Epilepsie - ein Eingriff in das Leben junger Menschen

mit Bezugnahme auf ein narratives Interview und daran anschließende Analyse


Dossier / Travail, 2007

45 Pages


Extrait


Gliederung

1. Einleitung

2. Die medizinische Diagnose Epilepsie
2.1. Die Bezeichnung Epilepsie
2.2. Verschiedene Erscheinungsformen von Epilepsie
2.3. Epilepsie als biographische Konstruktion
2.3.1. Das zentrale Konzept der Verlaufskurve
2.3.2. Einzelne Phasen einer Verlaufskurve

3. Analyse anhand des Beispielinterviews
3.1. Entstehungskontext zum Interview
3.2. Wahl der Methode
3.3. Die Analyse anhand des Beispielinterviews

4. Fazit

5. Literatur:

1. Einleitung

Es gibt in unserer Gesellschaft immer noch Krankheiten, für die die Menschheit keine bzw. geringe Möglichkeiten sieht diese in ausreichender Form zu behandeln oder sogar zu heilen. Trotz intensiver Forschungen im Bereich der Medizin kann der Status „chronisch“ daher vielen Krankheiten nicht oder nicht gänzlich abgesprochen werden.

Ein solches Beispiel, bei der die Medizin an ihre Grenzen stößt, ist das Auftreten der Krankheit Epilepsie, die in dieser Hausarbeit näher betrachtet werden soll und mit der biographischen Situation und Konstruktion des betroffenen Epileptikers in Beziehung gesetzt werden soll.

Dabei soll nicht nur die Krankheit im Mittelpunkt der Betrachtung stehen, sondern vor allem der Mensch, der sich mit der neuen Situation, verursacht durch die Krankheit, arrangieren und lernen muss diese in seine Biographie zu integrieren. Angeknüpft an Erkenntnissen von Corbin[1] und Strauss[2], die sich in ihrem Werk „Weiterleben lernen – Chronisch Kranke in der Familie“ insbesondere mit den Wesensmerkmalen einer chronischen Krankheit auseinandergesetzt haben, soll in dieser Hausarbeit deutlich werden, inwieweit die Biographie eines chronisch Kranken beeinflusst werden kann.[3] Im Zusammenhang mit der Krankheit soll das Konzept der Verlaufskurve von Strauss und Corbin erläutert werden und Phasen des Krankheitsprozesses hervorgehoben werden. Bevor diese Analyse jedoch beginnen kann, sollten wichtige Aspekte der Krankheit Epilepsie, die als chronische Krankheit in dieser Hausarbeit Betrachtung findet, aufgezeigt werden.

Im Anschluss daran sollte eine genaue Definition von Epilepsie erfolgen, um zu verdeutlichen, was darunter überhaupt zu verstehen ist, wie ein epileptischer Anfall stattfindet und welche Folgen das für einen epileptisch Kranken haben kann.

Im zweiten Teil der Hausarbeit wird anhand einer Transkription eines selbst geführten Interviews mit einer Epilepsie-Kranken eine Analyse erfolgen. Zuvor soll die Wahl der Methode für die Interviewführung begründet, sowie die Phasen der Erhebung kurz dargestellt werden. Anhand von Textstellen werden dann thematische Dimensionen veranschaulicht, mit deren Hilfe offensichtlich werden soll, welche biographische Arbeit der Epilepsieerkrankte leisten muss, um diese Krankheit in seine Lebenssituation zu involvieren und so damit leben zu können. Denn die Situation eines Menschen verändert sich schlagartig, wenn dieser sich mit einer Krankheit wie der Epilepsie konfrontiert sieht. Dabei ist es wichtig sich in ausreichendem Maße über die Krankheit zu informieren und zu wissen, welche Form der Epilepsie beim Erkrankten selbst vorliegt. Der nächste Punkt dieser Hausarbeit soll sich gezielt mit der Aufklärung über die Krankheit Epilepsie beschäftigen und helfen ein Grundverständnis zur Thematik zu schaffen.

