Kinder- und Jugendliteratur in Erziehung und Sozialisation anhand der Harry-Potter-Romane


Mémoire pour le Diplôme Intermédiaire, 2002

53 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhalt

Einleitung

1. Kinder- und Jugendliteratur – ein Überblick
1.1 Definitionen und Begriffsdifferenzierung
1.2 Zu den Gattungen der Kinder- und Jugendliteratur
1.2.1 Das Abenteuerbuch
1.2.2 Phantastische Kinder- und Jugendliteratur

2. Erziehung und Sozialisation
2.1 Begriffsklärung Erziehung
2.2 Begriffsklärung Sozialisation
2.3 Vergleich Erziehung - Sozialisation

3. Kinder- und Jugendliteratur in Erziehung und Sozialisation
3.1 Einfluss von Kinder- und Jugendliteratur auf Erziehung und Sozialisation
3.2 Zusammenhang: Definitionen von Kinder- und Jugendliteratur und Erziehung und Sozialisation
3.2 Autorentypen und ihre Intentionen

4. Einfluss der Harry-Potter-Romane auf Erziehung und Sozialisation
4.1 Kurzinhalt der Harry-Potter-Romane
4.2 Hypothesen: Einfluss der Harry-Potter-Romane auf Erziehung und Sozialisation
4.3 Aufbau des Fragebogens
4.4 Auswertung der Fragebögen
4.5 Vergleich: Ergebnisse der Fragebögen - Hypothesen

5. Schlussbetrachtungen

Literaturverzeichnis

Anhang

Einleitung

1997 – Das Jahr, in dem die Kinder- und Jugendliteratur um einen Meilenstein der besonderen Art erweitert wurde. Der erste Band der Harry-Potter-Romane „Harry Potter und der Stein der Weisen“ hält Einzug in die Buchläden der ganzen Welt. Bis heute sind vier Bände der Geschichte um Harry Potter erschienen und weltweit verkauften sie sich ungefähr 112 Millionen mal, davon in Deutschland allein mehr als 11 Million mal (vgl. FRASER in MARTIN 2001, S. 53ff). Seit dem sind die vier Bände in diversen Bestsellerlisten auf den vordersten Plätzen zu finden (siehe Anhang Bestsellerliste Spiegel 6/2002). Ein etwa vergleichenswerter Erfolg lässt sich nur in den 70er Jahren bei Tolkins „Herr der Ringe“ finden. Als eine Konsequenz dieses Erfolgs beschäftigen sich Kritiker, Pädagogen, Literaturwissenschaftler, andere Medien, die Kirche und auch Eltern mit der Wirkung und dem Einfluss der Harry-Potter-Romane auf die Erziehung und Sozialisation der Kinder und Jugendlichen. Ein Boom, wie ihn diese Bücher ausgelöst haben, bedarf immer einer detaillierten Betrachtung und Analyse. Allerdings lassen sich noch keine professionellen Abhandlungen zu dieser Thematik finden. Das Internet oder Zeitschriften als populär-wissenschaftliche Plattformen für Diskussionen, in denen der Inhalt und Wert der Harry-Potter-Romane analysiert werden, erscheinen mir da als nicht ausreichend, obgleich ich mich gelegentlich auch auf Angaben der Zeitschrift „Spiegel“ beziehe.

Um eine fundierte Bestätigung oder auch Widerlegung meiner Theorien über die Einflussmöglichkeiten der Harry-Potter-Romane auf Erziehung und Sozialisation von Kindern und Jugendlichen zu erlangen, habe ich mich eines von mir erarbeiteten Fragebogens für Schüler bedient. Den Rahmen dieser Arbeit bildet zudem die Auseinandersetzung mit der Begriffsdifferenzierung von Kinder- und Jugendliteratur und deren Einfluss auf Erziehung und Sozialisation. Zusätzlich soll ein Überblick über die verschiedenen Genre von Kinder- und Jugendliteratur einen Einblick in das große Feld dieser Literaturgattung geben. Eine Ergänzung der Thematik dieser Arbeit wäre eine allgemeine Betrachtung bzw. ein Vergleich zur Nutzung anderer Medien durch Kinder und Jugendliche und deren Einfluss. Der Rahmen und die Eingrenzung des Themas ließen diese Betrachtungen jedoch nicht zu.

