Die Amish People


Term Paper, 2006

29 Pages, Grade: 1,0


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Inhaltsverzeichnis

1. Die Amish People als Bestandteil des US amerikanischen Kulturraumes

2. Historische Entwicklung
2.1 Ursprünge der Reformation
2.2 Bestrebungen Ulrich Zwinglis und die Entstehung des Wiedertäufertums
2.3 Weitere Entwicklung der Wiedertäufer
2.4 Entstehung der Amischen
2.5 Auswanderung in die Vereinigten Staaten von Amerika

3. Religiöses Leben der Amischen Glaubensgemeinschaft
3.1 Glaubensgrundlagen
3.2 Geographische und Kulturelle Segregation
3.3 Organisation innerhalb der Glaubensgemeinschaft
3.4 Abspaltungen während den letzten 250 Jahren

4. Der Alltag der Amish People
4.1 Bekleidung
4.2 Sprache
4.3 Transportmittel und andere Innovationen
4.4 The Home – Das Haus als multifunktionaler Begegnungsort
4.5 Integration in die amerikanische Kultur
4.6 Freizeitgestaltung

5. Die verschiedenen Lebensphasen und ihre Bedeutung
5.1 Schulische Bildung
5.2 Die Adoleszenzphase
5.3 Erwachsene und die Familie

6. Siedlungsgebiet der Amish People
6.1 Bedeutung des Siedlungsraumes und Bevölkerungszahlen
6.2 Siedlungsstruktur bei den Older Order Amish

7. Wirtschaftsraum und Wirtschaftsweisen der Amish People
7.1 Grundlegendes
7.2 Tourismus
7.3 Tiefgreifender Existenzwandel: Vom Bauern zum Unternehmer

8. Ausblick

9. Literaturverzeichnis

10. Abbildungsverzeichnis

1. Die Amish People als Bestandteil des US amerikanischen Kulturraumes

Die Gruppe der heute in den USA ansässigen Amish People fand ihren Ursprung im Europa der Reformationszeit. Die Wurzel Ihrer Glaubensgemeinschaft bilden die so genannten Wiedertäufer, welche sich um 1693 gründeten. Im Laufe der letzten drei Jahrhunderte emigrierten die Amischen nach Amerika, wo sie sich in Form von religiösen Enklaven ansiedelten. Auf deren Lage und Verteilung, sowie die historischen Hintergründe wird in den nachfolgenden Kapiteln näher eingegangen werden. Entscheidend bei der Entwicklung der Amish ist die Tatsache, dass sie sich bis zum heutigen Tag nicht an den angloamerikanischen Main Stream angepasst haben. Nach wie vor gestalten die Amish People, welche mit über 100.000 Personen in den USA vertreten sind, ihren Kulturraum gemäß ihrer religiösen, sozialen und wirtschaftlichen Traditionen. Wie sich im Folgenden zeigen wird, weichen diese in teilweise gravierendem Maße von der in den Vereinigten Staaten vorherrschenden Kultur ab (vgl. Vossen, 1992, S. 8). Ziel dieser Arbeit ist es, die Andersartigkeit einer Gruppe, die auf moderne Kommoditäten wie Elektrizität, Fernsehen, PKWs und vieles mehr verzichtet, und ihre Relevanz für die geographische Kulturraumforschung darzustellen.

2. Historische Entwicklung

2.1 Ursprünge der Reformation

Wie bereits eingangs erwähnt entwickelten sich die Amish People oder Amischen aus dem Wiedertäufertum. Hierbei handelt es sich um eine radikale Glaubensgemeinschaft, die sich im Anschluss an die Reformation bildete. Ausschlaggebend hierfür war die „Unzufriedenheit fast aller Gesellschaftsschichten mit den religiösen, politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen“ (Vossen, 1992, S. 32). Man wandte sich vom Papst als geistigem Führer und dem ausschweifenden Leben der katholischen Würdenträger ab und forderte sittliche Reinheit. Es entstand eine Art Antiklerikalismus. Zudem kam es zur damaligen Zeit zu einer Erstarkung der Städte und Territorialfürsten, zur Schwächung des Kaisers und somit zu einer sozialen und finanziellen Benachteiligung schwächerer Bevölkerungsschichten und insbesondere der Landbevölkerung (vgl. Vossen, 1992, S. 32f.). Die Reformationsbestrebungen Martin Luthers in Deutschland, sowie Ulrich Zwinglis in der Schweiz fielen somit auf fruchtbaren Boden.