2. Die medizinische Diagnose Epilepsie

Wie schon in der Einleitung der Hausarbeit angedeutet, ist das Wissen über die Krankheit Epilepsie noch nicht ausgeprägt genug, um gezielt in jedem Fall eine geeignete Behandlungsmethode erfolgreich anwenden zu können. Hinzu kommt, dass die Krankheit Epilepsie unterschiedliche Formen impliziert, so dass eine Behandlung vom Arzt immer individuell angepasst werden muss. Somit lässt sich sagen, dass sich eine Behandlung der Epilepsie als eher schwierig gestaltet.

Es ist zwar gelungen die Bereiche im Gehirn aufzuzeigen, wo Epilepsie entstehen kann, sowie Medikamente zu entwickeln, die die Anfallshäufigkeit reduzieren oder stoppen sollen, jedoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Behandlung bei jedem Patienten in gleicher Weise ihre Wirkung zeigt. Selten werden Operationen vorgenommen, bei denen die Bereiche im Gehirn lokalisiert werden konnten und eine Möglichkeit besteht diese zu entfernen. Da das Gehirn ein sehr empfindliches und komplexes Organ ist, umgehen die Ärzte dieser potentiellen Möglichkeit der Heilung, soweit die Einschränkungen der Epilepsie nicht zu stark ausgeprägt sind. Eine Heilungsaussicht wäre auch bei dieser Methode nicht garantiert, da es ungewiss ist, ob tatsächlich alle Bereiche im Gehirn berücksichtigt bzw. gefunden werden konnten, die für die Epilepsie verantwortlich sind. Wiederum sind auch die Auswirkungen dieser Eingriffe in Form von Operationen oder Medikationen nicht immer einschätzbar.[4]

Nach Betrachtung dieser Problematik sollte noch einmal genau definiert werden, was unter Epilepsie zu verstehen ist.

2.1. Die Bezeichnung Epilepsie

Die Bezeichnung „Epilepsie“ geht auf das griechische Zeitwort „epilambanien“ zurück und bedeutet „anfassen“ oder „befallen“. Herleiten lassen sich diese Bedeutungen insofern, da die Menschen zu früheren Zeit glaubten die epileptischen Anfälle wären ein Zeichen dafür, dass der Körper von Geistern „befallen“ sei, wodurch die Menschen dann Zuckungen unterlagen, oder als Zeichen Gottes, wenn die Erkrankten für kurze Zeit ohnmächtig wurden. Daraus lässt sich erkennen, dass die Menschen versuchten auf der Ebene des Glaubens nach Erklärungen zu suchen, da sie für das Auftreten der Krankheit keine natürliche Erklärung geben konnten. Selbstverständlich sind die Erklärungen nach 4000 Jahren, seitdem die Krankheit bekannt wurde, in der heutigen Gesellschaft durch medizinische Fortschritte wie MRT[5] oder EEG[6] auf medizinischer Basis weiterentwickelt wurden, dennoch gibt die Epilepsie bis heute noch immer Rätsel auf. Denn die Epilepsie weist eine Gruppe von zum Teil sehr unterschiedlichen Erkrankungsbildern auf. Gemeinsam ist aber allen Erkrankungen, dass sie sich wiederholt in Form epileptischer Anfälle äußern.[7]

Grundsätzlich ist Epilepsie Ausdruck einer Funktionsstörung des Gehirns. Dabei kommt es zu heftigen gleichzeitigen elektrischen Entladungen von Nervenzellverbänden im Großhirn, welche die eigentliche Funktion der betroffenen Nervenzellen erheblich beeinträchtigen können. Bei einem Großteil der epileptischen Anfälle ist die Ursache für das Auftreten der Krankheit ungewiss.[8]

In der Medizin wird versucht diese Anfallshäufigkeit durch Anwendung von Medikationen zu unterbinden. In den Fällen, wo die Medikation erfolgreich ist und es dem Patienten gelingt die Medikamente abzusetzen und dann nach 3 Jahren keinen Anfall mehr zu bekommen, sprechen die Ärzte von einer vollständigen Heilung. Kann eine Unterdrückung der Anfälle durch Beibehaltung der Medikation erreicht werden, kann nur von bedingter Heilung gesprochen werden.[9]

Die gezielte Behandlung und Chancen der Heilung von Epilepsie sind auch immer in Abhängigkeit von der Erscheinungsform der Erkrankung zu sehen. Die Erscheinungsformen sollen kurz im Folgenden angerissen werden.