1. Kinder- und Jugendliteratur – ein Überblick

1.1 Definitionen und Begriffsdifferenzierung

Wie viele andere Felder der wissenschaftlichen Analyse, birgt auch dieses eine weitreichende Komplexität in sich. Die Erläuterung einer Definition ist hierbei weder ausreichend noch zufriedenstellend. Zum allgemeinen Verständnis dient hierbei aber eine Definition aus dem Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur.
„KJL ist die Bezeichnung für a) alle Texte, welche ausdrücklich für Kinder und Jugendliche produziert sind (spezifische KJL), b) alle Schriften, welche von Kindern und Jugendlichen konsumiert werden, ohne daß sie für diese speziell verfertigt zu sein brauchen (z.B. Zeitung), oder von jugendlichen Lesern rezipiert (Schul-, Lehrbuch) werden (KJL im weiteren Sinne, auch Kinder- und Jugendlektüre). KJL wird in Büchern, Heften und anderen Druckerzeugnissen, im weitern Sinn auch in den Massenmedien wie Film, Tonband, Schallplatte verbreitet.“ (DODERER 1984, S.161)

Eine Auf- bzw. Einteilung von Kinder- und Jugendliteratur in die verschiedenen Bereiche ist aufgrund der Komplexität unabdingbar. Da sich die Kinder- und Jugendliteraturforschung in den letzten Jahren verstärkt mit dieser Einteilung beschäftigte, hat sich in der spezifischen Literatur eine weitreichend standardisierte Begriffsdifferenzierung herauskristallisiert. Eine Begrifflichkeit, die sich neben dem Begriff der Kinder- und Jugendliteratur durchgesetzt hat, ist die Kinder- und Jugendlektüre. Sie meint die von Kindern und Jugendlichen freiwillig außerhalb des Unterrichts und auch nicht in Begleitung zu diesem tatsächlich konsumierte Literatur (vgl. EWERS 2000, S.16). Diese Definition schafft eine klare Abgrenzung zur Schullektüre, die in der Regel verpflichtend ist. Verbleibend bei der Kinder- und Jugendlektüre ist eine Einteilung in intendierte und nicht- intendierte von Bedeutung.

Die intendierte Kinder- und Jugendlektüre beinhaltet den Teil der von Kindern und Jugendlichen konsumierten Literatur, die mit den Vorstellungen der Erwachsenen von geeigneter Kinder- und Jugendlektüre konform geht. Gemeint sind all die Texte, die
gelesen werden sollen und tatsächlich auch gelesen werden (vgl. EWERS 2000, S.19).

Zur nicht- intendierten Kinder- und Jugendlektüre zählen hingegen alle Texte, die von Kindern und Jugendlichen gelesen werden, obwohl diese nicht für sie bestimmt sind, d.h. nicht als geeignete potentielle Kinder- und Jugendlektüre gelten (vgl. EWERS 2000, S.19).

Dieser ersten allgemeinen Einteilung von Kinder- und Jugendlektüre sollen eine Reihe weiterer Definitionen folgen, die sich sehr stark überschneiden aber in ihren Randzonen doch differieren. Jede dieser Definitionen findet ihre Berechtigung, betrachtet man das weite Feld der Kinder- und Jugendliteraturforschung.

Die intentionale Kinder- und Jugendliteratur überschneidet sich z.B. im erheblichem Maße mit der intendierten Kinder- und Jugendlektüre. So zählen Vertreter der Kinder- und Jugendliteraturforschung wie Brüggemann 1982, Eckhardt 1987 und Ewers 1982 all die Texte dazu, die von Erwachsenen, autorisiert oder nicht autorisiert, als geeignete potentielle Kinder- und Jugendlektüre angesehen werden. Dabei handelt es sich teils um bloß zur Lektüre empfohlene, teils um für Kinder und Jugendliche eigens publizierte Lektüre (vgl. EWERS 2000, S.18). Auch bei dieser Definition sei anzumerken, dass es sich ausschließlich um freiwillig, d.h. in der Freizeit konsumierte Lektüre handelt.

