„Es ist kein Wunder Christen, wenn uns Christus durch Krieg, Hunger, Durst, Hagel, Reif züchtigt; wenn er uns, sein Volk, das er mit seinem kostbaren Blute erlöst hat, immer tiefer sinken lässt, da wir es dulden, dass unter uns seine Feinde herrschen. Was ist das, so frage ich, als mit Verachtung des heiligen Glaubens seinen ewigen Feinden anhängen?
Simon, von dem wir erzählt haben, war geboren Freitag, den 26. November 1474 nach Christi Geburt von armen Eltern Andreas und Maria, unter der Regierung Johannes VI. Hinderbach, des Herrn von Trient. Um dieses Verbrechens willen wurden alle Juden von Trient jung und alt, ins Gefängnis gebracht und in Ketten gelegt; sie werden nicht daraus kommen, bevor sie nicht die gebührenden Strafen gebüßt. Lebet wohl!“
Dieses Zitat von Pfarrer Joseph Deckert illustriert in prägnanter Form seinen tiefen Judenhass. Darüber hinaus kann man anhand der Worte des österreichischen Pfarrers Rückschlüsse auf die Haltung der katholischen Kirche in Österreich gegenüber den Juden ziehen. Im Folgenden wird daher vor allem der Frage nachgegangen, wie sich die katholische Kirche gegenüber den Juden positioniert hat. Man könnte sogar soweit gehen und danach fragen, ob die katholische Kirche in der Habsburger Monarchie eine gezielte Judenhetze zum Zweck der eigenen Profilierung betrieben hat. Die verwendete Methodik bedarf klärender Worte. Zunächst wird ein historischer Abriss des katholischen Antisemitismus in Österreich unternommen. Hier interessiert vor allem die Zeitspanne zwischen dem ausgehenden neunzehnten und dem beginnenden zwanzigsten Jahrhundert. Neben einer Beschreibung der historischen Rahmenbedingungen des katholischen Antisemitismus in Österreich treten bekennende und einflussreiche österreichische Antisemiten wie der Wiener Bürgermeister Karl Lüger ins Zentrum des Interesses.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2 Katholischer Antisemitismus in Österreich
- 2.1 Historischer Abriss
- 2.2 Ursachen des katholischen Antisemitismus
- 3 Joseph Deckert und seine antisemitischen Schriften
- 3.1 Zur Person Joseph Deckert
- 3.2 „Türkennot und Judenherrschaft“
- 3.3 „Der ewige Jude“
- 3.4 „Ein Ritualmord – Aktenmäßig nachgewiesen“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem katholischen Antisemitismus in Österreich am Beispiel des Pfarrers Joseph Deckert. Sie untersucht die historischen Wurzeln des katholischen Antisemitismus in Österreich, seine Ursachen und die spezifischen antisemitischen Schriften von Joseph Deckert. Die Arbeit analysiert Deckerts Schriften im Kontext des historischen und gesellschaftlichen Hintergrunds seiner Zeit und stellt Parallelen und Unterschiede zu anderen Antisemiten wie Karl Lüger heraus.
- Historische Entwicklung des katholischen Antisemitismus in Österreich
- Ursachen des katholischen Antisemitismus: Tradition, Lokaltraditionen, Stadt-Land-Diskrepanz, Sozialisation
- Joseph Deckerts antisemitische Schriften: "Türkennot und Judenherrschaft", "Der ewige Jude", "Ein Ritualmord – Aktenmäßig nachgewiesen"
- Deckert im Vergleich zu anderen österreichischen Antisemiten, insbesondere Karl Lüger
- Deckert als Stereotyp oder Ausnahmefigur des katholischen Antisemitismus
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel stellt die Einleitung dar und führt in das Thema der Arbeit ein. Es erläutert den Forschungsgegenstand, die Methodik und den Aufbau der Arbeit. Das zweite Kapitel widmet sich dem katholischen Antisemitismus in Österreich. Es enthält einen historischen Abriss, der die Entwicklung des katholischen Antisemitismus in Österreich von den Anfängen bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert beleuchtet. Es werden die wichtigsten Akteure und ihre antisemitischen Schriften sowie die Rolle der Kirche in der Förderung des Judenhasses dargestellt. Im Anschluss wird auf mögliche Ursachen des katholischen Antisemitismus eingegangen. Das dritte Kapitel befasst sich mit Joseph Deckert und seinen antisemitischen Schriften. Es beleuchtet Deckerts Biographie, seine antisemitischen Schriften "Türkennot und Judenherrschaft", "Der ewige Jude" und "Ein Ritualmord – Aktenmäßig nachgewiesen" und analysiert ihre Inhalte und Argumentationsstrategien im Kontext des damaligen Zeitgeschehens. Das dritte Kapitel schließt mit einer vergleichenden Analyse von Deckert und anderen prominenten Antisemiten, insbesondere Karl Lüger.
Schlüsselwörter
Katholischer Antisemitismus, Österreich, Joseph Deckert, Türkennot und Judenherrschaft, Der ewige Jude, Ein Ritualmord – Aktenmäßig nachgewiesen, Karl Lüger, Historischer Abriss, Ursachen, Tradition, Stadt-Land-Diskrepanz, Sozialisation, Religionszugehörigkeit, Ritualmordlegende, Judenhetze, Judenemanzipation, Wucherei, Weltverschwörung, Antijudaismus, Antisemitenfeindlichkeit, Kirche, Presse, Börse, Simultanschule, Osterfeier
- Citation du texte
- Jasmin Ruge (Auteur), 2006, Katholischer Antisemitismus in Österreich am Beispiel des Pfarrers Joseph Deckert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76684