2.2 Bestrebungen Ulrich Zwinglis und die Entstehung des Wiedertäufertums

Zwingli kritisierte den Sittenverfall, den verwerflichen Lebenswandel vieler Mönche, das Zölibat und die Einforderung des Zehnten, einer Steuerabgabe von 10% des Einkommens an die Kirche. In einer Vielzahl von Schriften und Aktionen wider die weltliche, kirchliche Autorität gewann Zwingli immer mehr Ansehen (vgl. Vossen, 1992, 33f.). Trotzdem kam es im Jahr 1523 schließlich zu einer Spaltung innerhalb der Gefolgschaft Zwinglis. Aus der eher gemäßigten, langsam voranschreitenden Reformationsbewegung unter Zwingli, ging ein radikaler linker Flügel unter der Leitung von Conrad Gebel hervor, welcher die Abschaffung der Messe, sowie der Verehrung von Bildern forderte. 1525 entschied man sich zudem zur Abschaffung der Säuglingstaufe und zur Bekräftigung des Glaubensgelübdes in Form einer Erwachsenentaufe- oder Wiedertaufe. Der Zürcher Rat jedoch belegte diese Widertaufe mit der Todesstrafe, was zur Verfolgung und Hinrichtung vieler Anhänger des Wiedertäufertums führte (vgl. Vossen, 1992, S. 35f.).

2.3 Weitere Entwicklung der Wiedertäufer

Aufgrund der lebensbedrohlichen Verhältnisse in der Schweiz, entschieden sich viele Wiedertäufer zur Flucht. Dies führte zu einer Verbreitung dieser Glaubensrichtung in Süddeutschland, Tirol, Österreich und Mähren. Die Verfolgung jedoch nahm kein Ende.

Neben diesen äußeren gab es auch innere Diskrepanzen, welche sich in der Frage nach dem Obrigkeitsglauben, dem Einsatz von Waffen, aber auch in verschiedenen Ansichten im Bezug auf die Spiritualität äußerten. Um dieser inneren Krise Einhalt zu gewähren wurde in der Gegend um Schaffhausen im so genannten „Schleitheimer Glaubensbekenntnis“ Grundsatzartikel über Taufe, Kirchenzucht, Abendmahl, Absonderung, Prediger, Schwert und Eid festgelegt. Man wendete sich damit ausdrücklich gegen eine volkskirchliche Etablierung der Wiedertäufer und grenzte diese vom Rest der Welt ab (vgl. Vossen, 1992, Ss.36f.).

Parallel dazu entwickelte sich die mächtigere Markgrafschaft Mähren zu einem sicheren Zufluchtsort für viele Täufer. Unter Jakob Huter wurden gemeinschaftlich genutzte Höfe gegründet und das religiöse und wirtschaftliche Selbstbewusstsein gefördert. Man sah sich als das auserwählte, das wahre Volk (vgl. Vossen, 1992, S. 37).

Genauso wie in Mähren und Schaffhausen gab es in verschieden Regionen unterschiedliche Ausprägungen des Täufertums. Von einer einheitlichen Entwicklung kann also nicht ausgegangen werden.

