Die bisherige negative und pessimistische Auffassung der Frankfurter Schule zur Medienkultur ist auf die heutige Gesellschaft nicht mehr in allen Facetten übertragbar. Vor dem Hintergrund der Flucht aus dem faschistischen Deutschland in das amerikanische Exil liefern die Vertreter Horkheimer und Adorno eine nachvollziehbare Argumentation zum Manipulationscharakter der Medien, die ihren Pessimismus begründet. Da diese aber nicht auf alle Gesellschaften übertragbar ist, musste eine Neukonzeption der Kulturauffassung stattfinden. Aus einem anderen historisch-politischen Hintergrund erörtert die „Schule“ der Cultural Studies die Rolle der Medien für die Entwicklung einer Kultur und eines Individuums neu. Das gab auch Forschern verschiedenster Disziplinen in Deutschland den Anlass, dieses Konzept aufzugreifen und zu empirisch zu begründen.
Im folgenden Aufsatz soll es darum gehen, diese Neukonzeption zu begründen. Zunächst werden die Hauptelemente der Kulturindustriethese erörtert um zu zeigen, dass diese Kritik nicht ohne weiteres auf verschiedene Gesellschaften übertragbar ist. Eine Neukonzeption des Kulturverständnisses liefern die Cultural Studies, die damit als Gegenbewegung zur Frankfurter Schule verhandelt werden. Hier soll in einem Kapitel genauer betrachtet werden, vor welchem historisch-politischen Hintergrund diese neue Kulturauffassung entstand. Besonders Augenmerk wird auf Konzepte von Stuart Hall und John Fiske gelegt, auf die immer wieder Bezug genommen wird. In beiden Modellen wird die Einbeziehung des Alltags und des sozialen Umfelds in die Bedeutungsgebung von Medientexten gerechtfertigt.
Auch deutsche Vertreter der Cultural Studies greifen in ihren Studien immer wieder auf die Konzepte von Hall und Fiske zurück. Sie unterstützen die Aufwertung der Populärkultur. Die Frage in diesem Zusammenhang lautet, ob die Kulturindustrie zur Populärkultur wurde, die nicht mehr von der Hochkultur degradiert wird. Exemplarisch werden abschließend zwei empirische Studien aus der deutschen Forscherlandschaft der Cultural Studies beschrieben, in denen der kulturelle Wert des Umgangs mit dem Computer im Alltag begründet werden soll.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretisch-historischer Hintergrund
- Zum Kulturverständnis in der Kritischen Theorie und den Cultural Studies
- Hauptelemente der Kulturindustriethese
- Kritik an der Kulturindustriethese
- Kulturverständnis in den Cultural Studies
- Unterschiede der Kulturauffassung der Cultural Studies bezüglich der Kritischen Theorie
- Entwicklung der Cultural Studies
- Entstehungskontext und Grundlagentexte
- Akademisierung und Ausweitung
- Das Encoding/Decoding-Modell von Stuart Hall
- Offenheit und Polysemie medialer Texte nach John Fiske
- Zum Kulturverständnis in der Kritischen Theorie und den Cultural Studies
- Rezeption der Cultural Studies in Deutschland
- Einbettung in die deutsche Forschungslandschaft
- Entwicklung der Cultural Studies in Deutschland
- Cultural Studies in der Medienwissenschaft
- Schwerpunkt der Populärkulturanalyse
- Populärkultur: ein Definitionsversuch
- Populärkultur als Hochkultur
- Vergnügen an der Populärkultur
- Exemplarische Studien deutscher Vertreter der Cultural Studies
- Friedrich Krotz: Vergnügen an interaktiven Medien
- Trierer Forschungsgruppe: Auf digitalen Pfaden
- Einbettung in die deutsche Forschungslandschaft
- Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Aufsatz analysiert die Cultural Studies als Gegenbewegung zur Frankfurter Schule und ihrer Kulturindustriethese. Er beleuchtet die theoretischen und historischen Wurzeln der Cultural Studies, insbesondere deren Kritik an der Kulturindustriethese. Der Fokus liegt auf der Bedeutung der Medien für die Entwicklung von Kultur und Individuum im Kontext der Populärkultur.
- Kritik an der Kulturindustriethese der Frankfurter Schule
- Das Kulturverständnis der Cultural Studies
- Die Rolle der Medien in der Populärkultur
- Rezeption der Cultural Studies in Deutschland
- Exemplarische Studien zur Bedeutung des Computers als populärkulturelles Medium
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die zentrale These des Aufsatzes vor: Die Cultural Studies bieten eine neue Sichtweise auf die Medienkultur, die die Kulturindustriethese der Frankfurter Schule in Frage stellt.
- Theoretisch-historischer Hintergrund: Dieses Kapitel untersucht die Hauptelemente der Kulturindustriethese, die Kritik daran sowie das Kulturverständnis der Cultural Studies. Es werden die Unterschiede zwischen beiden Ansätzen im Hinblick auf die Medienrezeption und die Bedeutung der Populärkultur hervorgehoben.
- Entwicklung der Cultural Studies: Dieses Kapitel beleuchtet die Entstehung der Cultural Studies, ihre Akademisierung und die Erweiterung des Forschungsfelds. Dabei werden die zentralen Konzepte von Stuart Hall (Encoding/Decoding) und John Fiske (Offenheit und Polysemie medialer Texte) vorgestellt.
- Rezeption der Cultural Studies in Deutschland: Dieses Kapitel analysiert die Rezeption der Cultural Studies im deutschsprachigen Raum und die Herausforderungen ihrer Etablierung in der deutschen Forschungslandschaft. Es werden die wichtigsten Forschungsbereiche und Institutionen vorgestellt, die sich mit den Cultural Studies befassen.
- Schwerpunkt der Populärkulturanalyse: Dieses Kapitel behandelt die Bedeutung des Begriffs „Populärkultur“ und untersucht die Kritik an der Abwertung von Populärkultur gegenüber Hochkultur. Es werden die Thesen von John Fiske zur aktiven und kreativen Aneignung von Populärkulturprodukten erläutert.
- Exemplarische Studien deutscher Vertreter der Cultural Studies: Dieses Kapitel stellt zwei exemplarische Studien vor, die den positiven Einsatz des Computers als populärkulturelles Medium beleuchten. Die Studien von Friedrich Krotz und der Trierer Forschungsgruppe demonstrieren die Bedeutung der Cultural Studies für die Analyse der Mediennutzung im Alltag.
Schlüsselwörter
Der Aufsatz beleuchtet zentrale Themenfelder der Cultural Studies, darunter die Kulturindustriethese, das Encoding/Decoding-Modell, die Polysemie medialer Texte, die Rezeption von Populärkultur und die Bedeutung des Computers als populärkulturelles Medium. Die Arbeit zeichnet sich durch eine interdisziplinäre Herangehensweise aus, die Erkenntnisse aus den Bereichen Medienwissenschaft, Soziologie, Pädagogik und Kulturwissenschaft vereint.
- Arbeit zitieren
- Nicole Lau (Autor:in), 2007, Debatten zur Populärkultur. Die Cultural Studies im deutschsprachigen Raum als Gegenbewegung zur Kulturindustriethese der Frankfurter Schule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76679