Demgegenüber steht die Definition der sanktionierten Kinder- und Jugendlektüre. Sie beinhaltet die Gesamtheit der Texte, die von den gesellschaftlich dazu autorisierten Instanzen zur geeigneten Kinder- und Jugendlektüre erklärt worden und auch als diese ausgewiesen sind (vgl. EWERS 2000, S. 21). Bei der nicht-sanktionierten Lektüre wird diese Autorität der Instanzen durch andere Erwachsene umgangen.

Mit einem weiteren Aspekt, dem der Autorensicht, beschäftigt sich die Bedeutung der spezifischen Kinder- und Jugendliteratur. Sie umfasst die für Kinder und Jugendliche eigens hervorgebrachte Literatur, die seitens ihrer Urheber von vornherein als potentielle Kinder- und Jugendlektüre gedacht worden ist (vgl. EWERS 2000, S. 23).

Abschließend erfolgt die Betrachtung durch die Konsumenten. Sie sind entscheidend für den Erfolg eines Kinder- bzw. Jugendbuches. Kann sich ein Buch,
welches als potentielle Lektüre für die Zielgruppe ausgezeichnet ist, nicht oder vorerst nicht durchsetzen, gilt es als nicht-akzeptierte Kinder- und Jugendlektüre (vgl. EWERS 2000, S. 19). Setzt es sich hingegen durch, ist es durch die Konsumentengruppe akzeptiert.

Die dargestellte Grafik veranschaulicht nun noch einmal die anfänglich erwähnten Überschneidungen der einzelnen Bereiche der Kinder- und Jugendliteratur. Als die zwei Hauptbereiche sind hier die Kinder- und Jugendlektüre und die Intentionale Kinder- und Jugendliteratur dargestellt und die Teilbereiche, die sie implizieren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: EWERS 2000, S. 19

5 Kinder- und Jugendliteratur – ein Überblick

1.2 Zu den Gattungen von Kinder- und Jugendliteratur

Wie die Erwachsenenliteratur unterliegt auch die Kinder- und Jugendliteratur einer Einteilung in verschiedene Gattungen. Das soll auch hier dem Leser die Möglichkeit der Orientierung und einer gezielten Lektüreauswahl geben. Dass die Vielzahl dieser Gattungen nicht weniger zahlreich als die der Erwachsenenliteratur ist, lässt auch hier wieder auf die Wichtigkeit und Bedeutung von Literatur für Kinder und Jugendliche schließen. Einem Überblick über die verschiedenen Gattungen folgt im nächsten Abschnitt die nähere Beleuchtung zweier dieser Genres.

Die wissenschaftliche Literatur verfolgt in der Regel eine einheitliche Einteilung, differierend in einigen wenigen Unterpunkten, häufig nur in der eigentlichen Begrifflichkeit. Das Taschenbuch der Kinder- und Jugendliteratur, als eine der neusten wissenschaftlichen Erscheinungen zu dieser Thematik, unterteilt wie folgt: „Realistische Kinder- und Jugendliteratur“, „Phantastische Kinder- und Jugendliteratur“, „Kinderlyrik“, „Das Bilderbuch“, „Märchen, Mythen und Sagen“, „Fabel“, „Das Tierbuch“, „Der psychologische Kinderroman“, „Mädchenliteratur“, „Der Adoleszenzroman“, „Religiöse Kinder- und Jugendliteratur“, „Abenteuerliteratur“, „Geschichtliche Kinder- und Jugendliteratur“, „Zeitgeschichtliche Kinder- und Jugendliteratur“, „Comics für Kinder und Jugendliche“, „Krimis für Kinder und Jugendliche“, „Sciencefiction für Kinder und Jugendliche“ (LANGE 2000 Bd. 1, S. VII).