2.4 Entstehung der Amischen

Die Verfolgung der Täufer führte dazu, dass 1640 in Zürich nur noch im ländlichen Raum Täuferbewegungen vorhanden waren. Eine Großgemeinde befand sich im zum Kanton Bern zugehörigen Emmental. Auch hier war es jedoch den ‚Normalbürgern’ untersagt, geschäftliche Kontakte zu Täufern zu pflegen. Hieraus ergab sich der Aufbau einer Landwirtschaft nach dem Prinzip der Selbstversorgung. Allerdings wurden Täuferehen als nicht rechtsgültig betrachtet und daraus hervorgegangene Kinder als unehelich eingestuft. Dementsprechend gingen nach dem Tod der Eltern die Höfe in den Besitz des Kantons über. Dies stellte neben den ohnehin vorhandenen, oft lebensbedrohlichen Anfeindungen, eine auf Dauer unerträgliche Situation dar. Die Berner Täufer entschieden sich daraufhin ins benachbarte europäische Ausland auszuwandern (vgl. Vossen, 1992, S. 38ff.).

Unter ihnen war auch Jakob Ammann. Er erweiterte die bereits erwähnten Glaubensrichtlinien durch die Einführung einer strengeren Gemeindezucht und legte „besonderen Wert auf schlichte Kleidung, die vor jeglichem Hochmut bewahren sollte“. (Vossen, 1992, S. 40). Die Wiedertäufer, welche sich den Ideen Ammanns anschlossen wurden nach ihrem Anführer als die ‚Amischen’ benannt. Als Geburtsjahr der amischen Glaubensgemeinschaft beziffert man das Jahr 1693 (vgl. Vossen, 1992, S. 40).

2.5 Auswanderung in die Vereinigten Staaten von Amerika

Nicht endende Verfolgung und Diskriminierung führte schließlich dazu, dass sich viele Familien für die Emigration nach Amerika entschieden. Dort vorhandenes, mit Ausnahme von indianischen Stämmen, unbesiedeltes Land konnte genutzt werden, um ein neues, unbehelligtes Leben zu beginnen. Schätzungen zufolge wanderten die ersten amischen Siedler um 1710 nach Nordamerika aus, wo sie gemeinsam mit anderen menonitischen Familien in Lancaster County käuflich 4.100 ha Land erwarben. Eindeutige schriftliche Belege gibt es erst seit der Einführung von offiziellen Passagierlisten im Jahr 1727. Zwischen 1737 und 1754 lässt sich ein starkes Ansteigen der Auswanderungsquote feststellen. Insgesamt kamen etwa 700 amische Auswanderer in die neue Welt (vgl. Vossen, 1992, S. 40f.).

Das stetige Anwachsen der in Nordamerika ansässigen amischen Bevölkerung führte zu einer Erstarkung der Gemeindedisziplin, dem Entstehen eines religiösen Selbstverständnisses und, im Zusammenhang mit der starken Familienbindung der amischen Gemeinschaft, der Entwicklung einer eigenständigen amischen Identität. Der Großteil der Amish People war als Handwerker, Landwirt, Pächter oder Landarbeiter tätig. Einige finanziell weniger gut gestellte Einwanderer waren gezwungen sich als Zwangsarbeiter zu verdingen, wobei das für sie bezahlte Geld meist nur zum Begleichen der Schiffspassage ausreichte (vgl. Vossen, 1992, S. 41). Zudem sah man sich Problemen wie Missernten, Indianerangriffen und ungewohnten klimatischen Bedingungen gegenüber (Ester, 2005, S. 43).

Zwischen 1816 – 1860 kam es zu einer zweiten Einwanderungsbewegung. Man geht von etwa dreitausend amischen Emigranten aus. Diesmal stammten die Wiedertäufer wiederum aus der Schweiz, aber auch aus dem Elsass, aus Lothringen, Bayern, Waldeck, Hessen-Darmstadt, sowie der Pfalz. Hauptziele waren damals die Bundesstaaten Ohio, Indiana, Illinois, Iowa und die kanadische Stadt Ontario (vgl. Vossen, 1992, S. 41). Ein Grund, warum sich viele Amischen im Bundesstaat Pennsylvania niederließen, war die durch William Penn garantierte religiöse Freiheit (vgl. Ester, 2005, S. 42).

3. Religiöses Leben der Amischen Glaubensgemeinschaft

3.1 Glaubensgrundlagen

Das Alte und Neue Testament, das Dordrechter Bekenntnis, sowie eine von amischen Glaubensbrüdern verfasste ‚Ordnung’ oder Auslegung dieser Schriften stellen die wichtigste Grundlage der amischen Religion dar.