2.2. Verschiedene Erscheinungsformen von Epilepsie

Grundlegend kann der Arzt aufgrund des Entstehungsmechanismus im Gehirn zwischen 2 verschiedenen Erscheinungsformen von Epilepsie unterscheiden. Dabei ist von fokalen und generalisierten Anfällen die Rede.

Wenn Anfälle in einem abgegrenzten Bereich des Großhirns auftreten, spricht man von fokalen Anfällen. Häufig kann es vorkommen, dass sich diese Erregung im Gehirn auf weitere Teile des Gehirns ausweiten kann. Daher wird zusätzlich eine weitere Abgrenzung zwischen „einfach-fokalen“ Anfällen, die ohne eine Bewusstseinsstörung ablaufen, und zwischen „komplex-fokalen“ Anfällen vorgenommen, die mit einer Bewusstseinsstörung einhergehen. In einigen Fällen, so berichten medizinische Diagnosen, kann es auch vorkommen, dass ein fokaler Anfall in einen generalisierten übergehen kann, so dass beide Großgehirnhälften in dem Fall epileptisch aktiviert wären. Nach der besagten Erregung im Gehirn und der jeweiligen Ausbreitung der epileptischen Erregung im Gehirn richtet sich auch der Grad der Ausprägung des Anfalls.

Sind beide Großhirnhälften von der Epilepsie betroffen, nennt man dies generalisierte Anfälle. Hingegen den heftigen generalisierten Anfällen, wird auch eine milde Form der Anfälle beschrieben, die „Absence“ genannt wird. Bei diesen Anfällen handelt es sich um eine Bewusstseinspause. Dies sei nur kurz am Rand erwähnt, da die Interviewte diesen Begriff in ihren Ausführungen über ihre Krankheit im Interview, welches im späteren Teil der Hausarbeit betrachtet wird, kurz erwähnt aber nicht beschreibt. Im Zusammenhang mit der Epilepsie fallen auch oft die Begrifflichkeiten der fokalen klonischen und generalisierten klonischen Anfälle. So treten bei fokalen, klonischen Anfällen rhythmische Zuckungen („Kloni“) in einer bestimmten Körperregion auf, zum Beispiel Zuckungen der Hand. Dabei ist es aber oft so, dass das Bewusstsein nicht beeinträchtigt wird. Auf der anderen Seite gibt es die so genannten generalisierten klonischen Anfälle, welche sich dadurch auszeichnen, dass sie nicht nur eine Körperregion betreffen, sondern, dass der ganze Körper regelmäßigen Zuckungen unterliegt. Eine Dauer von Anfällen lässt sich generell sehr schwer angeben. Treten aber sehr kurze generalisierte und auch sehr starke Anfälle auf, die nur einen Bruchteil einer Sekunde andauern, sprechen die Ärzte von Myoklonien. Ebenfalls ein Begriff der im späteren Kontext des Interviews Erwähnung findet. Charakteristisch für diese Myoklonien ist, dass auf die Muskelzuckung oft die Muskulatur des Patienten erschlafft und es zu Stürzen kommen kann, wodurch natürlich eine große Verletzungsgefahr besteht.[10] Trotz dieser verschiedenen Anfallsformen, die hier kurz erklärt wurden, sollte man sich bewusst darüber werden, dass diese Schilderung der Erscheinungsformen nicht nur somatisches Symptomgeschehen impliziert, sondern dass immer auch die soziale Wirklichkeit, die sich daraus entwickelt, eine entscheidende Rolle im Krankheitsprozess spielt. Diese Beziehung zwischen sozialer Wirklichkeit und der Krankheit wird Thema des nächsten Teils der Hausarbeit sein.