1.2.1 Das Abenteuerbuch

Dieses Genre ist neben dem der Märchen, Sagen und Mythen eines der ältesten und am weit verbreitetsten und ist in Bezug auf die Thematik dieser Arbeit von besonderer Bedeutung. Ein Grundmerkmal der Abenteuergeschichte ist die gesteigerte Dynamik des Handlungsablaufes. Verschiedene Geschehnisse reihen sich aneinander und ziehen den Leser in ihren Bann, bis sie über Umwege und Verwicklungen zu einem befriedigenden Abschluss gelangen (vgl. MAIER 1993, S.160).

Im Speziellen sind eine Vielzahl weiterer Merkmale kennzeichnend für die Abenteuerliteratur.

„Held und Gegenspieler, Freund und Feind, Aufgabe und Hindernis, Chance und Gefahr stehen sich gegenüber. Steigerungen, Höhepunkte, überraschende Wendungen, Auf und Ab in Bedrohung, Wagnis, Rettung und Glück verleihen der Handlung den Charakter erregender Bewegtheit.“ (MAIER 1993, S.160)

Des weiteren ist die Bevorzugung des Außergewöhnlichen und Fremdartigen spezifizierend für das Abenteuerbuch: „Es bewegt sich nicht im Gewohnten und Vertrauten, sondern führt in die Verhältnisse, die sich durch extreme Gegebenheiten deutlich von dem Gleichmaß und der Überschaubarkeit des Alltags abheben.“ (MAIER 1993, S. 160) Auch der Protagonist, der sogenannte „Held“ ist Träger vieler spezieller Eigenschaften. So werden ihm bei seinen Abenteuern vor allem Mut, Härte, Entschlossenheit, Durchhaltevermögen, Selbstdisziplin, Geistesgegenwart, Einfallsreichtum und Einsatz abverlangt (vgl. TABBERT 1979 in BAUMGÄRTNER 2000 in LANGE 2000, S. 417). Die Abenteuerliteratur lässt sich weiterhin durch verschiedene Spezifizierungen, wie z.B. neue und alte Abenteuerliteratur, von den anderen Gattungen abheben. Dies soll hier aber nicht Gegenstand der Arbeit sein.

1.2.2 Die phantastische Kinder- und Jugendliteratur

„Das Fantastische ist die Unschlüssigkeit, die ein Mensch empfindet, der nur die natürlichen Gesetze kennt und sich einem Ereignis gegenübersieht, das den Anschein des Übernatürlichen hat.“ (TODOROV 1992 in TABBERT 2000 in LANGE 2000, S. 187). Doch das allein ist nicht ausreichend, um die phantastische Erzählung für Kinder und Jugendliche zu kennzeichnen. Von einer Zwei-Welten- Definition ist häufig die Rede (vgl. TABBERT 2000 in LANGE 2000, S. 188). Was bedeutet das nun genau? „In jenen Erzählungen bestehen Wunderwelt und Wirklichkeit in einem oft merkwürdigen Gegensatz nebeneinander“ – im Unterschied zum Märchen, in dem die Figuren „alle dem Wunderland angehören“ (KOCH 1959 in TABBERT 2000 in LANGE 2000, S. 188). Die „primäre“, die reale Welt ist die, die der unseren gleicht.