Abb. 1: Das Dordrechter Glaubensbekenntnis

Der vornehmsten Artikel unseres allgemeinen Christlichen Glaubens,

Wie dieselben in unserer Gemeine durchaus gelehret und belebet werden.

Artikel 1: Vom Glauben an Gott, von der Schöpfung des ersten Menschen und aller Dinge

Artikel 2: Von der Übertretung des göttlichen Gebots durch Adam.

Artikel 3: Von der Wiederaufrichtung und Versöhnung des menschlichen Geschlechts mit Gott.

Artikel 4: Von der Zukunft unseres Erlösers und Seligmachers Jesu Christi.

Artikel 5: Von der Einsetzung des Neuen Testaments durch unseren Herrn Jesu Christum.

Artikel 6: Von der Buße und Besserung des Lebens.

Artikel 7: Von der heiligen Taufe.

Artikel 8: Von der Gemeinde Gottes.

Artikel 9: Von der Erwählung der Diener in der Gemeinde.

Artikel 10: Vom hochwürdigen Abendmahl des Herrn.

Artikel 11: Vom Fußwaschen.

Artikel 12: Vom heiligen Ehestand.

Artikel 13: Von der Obrigkeit.

Artikel 14: Von der Rache und Gegenwehr.

Artikel 15: Vom Eide und Eidschwören.

Artikel 16: Vom Bann oder Absonderung von der Gemeinde.

Artikel 17: Wie die Gebannten und Abgesonderten von der Gemeinde zu meiden.

Artikel 18: Von der Auferstehung der Todten.

Man darf jedoch nicht außer Acht lassen, dass sich die amische Glaubensgemeinschaft auf der Basis des Laienpriestertums weiterentwickelt. Eigene theologische Forschungsansätze gibt es ist nicht. Daher spielen lediglich mündlich überlieferte Glaubensrichtlinien eine bedeutende Rolle. Die strikte Ablehnung technischer Innovationen ist nur eines von vielen Phänomenen, welches auf mündlich weitergegebenen Traditionen beruht. In der Bibel finden derartige Verhaltensweisen keine Basis. Stößt man einmal auf Widersprüchlichkeiten und verlangt dann nach Erklärungen, kann es passieren, dass man mit der Aussage „Amish don’t do that“ kategorisch abgefertigt wird (vgl. Vossen, 1992, S. 96). Tatsache ist, dass die so genannte Ordnung Einfluss auf den religiösen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich des amischen Lebens ausübt. Profanes und sakrales Leben verschmelzen und es entsteht ein Selbstverständnis, das durch Segregation und Herausgehobenheit gekennzeichnet ist. Indem man den eigenen Willen und sein Leben den göttlichen Geboten unterordnet und sich demütig verhält gelangt man zur Erlösung (vgl. Vossen, 1992, S. 96f.).

Der amische Glauben kann als totalitär bezeichnet werden, da er auf alle Bereiche des Lebens Einfluss nimmt. Ester (2005, S.58) spricht hier von der holistischen Prägung des amischen Mikrokosmos, welcher Arbeit, Ehe, Erziehung, Kirche, soziale Beziehungen und den Umgang mit der Welt umfasst. Abbildung 2 zeigt die einzelnen Entwicklungsstufen des religiösen Eingliederungsprozesses der Amischen.

Abb. 2: Der amische Entwicklungsprozess bis zur Taufe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

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Details

Title
Die Amish People
College
University of Regensburg  (Geographie)
Course
Hauptseminar Kulturraum USA
Grade
1,0
Author
Year
2006
Pages
29
Catalog Number
V76704
ISBN (eBook)
9783638882019
ISBN (Book)
9783640862863
File size
3085 KB
Language
German
Keywords
Amish, People, Hauptseminar, Kulturraum
Quote paper
Juliane Sikora (Author), 2006, Die Amish People, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76704

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