2.3. Epilepsie als biographische Konstruktion

Dass bei Epilepsie nicht nur die Krankheit körperlich, sondern auch sozial ihre Spuren hinterlässt, sollte außer Frage stehen. Denn man sollte sich vor Augen führen, welche Einschränkungen für den Epileptiker mit der Krankheit verbunden sind, wenn die angepriesenen Konzepte der Behandlungs­möglichkeiten nicht greifen. Auch Wissenschaftler wie Hoff[11] und Strotzka[12] haben sich dieser Fragestellung angenommen und haben festgestellt, dass die Epilepsie nicht nur als Erkrankung des Gehirns angesehen werden darf, sondern ebenso als Kranksein der Gesamtperson. Hanses[13] behandelt in seinem Buch „Epilepsie als biographische Konstruktion“ die Ernsthaftigkeit dieser These, die von Wissenschaftlern wie Strotzka und Hoff vertreten worden ist. Hanses hält vor allem fest, dass Epilepsie ein soziales Problem darstellt und dass es daher wichtig ist, das Leben des Patienten als Ganzes zu sehen, um gezielt eine Behandlungsmethode anwenden zu können. In seinen Aus­führungen stützt sich Hanses auf siebzehn autobiographische Stegreifer­zählungen, die er untersucht und ausgewertet hatte. Sein Ziel war es die bio­graphische Konstruktion und die Erkrankungs- sowie die Gesundungs­prozesse zu analysieren, um die These zu untermauern, dass ein Zusammen­hang zwischen den genannten Faktoren existiert. Im Mittelpunkt seiner Unter­suchungen standen der Verlauf der Biographien, sowie die lebensge­schicht­lichen Rekonstruktionsleistungen der Erzählenden. Aber ebenso wichtig waren lebensgeschichtliche Faktoren, die mit dem Prozess der Krankheitsentstehung in Verbindung standen, die Hanses mit einbezog.[14] Was deutlich zum Ausdruck gebracht wird, ist, dass ohne einen biographischen Zugang vom Epilepsie­kranken wenig in Erfahrung gebracht werden kann über die angemerkten Prozesse des Erkrankens bzw. Gesundens.

Um diese Auffassung zu begründen, geht er auf eine Reihe von Analysen und Psychotherapien ein, die Aufhellungen in ihrer Analyse zu Epilepsie zeigen, indem im lebensgeschichtlichen Kontext vom Patienten soziale Probleme verdrängt worden sind. Unter anderem bringt er Beispiele wie sexuelle Wünsche, Inzesterfahrung, Aggressionen und Todesphantasien, die zur Verdrängung als Hintergrund epileptischen Geschehens dienen könnten. Hanses betont aber auch, dass diese Auslegung in Form von Verdrängungsarbeit nur eine Theorie ist, die die Epilepsie zu begründen versucht. Denn oft sind wie schon mehrfach angedeutet die Ursachen für Epilepsie für die Medizin zum Teil unerklärbar. Es gibt auch unterschiedliche Versuche das Problem der Epilepsie zu beleuchten. Zum Beispiel fragten sich auch Mediziner und Psychotherapeuten, sowie Psychoanalytiker, ob es möglich wäre, dass Menschen mit Epilepsie bestimmte Psychostrukturen aufweisen, womit die Reaktionen in Form der Anfälle aufzuklären wären. Des weiterem gab bzw. gibt es ein Konzept der „epileptischen Wesensänderungen“, in dem einem Epileptiker bestimmte charakteristische Eigenschaften zugesprochen werden könnten. Diese Eigenschaften beinhalten zum Beispiel eine Erschwerung der seelischen Verarbeitung, Umständlichkeiten, Verlangsamung, Schwerfälligkeit, Haften, Kleben, Pedanterie[15], Kleinlichkeit, Eigensinn, Selbstgerechtigkeit, Misstrauen oder Aggressivität. Aufgrund solcher Wesensänderungen wird Epileptikern nachgesagt, dass ihnen eine Integration in die Gesellschaft fehle, da sie im Umgang mit der „Welt“ ihre Eigenart entwickelt haben. Diesen Aussagen sollte jedoch nicht zu viel Bedeutung beigemessen werden, da es sich bei diesen Aussagen lediglich um Theorien handelt.