Ihr gegenüber steht die „sekundäre Welt“, welche durch Merkmale des Magischen
gekennzeichnet ist. So eine Reise in die „sekundäre Welt“ kann auf drei verschiedene Arten und Weisen vollzogen werden: linear, zirkulär oder schleifenförmig. Einfach gesagt: hin, hin und zurück oder mehrfach hin und zurück. Einer Rückkehr in die Realität werden wiederum auch drei Bedeutungsvarianten zugeordnet: Bildungs- und Sozialisationsprozess (z.B. Die Unendliche Geschichte), Zurückweisung des Phantastischen (z.B. Alice im Wunderland) oder Bewusstwerdung der verführerisch-beunruhigenden Macht des Phantastischen (z.B. Das fremde Kind) (vgl. GILEAD 1992 in TABBERT 2000 in LANGE 2000, S. 190). Lokal gesehen kann die „Sekundäre Welt“ in einer fernen Gegend, auf einer Insel oder einem Planeten, unter dem Erdboden oder unter dem Wasser, in einem Bild oder hinter einem Spiegel liegen (vgl. NIKOLAJEVA 1986 in TABBERT 2000 in LANGE 2000, S. 190). Ein Merkmal, was sich mir noch als kennzeichnend erscheint: Erinnere ich mich an Bücher mit phantastischen Erzählungen, so weiß ich noch, dass ich mich von einem Moment auf den anderen in einer fremden Welt befand, durch einen Fall, Sprung oder Knall.

2. Erziehung und Sozialisation

Gegenstand dieser Arbeit soll das Zusammenwirken von Kinder- und Jugendliteratur und Erziehung bzw. Sozialisation sein, demnach folgt in diesem Abschnitt sowohl ein Abriss als auch ein kurzer Vergleich der beiden pädagogischen Grundbegriffe. Schwerpunkt soll dabei nicht die Auseinandersetzung mit den Begriffsverwirrungen von Erziehung sein. Die Intensivierung bzw. Betrachtungen verschiedener Definitionen erfolgt zu gegebenem Zeitpunkt in Abschnitt 3.

2.1 Begriffsklärung Erziehung

Eine Definition, die sich bis heute weitgehend durchsetzen konnte, ist die von Wolfgang Brezinka. Sie beleuchtet fünf Komponenten, die eine Kompaktheit und aber auch einen gewissen Allgemeinheitsgrad derselben zur Folge haben.

„Unter Erziehung werden Soziale Handlungen verstanden, durch die Menschen versuchen, das Gefüge der psychischen Dispositionen anderer Menschen in irgendeiner Hinsicht dauerhaft zu verbessern oder seine als wertvoll beurteilten Komponenten zu erhalten.“ (BREZINKA 1990 in GUDJONS 1999, S. 189)

Die fünf angesprochenen Komponenten sind dabei: a) Menschen als Erziehende, nicht Sachen oder soziale Gegebenheiten, b) sie versuchen d.h. Erzieherische Handlungen können auch misslingen., c) Soziale Handlungen setzen ein zielgerichtetes, zweckbestimmtes Verhalten voraus, wobei sozial meint, dass die Handlungen auf andere bezogen sind., d) Mit psychischen Dispositionen sind relativ dauerhafte Bereitschaften zum Erleben und Verhalten wie z.B. Haltungen, Einstellungen und Interessen gemeint., e) Verbessern oder erhalten meint, dass einem vorgestellten Soll-Zustand vom erzieherisch Handelnden ein Wert zugeschrieben wird (vgl. GUDJONS 1999, S. 189).

Nahezu jeder dieser Komponenten stehen eine oder mehrere Kritiken gegenüber. Als ein Beispiel dafür ist die von Helmut Heid zu nennen. Er kritisiert den Punkt des Versuchens : „... dass von Erziehung nur dann gesprochen werden kann, wenn
(zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit zufallsfrei) Absicht und Erfolg

übereinstimmen, d.h. wenn von erzieherisch intendiertem Handeln eine der Absicht
entsprechende >Wirkung< erwartet werden kann.“ (HEID 1994 in GUDJONS 1999, S. 190).

Im allgemeinen Sinn ist festzustellen, dass Erziehung also immer nur das meint, was bewusst und planvoll zum Zwecke der optimalen kindlichen Entwicklung geschieht (vgl. GIESECKE 1991 in GUDJONS 1999, S.191).

2.2 Begriffsklärung Sozialisation

Der Begriff der Sozialisation kann nun als die Entstehung und Bildung der Persönlichkeit aufgrund ihrer Interaktion mit einer spezifischen materiellen, kulturellen und sozialen Umwelt definiert werden (vgl. GEULEN 1973 in LENZEN 1997, S. 101).

