phantastischen Bildern einer entsprechend geschulten Hörergemeinschaft vermittelten“, so Würffel.
1956 Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt verdienen sich die ersten Sporen mit dem Hörspiel
1959/60 Zehn Rundfunkstationen in Deutschland produzieren ca. 350 Neuproduktionen, davon 100-200 Ursendungen mit insgesamt 1000 Hörspielterminen
1961 Friedrich Knilli:“Jedes Hörspiel kann ein Hörspiel sein. Das Hörspiel ist somit keine (weitere) literarische Gattung sondern vom technischen Mittel Radio, der Akustik, des Hörens abhängig ... Das literarische Hörspiel ist heute als Modell eindeutig erschöpft, es bringt nur mehr Gleiches, längst Dagewesenes, Totes hervor. Routine, Sterilität und Phraseologie greifen um sich.“
1965/66 Der „Noveau Roman“ beeinflußt das Hörspiel im weiteren Verlauf. Man spricht vom „Neuen Hörspiel“. (Nathalie Sarraute, Claude Ollier). Gerhard Rühm, Reinhard Döhl, Bernd Alois Zimmerman arbeiten in diese Richtung Hörspielversuche aus, die zunächst abgelehnt werden
1968 Sprache und Sprachkritik rückt in den Mittelpunkt: Sprache als Material („Neues Hörspiel“) - Helmut Heissebüttel:„Alles ist möglich. Alles ist erlaubt“) - Das Hörspiel entwickelt sich hin zum Sprechspiel. Schwitzke:„Das Neue Hörspiel dagegen ist ein Kind einer Zeit des Überflusses und des Konsums.“
Historischer Exkurs - Ö1 (Österreich)
1945 formieren[4] sich in den vier Besatzungszonen eigenständige Sendergruppen:
- „Radio Wien/RAVAG“ (in der russisch besetzten Zonen)
- Sendergruppe „Rot-Weiß-Rot“ (in Salzburg, mit Filialen in Linz und Wien)
- Sendergruppe „Alpenland“ (in Steiermark und Kärnten)
- Sendergruppe „West“ (in Tirol und Vorarlberg)
1955 stellt „Rot-Weiß-Rot“ den Betrieb ein, alle Sender werden zum unabhängigen „Österreichischen Rundfunk“ zusammengefaßt, mit Studios in Wien, Salzburg, Linz (Oberösterreich), Graz (Steiermark), Klagenfurt (Kärnten), Innsbruck (Tirol) und Dornbirn (Vorarlberg). 1967 kommen als Folge der großen Rundfunkreform die Landesstudios Niederösterreich und Burgenland dazu.
[...]
[1] Wort im Radio - Literatur, hrsg. Österreichischer Rundfunk, 2. Halbjahr, 1983 – 1984 (Signatur ONB: 1,228.003-C.Per.)
[2] http://hoerspiel.com, Gisselbrecht (C) 1997/1998
[3] Bertolt Brecht, Radiotheorie, 1929
[4] Hörspiel in Österreich. Eine Dokumentation. Dr. Konrad Zobel, Literatur & Hörspiel, Wien 1996
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