Denn ein epilepsiekranker Mensch muss sich nicht in solch erheblichen Maß von gesunden Menschen unterscheiden. Zumal es auch milde Formen von Epilepsien gibt, die den Menschen kaum oder nur sehr gering einschränken, weshalb dieser Mensch nicht unbedingt eine drastische oder überhaupt eine Wesensänderung erfahren muss. Je nach Grad der Epilepsie sollte man in den einzelnen Fällen differenzieren und eine genaue Analyse durchführen, bevor irgendwelche Aussagen über den Menschen und über Einschränkungen, sowie über das Verhalten der Person gegenüber der Krankheit getroffen werden können. Eine Differenzierung sollte auch gemacht werden, wenn es um die Schwierigkeiten in der beruflichen Eingliederung geht. Denn je höher der Grad der Anfälle ist, desto mehr Einschränkungen wird der Betroffene haben, wenn es um die Ausübung eines Jobs oder überhaupt irgendeiner Tätigkeit geht. So kommt es darauf an, ob die Epilepsie an tageszeitlichen Erscheinen gebunden ist oder nicht, inwieweit die Epilepsie behandelbar ist, welche Tätigkeiten möglich sind auszuüben, welche Auswirkungen ein Anfall in der Tätigkeit hat und vor allem inwieweit die Epilepsie die Leistungen während der Arbeit beeinträchtigen könnte. Janz[16], in diesem Zusammenhang ein sehr bekannter Wissenschaftler, nahm eine Unterscheidung zwischen Aufwach- und Schlafepilepsien vor, da er bei vielen Epilepsiekranken eine Abhängigkeit von der Tageszeit und dem auftretenden Anfallsgeschehen feststellen konnte. Handelte es sich aber um Anfälle, die unabhängig von der Tageszeit auftraten, so bezeichnete Janz diese als diffuse Anfälle. Aufgrund der Untersuchungen von Janz konnte sich eine untergeordnete Form der Epilepsie herausarbeiten lassen, die juvenile myoklonische Epilepsie oder Janz-Syndrom genannt wird. Die Form der Epilepsie macht ungefähr 5 bis 10 Prozent der Epilepsien aus und tritt oft bei Jugendlichen zwischen dem zwölften und achtzehnten Lebensalter auf. Es wird vermutet, dass das Auftreten auch erblich bedingt sein könnte. Diese heftigen Myoklonien betreffen vor allem das Aufwachen, da sie zu diesem Zeitpunkt am meisten vorkommen. Diese Anfallsform bedeutet für alle Beteiligten eine erhebliche Belastung, dennoch ist die Prognose sehr gut, da diese Form inzwischen durch Einnahme von Medikamenten sehr gut in den Griff zu bekommen ist. Dennoch kann es für den Patienten bedeuten, dass er diese Medikamente sein Leben lang nehmen muss.[17] Dies ist jedoch nur eine Unterform, die hier kurz im Kontext mit Janz genannt werden sollte. Es gibt noch viele Unterformen von Epilepsie, dessen Erklärung den Rahmen dieser Hausarbeit sprengen würde, so dass diese nun nicht weiter beleuchtet werden sollen. Denn das Augenmerk ist auf die soziale Ebene des epilepsieerkrankten Menschen gerichtet, der durch die Folgen, die die Epilepsie mit sich bringt, sein Leben lang geprägt sein wird. So können sich Schwierigkeiten für Epilepsieerkrankte ergeben einen geeigneten Job zu finden, wenn sie zum Beispiel bei starker Müdigkeit oder Überanstrengung schnell zu einem Anfall neigen, so dass die Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt eingeschränkt sind. Aber nicht nur im beruflichen Bereich werden diese Einschränkungen sichtbar, so erkannten auch einige Wissenschafter wie zum Beispiel Bahrs[18] Probleme in der familiären Situation. Denn er konnte anhand von Beobachtungen feststellen, dass sich Epilepsiekranke innerhalb der Familie isolieren können. Des weiterem hielt er fest, dass das Verhalten der Eltern gegenüber ihren epilepsieerkrankten Kindern von Ablehnung, über Furcht bis hin zur Ungläubigkeit reichte. In den Betrachtungen kamen jene Wissenschaftler zu der Erkenntnis, dass die Eltern zum Teil ihre Kinder stark überbehüten oder auch überbetreuen würden. Daraus schlussfolgerten sie, dass diese Überbe­hütung Einfluss auf die Eigenständigkeit des jeweiligen Betroffenen habe könnte. In den Überlegungen kritisierten sie die Eltern der Betroffenen dahingehend, dass sie befürchteten, dass die Erkrankten ihre Verantwortlichkeit für ihr Leben durch diese Überbehütung an Dritte abgeben könnten.[19] Aufgrund all dieser genannten Faktoren, die in einen Krankheitsprozess hineinspielen können, wird sehr deutlich, dass eine Krankheit immer auf soziale Komponenten wirken wird. Und solange die soziale Wirklichkeit des Menschen nicht einer genauen Analyse unterzogen wird, kann die Krankheit nicht intensiv behandelt werden.[20] Einer intensiven Auseinandersetzung mit der Thematik der chronischen Krankheit bemühten sich ebenso Anselm Strauss und Juliet Corbin. Ihre Arbeit über das „Weiterleben lernen – Chronisch Kranke in der Familie“ zeigt vor allem auf, wie tiefgreifend die Veränderungen für das soziale Leben und die psychische Verfasstheit eines chronisch Kranken aber auch seiner Angehörigen sein können. Dieses Werk stellt auf der anderen Seite biographische Prozesse dar, in denen die Krankheitsbewältigung vollzogen wird, das heißt der Kranke aufgrund der Akzeptanz der Krankheit eine Chance hat seinen bisherigen Lebensentwurf erneut in Bezug auf die Krankheit auszurichten. Wie Strauss und Corbin deutlich machen, erweist sich dieser Prozess keinesfalls als leicht, denn die Biographie und der Alltag stehen in sehr engen und komplizierten Zusammenhang, so dass der Prozess des Akzeptierens und das Einbinden der Krankheit in die Biographie sehr viel Arbeit für den Kranken bedeutet.[21]