„Programmatisch ist mit diesem Begriff zum Ausdruck gebracht, dass das menschliche Individuum sich permanent durch soziale und gesellschaftliche Faktoren mitentwickelt und sich in einem Prozess der sozialen Interaktion konstituiert. Die Persönlichkeit bildet sich nach dieser Vorstellung in keiner ihrer Funktionen und Dimensionen
gesellschaftsfrei heraus, sondern lebenslang stets in einer konkreten Lebenswelt, die historisch vermittelt ist.“
(HURRELMANN 1986 in BAUMGART 1997, S. 19f)

Aus dieser Definition lässt sich bereits erkennen, dass die Sozialisation eines jeden einzelnen Menschen von vielen verschiedenen Faktoren abhängig ist. Zu nennen sei hierbei das soziale Milieu, das in verschiedenen Gesellschaften und Kulturen sehr unterschiedlich sein kann. Zudem unterliegt jede Epoche einer Gesellschaft von Zeit zu Zeit einem historischen Wandel, der sich in der Sozialisation der einzelnen Generationen ausdrückt. Im engeren Sinn ist der Einfluss der verschiedenen Sozialisationsinstanzen von großer Bedeutung. So ist die Entwicklung abhängig von der jeweiligen Familiensituation (Umgang der Eltern mit den Kindern, Spielmöglichkeiten, Vorhandensein von Geschwistern etc.), von Schule (Kontakt mit Lehrern und Mitschülern) und peer group aber auch von Massenmedien (vgl. GEULEN 1973 in LENZEN 1997, S. 101).

2.3 Vergleich Erziehung - Sozialisation

In diesem Abschnitt erfolgt ein kurzer prägnanter Vergleich, der den Zusammenhang zwischen beiden Termini erläutert.

Ausgehen kann man hierbei von folgender grundlegender Unterscheidung: „Erziehung bezeichnet das ¢sozial machen¢ und Sozialisation das ¢sozial werden¢.“ ( TENORTH 1992 in VOGEL 1996). Was bedeutet das nun genau? Eine Definition von Hurrelmann beschreibt dies: „Erziehung ist in dieser Theorietradition ein ¢begriffsterminologisch dem Begriff Sozialisation untergeordneter Begriff¢ und bezeichnet ¢nur einen Teil derjenigen gesellschaftlich vermittelter Einflüsse auf die Persönlichkeitsentwicklung, die unter den Begriff Sozialisation fallen, nämlich die bewussten und geplanten Einflussnahmen¢.“ (1986, Zeitschrift für Pädagogik 4/96). Hauptaugenmerk liegt hierbei auf den bewussten und geplanten Einflussnahmen bei der Erziehung, die bereits Heid 1994 in seiner Definition als Hauptgegenstand deklarierte. Die Erziehung ist aber nicht als komplementäres Denkmodell, sonder eher als Unterbegriff der Sozialisation zu betrachten.

Bezeichnend für beide Termini ist dabei aber, dass sie zur Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen beitragen - die Erziehung durch bewusste und zielgerichtete
Handlungen und die Sozialisation durch ungeplante Faktoren wie die Gesellschaft und deren Kultur, Medienlandschaft und verschiedene Institutionen.

[...]

Fin de l'extrait de 53 pages

Résumé des informations

Titre
Kinder- und Jugendliteratur in Erziehung und Sozialisation anhand der Harry-Potter-Romane
Université
University of Rostock  (Allgemeine Pädagogik und Sozialpädagogik)
Cours
Vordiplomarbeit in Allgemeiner Erziehungswissenschaft
Note
1,0
Auteur
Année
2002
Pages
53
N° de catalogue
V7661
ISBN (ebook)
9783638148399
ISBN (Livre)
9783656207184
Taille d'un fichier
1086 KB
Langue
allemand
Mots clés
Harry Potter und Erziehung, Kinderliteratur, Jugendliteratur
Citation du texte
Antje Brachmann (Auteur), 2002, Kinder- und Jugendliteratur in Erziehung und Sozialisation anhand der Harry-Potter-Romane, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7661

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