[...]


[1] Corbin, Juliet M., Dozentin an der San Jose State University, School of Nursing, USA, assoziierte Professorin des International Institute for Qualitative Research, University of Alberta, Kanada

[2] Strauss, Anselm L., geboren am 18. Dezember 1916 in New York, gestorben am 5. September 1996 in San Francisco, Kalifornien, US-amerikanischer Soziologe

[3] Vgl. Corbin, Juliet M. und Strauss, Anselm L., Weiterleben Lernen – Chronisch Kranke in der Familie, München, R. Piper GmbH & Co.KG, 1993, Seite 10

[4] Vgl. Dr. med. Hartmut Baier, Epileptische Anfälle, Zürich, Aventis Pharma

Deutschland GmbH, 2005

[5] MRT: Magnetresonanztomographie: (MR, MRT; Tomographie von griech. τόμος „Schnitt, abgeschnittenes Stück“ und γράφειν „ritzen, malen, schreiben“) ist ein bildgebendes Verfahren zur Darstellung von Strukturen im Inneren des Körpers. Mit einer MRT kann man Schnittbilder des menschlichen (oder tierischen) Körpers erzeugen, die oft eine hervorragende Beurteilung der Organe und vieler Organveränderungen erlauben. Die Magnetresonanztomographie nutzt magnetische Felder, keine Röntgenstrahlen.

[6] EEG: Die Elekroenzephalografie (EEG) ist eine Methoder der medizinische Diagnostik zur Messung der summierten elektrischen Aktivität des Gehirns durch Aufzechnung der Spannungschwankungen an der Kopfoberfläche. Das Elekroenzephalogramm (ebenfalls EEG abgekürzt) ist die graphische Darstellung dieser Schwankungen.

[7] Vgl. Hanses, Epilepsie als biographische Konstruktion, Bremen, Donat Verlag, 1995, Seite 31

[8] Vgl. Dr. med. Hartmut Baier, Epileptische Anfälle, Zürich, Aventis Pharma Deutschland GmbH, 2005

[9] Vgl. Hanses, Epilepsie als biographische Konstruktion, Bremen, Donat Verlag, 1995, Seite 33

[10] Vgl. Dr. med. Hartmut Baier, Epileptische Anfälle, Zürich, Aventis Pharma

Deutschland GmbH, 2005

[11] Hoff, Neurologische Institut der Universität Wien, Vorstand: Prof. Dr. H. Hoff.

[12] Strotzka, 1959, Strotzka, Hans, * 18. 11. 1917 Wien, † 16. 6. 1994 ebenda, Tiefenpsychologe. Arbeitete ab 1946 an der Nervenheilanstalt Rosenhügel; Leiter des psychotherapeutischen Ambulatoriums der Wiener Gebietskrankenkasse, Gründer des Dachverbands der Psychotherapeuten, Vorstand des Instituts für Tiefenpsychologie.

[13] Hanses, Dr. Andreas Hanses, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Bremen mit den Arbeitsschwerpunkten: Rekonstruktive Sozialarbeit; Methoden der Sozialen Arbeit; Biographieforschung und Qualitative Sozialforschung; Kranken- und Gesundungsforschung;Rehabilitations- und Gesundheitswissenschaften; Anthropologische Medizin. Mitglied des Instituts für angewandte Biographie- und Lebensweltforschung, der Basiseinheit Sozialarbeitswissenschaft/Sozialpädagogik, der Fächerkommission Arbeit, Gesundheit und Soziales und des Fachbereichsrates (Vertretung).

[14] Vgl. Hanses, Epilepsie als biographische Konstruktion, Bremen, Donat Verlag, 1995, Seite 14-15

[15] Pedanterie: Als Pedanterie bezeichnet man eine übertriebene Genauigkeit und Kleinlichkeit.

[16] Janz, bekannter deutscher Neurologe, geboren 20. April 1920, versuchte Formen der Epilepsie zu differenzieren, arbeitete in der neurologischen Klinik des Krankenhauses Charite’ in Berlin

[17] Vgl. Epilepsie Selbsthilfegruppe Bochum e.V.: Häufigere Epilepsie-Syndrome, http://www.epilepsie-bochum.de/html/body_epilepsie-syndrome.html, 22.02.07

[18] Bahrs, Ottomar Bahrs, Dr. disc. pol. Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Abteilung Medizinische Psychologie seit dem 1.4.1997

[19] Vgl. Hanses, Epilepsie als biographische Konstruktion, Bremen, Donat Verlag, 1995, Seite 54-56

[20] Ebd. Seite 49

[21] Vgl. Corbin, Juliet M. und Strauss, Anselm L., Weiterleben Lernen – Chronisch Kranke

in der Familie, München, R. Piper GmbH & Co.KG, 1993, Seite 11

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Résumé des informations

Titre
Epilepsie - ein Eingriff in das Leben junger Menschen
Sous-titre
mit Bezugnahme auf ein narratives Interview und daran anschließende Analyse
Université
Otto-von-Guericke-University Magdeburg  (FGSE)
Cours
Forschungswerkstatt
Auteur
Année
2007
Pages
45
N° de catalogue
V76719
ISBN (ebook)
9783638812290
ISBN (Livre)
9783638814331
Taille d'un fichier
589 KB
Langue
allemand
Mots clés
Epilepsie, Eingriff, Leben, Menschen, Forschungswerkstatt
Citation du texte
Doreen Gleissner (Auteur), 2007, Epilepsie - ein Eingriff in das Leben junger Menschen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76719

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Titre: Epilepsie - ein Eingriff in das Leben junger Menschen



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